Boreout

  • Boreout und Burnout


    Ich kann es gut nachvollziehen, dass man von dem immer Wiederkehrendem, wo man keinen Erfolg sieht, demotiviert ist.
    Doch inzwischen wundert es mich schon ein bisschen, dass sich doch einige dahingehend äußern, dass sie nicht ausgelastet sind.


    Ich habe das Gefühl, dass man in meiner Schulart eher immer gegen das Burnout zu kämpfen hat. D.h. viel zu viel Arbeit, wenig Freizeit und immer bemüht, ein gewisses Überlastungsmangement zu betreiben. Selbst wenn ich es wollte, ich könnte zeitlich neben meines normalen Privatlebens und ein bisschen Erholung gar nichts anderes, was eine regelmäßige Anwesenheit oder Befasstheit erfordert, unterbringen.

    • Offizieller Beitrag

    ich habe es nicht so aufgefasst, dass es ausschliesslich "Nicht-Auslastung" ist. Zumindest würde ich es für mich nicht 100% unterschreiben. Es ist eine Mischung aus Überlastung auf einer Ebene, die aus der Unzufriedenheit resultiert. Das Bedürfnis, etwas "Anderes" zu machen, ergibt sich. Um nicht in dieser Endlosschleife zu enden. Im Endeffekt eine andere Kräfteverteilung.

  • Man kann ja zu viel Arbeit haben und sich trotzdem langweilen. Korrekturen sind da doch das beste Beispiel!

    Ich habe einen Stapel Mathearbeiten auf dem Schreibtisch und werde mich gleich mal dranquälen. Mir wäre lieber, ich könnte diese Zeit in die Planung eines interessanten Projektes stecken.

  • Ich habe einen Stapel Mathearbeiten auf dem Schreibtisch und werde mich gleich mal dranquälen. Mir wäre lieber, ich könnte diese Zeit in die Planung eines interessanten Projektes stecken.

    Deshalb ist ein großer Teil der Zeit beim Erstellen einer Klausur bei mir für die Sicherstellung einer einfachen Korrektur reserviert.

  • Noch eine Möglichkeit für (zumindest zeitweilige) Abwechslung: ich habe letztens eien Bekannte wiedergetroffen, die aus ähnlichen Gründen in die Schulinspektion gegangen ist. Mit einer halben Stelle war sie noch an ihrer Schule und das Ganze war auf zwei Jahre befristet.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • ...Das ist ja (bei uns) nicht jemand, der kommt und dich bezüglich deines Unterrichts berät, ...

    doch, so wird's zumindest aktuell gemacht. Wenn es einem Kollegen schlecht geht und die Schüler über Tische und Bänke gehen und der SL das Problem loswerden will, soll mal der Fachberater vorbeigucken und was von Classroommanagement erzählen. Aber die Aufgabenbeschreibung gibt vielleicht auch was ganz anderes her?


    Danke noch mal für deine Ideen, überhaupt tut es gut zu wissen, dass andere das Gefühl auch kennen!

  • ... Meine Schule gibt mir ja nicht zwei Mal im Jahr eine Woche frei für eine Präzensphase bei einer Beraterausbildung oder so. Zusatzfächer studieren, gerne, aber für einen Zertifikatskurs (den ich wirklich sehr sehr gerne machen würde, da fallen mir schon ein paar Fächer ein...) bin ich an meiner Schule einfach zu "unabdingbar", dass man mir noch die Reduktion geben würde ...

    Das ist doch Mist! Und wenn du solange "unabdingbar" bist, bis du gar nicht mehr kannst? :(


    Zumindest für etwas, dass man in der Schule brauchen kann, sollte man freigestellt werden. Aber da bieten die Schulämter wohl lieber "Elterngespräche an 2 Samstagen optimieren an", als einen für eine richtige Beraterausbildung freizustellen. Selbst wenn man den Lehrgang aus der eigenen Tasche zahlen würde...

  • Nur Mal so aus Interesse: Habt ihr nicht alle mal ein Fach mit wissenschaftlichem Anspruch studiert? Vielleicht sehe ich das aus Gymnasiallehrersicht auch zu einseitig, aber meine immer noch vorhandene große Begeisterung für meine Fächer wird mich wohl immer vor einem Boreout bewahren. Klar, nach zig Jahren im Beruf wiederholt sich der Unterrichtsstoff, aber sollte sich mal Langeweile breit machen, stecke ich halt meine Nase wieder mal verstärkt in Fachliteratur. Da werde ich genug herausgefordert. Ich besuche Fachvorträge oder fahre in Ausstellungen, unternehme historische Exkursionen...

    • Offizieller Beitrag

    oh, ich habe mehr als ein Fach mit wissenschaftlichem Anspruch studiert. Allerdings unterrichte ich jedes Jahr mindestens 4 Klassen die Verbkonjugation und Adjektivangleichung und so weiter...
    Dass ich mich daneben trotzdem gerne in afrikanische Literatur einlese, ändert nichts an der Tatsache, dass "he/she/it, das -s muss mit" (in einer anderen Sprache) mich echt anödet...


    @krabappel: "unabdingbar" in dem Sinne, dass man mich in meinen Fächern braucht. Ein Zertifikatskurs würde bedeuten, dass ich einen Tag in der Woche nicht in der Schule bin und dafür 4 Stunden Anrechnung bekäme. Warum sollte die Schule Stunden/Zeit in meinen "Hobby" investieren? Denn: das Fach braucht die Schule definitiv nicht, wir haben schon genug ausgebildete LehrerInnen dafür... und da ich eh aus meiner Fremdsprache kaum rauskomme...

  • Ich finde das bisher geschriebene wahnsinnig interessant, weil ich da völlig anders ticke. Ich liebe meinen Beruf, aber letztendlich ist es für mich nur ein Broterweb. Ein sehr schöner, wie ich finde, aber mehr auch nicht. Ich sehe meine Arbeit nicht als den Bereich in meinem Leben an, aus dem ich meine "Selbstverwirklichung" (oder wie man es auch nennen mag) schöpfe. Klar sind berufliche Erfolge toll. Aber ich arbeite schon seit ich denken kann nach dem Prinzip "Effizienzoptimierung". Ich stecke viel Grübeln und Energie in Arbeitsoptimierung, so dass ich mit möglichst geringem Aufwand das gewünschte Ziel erreiche. Das kann für mich bedeuten, dass ich Unterrichtsreihen so optimiere, dass ich sie möglichst viel wiederverwenden kann, ohne dass ich groß Arbeit zusätzlich hineinstecken muss. Meine Befriedigung ziehe ich dann daraus, dass ich irgendeine Sache dahingehend optimieren konnte, dass sie mich und mein Hirn nicht weiter behelligt. Natürlich muss immer mal wieder etwas aktualisiert werden. Aber grundsätzlich versuche ich so ressourcenschonend wie möglich zu arbeiten. Hat den Vorteil, dass ich quasi permanent stressfrei lebe und den Kopf frei habe, va für alles was jenseits des berufs passiert. Das merken auch die sus sehr stark, die sich regelmäßig über meine entspannt gute Laune und Gelassenheit wundern :musik:

  • Nur Mal so aus Interesse: Habt ihr nicht alle mal ein Fach mit wissenschaftlichem Anspruch studiert? Vielleicht sehe ich das aus Gymnasiallehrersicht auch zu einseitig, aber meine immer noch vorhandene große Begeisterung für meine Fächer wird mich wohl immer vor einem Boreout bewahren. Klar, nach zig Jahren im Beruf wiederholt sich der Unterrichtsstoff, aber sollte sich mal Langeweile breit machen, stecke ich halt meine Nase wieder mal verstärkt in Fachliteratur. Da werde ich genug herausgefordert. Ich besuche Fachvorträge oder fahre in Ausstellungen, unternehme historische Exkursionen...

    Ich bin mir sicher, dass wir alle mit Motivation und wissenschaftlichem Interesse studiert haben!


    Ich persönlich sehe aber das Problem vielmehr im System, das bestimmte Erwartungen an mich pflegt, so dass ich weder in genügend Tiefe noch ausreichend kreativ arbeiten kann. Aber ja, vielleicht ist es ein Schulformproblem ;) Allerdings gibt es auch am Gymnasium Grenzen.

    • Offizieller Beitrag

    Auch in der Oberstufe wird fachlich mit extrem lauwarmem Wasser gekocht. Dass es - selbst bei begabten Schülern - mal zu echter geistiger Herausforderung kommt, ist äußerst selten. Ja, es gibt schöne und lebendige Diskussionen, und ich hab die echt gern - aber dass eine/r mal was sagt, bei dem ich denke „Oh, hui, das muss ich selbst erstmal begrübeln...“ kommt selten vor. Nichtsdestotrotz, Unterricht ist fein, schon wegen der allgemeinen Sympathie gegenüber den Jugendlichen, wir lachen viel und ich geh gerne hin. Aber Korrekturen - die ultimative Horrormischung aus Monotonie und gleichzeitiger hiher Konzentration, weil man den Gedankengängen, egal wie unneu sie einem sind, eben doch folgen muss/will, und wenn dann das Englisch noch holprig ist, wirklich auch geduldig im Satz verharren muss, bis man ihn neu geordnet und verstanden und gewürdigt hat - der ultimative boreout-Generator. Meine persönliche Nemesis. Da mach ich lieber Stuererklärung oder geh zum Zahnarzt.
    Davon zu viel tötet bei geistig regen Menschen die Motivation schnell ab.

  • Ich lese hier ganz interessiert mit und will dann auch mal noch meinen Senf dazu abgeben. Ich fürchte ich bin auch jemand von der ungeduldigen und schnell gelangweilten Sorte, das macht mir zugegeben auch ein bisschen Sorge für die Zukunft. Gerade vorhin hatte ich so einen kleinen Frust-Moment in einem meiner Schwerpunktfachkurse. Ein herzallerliebster Haufen, aber da stellt man zum ungefähr drölfzigsten mal die gleiche, wirklich fundamentale Frage und es kommt zu drölfzigsten mal genau gar keine Antwort. Manchmal könnte ich ihnen den Hals dafür umdrehen. Mir einfach denken "dann leckt mich doch am Allerwertesten, es sind doch eure Noten" kann ich auch nicht zu 100 %. Was mich aber noch mehr nervt als Jugendliche, die zu faul sind sich wichtige Dinge zu merken, sind Kollegen, die nicht zuhören. Manche Diskussionen drehen sich ewig und drei Tage im Kreis, weil nicht gehört und/oder verstanden wird, was zum hundersten mal gesagt worden ist. Oder weil es zwar gehört wurde aber ... mir doch wurscht, ich sehe es anders. Ich schreibe das Konventsprotokoll und bin ein ums andere mal wieder erstaunt darüber, wenn Kollegen zwei Wochen nach dem Konvent in irgendeiner Sitzung stocksteif was anderes behaupten, als ich protokolliert habe. Das macht mich ECHT fertig. :autsch:


    Andererseits sind meine Arbeitsbedingungen offenbar erheblich besser als eure. Z.B. ...

    Meine Schule gibt mir ja nicht zwei Mal im Jahr eine Woche frei für eine Präzensphase bei einer Beraterausbildung oder so.

    Das geht bei uns eben meistens schon. Da wir sehr viele Kollegen sind, die kein volles Pensum unterrichten sondern vllt nur 70 - 80 %, kann da schnell mal einer einspringen und man nimmt eben unbezahlten Urlaub. Wir können nach dem 5. Dienstjahr an der Schule auch Überzeit abbauen und Urlaub einreichen. Ein Kollege hat sich gerade für ein Semester nach Japan verabschiedet, ein anderer Kollege war zuletzt 3 Monate lang in Island. Ich habe auch einige Kollegen, die neben der Teilzeitstelle an der Schule noch andere Jobs haben (z. B. Schriftsteller) oder sich sehr stark im wissenschaftlichen Networking engagieren. Ich mache viel Sport und lerne Japanisch, das sind Dinge für die ich mich immer anstrengen muss, da wird's nicht langweilig. Da die Lehrplanbindung bei uns ja nicht so streng ist, kann ich auch an der Schule immer wieder neue Dinge ausprobieren. Gerade betreue ich eine Maturaarbeit bei der es um die Herstellung von Latex geht und wie man dessen Oberflächeneigenschaften verändert. Auf dem Papier weiss ich schon, wie das funktionieren sollte, in der Praxis heisst es ausprobieren, Ideen wieder verwerfen, neu überlegen, usw. So schnell wird's mir also auch von der fachlichen Seite her nicht langweilig, denn neben dem manchmal nervigen Regelunterricht gibt es eben immer wieder Sondergefässe in denen man weiss der Geier was veranstalten kann.


    Dann sind wir bei uns an der Schule eigentlich immer auch recht stark in die Schulentwicklung eingebunden. Im Konventsvorstand erarbeiten wir gerade neue Strukturen zur Verbesserung des Informationsflusses und der Kommunikationskultur, im Bereich Digitalisierung läuft sehr viel mit unseren BYOD-Klassen. Was ich hier immer so lese lässt mich stark vermuten, dass bei euch viel mehr von oben einfach diktiert wird und ihr gar nicht so viele Möglichkeiten zur Einflussnahme habt, wie wir. Dieses Schuljahr habe ich zum ersten mal eine Klassenleitung übernommen, das bringt auch wieder neue Aufgaben. Gerade bin ich dabei eine Projektwoche für den Herbst zu organisieren, wir wollen Trauben ernten und Wein produzieren.


    Aber ja ... ich frage mich schon, was wird, wenn ich dann alles an "Standard-Szenarien" mal gesehen habe. Ich habe schon Kontakt in Richtung Fachdidaktik hergestellt, da wird in den nächsten Jahren jemand pensioniert. Bis dahin sammle ich in dem Bereich schon mal Erfahrung mit der Betreuung von Studenten (Referendare heissen sie bei euch). Bisher war ich immer relativ gut darin, frühzeitig "Lücken" zu sehen, die man besetzen könnte und den Markt an potentiellen Mitbewerbern abzuchecken. Das ist, denke ich, sehr ratsam, immer die Augen offen zu halten. Zusehen, dass nicht plötzlich ein paar Jahre an einem vorbeiziehen und man nicht mitbekommt, was läuft und gelaufen ist.

  • Aber ja ... ich frage mich schon, was wird, wenn ich dann alles an "Standard-Szenarien" mal gesehen habe.

    Dadurch, dass es bei mir an der Berufsschule deutlich "lehrplangebundener" zugeht als am Gymnasium und die Klassen nur ein, höchstens zwei Jahre da sind, ist der Zustand alle "Standard-Szenarien" schon gesehen zu haben, schon bald erreicht. Zugegeben, auch ich bin eher schnell gelangweilt und von der ungeduldigen Sorte (letzteres aber eher mit mir selber, weniger mit anderen).
    Tatsächlich habe ich mich aber im Unterricht noch nie gelangweilt - das liegt für mich nicht am Fachlichen, sondern an den Menschen. Dadurch, dass ich es mit Erwachsenen zu tun habe, die schon eine eigene Biographie haben (sie haben alle einen Lehrabschluss und teilweise auch schon ein paar Jahre gearbeitet, bis sie zu uns kommen) ist es eine ganz andere Basis als mit Kindern. Meine Lernende haben überwiegend sehr konkrete Pläne für ihr Leben und es gibt mir persönlich sehr viel, ihnen bei der Realisierung ihrer Pläne ein Stück weit helfen zu können. Umgekehrt lerne ich auch von ihnen sehr viel, bekomme Einblick in die verschiedenen Berufe, etc.

  • Davon [=Korrektur] zu viel tötet bei geistig regen Menschen die Motivation schnell ab.

    Das kann ich nur unterschreiben. Persönliche Stimmungstiefs und anhaltende Phasen mit schlechter Laune oder Lethargie, bei der man kaum von der Couch hochkommt, egal welch attraktive Angebote es geben mag, korrelieren bei mir ohne Ausnahme mit Korrekturstapeln auf dem Schreibtisch. Dieser Zwang, dass es ja gemacht werden muss, kombiniert mit der freien Zeiteinteilung sind für mich persönlich ein absoluter Killer. Ich prorkrastiniere, fühle mich dabei und auch deswegen schlecht und bin noch unmotivierter anzufangen. Ein echter Teufelskreis, der sich in extremen Phasen auch wirklich schädlich auf mein Privatleben auswirkt.

  • @krabappel: "unabdingbar" in dem Sinne, dass man mich in meinen Fächern braucht.

    Jaja, unabdingbar eben... solange bis man komplett ausfällt?



    ...Arbeitsoptimierung, so dass ich mit möglichst geringem Aufwand das gewünschte Ziel erreiche. ...

    Ja, das ist vielleicht das, was Morse mit dem Murmeltiertatort sagen wollte? Einfach mal zufrieden sein, andere Berufe sind auch monoton.
    Das klappt manchmal, reicht mir aber (zumindest aktuell) nicht mehr aus.

  • Ich bin selbst noch nicht lange genug dabei, um solche Alternativen zu suchen,(...)

    Mir ist gestern klar geworden, dass das so nicht wirklich stimmt. Fakt ist ja, dass ich nach mehr als 10 Jahren außerschulischer Bildungsarbeit sehr bewusst den Weg in den Schuldienst gegangen bin,u.a. weil ich an meiner alten Arbeitsstelle alle Aufgaben duzendfach verrichtet und perfektioniert hatte. Da gab es einfach wenig Neues für mich und wenig Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung. Auch wenn die Arbeit menschlich sehr erfüllend war, war ich intellektuell einfach nur noch dann gefordert, wenn ich mich in die Grammatik einer Fremdsprache einarbeiten musste, die ich noch nicht kannte, damit ich Kindern bei darauf bezogenen Hausaufgaben sinnvoll unterstützen oder Übungsaufgaben erstellen und korrigieren konnte. Der Wechsel in den Schuldienst bedeutet eine in vieler Hinsicht vertraute und dennoch völlig neue Aufgabe zu erfüllen, was intellektuell enorm anspruchsvoll ist im Moment. Da ich weiß, dass mir schnell fad wird bei Routinen gehe ich aber davon aus, dass ich in 10 Jahren neue Aufgabenbereiche dazunehmen werde (oder bereits dazugenommen haben werde), um mich weiter intellektuell ausreichend gefordert zu fühlen. Aufgrund meines bisherigen Engagements wird mein Weg dann wohl entweder in Richtung berufsbegleitender Promotion oder berufsergänzende Gewerkschafts- und Personalarbeit gehen. (Je nachdem, ob eher der Kopf neues Futter will oder das Herz.)

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Dieser Zwang, dass es ja gemacht werden muss, kombiniert mit der freien Zeiteinteilung sind für mich persönlich ein absoluter Killer. Ich prorkrastiniere, fühle mich dabei und auch deswegen schlecht und bin noch unmotivierter anzufangen.

    Ach... dabei muss man doch einfach nur anfangen!


    - Das ist übrigens der (mir wirklich mal so gegebene) Rat einer älteren Bekannten, die seit bald zwanzig Jahren aus ihr selbst völlig unklaren Gründen nicht mehr Auto fährt, aber fast ebenso lange überzeugt ist, dass sie es "demnächst einfach mal wieder probiert"... Wie war das nochmal mit der Selbst- und Fremdwahrnehmung?

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Ich finde das bisher geschriebene wahnsinnig interessant, weil ich da völlig anders ticke. Ich liebe meinen Beruf, aber letztendlich ist es für mich nur ein Broterweb. Ein sehr schöner, wie ich finde, aber mehr auch nicht. Ich sehe meine Arbeit nicht als den Bereich in meinem Leben an, aus dem ich meine "Selbstverwirklichung" (oder wie man es auch nennen mag) schöpfe. Klar sind berufliche Erfolge toll. Aber ich arbeite schon seit ich denken kann nach dem Prinzip "Effizienzoptimierung". Ich stecke viel Grübeln und Energie in Arbeitsoptimierung, so dass ich mit möglichst geringem Aufwand das gewünschte Ziel erreiche. Das kann für mich bedeuten, dass ich Unterrichtsreihen so optimiere, dass ich sie möglichst viel wiederverwenden kann, ohne dass ich groß Arbeit zusätzlich hineinstecken muss. Meine Befriedigung ziehe ich dann daraus, dass ich irgendeine Sache dahingehend optimieren konnte, dass sie mich und mein Hirn nicht weiter behelligt. Natürlich muss immer mal wieder etwas aktualisiert werden. Aber grundsätzlich versuche ich so ressourcenschonend wie möglich zu arbeiten. Hat den Vorteil, dass ich quasi permanent stressfrei lebe und den Kopf frei habe, va für alles was jenseits des berufs passiert. Das merken auch die sus sehr stark, die sich regelmäßig über meine entspannt gute Laune und Gelassenheit wundern :musik:

    So ähnlich geht's mir auch. Ich bin zwar nicht immer stressfrei, aber meine Selbstverwirklichung finde ich neben meinem (anspruchsvollen) Beruf in meiner Freizeit. Ich habe einen Hund, mache Sport, treffe mich mit Freunden, gehe tanzen oder auch mal ganz unkonventionell mittwochs nachmittags um 16 Uhr im Café mit der Freundin einen Wein trinken, wenn ich Lust habe ;) . Mein Mann und ich reisen viel. Ich liebe es, die Wohnung umzugestalten oder einfach ein gutes Buch zu lesen. Ich hab so viele Hobbies ... manchmal sehne ich mich für einen Tag in einen Verwaltungsjob - einfach weil ich keine Lust habe, ständig inmitten einer Gruppe zu stehen, sondern meine echte Laune mal nur dem PC zu zeigen :)
    Ansonsten finde ich unseren Job so wahnsinnig kreativ, dass ich eigentlich ja prima neue Aufgaben selber schaffen kann. Zumindest kann ich das von meinem Job an der Hauptschule behaupten.
    Mein Mann definiert sich auch mehr über seinen Job. Er klagt darüber, dass er phasenweise zu wenig zu tun hat. Er hat eine Senior Partner Stelle in der Wirtschaft und hat sogar schon mal einen unbefristeten jahrelangen Job gekündigt, weil es ihm zu öde war...
    Die Kunst liegt wahrscheinlich darin, glücklich im Job zu sein, ohne permanent neue Herausforderung zu suchen. Aber geht das überhaupt? Wahrscheinlich verringert sich das Gefühl vom Glücklichsein, wenn etwas zum Normalzustand wird. Ich befinde mich noch in den ersten Berufsjahren. Mal sehen, wie ich in 10 Jahren darüber denke.

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