Was haltet ihr von den Plänen NRWs Wirtschaftsunterricht zu stärken ?

  • Also im Gymnasium hat mir niemand erklärt

    Wie lange ist das her?
    Wie häufig hat sich die Fächerzusammensetzung und -benennung geändert?
    Wie oft gab es dafür neue Curricula?
    In wie vielen davon wurde "Steuererklärung" explizit aufgeführt und nachfolgend im Unterricht eingefordert?

    Der Entwurf des neuen G9-Curriculums für das Fach Politik/Wirtschaft (ups, sorry, es wurde durch den Lehrplan in ‚Wirtschaft/Politik‘ umbenannt) verstärkt den wirtschaftspolitischen Abteil mehr als deutlich. Die bisherige grobe Drittelregelung ist seeehr aufgeweicht, weil jedes Thema (aus nachvollziehbaren aber trotzdem auch nicht unbedingt humanistischen Gründen) wirtschaftspolitisch beleuchtet wird (zb Klima, Medien, usw).

    weil: klar, dass es nur eine Umsortierung/Umbenennung der Stundentafel seim wird...

    ... und an dieser Stelle bräuchte man dann quasi eine Synopse, ob da wirklich etwas bahnbrechend verändert wurde, welche Themen betont und welche dafür vernachlässigt werden sollen, müssen oder können.
    Das werden die Wirtschaft-Politik- oder Politik-Wirtschaft- oder "nur" Wirtschaft-Lehrkräfte dann sicher erledigen.

  • Wie lange ist das her?
    Wie häufig hat sich die Fächerzusammensetzung und -benennung geändert?
    Wie oft gab es dafür neue Curricula?
    In wie vielen davon wurde "Steuererklärung" explizit aufgeführt und nachfolgend im Unterricht eingefordert?

    Meine Azubis, die ich aktuell vom Gymnasium bekomme, bestätigen mir auch heute noch, daß es solche Themen da nie gab.


    Aber ich würde gerne mal die SoWi-Lehrer hier fragen, die sollten sich ja zumindest mit VWL auskennen, weil sie es auch von der politischen Seite beleuchten, wie sie zu folgenden VWL-Themen stehen:

    • Angebot und Nachfrage, Marktgleichgewicht
    • Substitution von Gütern
    • Marktversagen
    • Gefangenen-Dilemma (=Spieltheorie)
    • Pareto-Effizienz
    • Steuereinnahmen des Staates und Laffer-Curve
    • Magisches Sechseck, Ziele der Wirtschaftspolitik
    • Eigentumsverteilung zwischen den Volkswirtschaften und innerhalb einer Volkswirtschaft (=Gini-Koeffizient)
  • Brauchen wir wirklich Wirtschaftsunterricht, um den Schülern zu erklären, dass man auf mehrere Handyverträge besser verzichtet, wenn man keine Kohle hat? RTL II erklärt das doch eigentlich jede Woche.

    Ja, brauchen wir. Und ich denke nicht, dass RTL II Lehrer ersetzen kann :P Zu WL gehört doch viel mehr als das. Es fängt ja schon an damit, dass sus sich beim ersten gehalt ärgern, dass der chef weniger als vereinbart überwiesen hat. Weil sie nicht wissen, was Brutto und Netto ist. Und dass sie keine Ahnung von sämtlichen Dingen haben, die mit verträgen zusammenhängen. Und dass Deutschland nicht alle seine Probleme lösen kann, indem sich einfach jeder privat zuhause sein Geld druckt. Oder man das Geld einfach abschafft. Und dass es so spannende Sachen wie Werbungskosten gibt und das Wissen darum bares Geld wert ist. Oder welche sonstigen Finanzquellen man anzapfen kann bzw welche Rechte man überhaupt auf was auch immer hat.

  • Diese gequirlte Mäusekacke, die dabei rauskommt, führt doch gerade dazu, daß SoWi eben doch als Laberfach schlechthin gilt.

    Naja, wenn ich z.B. Themen wie die Frage nach der Einführung eines Mindestlohnes nehme, dann finde ich es nun wirklich keine gequirlte Mäusekacke, wenn man das auch (nicht: nur) mit politischen Fragestellungen verknüpft wie z.B. der Frage nach Armutsrisiken, der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands usw. Dass ich das bei Rechnungswesen oder einem Haushaltsbuch nicht machen kann/muss, ist klar. Laberfächer werden dann Laberfächer, wenn die Kollegen und Kolelginnen sie zur Beliebigkeit verkommen lassen, in der Fachwissen eine eher untergeordnete Rolle spielt.


    Mir geht es nicht nur um Politikverdrossenheit, sondern auch darum, dass es für mich ein Teil politischer UND ökonomischer Bildung ist, dass komplexe Probleme NIE einfache Antworten und Lösungen haben. Das zu vermitteln, ist aus meiner Sicht Auftrag und Chane einen Schulsystems. Da können mehrere Perspektiven nicht schaden.

  • Meine Azubis, die ich aktuell vom Gymnasium bekomme, bestätigen mir auch heute noch, daß es solche Themen da nie gab.
    Aber ich würde gerne mal die SoWi-Lehrer hier fragen, die sollten sich ja zumindest mit VWL auskennen, weil sie es auch von der politischen Seite beleuchten, wie sie zu folgenden VWL-Themen stehen:

    • Angebot und Nachfrage, Marktgleichgewicht
    • Substitution von Gütern
    • Marktversagen
    • Gefangenen-Dilemma (=Spieltheorie)
    • Pareto-Effizienz
    • Steuereinnahmen des Staates und Laffer-Curve
    • Magisches Sechseck, Ziele der Wirtschaftspolitik
    • Eigentumsverteilung zwischen den Volkswirtschaften und innerhalb einer Volkswirtschaft (=Gini-Koeffizient)

    Ich gehöre zur WiPo Fraktion und lege insbesondere auf die ersten 5 Punkte wert, egal in welchem Bildungsgang. Schon alleine deshalb, weil die sus meist überhaupt keine Ahnung haben, wie sich die ganze Sache mit den Preisen im Geschäft verhält. Und dies führt häufig dazu, dass aus dieser Unwissenheit sehr krude politische Ansichten und Forderungen entwickeln, die die sus jedoch recht schnell revidieren, wenn man sich mal ein paar Wochen intensiv mit der Thematik rund um den Markt und die Preisbildung beschäftigt hat. Ich unterrichte auch Politik und verzahne das Ganze dann gerne auch mit WL. Grundsätzlich sehe ich mich aber eher in der Wirtschaftslehre beheimatet.

    • Offizieller Beitrag

    Wenn Du unbedingt Politik unterrichten willst, weil dir die aktuelle Politikverdrossenheit in der Bevölkerung nicht paßt, mach es als eigenes Fach.

    wow, das ist aber ein sinnvoller Beitrag in einer Diskussion...



    Meine Azubis, die ich aktuell vom Gymnasium bekomme, bestätigen mir auch heute noch, daß es solche Themen da nie gab.
    Aber ich würde gerne mal die SoWi-Lehrer hier fragen, die sollten sich ja zumindest mit VWL auskennen, weil sie es auch von der politischen Seite beleuchten, wie sie zu folgenden VWL-Themen stehen:

    • Angebot und Nachfrage, Marktgleichgewicht
    • Substitution von Gütern
    • Marktversagen
    • Gefangenen-Dilemma (=Spieltheorie)
    • Pareto-Effizienz
    • Steuereinnahmen des Staates und Laffer-Curve
    • Magisches Sechseck, Ziele der Wirtschaftspolitik
    • Eigentumsverteilung zwischen den Volkswirtschaften und innerhalb einer Volkswirtschaft (=Gini-Koeffizient)

    was meinst du denn, mit "zum Thema stehen"?
    Ich hatte bisher nur einmal einen GK-Durchgang, habe schon außer der Laffer-Curve alle Themen unterrichtet, wobei wir die Steuereinnahmen des Staates selbstverständlich auch ansprechen.
    Was glaubst du denn, was wir in SoWi machen? den ganzen Tag Wahlen simulieren?


    chili

  • Bis auf Laffer und das Pareto-Optimum ist das regelmäßig Thema, wenn man sich an die geltenden Lehrpläne hält. Spieltheorie würde ich sagen, kann man machen, muss man aber nicht. Kommt aber insbesondere mit praktischen Beispielen gut an.

  • Was glaubst du denn, was wir in SoWi machen?

    Den ganzen Tag Anträge ausfüllen? :pfeifen:



    Der Entwurf des neuen G9-Curriculums für das Fach Politik/Wirtschaft (ups, sorry, es wurde durch den Lehrplan in ‚Wirtschaft/Politik‘ umbenannt) verstärkt den wirtschaftspolitischen Abteil mehr als deutlich.

    ... und an dieser Stelle bräuchte man dann quasi eine Synopse, ob da wirklich etwas bahnbrechend verändert wurde, welche Themen betont und welche dafür vernachlässigt werden sollen, müssen oder können.

    chilipaprika: Hast du dir dazu schon eine Meinung gebildet? ... oder jemand anderes aus NRW, der/die das Fach an den allgemeinen Schulen unterrichtet?

  • Meine Azubis, die ich aktuell vom Gymnasium bekomme, bestätigen mir auch heute noch, daß es solche Themen da nie gab.

    Ja, das stimmt. Die Steuererklärung ist kein Thema im Gymnasium in NRW. Ich finde das richtig, s.o. Ob sie im Entwurf der neuen Kernlehrpläne für das Fach Wirtschaft/Poltik für G9 irgendwo in der Mittelstufe vorkommt, weiß ich nicht aus dem Stegreif.

    • Offizieller Beitrag

    chilipaprika: Hast du dir dazu schon eine Meinung gebildet? ... oder jemand anderes aus NRW, der/die das Fach an den allgemeinen Schulen unterrichtet?

    Ich habe keine Synopse gemacht. Auf dem "ersten" Blick hatte ich nur noch ein Thema in der Sek 1 gesehen, das nicht wirtschaftlich angeraucht war.
    Aber sowas hängt eh immer ein bisschen von der Lerngruppe, von der Schülerschaft und von den Vorlieben der Lehrkraft ab. Also nicht, ob man den Lehrplan einhält sondern wie der Schwerpunkt bzw. die Perspektive plötzlich ist.

    • Offizieller Beitrag

    @Brick in the wall:
    Die Frage ist nur: Wo soll das sonst laufen? Im Studium sicher nicht. In die Mittelstufe paßt es auch nicht. Das gehört in die Oberstufe.

    Gegenfrage: Warum sollte es Aufgabe der Schule sein, das Ausfüllen einer Steuererklärung beizubringen?
    Ich habe tatsächlich schon im GK und im Zusatzkurs immer wieder kurz zwischendurch das Thema "Brutto/Netto", "Nebenjob" und "Steuer" (Grenzen, usw...). Das macht man kurz zwischendurch, wenn eine Frage aufkommt.
    Aber akut ist es für die SuS auch nicht. Sie sind froh, das Geld ihres Minijobs zu haben, man muss ihnen noch mal klar machen, dass sie "geschützt" sind und sie also nicht von ihren Verdiensten auf andere schließen können. Ebenfalls bei der Debatte zum Mindestlohn. Und so weiter.

  • Gegenfrage: Warum sollte es Aufgabe der Schule sein, das Ausfüllen einer Steuererklärung beizubringen?

    Weil die Schule den Kindern noch viel mehr Kram beibringt, der noch viel weiter von der Lebenswelt weg ist. Fängt mit dem Latein-Unterricht an. :teufel:
    Wer soll den zukünftigen Steuerzahlern denn sonst beibringen, wie man eine Einkommensteuererklärung erstellt? Wir Pauker stehlen uns da meiner Meinung nach gehörig aus der Verantwortung. Unser Staat verlangt von den Bürgern die Steuererklärung, also haben wir als Repräsentaten des Staates die Bürger auch fit zu machen, wie man so eine Erklärung abgibt.

  • Ich finde es auch schwer, das Ausfüllen einer Steuererklärung zu unterrichten. Meine 8.-10. Klassen sind sowieso noch nicht so weit, dass sie ihr eigenes Geld über der Freigrenze verdiene. Bei einer Steuererklärung gibt es dann aber so viele verschiedene Sonderfälle, dass ich gar nicht in der Lage wäre es für alle Schüler praktisch zu erklären und langweilig wäre es dann auch noch.


    Wichtiger und sinnvoller finde ich es in dem Zusammenhang erst mal über den Unterschied zwischen Brutto und Netto, die Sozialversicherungen (warum muss ich die überhaupt zahlen, was habe ich davon, welche Probleme gibt es...), die einzelnen Steuerklassen, vermögenswirksame Leistungen etc. einzugehen, das brauchen die Schüler auch schon in der Ausbildung, da haben viele auch schon Fragen dazu und das kann man dann auch gut lebensnah vermitteln.


    In Bayern haben wir an der RS ja in der 9. (und teilweise in der 8.) das Fach Wirtschaft/Recht, da geht es vor allem um Themen, die die Schüler betreffen und viele stellen hier auch konkrete Fragen und wollen auch weitere Informationen wissen.
    In der 10. Klasse haben dann alle Sozialkunde, wobei hier zum einen politische Themen und zum anderen VWL Themen behandelt werden. Je nachdem wie fit der betreffende Lehrer in beiden Bereichen ist, kommt es auch zu Diskussionen, die beide Themenbereiche abdecken.

    Gerade in Elternzeit, deshalb fast nur stille Mitleserin :essen:

    • Offizieller Beitrag

    Jep.


    und dann haben wir die nächste Schulreform nach dem aktuellen französischen Modell:
    - Kinder müssen nicht mehr trocken sein, wenn sie in die Schule kommen (Schulpflicht ab 3 ab nächstem Schuljahr)
    - Einheiten zur Wassergewöhnung in der Vorschule
    - Einheiten zum Fahrradfahren (allerdings kostenpflichtig)
    - ach, kostenloses Frühstück für arme Familien (während der Schulzeit. ich sehe das schon, "eyh, Paul, du bist arm, hier dein Brötchen. Sorry, Peter, du bist reich genug")
    - Singen der Nationalhymne (braucht man ja als guter Patriot. Wie soll man sonst bei der nächsten WM anfeuern? )
    ...



    Sorry, aber Gymnasiasten (und auf DIE Schulform beziehe ich mich) soll man unterstellen können, die 3 Infoseiten zu lesen, die sie brauchen, wenn sie eine Steuererklärung machen wollen (keine Pflicht für die meisten.).
    Wer sich nicht einlesen kann / will, oder der Meinung ist, seine Zeit ist woanders besser investiert (und das kann jeder einschätzen, weil er über Opportunitätskosten Bescheid weiß), holt sich entsprechende Hilfe beim Lohnsteuerhilfeverein).

  • Bei einer Steuererklärung gibt es dann aber so viele verschiedene Sonderfälle, dass ich gar nicht in der Lage wäre es für alle Schüler praktisch zu erklären und langweilig wäre es dann auch noch.

    Dann mach doch erst einmal die "Vereinfachte Steuererklärung für abhängig beschäftigte Arbeitnehmer", oder wie meine Schüler immer sagen: "Für ganz normale Leute". ;)
    --> https://www.formulare-bfinv.de/printout/034040_18.pdf


    Für diese Din A4 Doppelseite brauche ich im Unterricht je nach Leistungsfähigkeit der Schüler 2-4 Schulstunden. Das läuft also sogar in einem Exkurs ganz gut.


    Die Vereinfachte Steuererklärung können alle Arbeitnehmer abgeben, die als Arbeitnehmer in D wohnen und bei einem Arbeitgeber aus D beschäftigt sind, die keine Häuser vermieten und ihr Geld nicht im Ausland anlegen. Also für praktisch alle Arbeitnehmer reicht die.

    • Offizieller Beitrag

    Dir ist aber schon klar, dass deine Azubis in 10 Jahren sagen werden, dass sie sowas niiiiiiiie in der Schule hatten?


    Sorry, aber ständig auf die anderen Schulformen meckern, weil deine SchülerInnen sagen, sie hätten es woanders nie gelernt, nervt.
    Wir bringen den Kids die Lesekompetenz bei, die sie brauchen, um komplexe Texte zu verstehen. Wir arbeiten mit literarischen, Fach- und Sachtexten, mit diskontinuierlichen Texten, usw.. Wir bringen ihnen die Materie bei, aus denen sie dann mündig entscheiden können, was sie wollen (wenn AbsolventInnen wissen, wie der Sozialstaat funktioniert, wie der Arbeitsmarkt funktioniert, usw... und auch noch Texte lesen können, werden sie in der Lage sein, ihr Bruttoeinkommen und ihre Fahrtwege irgendwo einzutragen.

  • Dann mach doch erst einmal die "Vereinfachte Steuererklärung für abhängig beschäftigte Arbeitnehmer", oder wie meine Schüler immer sagen: "Für ganz normale Leute". ;) --> https://www.formulare-bfinv.de/printout/034040_18.pdf


    Für diese Din A4 Doppelseite brauche ich im Unterricht je nach Leistungsfähigkeit der Schüler 2-4 Schulstunden. Das läuft also sogar in einem Exkurs ganz gut.


    Die Vereinfachte Steuererklärung können alle Arbeitnehmer abgeben, die als Arbeitnehmer in D wohnen und bei einem Arbeitgeber aus D beschäftigt sind, die keine Häuser vermieten und ihr Geld nicht im Ausland anlegen. Also für praktisch alle Arbeitnehmer reicht die.

    Ganz ehrlich, keiner meiner Schüler würde mir 2-4 Stunden dabei zuschauen, wie ich eine Steuererklärung ausfülle. Ich glaube das wären die langweiligsten und nervigsten Stunden des Jahres.


    Wir reden natürlich über die verschiedenen Steuerklassen, besprechen auch, dass eine gemacht werden soll und dass die einfachste Erklärung nicht lange braucht und sinnvoll ist.

    Gerade in Elternzeit, deshalb fast nur stille Mitleserin :essen:

  • Dir ist aber schon klar, dass deine Azubis in 10 Jahren sagen werden, dass sie sowas niiiiiiiie in der Schule hatten?

    Sorry, hab gerade gesehen, daß Milk&Sugar von der Realschule spricht. Ich war von Gymnasium ausgegangen. Bei Azubis, die mit dem Abitur in der Tasche zu uns kommen, finde ich es schon erschreckend, daß bei sowas absolut null Ahnung vorherrscht.

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