Was haltet ihr von den Plänen NRWs Wirtschaftsunterricht zu stärken ?

  • "Nach mehr als 40 Jahren plant Nordrhein-Westfalen wieder die Einführung eines Schulfachs „Wirtschaft“: In der Realschule soll „Wirtschaft“ als eigenständiges Fach, in Gymnasium, Sekundar- und Gesamtschule als Kombinationsfach „Wirtschaft – Politik“ eingeführt werden. Zudem soll „Wirtschaft“ im Wahlpflichtbereich wählbar sein." so fängt der Artikel an.


    https://www.die-tagespost.de/p…s-Schulfach;art314,197582


    Edit: plänen

  • In BaWü gibt es seit letztem Schuljahr Wirtschaftslehre ab Klassenstufe 7 an den Sek.I-Schulen, ab Klasse 8 an den allgemein bildenden Gymnasien seit diesem Schuljahr (als Wahlfach in der Kursstufe auch an allgemeinbildenden Gymnasien, also nicht nur am WG, bereits seit einigen Jahren möglich gewesen). Persönlich finde ich das sehr begrüßenswert, weil damit klarer definiert wird, was im Bereich der ökonomischen Bildung mit dem Ziel des auch ökonomisch mündigen Bürgers zu leisten ist. Wirtschaftspolitik war auch vorher schon ein Teil von GK oder den Fächerverbünden an der Sek.I wie EWG an den Realschulen. Durch die Aufsplittung in Einzelfächer können die Fachbereiche aber stärker akzentuiert werden und sehr sehr lebenspraktische Themen zum Teil des Wirtschaftsunterrichts werden, die vorher nicht immer Teil des Bildungsplans waren und auch nicht unbedingt zusätzlich behandelt wurden angesichts begrenzter Unterrichtszeit.


    Wichtig finde ich es allerdings, dass man sich als Lehrkraft nicht vor den Karren von Unternehmen spannen lässt die gerne und fleißig eigene (und durchaus hochwertige) Arbeitsmaterialien für den neuen Fachbereich kostenfrei auf den Markt werfen, die bei genauerer Prüfung dem Kontroversitätsgebot (das selbstverständlich auch in der Wirtschaftslehre gilt) nicht genügen.
    Ein Problem sehe ich aktuell noch darin, dass es nur sehr wenig Absolventen aus dem Bereich Wirtschaftslehre gibt und das Fach mehrheitlich fachfremd unterrichtet wird. Das ist meist gut, weil es entsprechend erfahrene Kollegen aus den Gesellschaftswissenschaften sind, die aber teilweise zu sehr am Schulbuch hängen (verständlicherweise, würde ich, müsste ich z.B. Geo fachfremd unterrichten ganz genauso machen, um sicherzugehen, dass mein Unterricht ausreichend bildungsplankonform ist). Nachdem ich vom Fach bin sehe, ich natürlich, welche thematischen "Ausblicke" und zukunftsweisenden Ergänzungen durch aktuelle Debatten dabei auf der Strecke bleiben und wünsche mir insofern natürlich möglichst viele Fachkollegen, die den Unterricht leisten.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Andere Bundesländer, andere Sitten... In Hessen gibt es schon lange das Fach "Politik und Wirtschaft" im Sek I und II-Bereich, im Grundschulbereich ist es Teildisziplin innerhalb des Sachunterrichts. Ich finde es gut, dass es das Fach gibt und dass es nicht nur Teil eines großen Komplexes "GK" ist (wobei es auch an hessischen Gesamtschulen entsprechende Ableger gibt). Auch dem allgemeinbildenden Anspruch wird man dadurch gerecht, dass man im H/R-Bereich den Schülern wirtschaftliche und politische Phänomene aus ihrer direkten Lebenswelt aufzeigt (Welche Berufe gibt es in meiner Region? Wie funktioniert eine Wahl? Wer verdient alles an einem Schuh, den ich im Laden kaufe?) und im Gymnasialbereich eher in Richtung kompexe globale Prozesse (z.B. Was ist eine Wirtschaftskrise?) und politische Theorien (Was bedeutet das Sozialstaatsprinzip?) geht.

  • (...)Auch dem allgemeinbildenden Anspruch wird man dadurch gerecht, dass man im H/R-Bereich den Schülern wirtschaftliche und politische Phänomene aus ihrer direkten Lebenswelt aufzeigt (Welche Berufe gibt es in meiner Region? Wie funktioniert eine Wahl? Wer verdient alles an einem Schuh, den ich im Laden kaufe?) und im Gymnasialbereich eher in Richtung kompexe globale Prozesse (z.B. Was ist eine Wirtschaftskrise?) und politische Theorien (Was bedeutet das Sozialstaatsprinzip?) geht.

    Wahlen sind bei uns Thema in GK, Berufswahlprozesse Teil von WBS (=Wirtschaft, Berufs- und Studienorientierung), Globalisierung und Konsum Teil beider (und weiterer) Fächer. Sozialstaatsprinzip oder Wirtschaftskrise Teil von WBS auch in der Sek.I (Soziale Marktwirtschaft habe ich bereits in Klassenstufe 7 in einer Klasse begonnen gehabt, das wird entsprechend weitergeführt und zunehmend abstrakter gefasst, gehört aber absolut zum Grundwissen- schließlich werden alle meine Schüler genauso von den Folgen betroffen sein, wie ein Schüler des Gymnasiums, sollen im Rahmen von Wahlen begründete Entscheidungen dazu treffen.). Die hauptsächlichen Unterschiede bei Themen gibt es an der Schwelle von Hauptschule zu Realschule. Zwischen Realschule und Gymnasium liegen meist lediglich verschiedene Operatoren zum selben Kompetenzbereich.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Mein erster Gedanke ist, ob es die Inhalte bisher gar nicht in den Lehrplänen irgendeines Faches in NRW gibt
    oder ob derartige Meldungen allein eine Huldigung an die FDP als Regierungsbeteiligte und Partei der Kultusministerin sein könnte.


    Gerade die Inhalte zu Politik und Wirtschaft tauchen in den unterschiedlichen BL in diversen Fächern auf, die auch ständig umbenannt und neu strukturiert werden, von "Sozialkunde" zu "Gesellschaftslehre" zu "Politik" zu "Arbeit und Wirtschaft" und weitere Kombinierte Fächer mit neuen Abkürzungen wieder zurück.

  • Kommt vermutlich auch darauf an, ob am Ende für das neue Fach die Stundentafel einfach nur umstrukturiert wird samt bestimmter Inhalte oder eben tatsächlich zusätzliche Stunden und Inhalte Einzug halten. Ersteres wäre dann tatsächlich nur Symbolpolitik, letzteres eine Stärkung der Gesellschaftswissenschaften (können die ja auch mal brauchen, wo sonst ganz gern "MINT first" gilt).

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Der Entwurf des neuen G9-Curriculums für das Fach Politik/Wirtschaft (ups, sorry, es wurde durch den Lehrplan in ‚Wirtschaft/Politik‘ umbenannt) verstärkt den wirtschaftspolitischen Abteil mehr als deutlich. Die bisherige grobe Drittelregelung ist seeehr aufgeweicht, weil jedes Thema (aus nachvollziehbaren aber trotzdem auch nicht unbedingt humanistischen Gründen) wirtschaftspolitisch beleuchtet wird (zb Klima, Medien, usw).
    Wer das unterrichtet? Diejenigen, die die Fakultas dafür haben.
    Chili, in RLP ‚Sozialkunde‘ studiert, in NDS das Ref in ‚Politik/Wirtschaft‘ gemacht, in NRW für das Fach ‚Politik/Wirtschaft (sek1)-Sozialwissenschaften (sek2)‘ eingestellt... ich werde es glaube ich mit grosser Anstrengung schaffen, das Fach ‚Wirtschaft/Politik‘ und dann irgendwann ‚Wirtschaft‘ zu unterrichten, weil: klar, dass es nur eine Umsortierung/Umbenennung der Stundentafel seim wird...

  • Ich hatte Wirtschaft- und Rechtslehre am Gymnasium 4 Jahre lang als Hauptfach. Bayern in den 1990ern. Ich habe es von der 1. Lektion an gehasst und ich habe auch heute noch eine beinahe pathologische Abneigung gegen alles, was mit diesem Fachbereich zu tun hat (Steuererklärungen etc.).


    Abgesehen davon schrieb erst letztens einer unserer Gewerkschaftsvorstände in der Verbandszeitschrift einen Artikel über die zunehmende Überfrachtung der Lehrpläne. Seiner Meinung nach sind die wichtigsten Fächer: Deutsch, Englisch, Französisch (aus der schweizer Perspektive natürlich), Mathe, Informatik, Wirtschaft- und Rechtslehre sowie Sport. Alles andere könnte man demnach in den Wahlbereich verschieben. Dem stimme ich voll und ganz zu.


    Im Ernst ... auch wenn ich selbst eine ausgesprochene Phobie gegen ökonomische Belange habe finde ich tatsächlich, dass es kaum ein lebensnäheres Schulfach als Wirtschaft- und Rechtslehre gibt. Vielleicht sollte ich mich mal bei einem meiner Kollegen in den Unterricht setzen, wer weiss, ob ich es heute immer noch so schrecklich fände (vermutlich ja). Bei uns ist Wirtschaft- und Rechtslehre am Gymnasium als Schwerpunktfach wählbar und es ist das meist gewählte Schwerpunktfach sämtlicher schweizer Gymnasien. Etwa 30 % der Gymnasiasten bei uns im Schulhaus entfallen auf den Schwerpunkt Wirtschaft- und Rechtslehre, alle anderen haben das Fach zumindest 1 Jahr lang als zweistündiges Grundlagenfach. Auf dem Niveau, das vergleichbar mit der deutschen Realschule ist, gibt es bei uns neben der Fachmittelschule noch die Wirtschaftsmittelschule auf der alle Schüler im kaufmännischen Bereich ausgebildet werden.


    Im Lehramt Gymnasium gehen studierte Ökonomen weg wie die warmen Semmeln. Ist neben Mathe das Fach mit den besten Einstellungschancen. Schon witzig, wie die Schwerpunkte der schulischen Bildung sich hüben wie drüben unterscheiden, ne? In 2 Jahren bekommen wir übrigens auch Informatik als obligatorisches Grundlagenfach. Ich bin mal gespannt, was dafür "sterben" muss, denn on top kann man die Stunden in der gymnasialen Stundentafel sicher nicht setzen (von mir aus können gerne ein paar Chemiestunden dafür wegfallen, so wichtig sind wir nicht).

  • Ich freue mich sehr über die Einführung des neuen Fachs in NRW. Ich arbeite an einer Gesamtschule und hatte bisher nur das Fach GL, deren Schwerpunkt klar auf historischen Inhalten im schulinternen Curriculum liegt.


    Daher freue ich mich als Sowi-Absolvent, ab dem SJ 20/21 auch an Gesamtschulen endlich in meinem Studienfach unterrichten zu können, zumal die SuS hier fachlich große Defizite haben.


    Grüße
    meteos

  • Wollsocken: Du kannst ja mal berichten, was am Ende bei der Informatikgeschichte herumkommt. Ich kenne eure Stundentafel nicht, aber in Hessen würde es wohl schwer mit einem zusätzlichen Fach sein, da NW-, ästhetische und GW-Fächer bereits nicht jedes, sondern teilweise nur jedes zweite Jahr unterrichtet werden. Hier ist Informatik Wahl(pflicht)fach, was ich gut finde, da die interessierten Schüler das Fach belegen können, ohne dass dafür anderer Unterricht reduziert werden muss. Die Gefahr für euch Naturwissenschaftler ist ja immer, dass man eure Fächer zu einem NaWi-Unterricht zusammenstaucht. Durchgängige Medienbildung in allen Fächern fände ich schwierig, aber was wäre damit, den Matheunterricht in Klasse 9/10 inhaltlich etwas zu komprimieren und dafür um den Teilbereich "computerorientierte Mathematik" zu ergänzen? Es wäre eine kurze Einführung in die Informatik, die meiner Meinung ausreichend wäre, um den allgemeinbildenden Bildungsauftrag zu erfüllen. Ansonsten gibt es wie gesagt entsprechende Zusatzangebote, die jedem Schüler offenstehen, der sie nutzen mag.

  • aber was wäre damit, den Matheunterricht in Klasse 9/10 inhaltlich etwas zu komprimieren

    Das ist der Staus Quo. Im Moment gibt Mathe in der 2. Klasse (11. Schuljahr) Stunden für ein "Praktikum" Informatik ab.



    Die Gefahr für euch Naturwissenschaftler ist ja immer, dass man eure Fächer zu einem NaWi-Unterricht zusammenstaucht.

    So what? So wichtig sind wir wirklich nicht. Ich könnte mir sehr gut vorstellen Chemie und Physik interdisziplinär zu unterrichten. Eine naturwissenschaftliche Grundbildung ist für die allgemeinbildende Maturität unerlässlich, das sicher. Aber die Ausdifferenzierung in 3 eigenständige Fächer halte ich in der Tat für übertrieben.

  • (...)Abgesehen davon schrieb erst letztens einer unserer Gewerkschaftsvorstände in der Verbandszeitschrift einen Artikel über die zunehmende Überfrachtung der Lehrpläne. Seiner Meinung nach sind die wichtigsten Fächer: Deutsch, Englisch, Französisch (aus der schweizer Perspektive natürlich), Mathe, Informatik, Wirtschaft- und Rechtslehre sowie Sport. Alles andere könnte man demnach in den Wahlbereich verschieben. Dem stimme ich voll und ganz zu.
    (...)

    Hach, ich fühle mich gerade dermaßen bestätigt mit meinen Fächern, herrlich. Danke Söckchen. 8)


    Bei uns gibt es natürlich auch SuS die mit bestimmten Themen weniger bis nichts anfangen können. Insgesamt ist Wirtschaft aber an vielen Stellen dasjenige meiner Fächer mit dem klarsten Lebensweltbezug für die SuS (ungeachtet des hohen fachwissenschaftlichen Anspruchs unseres Bildungsplans), weshalb mir immer wieder auffällt, wie sich gerade auch SuS die z.B.in GK kaum zum Mitdenken zu animieren sind in Wirtschaft von sich aus aktiv einbringen ins Unterrichtsgespräch. Ich habe auch in keinem meiner anderen Fächer so viele zusätzliche Fachfragen von Schülern, die ersichtlich interessiert mit- und weiterdenken und ihr vorhandenes Wissen z.B. über Unternehmen einzuordnen suchen bzw.kritisch hinterfragen. Ich hätte es vorher nicht gedacht, aber Wirtschaftsunterricht in Klassenstufe 7 ist etwas, was mich wirklich mit großer Freude erfüllt und mir immer wieder sehr handlungsorientierte, sehr kreative Unterrichtsplanungen erlaubt, bei denen nicht nur ich auf meine Kosten komme, sondern die auch die SuS begeistern.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Mein erster Gedanke ist, ob es die Inhalte bisher gar nicht in den Lehrplänen irgendeines Faches in NRW gibt
    oder ob derartige Meldungen allein eine Huldigung an die FDP als Regierungsbeteiligte und Partei der Kultusministerin sein könnte.

    Also im Gymnasium hat mir niemand erklärt wie eine Steuererklärung auszufüllen ist oder welche Rechte ich bei einem Kaufvertrag als Verbraucher habe (Gewährleistung und so). Von daher gibt es da schon gewaltigen Nachholbedarf.


    Was ich aber nicht verstehen kann: Warum soll das Fach im gymnasialen Umfeld dann wieder mit Politik vermischt werden?

  • Ich weiß nicht, warum NRW das so handhaben möchte, also ob es noch zusätzlich ein Fach wie Gemeinschaftskunde geben wird (sind bei uns in BaWü auch am Gymnasium zwei Fächer) oder nicht. Grundsätzlich gibt es in der Wirtschaftslehre rein systematisch ja immer neben der Individualebene und Aushandlungsprozessen zwischen Individuen bzw.innerhalb von Gesellschaften auch die Systemebene, also Fragen der Ordnungspolitik. Insonfern ist ein Fach "Wirtschaft" niemals völlig getrennt von Politik zu betrachten, nur eben mit einer bestimmten "Brille".

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Also ich unterrichte sehr gerne Wirtschaft und wäre froh, wenn schon in jungen Jahren diesbezüglich mehr Grundlagen gelegt werden würden. Kaum ein Fach bietet bessere Möglichkeiten, die lebenswert der sus wirklich zu tangieren. Immerhin geht es in den meisten Fällen um den eigenen Geldbeutel und da werden die meisten sus doch schnell ganz hellhörig.

  • Immerhin geht es in den meisten Fällen um den eigenen Geldbeutel und da werden die meisten sus doch schnell ganz hellhörig.

    Brauchen wir wirklich Wirtschaftsunterricht, um den Schülern zu erklären, dass man auf mehrere Handyverträge besser verzichtet, wenn man keine Kohle hat? RTL II erklärt das doch eigentlich jede Woche.

  • Also im Gymnasium hat mir niemand erklärt wie eine Steuererklärung auszufüllen ist oder welche Rechte ich bei einem Kaufvertrag als Verbraucher habe (Gewährleistung und so). Von daher gibt es da schon gewaltigen Nachholbedarf.

    Der von Schülern immer wieder vorgebrachte Wunsch nach der Steuererklärung hängt mir persönlich ziemlich zum Hals raus. Ich gebe zu, dass ich das noch nie gemacht habe, kann mir aber nun wirklich nicht vorstellen, dass sich irgendein Oberstufenschüler (oder sogar Schüler der Mittelstufe) Jahre später, wenn die erste Erklärung gemacht werden muss, an irgendwas davon erinnert, was im Unterricht gemacht wurde. Das hat zu dem (Unterrichts-)Zeitpunkt für Schüler allgemeinbildender Schulen nichts mit ihrer persönlichen Lebenswelt zu tun (ich weiß, die Eltern zahlen Einkommenssteuer...) und ist als Stoff auch das, was man als "trocken" bezeichnen würde. Wie die Behaltensleistungen unserer Schüler bei sowas im Durchschnitt sind, wissen wir alle.


    Davon abgesehen: Ich unterrichte Sowi/Politik und befürworte Verbraucherbildung auf der einen Seite sehr. Wenn ich mich aber in der freinen Wildbahn umsehe, bin ich der Meinung, dass wir gar nicht genug politische Bildung haben können, bin also massiv dagegen, Elemente der politischen Bildung zugunsten von ökonomischer Bildung zurückzustellen. Und ich finde es richtig, beides in einem integrierten Fach zu unterrichten. An BKs mag es gute Gründe für eine andere Perspektive geben, an allgemeinbildenden Schulen sollte aber immer deutlich werden, dass Politik und Ökonomie in einem Beziehungsgeflecht zueinander stehen.

  • An BKs mag es gute Gründe für eine andere Perspektive geben, an allgemeinbildenden Schulen sollte aber immer deutlich werden, dass Politik und Ökonomie in einem Beziehungsgeflecht zueinander stehen.

    Ja, meine Azubis verdienen z.T. schon deutlich über 10.000 € jährlich an Ausbildungsvergütung, sind damit über dem Grundfreibetrag und entsprechend einkommensteuerpflicht. Da bringt die Steuererklärung sofort etwas.
    In den Klassen, in denen die Schüler bnei uns nur noch ihre Teilzeitschulpflicht absitzen, ist auch ganz klar Thema "Wie fülle ich einen Hartz 4 Antrag aus" und was muß ich da machen, um den Anspruch nicht zu verlieren. Klar ist das nicht toll, aber es spiegelt ihre Lebensrealität wider.


    Was ich an den Sek 2 Schulen z.B. auch generell vermisse ist das Arbeitsrecht. Ab wann darf man einen Ferienjob machen, welchen und wie lange?


    Im Wirtschaftsunterricht klar BWL und VWL zu unterrichten, sehe ich auch noch ein. Aber laß bitte die Politik aus der Wissenschaft raus! Diese gequirlte Mäusekacke, die dabei rauskommt, führt doch gerade dazu, daß SoWi eben doch als Laberfach schlechthin gilt. Wir haben jedenfalls einige Sowi/Politik Lehrer bei uns als Wiwi-Pauker am BK, weil es eben mit der Fakulta 60 (=Wiwi) zu wenige Bewerber gibt, die bekommen immer die Krise, wenn ich ihnen dann mit der Mathematik komme. Ich sag nur "Rechnungswesen" oder eben in jüngeren Jahren das Führen eines Haushaltsbuchs.


    Wenn Du unbedingt Politik unterrichten willst, weil dir die aktuelle Politikverdrossenheit in der Bevölkerung nicht paßt, mach es als eigenes Fach.

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