Abwahl der zweiten Fremdsprache Oberstufe!

  • Moin,


    bei uns wird der Schulvorstand abstimmen, dass die zweite Fremdsprache (Französisch/Latein) in der Oberstufe abgewählt werden kann.
    Gibt es hier Lehrkräfte, die damit schon Erfahrungen haben? Heißt es, dass die Schüler dann 3 bzw. 4 Stunden weniger Unterricht die Woche hätten?
    Dann wäre doch klar, dass kaum noch einer noch die zweite Fremdsprache macht, um weniger zur Schule zu müssen.


    Dadurch fallen dann natürlich etliche Stunden weg, die wieder frei werden um Lehrkräfte an die Ober- und Grundschulen abzuordnen.
    Für mich sieht das alles nach System aus, um dem Lehrermangel an den anderen Schulformen entgegenzuwirken.
    Aufgetischt wird uns dann natürlich wieder, dass es nur zum Wohl der Kinder geschieht.

  • Ich bin jetzt nicht Lehrer an einem Gymnasium, habe aber in meiner eigenen Abi-Zeit Französisch abgewählt. Ich musste dann auch entsprechend andere Fächer als Ausgleich dazuwählen.
    Also hatten alle Schüler trotzdem die gleiche Stundenzahl.

  • Ich bin im Niedersächsischen Schulrecht nicht firm, aber: Geht das?


    • Die Aufgaben des Schulvorstandes sind im NDS-Schulgesetz §38 (2) geregelt. Auf welchen der Punkte stützt sich der Beschluss?



    • Warum sollte der Schulvorstand ein Interesse an an einer Stellenverschiebung an Ober- oder Grundschulen haben?


    • In der VO-GO (PDF der Verordnung über die gymnasiale Oberstufe) §8 (2) heißt es für die Einführungsphase: "Jede Schülerin und jeder SChüler muss am Unterricht in zwei Fremdsprachen teilnehmen, und zwar 1. in einer fortgeführten [...] 2. in einer weiteren [...]". Kann der Schulvorstand wirklich Landesrecht aushebeln?
  • Hallo Sawe,
    bei uns wurde das auch abgestimmt.
    Die Schüler, die die 2. Fremdsprache abwählen, müssen in gleichem Umfang an Wahlpflichtkursen teilnehmen.
    Diese entwickelt unsere Schule gerade, damit sie zum nächsten Schuljahr starten können.


    Also nicht weniger Unterricht! Aber im Moment viel Aufwand um alles zu planen.

  • Abwählen ab der Oberstufe ging ja schon „immer“; hier geht es darum, dass nach entsprechendem Schulvorstandsbeschluss die 2. FS bereits ab der 11. abgegeben werden kann.


    Ja, das geht. Die Schüler, die das machen, müssen dann allerdings:


    - eine neue Fremdsprache wählen, und die bis zum Abi durchziehen. Das wirkt attraktiv, aber die geforderte Lernprogression ist enorm und für die Schüler meist unangenehm.


    - eine andere Alternative nehmen, das ist meines Wissens nach und zumindest an meiner Schule:
    + 2h Erdkunde + 2h Informatik.


    Für mich hat das auch System; aber nicht aus dem Grund, den Sawe vermutet, sondern weil man (als praktischer Grund) die Abiturientenzahlen weiter erhöhen möchte und weil man (sozusagen als ideologischer Grund) die Fremdsprachen kaputtmachen will, weil sie Sonderwissen, „Herrschaftswissen“, „Elitenbeschäftigung“ sind, all das ist bäh, das kann man sich sparen.


    Man sieht ja auch an den leidigen Hörverstehensprüfungen in den Abiturprüfungen, dass es sich offenbar rumsprechen soll, dass man lieber nicht Französisch oder Spanisch als Prüfungsfach nehmen sollte.
    ... und sowas in der heutigen Zeit der Globalisierung, man kann es kaum fassen...

  • Moin,


    genau, bei uns geht es darum, dass die Schüler ab der Klasse 11 nur noch eine Fremdsprache nehmen müssen.
    Da Englisch fest ist, können sie dann Französisch oder Latein abwählen. Das sie Ersatzunterricht in Form von Wahlpflichtkursen bekommen, davon ist hier nicht die Rede.
    Dann werden aber doch tatsächlich weniger Kurse zustandekommen, und einige Lehrkräfte habe dann nicht genug Stunden. Somit steht einer Abordnung nichts im Wege.
    Wie sieht es eigentlich rechtlich aus, kann man gezwungen werden Fachfremd zu unterrichten? Ich habe ja nur Französisch und Spanisch, und alle andere Fächer habe ich nicht studiert.
    Dort fehlt mir dann ja auch Wissen, welches ich mir sicher nicht in meiner Freizeit zu meiner jetzigen Belastung aneignen würde.

  • Ist in der Sek1 mittlerweile normaler Alltag.
    Und auch wenn die Inhalte auf einem anderen Niveau unterrichtet werden: ich unterrichte momentan 4 Fächer fachfremd... das haut ganz schön rein.
    Zwischendurch mach ich sogar mal ne Physikvertretungsstunde... Ist ja alles kein Thema.

  • Schüler, die seit der 6. Klasse eine zweite Fremdsprache belegen, dürfen diese in NDS ab der 11. Klasse abwählen. In der 11. Klasse müssen sie allerdings im "identischen" Stundenumfang zwei Wahlpflichtfächer wählen. Welche angeboten werden, legt die Schule fest. Eine Abwahl ohne Wahlpflicht ist in 11 nicht möglich. Die Wahlpflichtfächer dürfen keine Inhalte aus dem regulären Fachunterricht vertiefen, sie dürfen keine Inhalte der Qualifikationsphase vorwegnehmen.
    Soll so ein "Modell" angeboten werden, dann beschließt dies der Schulvorstand.


    Wird es beschlossen, dann werden SuS in möglicherweise MEHR Kursen unterrichtet. Bedeutet, dass die Schule MEHR Stundenbedarf hat. Vermehrte Abordnungen halte ich deshalb für unwahrscheinlich aufgrund dieses Modells. (Zum "Nachrechnen": Vorher gab's vielleicht 1x FR, 1x LA. Die bleiben ja bestehen, denn einige SuS werden die zweite Fremdsprache fortführen. Hinzu kommen zwei Kurse im Wahlpflichtbereich. Macht insgesamt also vier Kurse (statt vorher nur zwei).)


    Selbst wenn eine Schule dies nicht ermöglicht, können Schüler so wie in der Vergangenheit auch in der Qualifikationsphase nur eine Fremdsprache fortführen (unter Beachtung der Auflagen, z.B., dass sie in der Sek I bereits die zweite FS ab der 6. Klasse durchgängig belegt hatten und nicht im A-Profil sind).


    Das ist also eigentlich nichts Neues. Neu kommen die "Verwerfungen" von G9 hinzu. Im "alten" G9 von vor einigen Jahren begannen SuS in Niedersachsen die zweite Fremdsprache in der 7. Klasse, eine Abwahl war nach der 11. Klasse möglich (also nach 5 Jahren 2. FS). In G8 in NDS wanderte die 2. FS in die 6. Klasse. Im "neuen" G9 ist die 2. FS ab der 6. Klasse verblieben. Das war und ist "doof" für SuS, die aus anderen Bundesländern nach Niedersachsen wechseln (SuS aus Hessen müssen nach dem Umzug z.B. ein Jahr zweite Fremdsprache nachlernen). Jetzt kann die 2. FS ebenfalls (wie im alten G9) wieder nach 5 Jahren abgewählt werden - nur eben am Ende von Klasse 10 statt Klasse 11.


    Was bedeutet das für Fremdsprachenlehrkräfte? Eigentlich ändert sich wenig. In G8 haben die SuS am Ende von 10 LA / FR abgewählt. In G9 wählen sie am Ende von 10 LA / FR ab.
    Man sollte den SuS deutlich machen, was ein Jahr mehr Fremdsprachenunterricht bedeuten kann: Dass sind Kompetenzen, die man sonst nicht so einfach erwirbt (Latinum zum Beispiel...). In den Wahlpflichtfächern behandelt man wahrscheinlich "unwichtigere" Themen (zumindest eben nichts für's Abitur). Und wenn ich in Geschichte noch zusätzlich etwas weiß über das 15. Jahrhundert in Südamerika (oder was auch immer), dann habe ich dadurch nicht mehr Arbeitsmarktrelevantes vorzuweisen. Ganz wichtig für (schlechtere) SuS zu wissen ist auch, dass sie mit der Abwahl der FS ein Ausgleichsfach verlieren - die Fächer DE, EN, MA, 2. FS können sich nur gegenseitig bei Versetzungsentscheidungen ausgleichen. Fällt eines raus & ich habe 2 Fünfen, kann ich nicht mehr versetzt werden... (da wäre so eine 3- in FR Gold wert...)


    Für die SuS, die schon zu viele Jahre (aus welchen Gründen auch immer) eine "sichere" Fünf mit sich herumschleppen, ist die Abwahl durchaus eine Chance. Das sind meiner Beobachtung nach häufig die "Nerds" aus dem C-Profil, die da Überflieger sind, mit den Sprachen aber auf Kriegsfuß stehen. Da führt die Abwahl der 2. FS nicht zum "weichgespülten" Abitur, zumal sich die Vorgaben der Qualifikationsphase nicht ändern.

  • Da Englisch fest ist, können sie dann Französisch oder Latein abwählen. Das sie Ersatzunterricht in Form von Wahlpflichtkursen bekommen, davon ist hier nicht die Rede.

    Das ist aber eindeutig verpflichtend und die Bedingungen sind so, dass eigentlich keine Schule mit klarem Versand dieses Modell wählen kann. Die Ersatzkurse müssen in zeitlichem Umfang dem abgewählten Unterricht entsprechen, die Ersatzkurse sind versetzungsrelevant und die behandelten Inhalte dürfen keine Überschneidungen mit dem Stoff der regulären Kurse aufweisen und auch keine Inhalte aus der Kursstufe vorwegnehmen, was für den Lehrer bedeutet, dass er sich die Kursinhalte und das Curriculum komplett selber erarbeiten muss und ohne Lehrwerk unterrichten darf (und das vermutlich genau ein mal, bis das Modell in 3 Jahren wieder in die Tonne getreten wird). Und da es ein Ersatzfach für verschiedene andere Kurse ist, was sich nur schwer in den regulären Stundenplan integrieren lässt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, das die Ersatzkurse im Nachmittagsbereich liegen.

  • Und da es ein Ersatzfach für verschiedene andere Kurse ist, was sich nur schwer in den regulären Stundenplan integrieren lässt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, das die Ersatzkurse im Nachmittagsbereich liegen.

    Was spräche gegen ein Band im Stundenplan, in dem alle Kurse der zweiten Fremdsprache sowie der Wahlpflichtkurse lägen?
    (Und wenn denn die Befürchtung besteht, dass die Fremdsprachenkurse überproportional ausgedünnt werden, dann könnte dieser zuvor kommunizierte Nachmittagsunterricht auch ein Mittel der Steuerung des Schüler-Wahl-Verhaltens sein...)


    die behandelten Inhalte dürfen keine Überschneidungen mit dem Stoff der regulären Kurse aufweisen und auch keine Inhalte aus der Kursstufe vorwegnehmen, was für den Lehrer bedeutet, dass er sich die Kursinhalte und das Curriculum komplett selber erarbeiten muss und ohne Lehrwerk unterrichten darf

    Für die Gestaltung der Inhalte könnte man als Lehrkreaft einfach auf die Abitur-Themen der letzten Jahre zurückgreifen. So schnell werden die nicht wiederkommen. Zudem wurden im Bereich der Naturwissenschaften in den letzten Jahren einige Themen komplett aus den Curricula entfernt (sehr zum Bedauern der Fachlehrer). Die könnte man jetzt doch wieder behandeln.

  • Kann bestätigen, was @Bear hierzu ausgeführt hat, möchte aber einen weiteren Aspekt ergänzen. Größere Schulen, die auch das musisch-künstlerische Profil in der Q-Phase anbieten möchten, können die Möglichkeit der Abwahl der 2. Fremdsprache auch nutzen, um mindestens 1 der 3 frei werdenden Stunden in den Bereich Mu/Ku/DS zu geben. Bisher greift sonst ab Abitur 2021 die seltsame Regelung, dass zwar zwei der Fächer in 11 belegt werden müssen, um das musisch-künstlerische Profil anzuwählen, aufgrund der nur vorgesehenen 2 Stunden in 11 das aber nur möglich wäre, wenn man je 1 Fach aus Mu/Ku/DS nur 1 Halbjahr lang besucht.


    Anders ausgedrückt: Wer Musik oder Kunst als Kurs auf erhöhtem Anforderungsniveau belegen will, kann das Fach paradoxerweise nur ein Halbjahr lang in 11 besuchen anstatt durchgängig. Außer man gibt eben hier den Wahlpflichtunterricht statt der 2. Fremdsprache hinein oder belegt über die normale Stundenpflicht hinaus freiwillig Extrastunden.

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