Zusammensetzung eines Personalgesprächs

  • Hallo zusammen,


    ein Kollege und ich wurden kurzfristig zu einem Gespräch mit der Schulleitung geladen, um einen Vorfall zu "untersuchen". Die Schulleitung hat von sich aus den PR-Vorsitzenden hinzugezogen. Beide befragten uns und schrieben mit. Beide vertraten die gleiche Position (die Position der Schulleitung). Uns kam das Verhalten sehr fragwürdig vor. Wie ist das zu beurteilen?


    LG

  • Das ist jetzt ohne nähere Infos so nicht zu beantworten. Prinzipiell kann der PR hier eigentlich nur auf Seiten der Schulleitung sein, wenn ein andere Kollege durch euer Verhalten belastet wurde oder wenn der SL als Kollege belastet wurde. Sonst die der PR eigentlich dafür da euch zu vertreten, bzw. selbst wenn er die Meinung der Schulleitung vertritt in Vermittelnder Position zu sein.


    Aber da der PR Vorsitzende ja anscheinend für die Schulleitung da war habt ihr selbst verständlich das Recht euren eigenen Personalrat mit in solch ein Gespräch zu nehmen. Das muss auch nicht zwangsläufig der PR eurer Schule sein, gibt ja auch die Bezirkspersonalräte die ihr auch aquirieren könnt.

  • Prinzipiell kann der PR hier eigentlich nur auf Seiten der Schulleitung sein, wenn ein andere Kollege durch euer Verhalten belastet wurde oder wenn der SL als Kollege belastet wurde. Sonst die der PR eigentlich dafür da euch zu vertreten, bzw. selbst wenn er die Meinung der Schulleitung vertritt in Vermittelnder Position zu sein.

    Die Sache ist meiner Meinung nach etwas komplexer.
    Je nach Situation ist der PR in erster Linie dafür da, dafür zu sorgen, dass der Kollege formal korrekt behandelt wird, dass alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden und dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gebrochen wird. Wenn ein klarer Fehlverhalten des Kollegen vorliegt, ist es nicht Aufgabe des PR, das wegzureden, sondern eben dafür zu sorgen, dass die Schulleitung hier nicht unmäßig reagiert.
    Wenn andere Kollegen betroffen sind, ist das natürlich noch viel mehr der Fall. Das kann manchmal sehr schwierig sein - und in jedem Zweifelsfall sehe ich meine Aufgabe natürlich auch klar in der Vertretung des Kollegen.


    Trotzdem ist es natürlich auch nicht Aufgabe des PR, gemeinsam mit der Schulleitung ein Tribunal zu bilden.


    Extremes Beispiel: Wenn ein Kollege nachweislich einen Schüler geschlagen hat, ist es nicht meine Aufgabe dafür zu sorgen, dass er straffrei rausgeht. Es ist aber auch nicht meine Aufgabe, den Kollegen zu verurteilen oder zu sanktionieren. Es ist meine Aufgabe, den Kollegen über seine Möglichkeiten zu informieren und dafür zu sorgen, dass auch von Seiten der Schulleitung und des Dienstherrn die korrekten Verfahrensweisen angewandt werden.

  • Ich bin jetzt nicht fit im LPVG, weil bei uns alles nach MAVO läuft...


    1.) Bin ich als Mitarbeitervertreter keinesfalls bei jedem Personalgespräch dabei, sondern nur in den Fällen, in denen das laut MAVO auch so vorgesehen ist, da das bei Betriebsräten nach BetrVG auch so ist, wird das wohl auch bei Personalräten der Fall sein.
    2.) Aufgabe der Mitarbeitervertretung ist bei uns die Wahrung der Interessen der Gesamtbelegschaft, nicht die der einzelnen Mitarbeiter, dafür gibt es Rechtsanwälte. Das ist oft deckungsgleich, aber nicht immer. Wenn ich in ein Personalgespräch hinzugezogen werde, kann es deshalb (wie @WillG aber auch schon erwähnt hat) durchaus sein, dass ich nur Tipps zur Vorgehensweise geben und auf die Verfahrensweise achten kann, aber inhaltlich keine Unterstützung leisten kann (oder möchte).
    3.) Wenn ich als Vorgesetzter ein Personalgespräch mit zwei Mitarbeitern führen müsste, würde ich auch einen weiteren Zeugen mit ins Gespräch nehmen. War der Personalratsvorsitzende also überhaupt in seiner Funktion dabei oder als Zeuge für die Schulleitung?

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • 3.) Wenn ich als Vorgesetzter ein Personalgespräch mit zwei Mitarbeitern führen müsste, würde ich auch einen weiteren Zeugen mit ins Gespräch nehmen. War der Personalratsvorsitzende also überhaupt in seiner Funktion dabei oder als Zeuge für die Schulleitung?




    Das war so einfach nicht zu erkennen. Vereinfacht ausgedrückt: SL stellte eine Frage zum Vorfall, PR nahm diese Frage auf und vertiefte. SL befragte, PR fragte weiter. SL "Wir handhaben das an unserer Schule soundso." PR: "Genau, an unserer Schule läuft das soundso."

  • Wenn du Mitglied in einer Gewerschaft bist wäre es sicherlich das einfachste den dortigen Rechtsschutz zu kontaktieren und dich detailliert in der Frage beraten zu lassen. Da in so einem Gespräch dann Vertraulichkeit herrscht, kannst du den zugrundeliegenden Vorfall auch schildern, damit man dir auch diesbezüglich Rat oder Unterstützung anbieten kann bei Bedarf.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Wenn du Mitglied in einer Gewerschaft bist wäre es sicherlich das einfachste den dortigen Rechtsschutz zu kontaktieren und dich detailliert in der Frage beraten zu lassen. Da in so einem Gespräch dann Vertraulichkeit herrscht, kannst du den zugrundeliegenden Vorfall auch schildern, damit man dir auch diesbezüglich Rat oder Unterstützung anbieten kann bei Bedarf.

    Nun, das bin ich, aber ich fühle mich jetzt nicht SO "verletzt", dass ich diesen Weg gehen möchte. Ich wollte nur grundsätzlich eine Einschätzung durch andere, ob mein Bauchgefühl, dass diese Situation etwas ungewöhnlich ist, richtig ist.
    Vielen Dank für die Rückmeldungen.

  • Personalräte vertreten nicht der eine den einen Kollegen - und der andere den anderen.


    In den meisten BL funktioniert das (im sauberen Falle) so:
    Ein Kollege beantragt Vertretung.
    Das Gremium beschließt (!) ob ein „berechtigtes Anliegen“ gemäß Personalvertretungsgesetz vorliegt, der Personalrat entsendet eine/n PR um (die im Gremiumbeschluss erfolgte) Position zu vertreten.
    Ein Personalrat muss auch nicht jedes Anliegen vertreten. Zum Beispiel nicht solche Anliegen, die widerrechtlich sind oder andere Kollegen schädigen oder die schlicht bescheuert sind. Ein Personalrat kann aber berechtigte Anliegen auch nicht einfach zu vertreten ablehnen, weil sie zB nervig sind oder der Kollege unangenehm ist.


    In einem Dienstgespräch kann sich jeder Kollege einen Beistand mitnehmen. Dieses recht wird abgeleitet aus den landesinternen Disziplinargesetzen, da jedes Dienstgespräch gemäß seiner Natur potentiell zur Einleitung einer Maßregelung/eines DisziVf führen könnte. Der Beistand ist frei wählbar und wird vom Kollegen/in ausgesucht, nicht von der Schulleitung. Das muss nicht der/die Personalrat/in sein. Im Falle fachlicher Differenzen oder Vorwürfe kann es zB wesentlich sinnvoller sein, einen fachkompetenten Kollegen/in als Vertretung dabei zu haben.


    Die Rolle eines Personalrates im Dienstgespräch kann nicht (!) die der maßregelnden Behörde sein. Das schließt der Begriff „Personalvertretung“ aus. In einem Dienstgespräch vertritt der Personalrat - je nach Gremienbeschluss - die Position der KollegIn, wenn berechtigt, wenn KollegIn Mist gebaut hat, achtet der PR auf ein ordentliches Verfahren.


    Außerdem vertritt der PR die individuellen Beschäftigten, nicht die Belegschaft, außer die Belegschaft wird als Ganzes gegen „oben“ vertreten. Die Konstellation, dass ein Kollege keine Vertretung hat, weil seine (berechtigten) Interessen den (ggf ebenfalls berechtigten) des Kollegiums entgegen stehen, darf es personalrätlich nicht geben. Das wäre dann zB die typische Konstellation, dass der kranke/schwerbehinderte/xyz Kollege, der eine „Belastung für das Kollegium darstellt“ alleine da steht, weil seine schutzwürdigen Interessen angeblich oder tatsächlich denen des Kollegiums entgegen stehen.


    Diesem vor-den-Karren-spannen seitens SL sehen sich Personalräte immer wieder gegenüber, und immer mit dem Argument „aber Sie müssen doch auch sehen, dass der Kollege das Kollegium mit xyz belastet, die vertreten sie doch als Gesamtheit auch!“
    Für Disziplinierung und Fürsorge sowie Be/Entlastung „der Gesamtheit“ ist aber zunächst der SL zuständig, Personalräte sollten Abstand davon nehmen, im Schulleiternamen zu sprechen, dessen Maßnahmen umzusetzen oder seine Aufgaben auszuführen. Das ist der Aufgabe, für die sie gewählt wurden, nämlich Beschäftigtenvertretung, konträr.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • SL "Wir handhaben das an unserer Schule soundso." PR: "Genau, an unserer Schule läuft das soundso."

    Hilfe! Auf jeden Fall würde ich vor der nächsten PR-Wahl nochmal gut nachdenken.

  • Vielem Dank, @Meike., für die wieder einmal sehr ausführlichen und sehr informativen Erläuterungen. Ich bin ja jetzt auch schon ein paar Jahre im PR, aber aus deinen Beiträgen zum Thema ziehe ich (fast) immer neue Impulse über die Rechtslage, das Selbstverständnis oder über die alltägliche PR-Arbeit!

  • Nachtrag: Protokolle in Dienstgesprächen zu führen lehne ich ab. Ich habe konzentriert mit der Vertretung des/der KollegIn zu tun und bin nicht die Sekretärin vom Dienst.
    Führt SL selber eines, bestehe ich darauf, am Ende des Gesprächs Einsicht zu bekommen, unterscheidet sich sein Protokoll von meiner Erinnerung, schreibe ich direkt eine Notiz dazu, die das belegt/klar stellt. Ist eine Person anwesend, die nicht dem SSA untersteht (Sektretärin) muss man sich über die Verschwiegenheit äußern und ggf. überlegen, ob das Informationen sind, die Angestellte der Kommunen haben dürfen (ich meine in 89%-99% der Fälle: nein).
    Das personalrätliche Protokoll entsteht, wenn ich dem Gremium Bericht erstatte und dieses Protokoll zu dem über den Beschluss, den wir zur Vertretung gefasst haben, hinzugefügt wird.
    Kann wichtig werden.

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  • Vielen lieben Dank für die ausführliche Rückmeldung. Ich fühle mich insofern bestätigt, dass mein "Bauchgefühl" nicht falsch lag.


    Vielleicht noch zur weiteren Verdeutlichung: Jetzige SL und PR sind noch sehr von der ehemaligen SL geprägt. Die eigentlichen Rechte und Pflichten der einzelnen Organe waren "damals" wohl eher unbekannt und der Auffassung der Ex-SL geschuldet. Durch vermehrte Pensionierung hat ein "Generationenwechsel" bei gut einer Hälfte des Kollegiums geführt. Hierdurch kam ein "frischer Wind" in die Schule und das damit verbundene kritische Hinterfragen stößt beim älteren Teil des Kollegiums auf...nennen wir es "Irritationen".

  • Hierdurch kam ein "frischer Wind" in die Schule und das damit verbundene kritische Hinterfragen stößt beim älteren Teil des Kollegiums auf...nennen wir es "Irritationen".

    Nur als Hinweis: Man muss nicht unbedingt zum Personalrat gehören, um sich in das Dienst- und Schulrecht einzulesen und dann an geeigneter Stelle entsprechende Entscheidungsbefugnisse für sich selbst und vor allem für das Kollegium einzufordern. Gerade wenn ihr jetzt so ein Machtvakuum habt, weil alle Beteiligten gar nicht so recht wissen, wer was entscheiden darf, ist das recht hilfreich.

  • Um das noch weiter zu präzisieren: wir sind dienstlich verpflichtet, es zu tun. Also zum sich-Einlesen und zur Kenntnis der Erlasse/Verordnungen und Gesetze.


    Zum Spaß empfehle ich auch immer das ergoogeln von Rechten der Gesamtkonferenz. Und überhaupt Konferenzrechte. Glaubt einem ja immer keiner, was man so alles mitbestimmen darf.


    Gibt's in deinem Bundesland eigentlich keine Personalräteschulungen, Gautatyr? Uns stellst du dich nächstes Mal zur Wahl zum PR auf? :)

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  • Hmmm vielleicht höre ich jetzt nur auf dem falschen Ohr: 1) Ja, ich bin Mitglied in einer Gewerkschaft. 2) Ich denke ich bin was die Regelungen angeht schon relativ bewandert, aber was über Jahrzehnte an "Unkenntnis" wächst, hat man nicht in drei Jahren aufgebrochen. 3) Ja, die Personalräteschulungen gibt es. Soweit ich weiß hat die auch 1/3 des PR besucht. 4) Ich habe nicht vor mich aktuell aufstellen zu lassen, da ich derzeit andere Arbeitsschwerpunkte setze. Da ich aber erst Anfang 30 bin, habe ich ja noch viel Zeit dafür! ;-)

  • Auf was für einem Ohr hörst du das denn? Meine Hinweise waren jetzt eher so für dein Gesamtkollegium gemünzt. Klingt ja von außen eher ein bisschen nach dem typischen "HamwerschonimmersogemachtunddasreichtunsalsRegelung"-Kollegium. Da sind manchmal junge und gut geschulte Personalräte mit gewerkschaftlichem Backup eine echte Bereicherung. Finde noch 3 und mach ne Liste auf... :)

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  • Zum Spaß empfehle ich auch immer das ergoogeln von Rechten der Gesamtkonferenz. Und überhaupt Konferenzrechte. Glaubt einem ja immer keiner, was man so alles mitbestimmen darf.

    Ein echter Augenöffner. Als ich vor mehreren Jahren mehr oder weniger zufällig in die PR-Arbeit gerutscht bin, hat mir das jemand auf einer Fortbildung mal gezeigt. Zu sehen, wie weit die Befugnisse der Konferenzen gehen können und was alles möglich ist, hat mich damals von eimem Klassensprecher-/Festkomitee-PR zu einem PR gemacht, für den die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten im Vordergrund stehen.

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