Programmieren von Mikro-Computern unterrichten

  • Moin! Wie Ihr leicht sehen könnt, bin ich neu hier im Forum. Angemeldet habe ich mich, weil ich kritische Unterstützung suche für meine (gestern Abend entstandene) Idee, unseren SuS das Programmieren beizubringen. :D Das Problem dabei ist, dass ich es selbst noch nicht kann...


    Ich habe beim Surfen diesen Kurs https://open.hpi.de/courses/mikrocontroller2019 entdeckt und überlegt, da mitzumachen. Das Programmieren solcher Mikrocontroller soll ja sehr einfach sein. Im nächsten Schuljahr könnte ich dann vielleicht eine (freiwillige) AG anbieten, in der ich die Projekte des Kurses mit meinen SuS nachbaue.


    Hat von Euch jemand Erfahrung mit Mikro-Controllern im schulischen Zusammenhang?
    Bitte berichtet mir davon!


    Welchen Mikro-Controller verwendet Ihr und warum? Wo kauft Ihr das Zubehör?
    Welche Projekte sind erfolgversprechend? Wo gibt es vielleicht Anleitungen, mit denen ich als Lehrer genug lernen kann, um so eine AG erfolgreich zu leiten?
    Wie viele SuS kann man in einer solchen AG betreuen? Welche Klassenstufen erscheinen sinnvoll?


    Nun bin ich gespannt auf Eure Antworten. Vielen Dank im Voraus!

  • Noch 'ne Internetseite, bei der SuS (und Lehrkräfte...) Schritt für Schritt Anleitungen erhalten, ist diese hier: https://appcamps.de/unterrichtsmaterial/ (Themen z.B. Programmieren von Apps, Calliope mini, Medienkompetenz, ...



    Man muss in einem solchen Unterricht / in einer solchen AG darauf vorbereitet sein, dass der eine oder andere Schüler mehr weiß - oder meint, mehr zu wissen... Die kommen dann mit Fragen / Ideen, auf die man (auch wenn man selbst nicht Neuling ist) nicht spontan beantworten kann. Man muss seine SuS also dahingehend "erziehen", dass sie genau das tun, was man selbst auch tun würde: Googlen. Wenn das klappt, kann man auch mit größeren Gruppen arbeiten.


    Zudem sollte man es (als SuS und LuL) zu Anfang langsam angehen. Nicht sofort Großprojekte starten, sondern ein paar "Fingerübungen". Man kann als Anfänger zu Beginn nichtunbedingt überblicken, was alles "nebenbei" noch notwendig, damit das zum Schluss so funktioniert wie man sich das in der Fantasie ausmalt.

  • Es gibt schon fertige Sets, z.B. bei Funduino, dort gibt es auch Schritt-für-Schritt-Anleitungen.


    Besonders gut gefällt mir in Kombination Tinkercad, da kann man virtuell stöpseln und programmieren und dann, wenn alles funktioniert in Echt nachbauen.

  • Den Kurs wollte ich auch mitmachen. (Ich mache da regelmäßig Kurse mit.)


    Insgesamt gibt es unzählige Möglichkeiten in dem Bereich, von denen ich mehrere auch ausprobiert habe.


    LEGO Mindstorm: Ist zwar ziemlich schön, aber auch sehr teuer. Dafür kann man den Schwerpunkt aber auch auf Wunsch anders setzen (weniger Programmieren, sondern eher "nur" schnell Lego-Bauen. Das ist dann auch mit kleinen Schülern (5. und geringer) problemlos möglich. Andererseits können den Schüler das den nicht mal immer so eben privat auch mal zu Hause machen.


    Fischer-Price: Habe ich keine Erfahrung mit, aber dürfte so ähnlich wie LEGO sein.


    Raspberry Pi ( http://www.raspberrypi.org ) : günstiger als oben genannte. Extrem leistungsfähig. Bauen ist dann aber nicht mal eben so "Lego" mäßig. Wenn man da z.B. Roboter selbst bauen will, dann dauert das etwas länger. Aus meiner Sicht größter Nachteil: Man muss i.d.R. Bildschirm und Tastatur anschließen. Für zuhause ist das ok, aber wenn man in der Schule dafür keine extra Bildschirme und Tastaturen hat und im Computerraum immer umstöpseln muss, denn wird wohl eher im Choas enden. Privat nutze ich den Raspi gerne. In der Schule habe ich mich allerdings dagengen entschieden. Ständig stöpseln wollte ich nicht und extra Maus, Tastatur, Bildschirme hätte Raum und Finanzprobleme verursacht. (Ja, es gibt Bildschime mit 2 Eingängen; habe ich aber nicht in der Schule. Ja, es gibt USB-Umschlater um 1 Tastatur an zwei Geräten zu benutzen. Habe ich auch zu Hause. Aber in der Schule wollte ich das nicht haben. Erkläre ich auch gerne näher)


    Arduino: Sehr günstig. Haben sich bei mir fast alle Schüler auch privat gekauft (Klasse 8), obwohl wir die Geräte in der Schule haben. Wird per USB an normalen PC angeschlossen. Nicht so leistungsfähig wie der Raspi, aber mehr als ausreichend für die Schule. Zwar bei weitem nicht perfekt, aber ein recht toller Einstieg ist das Skript vom Schülerforungszentrum BS https://sfz-bw.de/arduino-skript/
    Komplette Sets gibt es für ~30 Euro. Da hat man genügend Material um locker eine AG über 1 Jahr damit zu machen.


    Der ESP32 vom openHPI Kurs ist leistungsfähiger als der Arduino. Es gibt aber evtl nicht so viel Literatur dazu. Das aktuelle Heft von heise ist recht gut (wenn man zumindest schon etwas Ahnung hat) : https://www.heise.de/make/meld…zu-bestellen-4337457.html (Habe ich bisher allerdings nur gelesen und noch nicht gemacht. Wollte ich erst jetzt mit dem openHPI Kurs machen) Ich habe auch noch keine Erfahrung damit wie Kurzschlussfest der ESP32 ist. Der Arduino UNO ist da zum Glück relativ "sicher". Die Schüler bauen doch öfter Kurzschlüsse als man denkt (obwohl bzw.. auch wenn sie "nur" 2-3 Kabel laut Schlatplan nachbauen müssen.)


    Insbesondere bei Raspi, Arduino und ESP aber eine kleine Vorwarnung: Das muss man wirklich mal selbst vorher gemacht haben. Das kann man sich nicht mal eben eine Stunde vorher anlesen (zumindest, wenn man noch nie programmiert hat (ich kenne dein Vorwissen nicht in dem Bereich) oder noch nie kleinere Schaltungen aufgebaut hat (da du als Fach Ph hast, wirst du da wohl kein Problem haben).


    Ein paar kleine Praxisberichte gibt es auch im "Unterricht Physik" Heft 167:
    https://www.friedrich-verlag.d…k/arduino-raspberry-pi-co

  • Kleine Ergänzung: Für die meisten dieser Boards gibt es auch Scratch-Ähnliche Programmierumgebungen, die den Anfang nochmal leichter machen.


    Für Arduino das bekannte Scratch for Arduino (das aber, soweit ich sehe, noch immer auf dem alten Scratch basiert, von daher etwas suboptimal ist)


    Für Calliope kann man Open Roberta nehmen, was ich vom Ansatz her sehr gelungen finde.


    Der Calliope mini hat den Vorteil, dass neben dem Controller schon ein paar Sensoren an Bord sind. Man hat also tendentiell weniger Gebastel und mehr Programmieren (gut, je nach Blickwinkel kann das auch ein Nachteil sein).

  • Hast du den Kurs jetzt angefangen? Wie war für dich der Einstieg? Wie würdest du den Schwierigkeitgrad einschätzen?
    Ich habe jetzt alle Aufgaben aus der ersten Kurswoche gemacht. Habe wohl irgendetwas bei den HA falsch gemacht (ich habe nur 47 von 50 Punkten). (Meiner Meinung nach gab es aber auch bei der letzen Aufgabe keine richtige Auswahlmöglichkeit. Habe mich daher für eine am wenigsten falsche entschieden, weil ich dachte, dass die Aufgabensteller Bit und Byte verwechselt haben. Aber das wurde im Kurs ja witzigerweise gar nicht erklärt.)
    Nachdem ich dort (bei openHPI) auch etwas im Diskussionsforum gestöbert habe:
    Den ESP32 wurde ich im Moment nicht so wie in dem Kurs mit Schülern ohne Vorkenntnis machen bzw. nicht mit Schülern ohne Vorkenntnis und unter Klasse 10 machen. Ein Einstieg scheint für viele doch zu heftig zu sein. Wenn es dann ersteinmal läuft, dann sieht es natürlich "gut" aus.
    Klar kann der ESP32 mehr als Arduino oder Calliope. Trotzdem würde ich je nach deinem Schwerpunkt eher mit LEGO, Arduino oder Calliope starten (wenn man (selbst bzw. die Schüler) nur wenig/keine Vorkenntnis hat bzw. junge Schüler hat). Wenn du das aber mit motivierten Schülern Klasse 10 oder höher machst, dann auch ESP32.

  • Ich hänge mich mal an diesen Thread, weil hier anscheinend die richtigen Leute unterwegs sind ;-)


    Meine Frage ist zweigeteilt:


    1. Denkt ihr, dass man mit einem dieser Mikrocomputer auch in der Grundschule arbeiten könnte? Z. B. in einer AG mit interessierten Kindern aus der 3. und 4. Klasse? Volker hatte das für Lego Mindstorm schon kurz angedeutet, aber da fallen Kosten an, die ich weder vor der Schulleitung noch vor den Eltern vertreten könnte.


    An Rechnern stünden uns ausreichend viele, funktionierende und gut ausgestattete Windows-Notebooks zur Verfügung, im übernächsten Jahr ggf. auch iPads. WLAN und interaktive Whiteboards gibt's auch. (Liest sich vielleicht wie Ironie, ist aber tatsächlich so. Nur wird das Ganze bisher kaum genutzt).


    2. Welche dieser Kisten könnte für mich selbst, privat, dir richtige sein? Ich habe selbst kaum Programmier-Erfahrung. Etwas Ruby und Python habe ich in MOOCs gelernt. Da ging es dann aber eher in Richtung Programmierung einer Suchmaschine etc. und i9ch habe das irgendwann abgebrochen. Ich bin daher mit einigen Prinzipien von Programmierung vertraut, kann aber nicht behaupten, das ich eine der Sprachen beherrsche. LEDs zum Leuchten zu bringen und dergleichen fände ich reizvoller, daher meine Frage nach dem richtigen Mikrocomputer für mich. Im Zentrum stünde nicht das vollständige Erlernen einer Programmiersprache, sondern dass ich mehr Erfahrung sammle in allgemeinen Vorgehensweisen, Grundprinzipien etc. und dabei etwas Spaß habe ;-)

  • Aus meiner Sicht ist die Frage, in welchen Jahrgangsstufen soll die Hardware eingesetzt werden und mit welchen Zielen. Soll Blockbasiert programmiert werden, textuell oder sollen beide Möglichkeiten da sein?
    Welche Themen sollen im Unterricht oder der AG abgebildet werden?


    Es gibt inzwischen so viele Möglichkeiten. Die gängigsten wurden schon genannt:


    Calliope, ist ok, der britische Microbit wäre da auch noch eine Alternative. Wenn man mehr machen möchte würde ich aber eher zum Arduino greifen, dafür gibt es das genannte Scratch vor Arduino oder Adublockly, oder auch Nepo4Arduino aus der OpenRoberta Umgebung. Darüber hinaus gibt es die Sensebox, die kommt aus Münster, nicht ganz günstig in der Origianlanschaffung, aber sehr viele Anwendungsmöglichkeiten, z.B. auch im Hinblick auf Lärm, Temperatur oder Feinstaubmessung und Datenauswertung, hat inzwischen auch eine tolle eigene Blocksprache.
    Im Bereich Arduino gibt es z.B. auch die MBots als fahrende Roboter, mit denen einiges möglich ist. Man kann natürlich auch selbst sein System basteln.
    Dann gibt es im Bereich Arduino noch eTextiles, gerade für Mädels vielleicht auch sehr ansprechend.


    RaspberryPi würde ja auch schon genannt, auch ein sehr vielfältiges System.


    Wenn ihr als Schule etwas anschaffen wollt, was ihr von Sek 1 bis zur Oberstufe einsetzten könnt, würde ich zum Arduino plädieren. Könnt ihr auch in Physik oder Technik im Bezug auf Schaltungen mit einsetzten. Von Blocksprache bis zu textueller Programmierung alles möglich.


    Im Grundschulbereich arbeiten wir aktuell sehr viel mit Ozobots, die sind auch in der Sek 1 gut einsetzbar. Sehr kreativ über die Steuerung mit Farbcodes bis hin zu komplexer Programmierung mit der Blocksprache, die dazu unterschiedliche Schwierigkeitsstufen bietet.
    Grundsätzlich ist für die Grundschule eben auch Scratch super und nicht mit Kosten verbunden.
    Wenn es ein Microkontroller sein soll, dann denke ich sind Calliope, Microbit, oder MakeyMakey für die Grundschule ganz gut geeignet. Eine nicht ganz aktuelle Übersicht über einige Systeme für den Grundschulbereich gibt es in einer Expertise der Stiftung Haus der kleinen Forscher kostenlos zum Download.
    Falls für den Grundschulbereich noch Fragen sind, ich arbeite aktuell an der Uni schon seid einigen Jahren in einem Projekt zum Thema Informatik im Grundschulbereich.


    Das Schweizermaterial wurde ja zuvor schon verlinkt, da gibt es auch zu anderen Systemen schönes Material.

  • Eine nicht ganz aktuelle Übersicht über einige Systeme für den Grundschulbereich gibt es in einer Expertise der Stiftung Haus der kleinen Forscher kostenlos zum Download.

    Was würdest du denn noch ergänzen?


    Wie sinnvoll sind deiner Meinung nach PC-unabhängige Materialien wie MatataLab oder Cubetto?


    Wie ist deine Einschätzung, ob diese Inhalte in den normalen Unterricht Einzug finden werden oder eher im AG-Bereich verbleiben?

  • ...und mit welchen Zielen.

    DAS ist die entscheidende Frage.
    Und wenn die beantwortet ist, kann man drüber nachdenken in welchen Klassen das passiert und welches Medium (welcher Mikro-Computer konkret, welche Entwicklungsumgebung) am besten geeignet ist diese Ziele zu erreichen.
    Dann weiss man in welchen Räumen diese Klassen unterrichtet werden und wie diese Räume ausgestattet werden müssen. Und man weiss welche Lehrer diese Klassen unterrichten, woraus sich der Fortbildungsbedarf ergibt.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_)Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Was würdest du denn noch ergänzen?
    Wie sinnvoll sind deiner Meinung nach PC-unabhängige Materialien wie MatataLab oder Cubetto?


    Wie ist deine Einschätzung, ob diese Inhalte in den normalen Unterricht Einzug finden werden oder eher im AG-Bereich verbleiben?

    Ich würde mir nochmal ein Bild von der aktuellen Marktlage machen und einiges austesten. Auf dem Gebiet schießen gefühlt täglich neue Produkte auf de Markt. Grundsätzlich bietet das Dokument aber einen guten Überblick über zum Teil längst etablierte Produkte.
    MatataLab kenne ich ehrlich gesagt noch nicht so um es beurteilen zu können. Cubetto, finde ich an sich ein tolles Produkt, wird aber sicherlich für die komplette Grundschule irgendwann zu langweilig und dann ist der Anschaffungspreis zu hoch. Die Einstiegshürde für Lehrkräfte ist hier halt sehr gering, dass finde ich persönlich für die GS schon wichtig.


    Ich denke grundsätzlich gibt es gerade viele Initiativen auch der Länder, über die informatische Bildung langsam Einzug hält in die Schulen und auch der Sachunterricht versucht sich hier noch aufzustellen. Ich hoffe ehrlich gesagt, diese Aspekte finden Einzug in den normalen Unterricht, denn alle Kinder sollten langfristig mündige und teilhabende Bürger in einer digitalisierten Welt werden. Und eine AG ist immer nur eine Auswahl der SuS. Es wird in Zukunft wohl keinen Beruf mehr geben, in dem man völlig ohne Informatik Systeme auskommt und gerade in der Grundschule sind auch die Mädchen diesen Systemen noch total offen gegenüber.
    Ich glaube wir brauchen dazu jetzt kein zusätzliches Fach in der Grundschule, aber eben Elemente an unterschiedlichen Stellen für alle. Und da ist auch wichtig, dass es nicht nur um Programmieren geht, sondern darum ein erstes Grundverständnis zu entwickeln wie die Systeme funktionieren, und da ist Programmieren ein Teil.
    Und nach meiner Erfahrung, finden die Kinder das alles auch wirklich total spannend und machen mit Begeisterung mit.


    Mir ist aber auch klar, dass das ganze einen Rattenschwanz an Fort und Weiterbildung und auch Umdenken in der Lehrerausbildung nach sich zieht.

  • Dann weiss man in welchen Räumen diese Klassen unterrichtet werden und wie diese Räume ausgestattet werden müssen. Und man weiss welche Lehrer diese Klassen unterrichten, woraus sich der Fortbildungsbedarf ergibt.

    Das ist an einer Grundschule sehr übersichtlich.



    Mir ist aber auch klar, dass das ganze einen Rattenschwanz an Fort und Weiterbildung und auch Umdenken in der Lehrerausbildung nach sich zieht.

    ... vor allem, wenn es über Spielerei hinaus gehen soll und sinnvoll in den Unterricht eingebunden wird.


    Gleiches gilt m.E. für die Arbeit mit PCs, abgesehen von sinnvoller Übungssoftware.

  • Falls für den Grundschulbereich noch Fragen sind, ich arbeite aktuell an der Uni schon seid einigen Jahren in einem Projekt zum Thema Informatik im Grundschulbereich.


    (...)


    Ich glaube wir brauchen dazu jetzt kein zusätzliches Fach in der Grundschule, aber eben Elemente an unterschiedlichen Stellen für alle. Und da ist auch wichtig, dass es nicht nur um Programmieren geht, sondern darum ein erstes Grundverständnis zu entwickeln wie die Systeme funktionieren, und da ist Programmieren ein Teil.

    Danke für deine umfassenden Beiträge!


    Wir sind im selben Bundesland. Vielleicht hast du über deine Arbeit an der Uni Einblicke in die Praxis an einigen Grundschulen?


    Mich würde interessieren, wo Informatik/Programmieren in deiner Erfahrung überhaupt einen Platz an Grundschulen hat. Ich bin überrascht, dass es doch Einiges gibt, was man auch schon "flächendeckend" in 2. oder 3. Klassen einsetzen könnte und nicht nur bei "Überfliegern" aus der 4. Klasse. Aber wer macht das? Und wann? An meiner Schule ist es so, dass erstens die Klassenleitungen (diese unterrichten Deutsch, Mathe, Sachkunde) keine Kenntnisse* und auch kein größeres Interesse an diesem Bereich haben. Zweitens fehlt ihnen häufig Unterrichtszeit für die Grundlagen in Deutsch und Mathe, so dass andere Inhalte oft zu kurz kommen.


    Wie sieht das an anderen Grundschulen aus? Wie würde dein Team an der Uni gerne Elemente aus Informatik/Programmieren an der Grundschule implementieren, ohne ein eigenes Fach einzuführen?



    * über die Nutzung von Internet und Office-Paket hinaus

  • Hallo,
    ja ich hatte tatsächlich Einblicke in einige Grundschulen und noch viel mehr Gespräche mit Grundschullehrkräften.
    Unser erstes Material arbeitet völlig ohne Computer, dass war damals eine Vorgabe des MSB, damit es auch an Schulen mit ganz schlechter Ausstattung umsetzbar ist. In den dazugehörigen Dokumenten wird vieles erklärt. Die Lehrkräfte im Projekt hatten aber zusätzlich eine Schulung und ich glaube ganz ohne Schulungen/Fortbildungen geht es leider nicht.
    Darüber hinaus kenne ich ein paar Schulen, die z.B. durch Workshops mit Schulklassen bei uns, so motiviert worden sind, dass sie sich selbst auf den Weg gemacht haben. Material angeschafft, Förderungen gesucht, Weiterbildungen gesucht, Material und Tutorials gesucht, super viel Arbeit, aber alle machen es gerne.


    Einsatzort ist für mich in erster Linie tatsächlich der Sachunterricht, einiges geht auch in Mathe (Schriftliches Addieren ist z.B. ein Algorithmus), Programmieren in Scratch geht auch in Deutsch, wenn man sogenanntes Storytelling, also Geschichten erzählen damit umsetzt. Es gibt sogar Übungen die man im Sportunterricht machen kann, im Hinblick auf genaue Anweisungen/Befehle. Gerade weil in der GS soviel von einer Lehrkraft unterrichtet wird, gibt es da meiner Meinung nach wirklich tolle Fächerübergreifende Möglichkeiten und sicher auch einige Verknüpfungen mit den aktuellen Inhalten der Lehrpläne.
    Aber wir brauchen entsprechend verankerte Weiterbildungsmaßnahmen für die Lehrkräfte, damit das alles eben nicht nur eine tolle Spielerei ist, sondern die Kinder dabei wirklich Lernen wie z.B. ein Computer funktioniert, wie das Internet funktioniert, warum ein Roboter keine Gefühle haben kann, damit die Kinder auf ihre Art und Weise nachdenken können, ob ein Roboterhund besser ist als der echte Hund, oder es in Zukunft vielleicht Roboterlehrer geben sollte... Und nach meiner kleinen Erfahrung, diskutieren die Kinder da wirklich auf einem tollen Niveau, dass hätte ich persönlich so nie erwartet.
    Und nicht zuletzt müssen viele Lehrkräfte auch die Scheu davor verlieren. Und das geht nur, wenn man es selbst kennenlernt, selbst ausprobiert etc.


    Ich kann das Problem, dass gerade an Grundlagen in Deutsch und Mathe nicht gekürzt werden darf auch total verstehen. Ich denke, da braucht es wirklich kreative Wege, nur ob unsere Damen und Herren im MSB sich trauen diese zu denken oder gar zu gehen?

  • Ich kann das Problem, dass gerade an Grundlagen in Deutsch und Mathe nicht gekürzt werden darf auch total verstehen. Ich denke, da braucht es wirklich kreative Wege, nur ob unsere Damen und Herren im MSB sich trauen diese zu denken oder gar zu gehen?

    Es wird ein zentrales Problem bleiben.
    NRW hat schon vor Jahren gute Medienkonzept erarbeitet, an denen wir uns orientiert haben.
    Erstellt haben wir Bausteine für den Unterricht in Klasse 1/2 und 3/4, ein Teil verpflichtend, ein Teil als zusätzliche Möglichkeiten oder Angebote.


    Ich kann mich dafür begeistern, das geht nicht jeder Lehrkraft so.
    Viele Ansätze und Ideen wären umsetzbar, etliches fände ich inhaltlich sinnvoll, ... nur die Zeit reicht vorne und hinten nicht.
    Der Lehrkräftemangel verschärft die Situation zusätzlich, da man bestimmte Unterrichtsinhalte eben nicht an Vertretungskräfte abgegeben kann. Das begrenzt die Möglichkeiten zunehmend und nicht nur in diesem Bereich.
    Hinzu kommt, dass im Kollegium immer weniger Stammlehrkräfte sind, die sich die immensen anfallenden Aufgaben aufteilen müssen.


    Viele Lehrkräfte bräuchten zudem eine Richtschnur oder sinnvolle Konzepte auf dem Silbertablett.
    Da sind Hinweise über Möglichkeiten oder erprobte Konzepte in hoffentlich "normaler" Unterrichtskonstellation schon sehr hilfreich, dafür vielen Dank.


    Wie so häufig kommt nun wieder einmal die Erwartung auf, dass jede Schule Pionierarbeit leisten muss, sich selbst informiert, selbst die Möglichkeiten findet, selbst abwägt, selbst Medienkonzepte schreibt ... und/oder nachfolgend mit dem klarkommt, was der Schulträger für sinnvoll erachtet hat.
    Das ist mühsam ... und manchmal auch entmutigend, um so mehr, wenn man sich für die Sache nicht begeistern kann.

  • Ich beginne einen kleinen online-Kurs, Programming for Everybody (Getting Started with Python). Im ersten Video heißt es


    This course is dedicated to the notion that every single person on the planet needs to be able to write programs and can write programs.


    Im Grunde wäre das ja auch meine Rechtfertigung, wenn ich schon in der Grundschule erste Grundlagen vermitteln möchte. Und für mich selbst war und ist der hohe Stellenwert des Programmierens ein Grund, mich damit vertraut zu machen, obwohl es nicht zu meiner Ausbildung oder bisherigen Arbeit gehört.


    Ich frage mich aber schon länger: Stimmt die oben zitierte Aussage überhaupt?


    Ist es nicht vielmehr so: Heute haben mehr mittlere und große Unternehmen eigene Programmierer, Computerlinguisten etc., als es vor 20 Jahren der Fall war. Und in 20 Jahren werden es nochmal mehr sein. Und analog dazu: Kleine Unternehmen beauftragen heute öfter einen externen Anbieter zum Programmieren einer Webanwendung, zum Entwickeln eines Programms, als es vor 20 Jahren der Fall war. Und in 20 Jahren wird das noch öfter der Fall sein.


    Aber diese Arbeit machen Profis. Welche Aufgaben könnte denn jemand übernehmen, der seine Programmierkenntnisse aus 200 Stunden online-Kurs hat und der in seinem Berufsalltag einmal im Jahr bis einmal in der Woche einen Quellcode sieht?


    Was soll so jemand machen? Nach einer Ablaufänderung im Unternehmen in 1500 Zeilen Quellcode 15 Stellen finden und umschreiben, so dass das Programm wieder zum geänderten Ablauf passt? Bei Problemen fehlerhafte Stellen in diesem Quellcode finden? Mir kommt es so vor, als würde man sich was vormachen mit der Aussage, in Zukunft seien Programmierkenntnisse eine Schlüsselqualifikation für jedes Berufsbild. Selbst dann, wenn man sie z. B. auf die Berufe beschränkt, die ein Studium voraussetzen: Ein Arzt wird das online-Terminvergabesystem seiner Praxis selbst weder entwickeln noch bearbeiten. Er wird sich was kaufen oder einen Profi mit der Entwicklung beauftragen. Oder fehlt mir da die Phantasie?

  • @Meeresluft


    Weißt du denn von irgendwelchen Anlaufstellen, an die eine Grundschule in NRW sich wenden könnte, wenn sie Computer (und damit auch deren Nutzung, von den Grundlagen der Bedienung bis zum Programmieren, Erstellen von einfachen Webseiten etc.) in den Unterricht einführen möchte? Eben, um nicht selbst das Rad neu erfinden zu müssen?

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