Seiteneinstieg ohne "deutliches" Schulfach?

  • Hallo an Alle,


    gibt es unter euch Seiteneinsteiger, die Sozialwissenschaften (oder ein anderes "Nicht-Schulfach") studiert haben?


    Ich würde mich für eine Lehrtätigkeit an der Grundschule interessieren, befürchte aber, dass sich kein Grundschulfach ableiten lässt. Habe gehört, dass man trotzdem eingestellt werden kann, dann aber mit einer E9 anstatt E10.
    Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?


    Als Gymnasiallehrer würde es evtl schon anders aussehen, da der Lehrplan für Sozialkunde doch sehr viele Parallelen zu meinem Studium aufweist.


    Ich finde es auch problematisch, dass man in Sachsen-Anhalt das Einstellungsangebot per Mail bekommt, sich in 24 h entscheiden muss und da aber noch gar nicht weiß, welche Fächer man dann unterrichten wird und in welche EG man zugeordnet wird. Wie sollman da tatsächlich eine endgültige Entscheidung treffen? :(


    Wie empfindet ihr das?

  • Kannst du nicht nochmal neu studieren? Grundschullehramt. Sehr gute Berufschancen im Moment und es ist definitiv nichts, was man sich eben aus dem Ärmel schüttelt, weil man auch das 1X1 beherrscht und lesen kann. Soll sich nicht böse anhören, hat nichts mit dir zu tun, aber beim jetzigen Lehrermangel scheint das Lehrerwerden auf einmal zur schönsten Nebensache der Welt zu mutieren.

  • Mit nicht einem GS-relevanten Fach infolge des Lehrermangels dennoch GS-Lehrer werden zu wollen halte ich für reichlich vermessen. In BaWü kann man zwar ergänzend zum Sachunterricht auch ein Fach wie Politik studieren für GS-Lehramt, das ist aber wie gesagt nur die Ergänzung. Komplett fachfremd in allen Fächern, ohne einschlägiges Fachstudium, ohne Vorkenntnisse in Pädagogik und Fachdidaktik, ohne Referendariat direkt unterrichten zu wollen- für mich klingt das nach Selbstüberschätzung, zumindest, wenn das Ziel lautet künftigen Schülern guten Unterricht angedeihen zu lassen.


    Ich würde mich lamaison anschließen: Was spricht gegen ein Neustudium? GS-Lehrer werden auch in 4-5 Jahren noch händeringend gesucht werden, wenn du tatsächlich qualifiziert sein wirst für den Beruf? Irgendwann ist diese Mangelphase im GS-Bereich auch wieder beendet und die KMs können es sich leisten weniger gut qualifizierte Lehrkräfte nach und nach zu ersetzen durch Lehrkräfte mit voller Lehrbefähigung.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Wir haben eine Informatikerin, die hat ihr Referndariat aber teilweise am Gymnasium gemacht und ist dann vollständig an die Grundschule gewechselt.
    Außerdem eine Kulturwissenschaftlerin, der wurde Gesellschaftswissenschaften als Fach anerkannt. Das bedeutet, sie muss sich in den Lehrplan der Gesellschaftswissenschaften (Klasse 5/6 Grundschule), Mathematik, Deutsch, die Pädagogik und Didaktik einarbeiten und ein Jahr unterrichten. Dann ein Jahr Deutsch und ein Jahr Mathe studieren, anschließend 1,5 Jahre Referendariat. Dauert insgesamt 4,5 Jahre. Vorteil: Es gibt Geld, Nachteile: Dauert lange, ein Jahr muss man im kalten Wasser schwimmen und durch Mathe fallen jetzt die ersten durch (bei uns noch nicht).

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • SoWi ist, zumindest in NRW, ein Schulfach, was für das Gymnasium studiert werden kann.
    Beim Thema Grundschule würde ich mich @lamaison anschließen.
    Zum Thema Angebot annehmen: will man Lehrer werden aus Überzeugung - ja oder nein, das wären bei mir die Gründe zu überlegen.

  • Ich denke auch, dass der Weg hier nur über ein entsprechendes Zweitstudium führt. Gerade Sozialkunde ist ein Fach, welches nur in wenigen Bundesländern mit wenigen Stunden unterrichtet wird bei gleichzeitig deutlichem Überangebot an ausgebildeten Lehrkräften. Hier einen Seiteneinstieg zu finden halte ich für nahezu unmöglich.

  • Sag nie "nie". ich würde sagen: Ab nach Berlin. Dort unterrichten doch studierte Architekten und Ökotrophologen. Also: als Sozialwissenschaftler geht es doch locker.


    Dass es Schwachsinn ist, erwähne ich trotzdem der Vollständigkeit halber

  • Ich finde es auch problematisch, dass man in Sachsen-Anhalt das Einstellungsangebot per Mail bekommt, sich in 24 h entscheiden muss und da aber noch gar nicht weiß, welche Fächer man dann unterrichten wird und in welche EG man zugeordnet wird. Wie sollman da tatsächlich eine endgültige Entscheidung treffen?

    Warum hast du dich nicht vorher beim Schulamt erkundigt für welche Fächer du in Frage kommst??

  • Erstmal Danke an alle für eure Antwort :)
    Ich finde, einige von euch sind gleich so negativ eingestellt und kritisieren mehr, als dass sie helfen :daumenrunter: Ich habe doch erstmal nur reines Interesse bekundet, um von den Erfahrungen anderer zu profitieren. Dafür ist doch so ein Forum da. Da kann man doch sachlich bleiben und muss einem nicht gleich Vermessenheit oder Selbstüberschätzung vorwerfen ;)

    Kannst du nicht nochmal neu studieren? Grundschullehramt.

    Nein, ein neues Studium ist aus familiären und finanziellen Gründen leider nicht möglich :(


    Soll sich nicht böse anhören, hat nichts mit dir zu tun, aber beim jetzigen Lehrermangel scheint das Lehrerwerden auf einmal zur schönsten Nebensache der Welt zu mutieren.

    Ich verstehe, was du meinst, allerdings entsteht der Wunsch bei mir nicht aus einer Laune heraus, sondern daher, dass ich bereits in der Uni unterrichte habe und festgestellt habe, dass es super Spaß macht und auch wirklich sehr gut lief. Ich hab das dann hinten angestellt, weil ich nach dem Abschluss "raus" wollte in die Welt und Geld verdienen. Hatte zu dem Zeitpunkt auch nicht die Möglichkeit, weiter zu unterrichten. Jetzt sehe ich die Möglichkeit, diesen Traum evtl doch noch zu erfüllen. Dass das nicht mit einem Fingerschnipsen geht, weiß ich natürlich, aber über den Seiteneinstieg wird zumindest grundsätzlich erstmal die Möglichkeit geboten. Daher wollte ich mich einfach mal informieren :)


    Ich denke auch, dass der Weg hier nur über ein entsprechendes Zweitstudium führt. Gerade Sozialkunde ist ein Fach, welches nur in wenigen Bundesländern mit wenigen Stunden unterrichtet wird bei gleichzeitig deutlichem Überangebot an ausgebildeten Lehrkräften. Hier einen Seiteneinstieg zu finden halte ich für nahezu unmöglich.

    Naja laut Stellenausschreibung werden einige Lehrer für Sozialkunde gesucht :top: Und Sozialkunde entspricht zu großen Teilen meinem Studium, wenn ich mir den Lehrplan so anschaue. Aber es wäre ja auch wie gesagt erstmal nur ein Versuch, wenn man mich nicht gebrauchen kann mit meinem "Fach", dann würde ich es so natürlich akzeptieren.


    Warum hast du dich nicht vorher beim Schulamt erkundigt für welche Fächer du in Frage kommst??

    Naja ich bin ehrlich gesagt davon ausgegangen, dass wenn dann Sozialkunde in Frage kommt. Es steht ja auch im Internet, dass die fachliche Tauglichkeit erst geprüft wird anhand der CP, nachdem man alle Unterlagen eingereicht hat. Weiß nicht, ob die einem so am Telefon da direkt sagen können, welches Fach denkbar wäre. Aber klar, versuchen kann ich es ja :)

  • muss es unbedingt Grundschule sein? Sozialwissenschaften gibts an der BBS auch als Fach, da wäre ein Einstieg über OBAS sogar mit anschließender verbeamtung drin.


    BBS würde auch gehen na klar, nur werden in meiner Region da aktuell keine Lehrer für gesucht. Vielleicht in der nächsten Runde.
    OBAS gibt es bei uns in Sachsen-Anhalt nicht, soweit ich weiß. Hier gibt es eine Schulung, die berufsbegleitend über 16 Monate geht, um sich pädagogisch und didaktisch fortzubilden. Ist vielleicht ähnlich?

  • ...tu dir und den kindern den gefallen und studiere nach. oft ist eine vertretungsstelle in teilzeit und nebenher uni zum erbringen der paar fehlenden scheine (sooo viele sind das auch wieder nicht) machbar, und du kannst das i.a. auch souveräner meistern als junge leute im erststudium. das ref ist dann kein spaß, vor allem finanziell, aber auch hier gibt es fast in jedem seminar leute mit kind und in vielen bundesländern ist ref in teilzeit möglich. wenn du auf dauer lehrerin sein willst, dann mach es richtig, nicht nur so halb.


    oder willst du in ein berufsbegleitendes ref, wenn es sowas bei euch gibt? das geht auch, ist aber mit sicherheit nicht weniger heftig.


    und bitte sei dir bewusst, dass nicht-schriftliche auskünfte von behörden null und nichtig sind.

  • oder willst du in ein berufsbegleitendes ref, wenn es sowas bei euch gibt? das geht auch, ist aber mit sicherheit nicht weniger heftig.

    Es gibt nur diese Schulung, soweit ich weiß.


    Ich bekomme hier im Forum ja immer mit, wie das in anderen Bundesländern so läuft. Also dass da oftmals noch ein weiteres Studium nötig ist oder ein Ref oder was auch immer. Und naja bei uns macht man einen 4wöchigen Vorbereitungskurs und ist dann "Lehrer". Diese pädagogisch-didaktische Schulung ist dann glaube sogar auch freiwillig. Ist schon ein Unterschied zu anderen BL.
    Und doch höre ich immer wieder aus meinem Umfeld, dass absolute Quereinsteiger hier als Lehrer angefangen haben, mit Kusshand genommen wurden, sehr viel Unterstützung von ihrer Schule erhalten und mega zufrieden sind.

  • Ich finde, einige von euch sind gleich so negativ eingestellt und kritisieren mehr, als dass sie helfen :daumenrunter: Ich habe doch erstmal nur reines Interesse bekundet, um von den Erfahrungen anderer zu profitieren. Dafür ist doch so ein Forum da. Da kann man doch sachlich bleiben und muss einem nicht gleich Vermessenheit oder Selbstüberschätzung vorwerfen ;)

    Das ist mit ziemlicher Sicherheit nicht persönlich gemeint.


    Das Problem ist, dass du als Grundschullehrkraft oft alle Fächer unterrichtest und ein paar Grundlagen legst, die auf keinen Fall schief gehen dürfen.
    In Mathe ist das zum Beispiel die Zahlvorstellung und das 1x1. Erfahrungsgemäß schließen sich da irgendwann Lernzeitfenster. Das heißt, wenn das in der Grundschule nicht richtig vermittelt wurde, dann ist die gesamte Schullaufbahn stark gefährdet.


    Die Grundschullehrer tragen deshalb eine sehr hohe Verantwortung für den weiteren Lebensweg ihrer Schüler.
    Daher ist es extrem wichtig, dass dort Leute unterrichten, die das studiert haben und die wissen, welche fachspezifischen Fallstricke es gibt und wie man mit ihnen umgeht/sie vermeidet.

  • Zitat

    Zahlvorstellung und das 1x1. Erfahrungsgemäß schließen sich da irgendwann Lernzeitfenster. Das heißt, wenn das in der Grundschule nicht richtig vermittelt wurde, dann ist die gesamte Schullaufbahn stark gefährdet.


    Also sorry, aber das halte ich für maßlos übertrieben. Das 1x1 ist wichtig, gar keine Frage. Aber nur, weil man das nicht in Perfektion beherrscht, ist nicht gleich die ganze Schullaufbahn gefährdet. Ich wage die Behauptung, dass sogar ein Großteil der Schüler das 1x1 nicht sauber kann, und ganz viele dieser "Nichtkönner" trotzdem gute Schulabschlüsse hinbekommen.

  • Ohne 1x1 kannst du folgendes nicht:

    • halbschriftliche Multiplikation/Division
    • schriftliche Multiplikation/Division
    • Rechenvorteile nutzen
    • Distributivgesetz
    • Erweitern/Kürzen von Brüchen
    • Addition/Subtraktion/Multiplikation/Division von Brüchen
    • Multiplikation/Division von Dezimalbrüchen
    • Proportionalität/Antiproportionalität
    • Maßeinheiten umrechnen
    • Fläche/Volumen berechnen

    Damit ist Klasse 5-7 schonmal erledigt, bis der Taschenrechner kommt.


    Die Schüler mit 1x1 Schwierigkeiten können sich in der Regel nicht oder nur vermindert auf die eigentlichen Inhalte von Klasse 5-7 konzentrieren, weil sie mit den Grundlagen kämpfen. Es entstehen also sehr leicht neue Lücken im Stoff Klasse 5-7, der die Grundlage für die höheren Klassen ist. Entsprechend setzt sich das Problem in Klasse 8-10 fortsetzt.... vom Motivationsaspekt mal ganz zu schweigen


    1x1 ist nicht die einzige Klippe in Mathe, aber es ist eine der am deutlichsten durchschlagenden.


    Natürlich kannst du auch einen Schulabschluß mit einer Dauer-5 in Mathe machen. Dann darf aber sonst nix mehr schiefgehen. ;)


    Gerade weil solche Zusammenhänge vielen Erwachsenen nicht bewußt sind oder sie unterschätzt werden, ist es wichtig, dass gut ausgebildete Lehrkräfte in der Grundschule unterrichten.
    Deshalb sind auch in den meisten Bundesländern Studienanteile in Mathe/Deutsch für Grundschullehrer Pflicht.

  • egal, es ändert ja doch nichts.

    Schade, ich fand deinen Beitrag sehr gut und hätte ihn auch so unterschreiben können.


    Wenn ich daran denke, wie ich meinem ersten Praktikum war und nun nach dem Ref, das war ein langer Weg und er geht auch noch weiter.


    Also sorry, aber das halte ich für maßlos übertrieben. Das 1x1 ist wichtig, gar keine Frage. Aber nur, weil man das nicht in Perfektion beherrscht, ist nicht gleich die ganze Schullaufbahn gefährdet. Ich wage die Behauptung, dass sogar ein Großteil der Schüler das 1x1 nicht sauber kann, und ganz viele dieser "Nichtkönner" trotzdem gute Schulabschlüsse hinbekommen.

    An einem Fach hängt in der Regel auch nicht der Schulabschluss fest. Aber ohne die Grundlagen kommen die Leute irgendwann nicht mehr mit. Und das merkt man gewaltig.
    Meine Schüler (SekII) können keine Formel umstellen. Verstehen nicht den Unterschied zwischen + und * dabei. Da fehlen gewaltige Kenntnisse, die nun dazu führen, dass die Schüler eben nicht mehr weiterkommen, in diesem Fall Chemie und Physik.

  • @kodi


    Ich gebe Dir bei Deiner Auflistung Recht. Trotzdem müssen Schwächen in diesen Bereichen nicht automatisch zur "Dauer 5" führen. Mann kann damit auch zumindest auf Note 3 kommen. Dauerhaft.


    Die Probleme liegen doch eher in generellen Schwierigkeiten mit der Mathematik. Da gibt es weit mehr Probleme als nur das 1x1. Vielen Schülern (Menschen) liegt Mathematik einfach nicht, genauso, wie ihnen andere Fächer dann liegen. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass Mathematiker (Lehrer, Professoren) es schlicht nicht verstehen, dass andere Menschen Mathematik nicht verstehen (können). Lehrer sind immer der Meinung, mit Erklären und genügend Übung muss jeder Mathematik können. Nein, eben nicht. Leider.

  • fast jeder kann grundlegende mathematik lernen. aber nicht, wenn der erstunterricht nicht fachkundig durchgeführt wird, was ziemlich unwahrscheinlich oder nur ein glückstreffer bei gutem unterichtswerk und durchschnittlichen kindern sein dürfte, ohne passendes studium und ref.


    das ist ziemlich gut erforscht, soweit ich weiß, und ich finde es sehr befremdlich, wenn jemand als akademiker daran ernsthaft zweifelt. es ist total egal, ob die betreffenden kinder nachher eine 3 oder eine 5 schreiben, das sind nur noten, es ist aber ganz und gar nicht egal, dass sie ohne korrekt verankerte basiskonzepte irgendwas mathematisch weiterführendes eher nicht oder nie verstehen werden. lernfenster und so. die sind nicht ewig offen.

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