Fachfrage Fahrplan Unterrichtsablauf

  • Ich bin in folgender Sache unentschlossen.


    Mein Unterricht hat einen gewissen Fahrplan, den ich zumindest anfangs streng einhalte. Z.B.


    1. Thema benennen
    2. Überschrift an Tafel (Schüler im Heft)
    3. Einstieg ins Thema (z.B. im Buch)
    4. Neues erfassen (z.B. Regel)
    5. Regel an Tafel notieren (Schüler im Heft)
    6. Übungen zum Thema
    7. Zusammenfassung/Wiederholung des Neugelernten


    Eine Zeit lang habe ich damit zu tun, dies sozusagen durchzusetzen und die Kinder daran zu gewöhnen. Dann läuft es immer besser. Die Kinder wissen genau, was wann kommt und was zu tun ist. Ich muss immer weniger dazu sagen. "Es läuft wie am Schnürchen." Dann fängt es aber an, mich selbst zu langweilen (die Schüler auch?) und ich suche nach Abwechslung. Erst Einstieg ins Thema, dann Überschrift ... Regel vorgeben, dann dazu üben ... erst üben, Regel als Letztes? .............


    Meine Frage ist nun: Was ist besser? Ein immer größtenteils gleicher "Fahrplan" oder immer wieder ein bisschen anders? (Ich muss dazu sagen, dass eine Grundschullehrerin mir sagte, die Kinder mögen es eher, wenn alles immer gleich abläuft. Es gibt ihnen Sicherheit, Stabilität, Struktur. Ich beziehe mich allerdings mit meiner Frage auf 5. und 6. Klassen, also die Sek I).

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Ich muss dazu sagen, dass eine Grundschullehrerin mir sagte, die Kinder mögen es eher, wenn alles immer gleich abläuft. Es gibt ihnen Sicherheit, Stabilität, Struktur.

    Das kann ich bestätigen und ich glaube fest, dass es für die Sek I noch ebenso gilt.




    Dann fängt es aber an, mich selbst zu langweilen (die Schüler auch?)

    Vielleicht. Bedenke aber, dass für dich zwar jede Stunde ähnlich ablaufen mag, die Kinder hingegen sehen dich nur eine oder wenige Stunden am Tag und bei deinen Kollegen laufen die Stunden eventuell ganz anders ab. Die Kinder dürfen sich für jede Stunde umstellen oder haben zwischendurch Fächer, die eh anders aufgebaut sein müssen (Sport, Werken, ...) und sind deshalb oft froh über ritualisierte Abläufe in einzelnen Stunden.




    und ich suche nach Abwechslung.

    Dann würde ich eher einzelne Schritte abwechslungsreich gestalten, bevor ich am groben Fahrplan etwas ändere, also z.B. die Übungsphase methodisch abwechseln oder die Zusammenfassung phasenweise alternativ gestalten.

  • Bist du sicher, dass wirklich jede Stunde bei dir diesen Fahrplan hat? Hast du nicht einmal Übungsstunden? Wenn ich in einem Hauptfach meine Klasse für eine Arbeit üben lasse und habe eine Doppelstunde, bearbeite ich mit ihnen am Anfang, in der Mitte zur Unterbrechung und am Ende typische Aufgaben an der Tafel. Damit teste ich auch immer noch so ab, wo die Schwächen liegen und jeder Schüler kann für sich abhaken, ob er den Bereich schon kann oder nicht.
    Es gibt ja auch einige Dinge, wo sich die Schüler die Regel selbst erarbeiten können, indem man sie erst einmal ohne Hilfe vor das Problem stellt. Das funktioniert in Mathe oft ganz gut, in Englisch mit Grammatik jetzt natürlich nicht so gut. ;) Die Schüler stellen den Merksatz mündlich auf, den du so übernehmen kannst oder du bleibst bei deiner vorbereiteten Formulierung.
    Wiederholst du am Anfang einer Stunde auch nicht Inhalte der vorherigen Einheit? Da kann man auch so viele schöne Dinge zu machen: ein kurzes Quiz, eine Mindmap ergänzen, tandem activities in Englisch für Grammatik und und und ...


    Rituale und feste Vorgehensweisen sind wichtig und strukturieren es nicht nur für einen selbst, sondern auch für die Kinder. Wenn man aber nicht genug Abwechslung einbaut, indem man einzelne Phasen auch mal verändert, empfinde ich es einfach nur noch als lähmend.

  • Bei verhaltensauffälligen Kindern hilft so ein sich wiederholender Ablauf schon, allerdings nur, wenn man den transparent macht. Wenn der Ablauf immer gleich ist, ohne dass du ihn visualisiert, merken sie das nicht großartig. Was Kinder beruhigt ist vor allem, zu wissen wie du tickst und wie du reagieren wirst, weil sie dich kennen.


    Wenn ihr euch langweilt: Kinder mögen es in aller Regel, was zu tun. Schneiden, kleben, konstruieren, rätseln, sortieren... Und Humor: Cartoons, Comics, Witze (schriftliche und natürlich, wenn der Lehrer zum Lachen bringt). Vielleicht passt ja mal eine Karikatur/Bilderwitz an den Stundenanfang oder eine abwechslungsreiche Methode in die Übungsphase?


    Das eine oder andere Phänomen aus der deutschen Sprache (wenn du Deutsch unterrichtest) kann man auch in einem Deutschpop-Lied wiederfinden. Wenn ihr Musik mögt, google mal nach "Musik im DaF/DaZ-Unterricht".

    Einmal editiert, zuletzt von Krabappel ()

  • Dann fängt es aber an, mich selbst zu langweilen (die Schüler auch?)

    Mit Sicherheit. Schon beim ersten Lesen ist mir das reichlich öde vorgekommen.

    Zitat

    und ich suche nach Abwechslung. Erst Einstieg ins Thema, dann Überschrift ... Regel vorgeben, dann dazu üben ... erst üben, Regel als Letztes? .............

    Dein erster Ansatz sollte nicht sein, ob du das Kochrezept umstellst sondern ob es wirklich immer und ausschließlich dieses Kochrezept sein muss. Jeden Tag Linsensuppe würde mir bald zum Hals raushängen.


    Dein Rezept kennt nur ein Ziel: "Stoff lernen und üben". In der Schule geht es um Bildung und Bildung enthält unendlich viel mehr als die sture Erarbeitung überprüfbarer Lerninhalte.

  • Ich meine schon, dass es auch für die Sek 1 noch gilt. Die Strukturen, die man in der 5./6. Klasse aufbaut, helfen durch die pubertäre Phase der 7./8. Klasse.

    das möchte ich ganz dezent unterstreichen.


    Trotzdem ist unsere Aufgabe als Lehrer, je nach Klasse /Thema/ Lernstand/sonstigen Erfordernissen usw den Unterricht anzupassen.
    Dazu braucht es Fingerspitzengefühl und eine gute Kenntnis seiner Lerngruppe.
    Rituale um der Rituale willen sind u.U. genauso murks wie der Einsatz von Methoden um der Methode willen.

  • Ich kann Friesins Punkt komplett unterschreiben. Ich musste in meiner einen Klasse auch etwas experimentieren, da ich merkte, dass manche Rituale gar nicht klappen (da sie die Klasse zu unruhig werden ließen) und andere zum Teil etwas umorganisiert werden mussten. Wenn sie mal funktionieren, ist es aber eine schöne Sache, weil sie für die Schüler Verlässigkeit und auch Können darstellen. Wenn es zudem sogar Rituale sind, die von den Kindern selbstständig durchgeführt werden können (z.B. das Tag/Monat/Jahr/Wetter-Aufsagen im Englischunterricht) , entlastet es den Lehrer, der ggf. schon einmal die Stunde vorbereiten kann. Einziger Nachteil: Rituale kosten Zeit. Wer viele Rituale durchführt, hat nicht mehr viel Zeit für den "normalen" Unterricht. Wenn eine Grundschulklasse 2 Stunden Englisch in der Woche hat und dann noch sehr viel Zeit für Aufsagen, Handpuppe wecken, Begrüßungs- und Abschiedssong draufgeht, ist nur noch wenig Zeit, den neuen Wortschatz zu üben.


    Das ist jetzt die Grundschulversion. Im Grunde unterscheidet sich Kippelfritzes Vorgehensweise auch nicht so stark davon, da sie eine konstante Abfolge von Phasen enthält. Vlt. könnte man je nach Fach mit einem "Warm Up" starten und die Stunde, wenn die Kinder gut mitmachen, mit einem fachlich passenden Spiel beenden. Das kostet aber natürlich wieder Zeit, die man nicht immer mal eben zur Verfügung hat.

  • Einziger Nachteil: Rituale kosten Zeit. Wer viele Rituale durchführt, hat nicht mehr viel Zeit für den "normalen" Unterricht. Wenn eine Grundschulklasse 2 Stunden Englisch in der Woche hat und dann noch sehr viel Zeit für Aufsagen, Handpuppe wecken, Begrüßungs- und Abschiedssong draufgeht, ist nur noch wenig Zeit, den neuen Wortschatz zu üben.

    Das stimmt bei Ritualen, die immer ähnliche Inhalte einüben, (was durchaus wichtig ist bei deinen Beispielen) aber "Rituale" kann auch bedeuten: Ritualisierte Abläufe bestimmter Phasen oder Methoden mit jeweils unterschiedlichem Lerninhalt.

  • ... Einziger Nachteil: Rituale kosten Zeit. Wer viele Rituale durchführt, hat nicht mehr viel Zeit für den "normalen" Unterricht...

    Na, für eine Grundschulklasse sollte eine Handpuppe zeitlich "drin" sein. Und ein Begrüßungssong etc. sind auch Bestandteile des Unterrichts, samt Wortschatz und co.
    Diese Dinge helfen den Kindern vor allem dabei, sich emotional auf dich und den Lerngegenstand einzulassen. Selbst 5. und 6.Klässler sind in dem Punkt noch richtige Kinder, sie lernen für den Lehrer und nicht schneller oder mehr, je mehr der Lehrer (die Lehrerin...) Stoff in den Unterricht packt. Auch Elfjährige stehen noch auf Handpuppen und lieben Lehrer, die "voll lustig" sind.

  • Hallo Kippelfritze,


    ich finde auch, im Großen und Ganzen machst du das so schon ganz gut. Dein Fahrplan bedeutet ja sicherlich nicht, dass wirklich jede Stunde im Detail genau so abläuft. Wie wir alle wissen, kommt immer irgendetwas dazwischen.


    Wie andere schon schrieben, musst du auch daran denken, dass die Kinder vor dir und nach dir anderen Unterricht mit anderen Lehrern, anderen "Lieblingsmethoden", anderem Auftreten, anderen Themen, anderen Problemen, anderen Störungen, anderen Aufgabentypen, anderen Hochs und Tiefs hatten ... So ist trotz gleichem Grund-Fahrplan doch immer jede Stunde anders. Allein das Thema ist ja immer ein anderes, mal mehr, mal weniger interessant usw.


    Also unter Berücksichtigung des Gesagten finde ich deinen Fahrplan gut. Eine klare Struktur hilft gegen Störungen genauso wie die berühmte klare Aufgabenstellung. Ich habe es erst heute wieder gemerkt. Ich dachte, die Aufgabenstellung im Buch sei klar und besprach sie nicht zuerst mit den Kindern. Nachher rannte ich von Platz zu Platz und musste bei der Hälfte korrigierend eingreifen, weil sie es eben doch nicht so machten, wie es in der Aufgabenstellung stand (und wie ich sie verstand bzw. verstanden haben wollte).

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