Schüler beleidigen Lehrer

  • Hallo,


    ich habe vor zwei Wochen einen Kurs von einem Kollegen übernommen.


    Ich musste noch eine Klassenarbeit von ihm zurückgeben. Dadurch dass er die Klasse aufgrund einer Stundenplanänderung nicht mehr unterrichtet hat er auch die mündliche Note auf die Klassenarbeit geschrieben.


    Ich habe der Klasse dann gesagt, dass sie bei Fragen jederzeit zu ihm gehen können…


    Die KA ist leider nicht so gut ausgefallen. Als ich die KA ausgeteilt habe, sind einige Schüler sehr beleidigend ihm gegenüber geworden, teilweise unter der Gürtellinie …


    Hätte ich hart reagieren sollen? Finde es schon heftig, was sich Schüler so erlauben…


    Welche Möglichkeiten hat der Kollege wenn ich es ihm sage? Kann man gegen solche Schüler vorgehen? Sie sind größtenteils volljährig

  • §61 Abs. 2 NSchG i.V.m. §185 StGB.


    Also kurz: Klassenkonferenz unter Vorsitz der Schulleitung und dann Ordnungsmaßnahme verhängen.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Ich weiß, wir sollten damit aufhören, Neu-Usern gleich zu unterstellen, dass sie keine Lehrer sind, aber irgendwie erscheint mir diese Fragestellung so grundlegend, dass ich doch ins zweifeln komme, ob ein Praktiker diese Frages stellen würde.
    Wie dem auch sei... wenn der erste anfängt, sich negativ über den Kollegen zu äußern, stellt man das Austeilen an, geht nach vorne und sagt deutlich und in unmissverständlichen Worten, dass man dies nicht in seinem Klassenzimmer akzeptieren wird und wiederholt, dass sich die Schüler mit allen Rückfragen an den Kollegen wenden sollen. Und damit ist das Thema beendet.


  • Ich meine, normalerweise hättest du reagieren sollen. Nicht zu reagieren bedeutet für Kinder oft: Das ist erlaubt (der Lehrer hat ja nichts dazu gesagt).


    Das Reagieren kann ganz unterschiedlich sein. Es kommt sehr auf die Situation, die Altersklasse, den Intellekt, das Gesagte oder Getane usw. an. Du musst bedenken, wer sauer ist, reagiert in der Regel auch sauer. Je nach der Situation (Satz zuvor) gelingt es jemandem besser oder schlechter, sich zu beherrschen. Kinder müssen das meist noch lernen. Von Erwachsenen erwarten wir, dass sie es können (können aber auch nicht alle).


    Gelegentlich, wenn ich so einen Unmut (mir gegenüber) bemerke, tue ich so, als hätte ich es nicht bemerkt. Wenn das nicht geht, spreche ich mindestens mit dem Schüler und sage ihm/ihr, was ich davon halte und wie ich das finde. Manchmal genügt das ja schon. Sanktionen setze ich nur bei einem gewissen Schweregrad ein (immer abhängig von der Situation, siehe Satz oben): Mitteilung an die Eltern, Tadel, Ausschluss von ... usw.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

    Einmal editiert, zuletzt von Das Pangolin ()

  • Ja!

    Nicht zuletzt deswegen, weil du dir sicher sein kannst, dass sie über dich genauso sprechen würden. Ihr müsst als Kollegium dringend zusammenarbeiten, egal ob du Kollege X magst oder seine Notengebung gutheißt. Klassen (auch ältere) reagieren auf die Lehrer, zu denen sie einen Bezug haben. Damit kann man als Lehrer Schlimmes und Gutes anrichten.

  • Die KA ist leider nicht so gut ausgefallen. Als ich die KA ausgeteilt habe, sind einige Schüler sehr beleidigend ihm gegenüber geworden, teilweise unter der Gürtellinie …


    Hätte ich hart reagieren sollen? Finde es schon heftig, was sich Schüler so erlauben…


    Welche Möglichkeiten hat der Kollege wenn ich es ihm sage? Kann man gegen solche Schüler vorgehen? Sie sind größtenteils volljährig

    Wie hast du denn reagiert? Wie reagierst du sonst in derartigen Situationen? Auf den ersten Blick liest dein Post sich sehr unerfahren; optimistisch davon ausgehend, dass du tatsächlich Lehrer bist: Bist du vielleicht Ref oder Quer-/Seiteneinsteiger, dass dir hier noch entsprechende Erfahrungen fehlen?


    Ich bin durchaus eine Lehrerin, mit der man diskutieren kann, bei Beleidigungen oder unsozialem Verhalten hört bei mir aber der Spaß auf. Hatte vor einigen Wochen einen Fall zwischen SuS, die durften sich dann im Nachsitzen gegenseitig Entschuldigungsbriefe schreiben und dazu eine Karte malen. Für Jungs in der Pubertät quasi die Höchststrafe... Nach Prüfung der Briefe auf inhaltliche Ernsthaftigkeit mussten die sich dann ihre Entschuldigungskarten gegenseitig überreichen. Fanden die nicht witzig, hat aber sichtbar etwas in ihnen ausgelöst und nachhaltige Wirkung gezeigt.


    Wenn SuS sich mir gegenüber über andere Lehrer beschweren wollen à la "wie würden Sie denn in Situation x reagieren, Herr/Frau Y hat nämlich dieses und jenes gesagt/getan?", verweise ich die SuS generell darauf so etwas direkt mit der jeweiligen Lehrperson zu klären.


    Wichtiger als was ein Kollege machen könnte/würde/vielleicht auch möchte ist, wie du in deinem Unterricht mit derartigen Situationen umgehst, der Rest liegt ja nicht bei dir, wobei es unter Umständen eine Frage sein kann, die im größeren Rahmen geklärt werden kann. Da würde ich dir empfehlen sehr klar und deutlich für Werte wie Respekt einzustehen, deinen SuS deutlich zu machen, dass du derartige sprachliche Entgleisungen in deinem Unterricht nicht akzeptieren wirst und das auch entsprechend sanktionieren.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • ...aber irgendwie erscheint mir diese Fragestellung so grundlegend, dass ich doch ins zweifeln komme, ob ein Praktiker diese Frages stellen würde.
    ...

    Bei Referendaren hab ich das durchaus erlebt, auch bei einfach gestrickten Gemütern älterer Kollegen mit wenig selbstbewusstsein. Die Idee, wenn man sich mit Schülern gegen Kollegen verbünde, habe man selbst größeres "Ansehen" bei den Schülern :grimmig:


    Der TE war aber einfach nur unsicher, wie ich vermute, wenn er neu dabei ist.

  • Ich erlebe desweilen Gemeckere über Kollegen. Deeskalation funktioniert ja nicht immer über Konfrontation, also versuche ich ganz gerne einen Perspektivwechsel zu erzeugen. Oder durch geschicktes Fragen aus den Studierenden die Aussage "Bin ja vielleicht selbst schuld" herauszukitzeln. Allerdings würde ich bei Beleidigungen eine Grenze ziehen, das geht schlicht nicht.

  • Ich würde mich Morse anschließen. In der Regel reicht eine scharfe Zurechtweisung.
    Falls nicht, kann man immer noch eine Stufe weiter gehen.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Die KA ist leider nicht so gut ausgefallen. Als ich die KA ausgeteilt habe, sind einige Schüler sehr beleidigend ihm gegenüber geworden, teilweise unter der Gürtellinie …
    Hätte ich hart reagieren sollen? Finde es schon heftig, was sich Schüler so erlauben…


    Welche Möglichkeiten hat der Kollege wenn ich es ihm sage? Kann man gegen solche Schüler vorgehen? Sie sind größtenteils volljährig


    Hallo Frank33,


    wenn es um Noten geht, mutieren manche Schüler zu kleinen Bestien. Sie zeigen dann Verhaltensweisen, die man nie von ihnen erwartet hätte. Das war für mich zu Beginn ein kleiner Schock, weil man zuvor nie selbst benoten musste in Praktikas und außerhalb des eigenverantwortlichen Unterrichts.


    Weshalb Noten so erlebt werden, hängt meines Erachtens mit der gesellschaftlichen Wahrnehmung zusammen und dem damit zusammenhängenden Unvermögen vieler Schüler, die Note als Rückmeldung zu verstehen und nicht als persönliche Bestrafung/Bewertung.


    Normal ist es allerdings meiner Erfahrung nach, dass sich Schüler über Kollegen beschweren, sobald sich auch nur die kleinste zufällige Gelegenheit ergibt. Ich stoppe das sofort und gehe nicht darauf ein. Noch nicht erlebt habe ich aber, dass Schüler Kollegen offen mit Ausdrücken belegen. Das würde ich unbedingt sofort unterbinden und sanktionieren, ggf. kombiniert mit einer Zurechtweisung und Spiegelung des Verhaltens.


    Leider leider fühlt man sich instinktiv in solchen Momenten dazu verführt, als vermeintliche Vertrauensperson genauer zuzuhören und dann kommt die Neugier hinzu, weil man doch insgeheim gerne wissen möchte, wie andere Lehrer Unterricht machen und wie es bei denen so läuft. Das wird man jedoch von Schülern nur höchst (!) subjektiv erfahren, daher ist es besser, sich gleich konsequent kollegial zu verhalten und die Schüler darauf hinzuweisen, dass sie mit dem Kollegen dies selbst klären sollen. Meist wurde nämlich das Gespräch gar nicht gesucht und der Kollege weiß gar nichts von den Beschwerden. Das wiederum liegt schlicht daran, dass sie in aller Regel letztlich marginal sind.


    Ausnahmen wären natürlich bei schwerwiegenden Vorwürfen der Fall. Aber das ist nicht die Regel, die Regel sind diffuse und launische Schülerbeschwerden über Kollegen, die sich dann gebauchpinselt fühlen und die Schüler in ihrer Protesthaltung schlimmstenfalls bestärken. In schlechten Kollegien läuft es so und nicht anders - ein Bekannter von mir könnte zu dem Thema ganze Romane füllen.


    der Buntflieger

  • Ich würde dir dahingehend zustimmen Buntflieger, dass die Frustrationstoleranz mancher Schüler (oder ihrer Eltern) nicht so gut ausgeprägt ist, wie man das qua Alter vielleicht vermuten würde. Nicht allen Schülern oder Eltern ist bewusst, dass einen Lernweg zu beschreiten nicht bedeutet, dass man zu Beginn als Motivation erstmal gute Noten geschenkt bekommt, sondern eine ehrliche Rückmeldung zum aktuellen Wissenstand, damit man an bestehenden Schwächen gezielt arbeiten kann.


    "Bestien" hatte ich allerdings noch nie bei der Notenvergabe und habe auch von meinen Kollegen derartiges noch nicht gehört.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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