Doppelstundenmodell

  • Vielleicht wurde dieses Thema bereits diskutiert, aber u.U. gibt es neue Erfahrungen:
    Wir haben an unserem Gymnasium seit 5 Jahren das Doppelstundenmodell, das bedeutet, dass alle Fächer nur in Doppelstunden unterrichtet werden. Die Vor- und Nachteile sind wohl bekannt. An unserer Schule verfestigt sich nun zunehmend der Eindruck, dass besonders für Unterstufenschüler dieses Modell pädagogisch nachteilig ist. Vierstündige Fächer nur an 2 Tagen in der Woche zu haben, statt regelmäßig an vier Tagen, wirkt sich auf den Lernfortschritt eher negativ aus. Besser jeden Tag kleine Portionen, als zweimal in der Woche große Einheiten, die die Kleinen in der Konzentration überfordern. Neben allen Vorteilen, die dieses Modell mit sich bringt, überwiegt der große Nachteil, dass das Lerntempo, die Festigung der Inhalte sowie letztlich das Niveau der Leistungen sinkt.
    So jedenfalls der Eindruck der meisten Kollegen, nicht der Schulleitung. Wie sind diesbezüglich Eure Erfahrungen?

  • Ich unterrichte zwar nicht in der Unterstufe, stelle aber auch bei uns gerade in den schwächeren Kursen fest, dass jeden Tag ein bisschen durchaus mehr bringt, als wenige Doppelstunden. Die Aufmerksamkeitsspanne für 90 Minuten ist auch bei vielen Erwachsenen nicht vorhanden, da kann ich mir das bei den "Kleinen" umso mehr vorstellen.

  • Wir können beim Stundenplaner wünschen, ob wir Doppel- oder Einzellektionen haben wollen. Ich wünsche grundsätzlich möglichst wenig Dopellektionen. Dafür gibt es aus meiner Sicht im Wesentlichen drei Gründe:

    • Im Grundlagenfach ist Chemie bei uns zweistündig. Eine Doppellektion heisst, die SuS haben genau 1 x pro Woche Chemie. Von einer zur nächsten Woche haben sie alles wieder vergessen, man fängt jede Doppellektion mit einer zähen Repetition an.
    • Fällt die Doppellektion auf einen unterrichstfreien Tag, sind 100 % der Lektionen in dieser Woche weg. Der Abstand von einer zur nächsten Stunde vergrössert sich entsprechend und man repetiert in der folgenden Lektion nicht nur, sondern fängt quasi wieder von vorne an.
    • Die wenigsten SuS, die Chemie im Grundlagenfach haben, finden das Fach so wirklich spannend. Konzentration und Laune über 90 min aufrecht zu erhalten ist entsprechend schwierig.

    Pro-Argumente gibt es für mich keine. Wenn ich Schülerexperimente plane, dann plane ich die so, dass sie in 45 min machbar sind. Im 3. Semester haben sowieso alle mal Praktikum und da arbeiten wir auch mit Doppellektionen. Wenn ich Arbeitsaufträge gebe, die die SuS selbständig bearbeiten sollen, sind die sowieso losgelöst vom Stundenplan. Ich nenne den SuS einfach einen Abgabetermin und dann dürfen die arbeiten wann, wo und wie sie wollen.

  • Im Grundlagenfach ist Chemie bei uns zweistündig. Eine Doppellektion heisst, die SuS haben genau 1 x pro Woche Chemie. Von einer zur nächsten Woche haben sie alles wieder vergessen, man fängt jede Doppellektion mit einer zähen Repetition an.


    Fällt die Doppellektion auf einen unterrichstfreien Tag, sind 100 % der Lektionen in dieser Woche weg. Der Abstand von einer zur nächsten Stunde vergrössert sich entsprechend und man repetiert in der folgenden Lektion nicht nur, sondern fängt quasi wieder von vorne an.

    Aus diesen Gründen mag ich auch lieber Einzelstunden.
    Diese "lernunwillige" Klasse, die ich gestern im anderen Thread vorgestellt habe, hat immer große Schwierigkeiten such nach einer Woche wieder in das Physikthema einzufinden. Dann hat noch jemand oder mehrere ihre Sachen vergessen. Das erschwert zusätzlich.
    Zudem hat die Klasse erst in 4 Wochen wieder Physik (Osterferien und Feiertag in der Woche nach den Osterferien). Da kann man quasi wieder vorn anfangen.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Ich bin ja nebenher noch ein bisschen am Abendgymnasium und kenne dort auch nur Doppelstunden. Vor- und Nachteile halten sich die Waage, wie ich finde: In Deutsch oder Englisch ist es von Vorteil, auch während der Stunde mal Zeit zum Üben zu haben, in Ethik (einstündig) ist es ein massiver Mangel, die Schüler nur alle zwei Wochen zu sehen. Selbst perfekt organisierte Menschen wie ich (Ironie) haben dann Schwierigkeiten, sich daran zu erinnern, was sie in der Vorstunde gemacht haben.

  • Das Problem ist doch, dass alle immer denken eine Doppelstunde muss 90 Minuten haben. An meiner Schule wird mit 80 Minuten Blöcken gearbeitet, hab aber auch schon Schulen mit 60 Minuten Blöcken gesehen. Das ist nur eine Frage der Organisation.
    Das Argument mit der Konzentration mag ich nicht Recht glauben: ob 6 verschiedener Fächer am Tag die Konzentration fördern? Ich könnte viele Gruppenarbeiten nicht durchführen in 45 Minuten.

  • Das Argument mit der Konzentration mag ich nicht Recht glauben: ob 6 verschiedener Fächer am Tag die Konzentration fördern?

    Nein, ganz sicher nicht, aber das ist ein grundsätzliches Problem des Systems Schule. Es gibt ja auch Modelle mit Blockunterricht und dementsprechend viel längeren Phasen in denen sich die SuS auf ein einziges Fach konzentrieren können. Im "Standard-Modell" des 45-min-Takts finde ich Einzellektionen aber einfach besser.

  • An meiner Ref Schule hatten wir 67,5 Minuten. Da wurden aus dreistündigen GKs zweistündige. Das fand ich super. Etwas mehr Zeit um auch mal zu üben oder was kooperatives zu machen, aber nicht ganz so lang, den 90 Minuten fand ich gerade in der Unterstufe oft zu lang.
    In 45 Minuten geht mir aber zu viel verloren. In 5 Minuten einpacken, noch Fragen von Schülern beantworten, Raum/ Gebäude wechseln, was im Lehrerzimmer holen/ wegbringen, Sachen auspacken, Fragen von Schülern beantworten... dauert halt einfach länger.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Das Problem gibt's bei uns nicht da wir als Lehrer immer in den gleichen Räumen unterrichten (auch die Phil-I-er) und die SuS zwischen den Stunden abwechselnd 5 min und 10 min Zeit zum Raum wechseln haben. Wenn Schülerfragen so umfassend sind, dass es länger als das dauert, bestelle ich den Schüler während einer Freistunde ein. Hin und wieder gibt es mal unschöne Bugs im Stundenplan die dann so aussehen, dass ich zu einem kurzen Stundenwechsel aus dem Raum raus muss und der nächste Kollege gleich wieder rein. In der Chemie kann das echt in Stress ausarten, wenn man ein grösseres Experiment abräumen muss. Unser Stundenplaner versucht solche Hässlichkeiten aber zu vermeiden.

  • In meiner ersten Ausbildung war das auch so


    Die einstündigen Fächer Deutsch, Sozialkunde, Englisch und Ethik wurden alle zwei Wochen im Wechsel unterrichtet.


    Ich fand das nicht so gut, da es mir ewig vorkam bis wir wieder das jeweilige Fach hatten. Man war dann irgendwie nicht mehr so drinnen.

  • Falls ihr tatsächlich euer System überarbeiten wollt, versucht es mal mit einer Mischform. Z.B. 1.-4. Stunde Doppelstunden, 5. & 6. Stunde Einzelstunden. Dann kann sich jeder Kollege das wünschen, was für ihn, seine Fächer, die Klassen, die Klassenstufen sinnvoll ist. Da mögen vielleicht nicht alle Wünsche erfüllbar sein, aber doch viele.


    Zudem spart man sich so 5-Minutenpausen (für einen möglichen Raumwechsel) zwischen Stunden, die tatsächlich Doppelstunden sind. Denn wenn SuS für 5 Minuten innerhalb von Doppelstunden die Arbeit niederlegen, die Toilette aufsuchen etc., sind vor und nach der Pause doch so manche Minuten zusätzlich, innerhalb derer nicht wirklich intensiv gearbeitet wird.

  • Falls ihr tatsächlich euer System überarbeiten wollt, versucht es mal mit einer Mischform. Z.B. 1.-4. Stunde Doppelstunden, 5. & 6. Stunde Einzelstunden. Dann kann sich jeder Kollege das wünschen, was für ihn, seine Fächer, die Klassen, die Klassenstufen sinnvoll ist. Da mögen vielleicht nicht alle Wünsche erfüllbar sein, aber doch viele.


    Zudem spart man sich so 5-Minutenpausen (für einen möglichen Raumwechsel) zwischen Stunden, die tatsächlich Doppelstunden sind. Denn wenn SuS für 5 Minuten innerhalb von Doppelstunden die Arbeit niederlegen, die Toilette aufsuchen etc., sind vor und nach der Pause doch so manche Minuten zusätzlich, innerhalb derer nicht wirklich intensiv gearbeitet wird.

    So werden wir das auch handhaben, aber vor allem wegen der neuen 3h und 5h Kursen in der Sek II. Ich selbst bin ein großer Fan von Doppelstunden. Einerseits sind auch aufwändigere Unterrichtsformen gut unterzubringen, andererseits minimiert sich m.E. der Vorbereitungsaufwand erheblich, wenn ich statt 6 Einzelstunden in verschiedenen Fächern und Jahrgangsstufen 3 Doppelstunden vorbereiten muss. Nebenbedingung: Doppelstundenblöcke sind 95min lang, sodass 5min Pausen gewährleistet sind.

  • Es kommt auf die Fächer und die Altersstufen an, finde ich. Beim Erlernen einer neuen Fremdsprache brauchen besonders die jüngeren Schüler die tägliche Beschäftigung mit der Fremdsprache, da sie "habitualisiert" werden muss. 2x die Woche eine Doppelstunde kann man zwar durch Methodenwechsel auch effektiv und unterhaltsam gestalten, aber durch die fremdsprachenfreien Tage plus Wochenenden, die ja auch ohne Fremdsprache ablaufen, geht viel wieder verloren und muss dann beim nächsten Mal erst wieder aufgebaut werden. Kurzum, was für andere Fächer funktioniert, weil man stark vertiefend arbeiten kann, gilt für Fremdsprachen nicht genauso. Vertiefen ist nicht so wirksam wie tägliches Üben. Es geht mehr um Trainieren als um Erkenntnisgewinn. Der ist zwar wertvoll, aber stellt keine Gebrauchsautomatismen her, ohne die es beim flüssigen Sprechen nicht geht.

    "I think it would be a great idea." (Mohandas Karamchand Gandhi when asked what he thought of western civilization)

  • Wir hatten mal weitgehend das Doppelstundenmodell mit flexibler 5min Pause (ohne Klingeln).
    Ich fand es super, weil man auch mal Zeit für intensivere Unterrichtsformen hatte und die Pause je nach Stundenverlauf/Tagesform der Schüler frei setzen konnte.
    Vor allem in MINT, war das ein großer Vorteil.


    Kollegen, die eine Standart-45-Minuten-Stunde-nach-Altväter-Sitte auf 90 Minuten gestreckt haben, hatten extreme Probleme.
    Die "kleinen" einstündigen Nebenfächer waren weiterhin im 45-Min-Takt und hatten daher keine Vorteile vom 90-Min-Modell.


    Wir sind dann wegen der einstündigen Unterrichtsfächer auf ein 60-Minutenmodell umgeschwenkt und haben die Fächer über die Jahrgänge leicht neuverteilt.
    Positiv ist, dass man weiterhin etwas mehr Zeit für aufwendigere Unterrichtsvorhaben hat und das jetzt auch in "kleinen" Nebenfächern. Für MINT ist es leider etwas knapp im vergleich zu früher.
    Die flexible Pause ist leider weggefallen. Auch bei 60Minuten muß man den Unterricht stärker phasieren, als im 45min-Takt, genau wie beim 90-Minuten-Modell.

  • Wie sind diesbezüglich Eure Erfahrungen?

    Ich finde aus eigener Erfahrung das Doppelstundenmodell positiv. Ich habe an unterschiedlichen Schulen beide Modelle kennengelernt.


    Vorteil Doppelstundenmodell:

    • In manchen Fächern (z.B. Informatik, Sport, ...) hat man einen hohen Rüstaufwand. Bei Doppelstunden hat man den Rüstaufwand nur einmal. In informatik müssen die Rechner gebootet und heruntergefahren werden, in Physik muß das Vorführ-Experiment aufgebaut werden, ... So bleiben von einer Einzelstunde Sport maximal 30 Minuten (umziehen, Geräte aufbauen und so frißt halt Zeit). Bei einer Doppelstunde bleiben 1:15 Stunden.
    • Aufgrund der langen Wege auf dem Schulgelände müßte man ansonsten bei uns mindestens 10 Minuten Pause zwischen jeder Stunde einlegen, damit die Schüler zur nächsten Stunde überhaupt die Chance haben pünktlich zu erscheinen.

    Nachteil Doppelstundenmodell:

    • Man hat einen zweiwöchigen Stundenplan. So werden Einzelstunden in Nebenfächern dann zu Doppelstunden alle zwei Wochen. Wenn jetzt ein Termin ausfällt (z.B. durch einen Feiertag), sieht man die Schüler gleich einen ganzen Monat nicht.
    • Man muß die Klassenarbeitstermine in solchen einstündigen Fächern weit im Voraus planen, ich mache es immer zu Beginn des Schuljahrs gleich fürs ganze Jahr, weil man nur sehr wenige Unterrichtstermine hat und ansonsten die Hauptfach-Kollegen schnell die wenigen überhaupt möglichen Termine belegt haben. Bei 2 Klassenarbeiten/Woche und eine Klassenarbeit/Tag ist ja das Limit erreicht.

    Aufgrund des Nachteils haben wir unsere beweglichen Ferientage auch nicht als Brückentage eingesetzt sondern immer am Stück zu Pfingsten, Rosenmontag oder so. Bei Brückentagen würde laufend der Freitag ausfallen, so daß man die Schüler schnell mal 2 Monate am Stück nicht sieht.

  • Eine Mischform würde der Großteil unseres Kollegiums auch vorziehen, aber die Schulleitung hat andere Vorstellungen.
    Meine Frage anfangs zielte eher darauf ab, ob ihr auch Unterschiede in den messbaren Leistungen der Schüler festgestellt habt, nach einem Wechsel in ein anderes Modell.

  • wie du sagst, die vor- und nachteile sind bekannt. wenn man offener arbeiten will, finde ich das doppelstundenmodell unerlässlich. zudem ist das vorbereiten für mich so viel angenehmer. ich finde die vielzahl von stunden bei einzelstunden an einem tag ziemlich belastend, es stresst mich viel mehr als drei doppelstunden zu halten. beim lernerfolg spielen so viele faktoren mit rein, ich glaube nicht, dass man das valide an dem einen oder anderen stundenmodell festklopfen kann.

  • Ich kenne inzwischen drei Modelle aus der Praxis - die "klassischen" 45 Minuten Einzelstunden, 60 Minuten Stunden und an meiner aktuellen Schule auch Doppelstunden (also 90 Minuten).
    Für beide Fächer finde ich die 60 Minuten Stunden am besten. 2x die Woche 4 Stunden Deutsch oder gar nur einmal eine Doppelstunde meinen "Nebenfächern" funktionieren gerade in den unteren Jahrgangsstufen (5 bis 7/8) nicht gut, da erstens immer viel Zeit für Wiederholungen drauf geht und die Konzentration gerade bei den jüngeren SuS irgendwann einfach nachlässt (auch bei Methodenwechsel...).
    Ich schaffe in 2x90 Minuten Unterricht deutlich weniger Unterrichtsstoff als in 3x 60 Minuten.

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