Wie links sind Lehrer?

  • Moin.
    Ich hatte heute, im Kreise mehrerer Lehrer (Kollegen sowie Bekannte), eine Diskussion über die Fridays-for-Future-Proteste, wie sie ja auch hier im Forum bereits geführt wurde.
    Ein paar der Anwesenden waren der Meinung, dass, sinngemäß, die meisten Lehrer ja eh links seien und deswegen das Schwänzen zu Demonstrationszwecken grundsätzlich gutheißen würden.
    Mich hat das dann doch etwas nachdenklich gestimmt und ich bin gedanklich meine Kollegen einmal durchgegangen - Und tatsächlich, zumindest die, von denen ich die politische Einstellung (grob) kenne, sind mehrheitlich links, also Richtung SPD, Linke und Grüne.
    Da mir zumindest keine Statistik bekannt ist, die besagt, dass Akademiker allgemein „linker“ sind als andere Bürger, würde ich mich für eure Erfahrungen interessieren - seid ihr selbst eher links oder eher rechts/konservativ? Wie sieht es mit euren Kollegen aus und seht ihr Zusammenhänge zwischen dem Lehrerberuf und der politischen Einstellung?


    Ich persönlich bin langjähriges FDP-Mitglied und würde mich bildungspolitisch eher rechts, ansonsten sehr liberal einschätzen. Zu meiner Studienzeit waren recht viele Kommilitonen eher konservativ, was wohl auch an meinen Fächern liegt - aber in den Geistes- und Sozialwissenschaften könnte es anders sein.

  • Auf die Gefahr hin, dass ich hier eine Troll füttere: Ich bin inzwischen ziemlich so weit links, wie es überhaupt geht ;)

  • Links sein ist aus der renovierten Altbauvilla in Innenstadtnähe auch deutlich komfortabler. Die Grünen haben neben der FDP die Wählerschaft mit dem höchsten Durchschnittseinkommen. Und während sich bei der FDP vor allem Freiberufler wiederfinden, sind es bei den Grünen eher Akademiker im Staatsdienst.

  • Ein paar der Anwesenden waren der Meinung, dass, sinngemäß, die meisten Lehrer ja eh links seien und deswegen das Schwänzen zu Demonstrationszwecken grundsätzlich gutheißen würden.

    Kuriose Begründung. Weder sind es ja aktuell nur "linke" Politiker die die Friday for Future-Proteste gut heißen, noch sind diejenigen hier im Forum, die diese Proteste für unterstützenswert halten ihren sonstigen Beiträgen nach eindeutig und ausschließlich eher "linken" politischen Überzeugungen zuzuordnen.


    Im Übrigen sage ich nur Björn Höcke, eine Zierde der Historiker...


    Als Politikwissenschaftlerin habe ich eine Menge politischer Diskussionen auch schon im Studium geführt. Da gab es an der PH eine leichte Mehrheit im linken Spektrum unter den politisch aktiven Lehramtsstudenten, grundlegend war offen aktiv bis auf den Bereich rechtsaußen das gesamte politische Spektrum vertreten. Im Ref habe ich bei einem meiner Mitanwärter im Päd-Kurs den Verdacht gehabt, dieser könnte mit der AfD (und zwar nicht den gemäßigten Positionen innerhalb der Partei) zumindest sympathisieren. Die geäußerten Wertvorstellungen insbesondere als es um den Umgang mit Schülern mit Fluchterfahrung ging waren doch sehr unmissverständlich; weitere Mitanwärter würde ich anhand der Aussagen speziell zu diesem Themenbereich dem konservativen Spektrum zuordnen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • So ganz erschließt sich mir nicht was links sein mit Demo erlauben zu tun hat.
    Aber dazu bin ich vielleicht auch zu unpolitisch. Ich habe keine eindeutige Richtung, hängt absolut von der aktuellen Lage und noch mehr von der Wahl ab. Kommunal, Land, Bund, Europa können bei mir völlig unterschiedlich ausfallen.

  • Im Studium war das Ganze gut verteilt: Von Links-sozialistisch über Links-antifa bis hin zum rechtsradikalen Pseudoburschi....


    Arbeitsmäßig durfte ich auch schon mit jedweder Colleur in Kombi kommen. Überwiegend auffallend: stark Linke und stark Rechte Einschläge.

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Da in rechtspopulistischen Kreisen der anthropologisch bedingte Klimawandel gerne auch mal geleugnet wird, kann man schon davon ausgehen, dass die Gutheisser der Demonstrationen sich zumindest nicht diesem Spektrum zuordnen lassen. Darüber hinaus vermute ich in meinem Kollegium eine leichte Mehrheit im rot-grünen Bereich, ich selbst habe in Deutschland fast immer FDP gewählt. Hier bin ich (noch) nicht stimmberechtigt, wäre aber wohl auch geneigt mit den Freisinnigen zu symphatisieren. Chemiker (was ich ja in erster Priorität bin) sind traditionell mehrheitlich wirtschaftsliberal bis rechtskonservativ eingestellt.

  • Die "Alt-Linken" sind ja mittlerweile zum großen Teil in Pension, was für die Schulen erst einmal eine gute Sache ist.


    Was mir aber auffällt (nicht nur bei Lehrern): Je weiter man von den wirklichen Problemen in der Gesellschaft entfernt ist, desto "linker" kann man auftreten. Da haben es verbeamtete einfamilienhausbesitzende Lehrkräfte, deren Hobby Dauerfernreisen sind, oft leichter als der Rest der Bevölkerung eine "links-grüne" Einstellung heraushängen zu lassen...


    Aber "links" und "rechts" sind heutzutage eigentlich überholte Kategorien, wo selbst die Grünen die FDP in vielen Fragen "rechts" überholen.


    Gruß !

  • Also ich ordne mich als links ein, aber wenn ich kurz vor den Wahlen den Wahlomaten befragte war das Ergebnis eine Präferenz für Positionen der NPD. :ohh::ohh::ohh:


    Ist die derzeitige Gesellschaft in Deutschland inzwischen derart ja... linksradikal?!?!

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_)Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Was mir aber auffällt (nicht nur bei Lehrern): Je weiter man von den wirklichen Problemen in der Gesellschaft entfernt ist, desto "linker" kann man auftreten. Da haben es verbeamtete einfamilienhausbesitzende Lehrkräfte, deren Hobby Dauerfernreisen sind, oft leichter als der Rest der Bevölkerung eine "links-grüne" Einstellung heraushängen zu lassen...

    Das möchte ich nicht so stehen lassen. Du vermittelst hier den Eindruck, dass sich "linke" Positionen eher "gemäßigt reiche Menschen" "leisten".
    Alle verbeamteten einfamilienhausbesitzenden Lehrkräfte, deren Hobby Dauerfernreisen sind, wählen in meiner Bekanntschaft CSU.
    Gute Nacht.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • ...Ein paar der Anwesenden waren der Meinung, dass, sinngemäß, die meisten Lehrer ja eh links seien und deswegen das Schwänzen zu Demonstrationszwecken grundsätzlich gutheißen würden.
    Mich hat das dann doch etwas nachdenklich gestimmt

    Das hätte mich auch nachdenklich gestimmt. Seit wann ist die Teilnahme an Demonstrationen "links"? Was verstehst du überhaupt unter links? Im Osten sind beispielsweise scharenweise Wähler*innen der Linken so weit links gewesen, dass sie rechts schon wieder um die Ecke geguckt haben und bei der AfD gelandet sind.


    Auf den Seiten der bpb kann man übrigens die Wählerschaft der einzelnen Parteien zusammengefasst finden.

  • @Krabappel Hab mal eben nachgeschaut und tatsächlich finden sich bei der SPD und vor allem bei den Grünen die höchsten Anteile an Beamten. So ganz von der Hand zu weisen sind die Klischees wohl nicht. ;)

  • Die Frage ist doch, was heute noch links/rechts heißt und wie man die Parteien dann zuordnet.


    Zu den Grünen las ich z.B. mal, dass sich einen hohen Anteil an Öko-Konservativen-Wählern haben sollen. Wie ordnet man diese Wähler dann ein?

  • @Krabappel Hab mal eben nachgeschaut und tatsächlich finden sich bei der SPD und vor allem bei den Grünen die höchsten Anteile an Beamten. So ganz von der Hand zu weisen sind die Klischees wohl nicht. ;)

    Eben, wo die Wählerschaft der Parteien tendenziell zu finden ist, das kann man nachlesen.
    Die Frage des TE wird daher hoffentlich noch etwas tiefer gegangen sein als "wählen alle Lehrer grün und sind deswegen fürs Schuleschwänzen?" Z.B. hätte man noch differenzierter fragen können, wie "wählen alle Lehrer grün und sind deswegen fürs Schuleschwänzen und gleichzeitig fürs Legalisieren von Cannabis?" :rauchen:

  • Ich persönlich finde es eigentlich begrüßenswert, dass Politik heute deutlich weniger in die einzelnen Schulen hineinwirkt, als früher. Vor 30 Jahren wurden die Schulleiterposten in Gymnasien nach Parteibuch vergeben, das ist nach meinem Eindruck vorbei.

  • Alle verbeamteten einfamilienhausbesitzenden Lehrkräfte, deren Hobby Dauerfernreisen sind, wählen in meiner Bekanntschaft CSU.

    "If a man is not a socialist by the time he is 20, he has no heart. If he is not a conservative by the time he is 40, he has no brain." – angeblich Winston Churchill


    Ansonsten halte ich es mit dem Känguru: "Links/rechts - das sind doch bürgerliche Kategorien!"

  • Eigentlich ein interessantes Thema. Wie politisch sind Lehrer überhaupt noch? Ich wünschte mir mehr politische Auseinandersetzung im Kollegium. Wie ist das bei euch?

    In einem Klima in dem ohne jeden inhaltlichen Diskurs abweichende Meinungen sofort in die rechte Ecke gestellt werden, deren Vetreter als Verschwörungstheoretiker beschimpft werden (und diese "Verschwörungstheorien sich ein paar Monate später als richtig herausstellen), in dem Vetreter abweichender Meinungen denunziert werden, teilweise dienstrechtliche /arbeitsrechtliche Konsquenzen fürchten müssen etc. wünsche ich das nicht.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_)Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Meine abweichende Meinung wurde noch nie in die rechte Ecke gestellt...

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

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