• Dass das bloße Auswendiglernen von "Stoff" vor dem Hintergrund moderner Bildungsziele kein ernstzunehmender Unterricht (mehr) ist, dürfte hinreichend klar sein. Es geht selbstverständlich immer darum, kognitive Aktivierung (Verständnis) zu erreichen. Die Frage ist die, wie das am effektivsten geschehen kann und nicht, ob man irgendwas stupide auswendig lernen sollte - das ist (zum Glück) längst vom Tisch.

    Hallo CDL,
    so war das auch nicht gemeint. Viele verbinden mit dem Auswendiglernen eben die Vorstellung, dass man den lieben langen Tag nur das nachsagt, was der Lehrer vorne monologisierend von sich gibt. Ob Schule jemals so war, weiß ich nicht, aber das ist doch die gängige Vorstellung von Anti-Schule seit ich denken kann. Mag gut sein, dass es sich immer schon nur um ein Vorurteil handelte.


    der Buntflieger

    Das irritiert mich jetzt: Dein erster Post klingt nach deiner Meinung, während du in der Reaktion auf meine Antwort darauf verweist die Vorstellungen "vieler" wiederzugeben und dich davon distanzierst indem du angibst, es wäre ein "gängige Vorstellung", womöglich aber "immer schon nur ein Vorurteil".
    Vielleicht wäre es möglich vermutete Vorurteile einer undefinierten Allgemeinheit nicht mit deiner persönlichen Meinung zu verquicken damit klarer wird, was tatsächlich deine Position ist. Oder alternativ zu deiner Position zu stehen bzw. anzuerkennen, dass diese nicht so absolut formuliert werden kann. :rolleyes:

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich halte es da mit Wagenschein. Wagenschein sagte sinngemäß, wir müssten "Inseln des Wissens schaffen".


    Damit war kein Faktenwissen gemeint, sondern: An Stellen, wo es sich lohnt, sollte man Handlungsorientiert / offen / induktiv statt deduktiv / hier tolle Sache Deiner Wahl einsetzen arbeiten.


    Das kann man aber nicht immer machen, dann wird man nie fertig. Um diese Inseln mit Brücken zu verbinden, kann man dann auch informell Wissen einfach "mitteilen". Ein mathematisches Beispiel wäre dann z.B., dass man eben nicht alles beweisen muss, aber wenn man etwas tolles zu Beweisen hat, wo es sich lohnt, viel Zeit in einen schülerzentrierten Zugang stecken sollte.


    Ich möchte hinzufügen, dass ich es für wichtig halte, das den Schülern (vor allem den älteren) ehrlich zu sagen. Wenn also in Mathe eine Herleitung oder ein Beweis fehlen / unvollständig sind, dann sage ich das den Schülern, damit sie (gerade die besonders guten, kritischen) nicht denken, es läge an ihnen, wenn sie das Gefühl haben, das noch nicht vollständig verstanden zu haben.


    Davon abgesehen kommt man aber ohne Grundlagenwissen nicht aus. Dieses muss auswendig sitzen, notfalls "reingepaukt". Wenn Schüler z.B. die mathematischen Begriffe (und das sind nicht so viele eigentlich, verglichen mit Vokabeln in Fremdsprachen, wo es ja aberhunderte sind) nicht kennen, verstehen sie mich und die Bücher nicht. Man kann auch nicht alles immer nachschauen. Wenn ich in einem Absatz einen Begriff nachschauen muss, dann ist das ok. Wenn es aber 5 sind oder so, wirkt der ganze Text so fremd und abschreckend, dass das Gehirn gleich zumacht.

  • Vielleicht wäre es möglich vermutete Vorurteile einer undefinierten Allgemeinheit nicht mit deiner persönlichen Meinung zu verquicken damit klarer wird, was tatsächlich deine Position ist. Oder alternativ zu deiner Position zu stehen bzw. anzuerkennen, dass diese nicht so absolut formuliert werden kann. :rolleyes:


    Hallo CDL,


    ich dachte eigentlich, dass ich ausreichend klargestellt habe, wie ich es meinte. Also nochmal klarer: Wenn Unterricht vornehmlich darin besteht, Stoffpakete auswendig zu lernen, ist das nicht wünschenswert. Dass aber in bestimmten Fächern (z.B. Fremdsprachen) gerade am Anfang große Teile aus Auswendiglernen bestehen, dürfte für jedermann nachvollziehbar sein. Aber ich meine zumindest gehört zu haben, dass auch in den Fremdsprachen (fachdidaktisch) diesbezüglich verschiedene Positionen vertreten werden. Aber ich kenne mich hier nicht aus. Meine Aussage war ja auch nicht speziell gemeint, sondern sehr allgemein gehalten (auf Krabappels Äußerungen bezogen).


    der Buntflieger

  • Sehr allgemein und sehr absolut. Das klingt jetzt auf jeden Fall differenzierter. (Ich wgae einfach mal zu behaupten, dass du an Fremdsprachen bei deinem Beitrag nicht gedacht hattest...)


    Was deine Vermutung anbelangt in den Fremdsprachen hätten sich bestimmte Formen des Auswendiglernens vielleicht nicht überholt, wären aber umstritten, darf ich dir versichern, dass Vokabeln lernen keinesfalls umstritten ist. Damit ist der absolute Auswendiglern-Klassiker im Fremdsprachenunterricht unumstritten. Diskussionen gibt es um Dinge wie die Rolle der klassischen Übersetzung, kommunikativer Ansatz versus Vorbereitung auf eine Sek.II-Oberstufe (oder gar eine Studierfähigkeit) und das Lesen literarischer Texte etc. Vokabeln lernen ist ganz nebenbei auch nichts was man nur im Anfangsunterricht benötigt sondern fortlaufend, um vielfältigen, thematischen Wortschatz und sprachliche Register zu entwickeln und auszubauen. Ich will das jetzt gar nicht weiter ausführen, nur sehr deutlich darauf hinweisen, dass deine ursprüngliche Aussage angesichts dessen wie Fremdsprachenunterricht ganz unumstritten gehalten wird unhaltbar ist.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich will das jetzt gar nicht weiter ausführen, nur sehr deutlich darauf hinweisen, dass deine ursprüngliche Aussage angesichts dessen wie Fremdsprachenunterricht ganz unumstritten gehalten wird unhaltbar ist.

    Hallo CDL,


    da habe ich dich wohl getriggert. Ist doch klar, dass wir oben nur ganz allgemein gesprochen haben.
    Ich selbst sehe vollkommen ein, dass es in den Fremdsprachen schulisch nicht ohne Auswendiglernen geht. Sprachen lernen geht durchaus komplett ohne, aber dafür muss man ausreichend Gelegenheit zur Sprachpraxis haben und das ist in der Schule wohl kaum möglich. Es scheint sich also hier um ein notwendiges Übel zu handeln.


    der Buntflieger

  • So weit geht es zum Glück nicht, aber meine "Fremdsprachenlehrerehre" hatte das Bedürfnis sich auch mal zu Wort zu melden (wo sonst in diesem Forum vor allem die GK-Lehrerin ihre Spielwiese findet). :)


    Sprachpraxis als Basis fürs Sprachenlernen funktioniert für manche Menschen exzellent, hat für viele Menschen den Nachteil, dass sie gerade bei sprachlichen Registern ohne gezielte Grammatik- und Wortschatzarbeit an Grenzen stoßen. Je nachdem, in welchen Kontexten man eine Sprache verwenden will oder muss oder mit welchem Anspruch man das Erlernen einer neuen Sprache betreibt werden viele Lerner früher oder später eben doch wieder den einen oder anderen thematischen Wortschatz als Vokabeln auswendig lernen müssen (und sei es auch nur, um im neuen Land einen Ausweis beantragen oder eine Steuererklärung halbwegs korrekt ausfüllen zu können.).
    Persönlich lerne ich tatsächlich am meisten aus dem direkten Gespräch, das ist aber auch eine Frage von bevorzugten Lernwegen oder auch bestimmten Talenten, bis auf welches Niveau man sich auf einem derartigen Lernweg vorarbeiten kann. Insofern auch für den späteren Sprachlernweg nicht unbedingt verallgemeinerbar, dass Vokabeln gezielt auswendig zu lernen kein Teil des Sprachlernprozesses mehr sein muss.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Persönlich lerne ich tatsächlich am meisten aus dem direkten Gespräch, das ist aber auch eine Frage von bevorzugten Lernwegen oder auch bestimmten Talenten, bis auf welches Niveau man sich auf einem derartigen Lernweg vorarbeiten kann. Insofern auch für den späteren Sprachlernweg nicht unbedingt verallgemeinerbar, dass Vokabeln gezielt auswendig zu lernen kein Teil des Sprachlernprozesses mehr sein muss.


    Hallo CDL,


    ich habe in meiner Schulzeit festgestellt, dass der Zusammenhang von Grammatikwissen und Anwendung sowie Vokabelkenntnissen nicht unbedingt Rückschlüsse auf die Fähigkeit zur Sprachverwendung zulässt. So sind bei uns viele Schüler in der Oberstufe (wo dann nicht mehr Grammatik und Lektionen im Vordergrund standen, sondern fast nur noch Textarbeit und man außerdem ein großes Oxford-Wörterbuch verwenden durfte, was für mich enorm hilfreich war) abgestürzt, obwohl sie gute/fleißige Lerner waren und andere (ich zähle mich hinzu) blühten regelrecht auf.


    Ich habe bis heute grammatisch im Englischen keine Ahnung, wende sie aber intuitiv weitestgehend korrekt an. Der Wortschatz hat sich bei mir durch Sprachverwendung in kürzester Zeit drastisch verbessert. Ich will nicht sagen, dass die Jahre der oftmals stupiden Lernerei für die Katz waren, aber zumindest für Leute, die - wie du ja schon sagtest - andere "Lernwege" bräuchten, kann das schon frustrierend sein. Wie immer ist Unterricht ein Kompromissgeschäft, man kann es - Individualisierung/Differenzierung hin oder her - niemals allen recht machen.


    der Buntflieger

  • ich habe in meiner Schulzeit festgestellt, dass der Zusammenhang von Grammatikwissen und Anwendung sowie Vokabelkenntnissen nicht unbedingt Rückschlüsse auf die Fähigkeit zur Sprachverwendung zulässt.

    Das nennt man anekdotische Evidenz.



    So sind bei uns viele Schüler in der Oberstufe

    Meiner bescheidenen Erfahrung nach (und die ist in dem Fall nicht anekdotisch weil sie sich ja auf eine grössere Population Jugendliche bezieht und auf Beobachtungen der letzten knapp 6 Jahre basiert) neigen Jugendliche gerne zu unzulässigen Extrapolationen. Weil's bei mir und/oder meinem BF so war, war's bei allen so. Zack, Beweisführung abgeschlossen.

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