Boreout

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    Ansonsten finde ich unseren Job so wahnsinnig kreativ, so dass man sich eigentlich ja prima neue Aufgaben schaffen kann. Zumindest kann ich das von der Hauptschule behaupten.

    Das interessiert mich, was könntest du Kreatives machen, wo zumindest niemand sagt, ach, uninteressant, das können Sie sich sparen oder nee, lieber nicht? Oder machst du einfach was für dich, egal ob jemand mitzieht oder madig macht?

  • Wie meinst du das "ach uninteressant, das können Sie sich sparen" ?
    In Bezug auf Kollegen, die beispielsweise in Konferenzen auf Vorschläge entsprechend reagieren? Oder die Schulleitung?
    Ich meinte es mehr noch auf meinen Unterricht bezogen. Ich unterrichte in meiner Klasse momentan alle Fächer, außer Mathe und Sport. Habe zur Abwechslung noch einen Hauptfachkurs bei den Größeren... Ich mache im Unterricht eigentlich was ich wann und wie will. Manchmal setze ich was mit Kollegen gemeinsam um, kommt auf den Anlass an. Wenn es sich anbietet, unterrichte ich phasenweise projektorientiert oder wechsel Fächer blockweise ab, wenn es sinnvoll erscheint. Unsere Schule hält sich sehr zurück mit Festen oder irgendwelchen nach außen gerichteten Aktionen. In dem Punkt besteht bei uns also kein Stress. Intern ist aber bei uns alles sehr flexibel - manchmal etwas chaotisch, was mich aber als Klassenleitung nicht stört, weil ich meine Sachen ja machen kann und unsere Schulleitung zum Glück immer aufgeschlossen für alles ist. In Teams arbeite ich mit denen zusammen, mit denen es gut passt. Dazu gehört auch zum Beispiel der Sonderpädagoge der Schule.
    Mir gefällt es, die verschiedenen Themen im Unterricht auf unterschiedliche Weise zu vermitteln und ich erfreue mich tatsächlich immer wieder daran, wenn etwas besonders gut geklappt hat.
    Auch die Sozialarbeit, Schüler-/ Elterngespräche/ Termine mit Jugendämtern etc. stellen mich vor Herausforderungen und ich merke oft, dass ich Stärken in der Gesprächsführung habe.
    Am meisten Energie ziehe ich allerdings wiegesagt aus meinem eigenen Unterricht als Klassenleitung.

    Ich tippe am Handy.

    2 Mal editiert, zuletzt von MilaB ()

  • Da ich weiß, dass mir schnell fad wird bei Routinen gehe ich aber davon aus, dass ich in 10 Jahren neue Aufgabenbereiche dazunehmen werde (oder bereits dazugenommen haben werde), um mich weiter intellektuell ausreichend gefordert zu fühlen.

    Geht/Ging mir genauso. Die vielen Möglichkeiten, die man als verbeamter Leher hat (Sabbatjahr; Auslandsschuldienst; Abordnungen an Unis/Behörden etc.; Personalratslaufbahnen) fand ich deshalb immer ganz reizvoll und ich habe auch das eine oder andere davon wahrgenommen. Ich kann zumindest für mich aber sagen, dass man mit der Zeit auch "ruhiger" wird. Mal sehen, wie sich das noch entwickelt, akutell bin ich eher in Richtung "Selbstverwirklichung im privaten Bereich" eingestellt. Dass die Schule dabei die Möglichkeit zu einer geregelten Work/Life-Balance bietet, wenn man schon etwas Erfahrung hat, ist dabei sehr praktisch.
    Nur die Belastungsspitzen (Abi; vor Weihnachten) bringe ich damit noch nicht so recht in Einklang.

  • Ich lese meine persönliche Erfahrung von „Boreout“, die ich tlw. auch als extrem empfinde, als Hinweis, dass sich etwas ändern muss. Dabei gehe ich in meiner Ungeduld soweit, an ganz vielen Türen anzuklopfen, bis sich eine öffnet.
    Privat finde ich es mit kleineren Kindern extrem schwierig „Erfüllung“ durch eigene Hobbies zu finden. Aber das kommt auch noch...

  • Dadurch, dass es bei mir an der Berufsschule deutlich "lehrplangebundener" zugeht als am Gymnasium und die Klassen nur ein, höchstens zwei Jahre da sind, ist der Zustand alle "Standard-Szenarien" schon gesehen zu haben, schon bald erreicht.

    Das war übrigens für mich genau der Grund, warum ich nicht an der Berufsschule hätte unterrichten wollen. Ich hab's mir ein Jahr lang angeschaut, inkl. BM-Klassen und gefunden ... nee, dann lieber spätpubertäre Knallköpfe am Gymnasium. :)

  • Das war übrigens für mich genau der Grund, warum ich nicht an der Berufsschule hätte unterrichten wollen. Ich hab's mir ein Jahr lang angeschaut, inkl. BM-Klassen und gefunden ... nee, dann lieber spätpubertäre Knallköpfe am Gymnasium. :)

    Bei mir ist es tatsächlich gerade umgekehrt. :) Ich kann mit "pubertären Hormonmonstern" nichts anfangen und fühle mich in der Erwachsenenbildung genau am richtigen Platz. Menschen, die eine eigene Biographie mitbringen und mit denen man auch mal was abseits von Schule und Noten diskutieren kann, die über eine ironische oder gar sarkastische Bemerkung lachen und vielleicht noch einen drauflegen können, die wissen was sie wollen und warum. Ich sehe meinen Job darin, Menschen darin zu unterstützen, ihren Weg zu finden. Dass ich das mache, indem ich ihnen Mathe (oder ggfs. Physik) beibringe, liegt eben einfach daran, dass ich zufällig nicht allzu schlecht darin bin. Könnte ich etwas anderes, wäre ich halt Lehrer dafür. Das sehe ich pragmatisch. Ein gewisses fachliches Mindestniveau brauche ich schon, aber grundsätzlich bringt es mir persönlich mehr, jemanden über das Vehikel Mathe im Leben weitergebracht zu haben.

  • (...) Ein gewisses fachliches Mindestniveau brauche ich schon, aber grundsätzlich bringt es mir persönlich mehr, jemanden über das Vehikel Mathe im Leben weitergebracht zu haben.

    MIt dem Satz hast du mich gerade unglaublich berührt, dankeschön. Intrinsische Motivation ist etwas wirklich Besonderes. Schön, dass deine Schüler dich haben.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • MIt dem Satz hast du mich gerade unglaublich berührt, dankeschön. Intrinsische Motivation ist etwas wirklich Besonderes. Schön, dass deine Schüler dich haben.

    Danke! :rose:


    Dein Betrag hat in mir gerade noch eine Assoziation ausgelöst - "berührt sein". Ja, das muss ich zugeben: bei aller Professionalität "berühren mich" meine Lernenden und ich denke, sie merken auch, dass sie mir nicht gleichgültig sind. Das lese ich zumindest aus den Feedbacks heraus, obwohl sich nur wenige so persönlich äussern - muss ja auch nicht nicht sein. Dass man für das "berührt sein", besonders wenn es um persönliche Schicksale geht, auch einen Preis bezahlt, das ist die Kehrseite, die ich aber nicht unerwähnt lassen möchte – dass ich im stillen Kämmerlein schon mehr als einmal die eine oder andere Träne verdrückt habe, das gehört auch zur Wahrheit.

    • Offizieller Beitrag

    Dein Betrag hat in mir gerade noch eine Assoziation ausgelöst - "berührt sein". Ja, das muss ich zugeben: bei aller Professionalität "berühren mich" meine Lernenden und ich denke, sie merken auch, dass sie mir nicht gleichgültig sind. Das lese ich zumindest aus den Feedbacks heraus, obwohl sich nur wenige so persönlich äussern - muss ja auch nicht nicht sein. Dass man für das "berührt sein", besonders wenn es um persönliche Schicksale geht, auch einen Preis bezahlt, das ist die Kehrseite, die ich aber nicht unerwähnt lassen möchte – dass ich im stillen Kämmerlein schon mehr als einmal die eine oder andere Träne verdrückt habe, das gehört auch zur Wahrheit.

    Auch ganz wichtig. Zum Tränenverdrücken neige ich zwar auch im Privatleben nicht, aber dass man den einen oder anderen Schüler gedanklich "mit heim nimmt" und begrübelt, und einem der Mensch nicht Wurst ist, ist ein Zeichen dafür, dass man noch am richtigen Platz ist.
    Ich hatte mal die Option, Vollzeit in der personalrätlichen Arbeit und Fortbildung zu sein und habe lange und erntshaft drüber nachgedacht - konnte mir allerdings nicht vorstellen, ohne die SchülerInnen zu arbeiten: erstens und rational, weil ich von Bezirkspersonalräten, die nicht mehr aktiv in Schule sind, nichts halte - man redet sehr, sehr schnell von Dingen, von denen man nicht mehr weiß, wie sie sich anfühlen (finde ja auch, alle KM-Mitarbeiter und Dezernenten sollten alle 5 Jahre ein Jahr in die Schule, zur Erinnerung und Orientierung darüber, wo die echt harte Arbeit anfällt), aber zweitens und wichtigerens auch weil ich die Lebendigkeit, die jugendlichen Emotionen und Reaktionen und Entwicklungen, die hormongesteuerten Spinnereien und die gehirngesteuerten Klugheiten und die Fröhlichkeit und Empathiefähigkeit der Schüler einfach sehr vermissen würde und da auch eine Aufgabe für mich sehe, die ich erfüllen will. Ohne sie jetzt arg zu romantisieren. Aber es ist eben auch nicht nur irgendein Job.


    Und seitdem ich nicht mehr so viele Kurse habe, und überhaupt den Raum und die Zeit und Bedingungen habe, jede/n einzelnen SchülerIn wahrzunehmen, gelingt mir auch bei schwierigen Typen die Wertschätzung der irgendwo versteckten positiven Besonderheiten viel besser - und meine Zufriedenheit mit meinen eigenen pädagogischen Möglichkeiten ist erheblich angestiegen, auch die innere Ruhe in angespannten Situationen, auch die Erfolgsquote beim "Einfangen" nicht rund laufender Schüler. Was mir auch zeigt, wie ungemein wichtig kleinere Klassen und weniger SchülerInnen sind - egal, was Hattie sagt (dem geht's ja auch nur um den Lernerfolg) - für eine echte, wirksame Beziehungsarbeit, die grundlegend für die (Arbeits)zufriedenheit von Schülern und Lehrern ist, macht es die Masse.

  • Sind schon einige wertvolle Tipps hier drin...
    Einer den ich mir quasi von Anfang an selbst gegeben habe: Mach was aus deinen Fächern, und wähle sie auch danach. Wenn du Monotonie befürchtest - dagegen gibt es Möglichkeiten. Klar... ich hab mit meiner Fachkonstellation leicht reden, aber das war neben der "freien" Arbeitsplatzwahl auch ein Grund für die Kombi...
    Meine AG hab ich selbst begründet - und, natürlich macht die den Mädels Spaß, aber uneigennützig ist die auch nicht, ich nehme da für mich auch wieder mit, etwas zu erreichen.


    Und dann... mache ich ab und an für mich privat die ein oder andere "Aktion"... durchaus schräg, krass, abgedreht... wo manche dann fragen "Wieso machst du sowas?"
    Damit ich merke - ich lebe noch.
    Solche "Ventile" helfen. Bevorzugt im kreativen und "actionreichen" Bereich.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

    Einmal editiert, zuletzt von Miss Jones ()

  • Meiner Erfahrung nach ist die beste Methode gegen die Ödnis der Routine, sich in seiner Berufstätigkeit entwickelt, sich geistig rege zu halten. Das heißt, sich immer zu hinterfragen, wo man in seinem Wirkungsbereich Dinge verändern und gestalten kann. Arbeitszufriedenheit entsteht in erster Linie dadurch, dass man einen Sinn in seiner Arbeit gestaltet. Den Sinn gestalten heißt, dass man nicht darauf wartet, dass einem der Sinn von anderer Stelle aufoktroyiert wird. Wenn man die Initiative in der Hand behält und seine eigene Arbeit so gestaltet, wie man es für sinnvoll einschätzt, dann wird man auch Arbeitszufriedenheit erringen.

  • Meine AG hab ich selbst begründet - und, natürlich macht dieden Mädels Spaß, aber uneigennützig ist die auch nicht, ich nehme da für mich auch wieder mit, etwas zu erreichen.

    Und das ist ein extrem wichtiger Punkt: eigene Investitionen in die Arbeit dürfen niemals uneigennützig sein, denn im Normalfall wird eigene Initiative nicht finanziell oder durch Sachmittel honoriert. Wenn du Arbeit leistest, dann muss dir diese Arbeit irgendetwas geben - ansonsten ist das sinnlose und für das eigene Wohlbefinden schädliche Extraarbeit.

  • ...Das heißt, sich immer zu hinterfragen, wo man in seinem Wirkungsbereich Dinge verändern und gestalten kann. ..

    darum geht's ja gerade, das kann ich so nicht. Jeder Versuch in diese Richtung wird untergraben, stattdessen kommen völlig sinnlose, chefgeschmiedete, zeitraubende Aktivitäten dazu. Das nimmt ja gerade die Energie.


  • darum geht's ja gerade, das kann ich so nicht. Jeder Versuch in diese Richtung wird untergraben, stattdessen kommen völlig sinnlose, chefgeschmiedete, zeitraubende Aktivitäten dazu. Das nimmt ja gerade die Energie.

    Deswegen sollst du ja auch nicht deine Vorgesetzten um sinnvolle Tätigkeiten befragen sondern sie dir selbst suchen und vorgesetzte Arbeitsauftraäge gegebenenfalls torpedieren.

  • Deshalb habe ich Familie. Das biete mir derart viel Abwechslung, dass ich froh bin, einen entspannten (ich mache ihn mir nicht stressig ;) ) Job zu haben. Habe eine gute Bekannte die Psychologin ist; sie gibt ganz gute Sichtweisen bei einem Kaffee.


    Deshalb verreise ich in den Ferien immer. Dadurch habe ich verteilt über das Jahr immer viele neue Eindrücke.


    Für mich passt es. Ich bin zufrieden als Studienrat. Mehr brauche und will ich nicht.

    Ich bin begeistert von diesem - sogar eine Deutschlehrerin zufriedenstellenden - Stil, der es mir ganz leicht macht, den Inhalt zu verstehen: 1. Wer ist derjenige, der dir sagt, dass dir das derart [sic!] viel Abwechslung biete? 2. Überzeugt hat mich auch die Nivellierung des Unterschieds zwischen Adverb und Adjektiv - das macht das Lesen ganz leicht. 3. Hätte ich den Ausdruck "Sichtweisen geben" in einem Schüleraufsatz gefunden, hätte ich es mit "passende Verben finden" kommentiert - aber es steht ja in einem Internetpost von Yummi... Herzlichen Glückwunsch zu deiner hilfreichen Internetpräsenz.

  • Vielleicht beharkt ihr euch einfach in einem Extra- "Ich bin Deutsch-Lehrkraft und möchte meine Mituser beschulen"-Thread Yummi und WiederimSchuldienst? :computerrache: Oder angesichts des Zwiegesprächs gleich ein höflicher Austausch mit Duden und Co.bewaffnet via PN. :winkewinke:


    Macht in diesem Thread doch einfach weiter, wenn es arg pressiert: Was gegen sinkende Lesekompetenz hilft...

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Liebes Forum,
    Ich verstehe sehr gut, was euch demotiviert! Mir ging es ähnlich! Mittlerweile habe ich mich befreit durch stundenreduzierung und dem Aufbau einer beruflichen selbständigkeit!
    Wenn ihr meinen Weg kennenlernen wollt, dann mailt mir PN an hausmann@yahoo.com!


    Beste Grüße
    Euer flo

  • Das ging ja schnell mit dem Werbepost. Nach dem Anstoss der Diskussion in dem anderen Thread hätte man das auch geschickter machen können, z.b. mit mehr zeitlichem Abstand...

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