Online-Studie zum Thema Leistungsbewertung

  • Das kann ich nicht nachvollziehen.


    Die Studie ist so angelegt, dass einem die Verzerrung quasi unterstellt wird.


    Der Hinweis auf Schüler mit türkischer Herkunft ist so deutlich, dass zudem erwartet werden muss, dass Lehrkräfte daraufhin anders bewerten, als sie es üblicherweise tun würden.
    Sie wehren sich gegen die Unterstellung ... und kreuzen bewusst anderes an.
    Sie arbeiten entsprechend der Vorlage ... und kreuzen bewusst negativ an.
    Am Ende weiß man gar nicht, ob ein Stereotyp vorhanden war und aktiviert wurde oder ob die Studie zu unnormalem Verhalten verleitet hat.


    Quasi eine Umfrage zu dem Thema: "Finden Sie nicht auch, das vor allem türkischstämmige Jugendliche ausgesprochen schlechte Leistungen erbringen, schlechtes Arbeitsverhalten zeigen und sich nicht an die Regeln in der Schule halten?"



    Natürlich soll variiert werden, welche Herkunft der Schüler zu haben scheint, den man bewertet. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass ein Stereotyp, sofern vorhanden, aktiviert wird, wenn man glaubt, einen Schüler entsprechender Herkunft zu bewerten und dass dieses Stereotyp eine Verzerrung mit sich bringt. Wenn das also der Fall ist, könnte man einen Mittelwertsunterschied zwischen den Bedingungen feststellen (den man dann natürlich noch auf Signifikanz testet). Um also überhaupt eine mögliche Verzerrung untersuchen zu können, muss natürlich in den jeweiligen Versuchsbedingungen der Eindruck entstehen, man bewerte einen Schüler mit entsprechender Herkunft (dass das dann tatsächlich bei Ihnen nicht der Fall war...Sie müssen es jetzt nicht nochmal erwähnen). Aber nur, weil der Eindruck der Herkunft manipuliert wird, wird damit doch nicht "erzwungen", dass es zu einer Verzerrung kommt, wenn der (möglicherweise) vorhandene Stereotyp nicht auch tatsächlich eine Verzerrung bewirkt.

    Dazu müsste man doch aber den Lehrkräften Aufgaben samt Beurteilungskriterien geben, die sie dann darüber bewerten.
    Ohne Bewertungskriterien ist das allein schon am Alltag vorbei. Die Ergebnisse werden dabei dadurch verzerrt, dass jede Lehrkraft aus der eigenen Situation heraus einen Maßstab ansetzen muss.
    Auch daraus lässt sich eine schöne Forschungsfrage entwickeln, die aber gar nicht zum Thema gehört, dennoch die Ergebnisse beeinflusst.


    Eine Gruppe könnte die Aufgaben _OHNE_ Namen erhalten und einschätzen,
    eine andere Gruppe mit ausgewählten Namen, über die der Hinweis auf Stereotype gegeben würde.
    Am Ende könnte man die Entscheidung beider Gruppen vergleichen und daran erkennen, ob eine Gruppe insgesamt anders bewertet hat als die andere.


    Wenn das Ergebnis dann aussagekräftig und deutlich wäre, könnte man daran sehen, dass NAMEN Stereotype bedienen bzw. aktivieren, die in der Bewertung TROTZ Kriterien zu Verzerrungen führen,
    nicht aber, dass Lehrkräfte Schüler türkischer Herkunft generell schlechter bewerten.

  • Es ist wirklich schade, nein eigentlich unseriös, Dich derartig ins Messer rennen zu lassen. Du sollst im Studium lernen, wie man's richtig macht. Dazu gehört natürlich auch, dass man sich damit beschäftigt, wie man's falsch macht, aber das muss ja nun wahrlich nicht während Deiner Bachelorarbeit geschehen.

    Vielleicht ist es möglich, die Zielrichtung der Arbeit zu verändern in Richtung:
    Studien ...
    ... und was bei ihnen schief läuft
    ... warum die Ergebnisse so kritisch gesehen werden
    ... warum man bei veröffentlichten Ergebnissen die Erhebungsart in die Bewertung eingebunden sein sollte.


    DAS hätte dein Prof aber wissen müssen und vorab erklären sollen.
    Und da das häufig nicht passiert, finde ich Studien im Bachelor-Studiengang falsch, sofern sie nicht intensiv begleitet werden
    und wiederhole


    Liebe Profs an der Uni: Bitte nehmt das zwanghafte Erheben von Daten per Studie aus den verpflichtenden Leistungen und setzt dies erst ein, wenn Studierende die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigekeiten durch eure Lehre erfolgreich erwerben konnten!

    Lehramt kann eben nicht jeder, Studien sauber erheben auch nicht,
    aber sauber erhobene Studien über das Lehramt scheinen besonders schwierig zu sein.


    Gleichwohl werden gerade diese Ergebnisse gerne in den Medien aufgenommen und quer durch alle Medien verrissen.
    Das hattest du, @nico_97, sicher nicht im Sinn und dein Prof hoffentlich auch nicht.


    Mich nerven die Unterstellungen, die daraus resultieren, zunehmend.
    Wie sauber und gewissenhaft Lehrkräfte auch immer bemüht sind zu arbeiten, der nächste hat wieder irgendeinen Artikel über irgendeine Umfrage gelesen und unterstellt per se, dass Lehrer doof sind, Kinder benachteiligen, die falschen Methoden wählen, die falschen Empfehlungen geben.


    Natürlich ist es sinnvoll, in diesen Bereichen zu forschen.
    Aber ebenso, wie von Lehrkräften erwartet wird, dass sie unfehlbar handeln, kann dies auch von Professoren erwartet werden: Wenn schon wissenschaftliche Studien, dann bitte sauber!


    Das Ende vom Lied ist ansonsten die Abkehr von der Wissenschaft.
    DAS kann auch keiner wollen.

  • Wisst ihr, ich glaube, es besteht Einigkeit darin, dass der erste Teil der Umfrage ungeschickt bis unnötig war. Da hätte ich jetzt nicht gefragt, wer da eventuell bewusst verzerrte Ergebnisse eingegeben hat, da könnte man eher fragen, wer das NICHT getan hat. So sensibilisiert bezüglich der angenommenen Benachteiligung bestimmter Namensträger sind wir doch wirklich alle.


    Interessanter finde ich den zweiten Teil der Studie, in welchem es um die Verarbeitungsgeschwindigkeit von Stereotypen ging. Ehrlich gesagt hatte ich sogar die ganze Zeit gedacht, der erste Teil hätte nur dazu gedient, die Teilnehmer auf eine bestimmte Spur einzuschießen, um dann anhand der Verarbeitungsgeschwindigkeit andere lustige Dinge festzustellen.


  • Interessanter finde ich den zweiten Teil der Studie, in welchem es um die Verarbeitungsgeschwindigkeit von Stereotypen ging. Ehrlich gesagt hatte ich sogar die ganze Zeit gedacht, der erste Teil hätte nur dazu gedient, die Teilnehmer auf eine bestimmte Spur einzuschießen, um dann anhand der Verarbeitungsgeschwindigkeit andere lustige Dinge festzustellen.

    Ja, kann sein. Und: Diese Teile (ich habe ebenfalls schon mehrere Studien mit ähnlichen Aufgaben gemacht) gehen immer vom Klischee aus. Die Klischeekopplung findet zuerst statt. Schwierig finde ich anschließend immer das Umlernen der Tasten und frage mich jedes Mal, ob es wirklich so aussagekräftig ist.
    Ich hätte mal Interesse an den Ergebnissen, wenn man die NIchtklischeekopplung zuerst lernt (also Türkisch+leistungsstark zuerst koppeln) und dann in die Klischeekopplung umlernen muss.

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • Auch, dass am Ende gefragt wurde, welchen Zweck man hinter dieser Umfrage vermutet, fand ich interessant und ist mir noch nicht so häufig begegnet. Ausnahmsweise bin ich wirklich mal neugierig auf Ergebnisse.
    Ansonsten habe ich nämlich auch viel zu oft den Eindruck, dass "irgendso´ne Umfrage" mittlerweile Standard für Bachelorarbeiten ist und finde sie nur allzu oft unsinnig.

  • studierendenarbeit von mensch im grundstudium. ist ja eigentlich erwartbar, dass da bei den allermeisten eher quark mit soße rauskommt, war ja früher auch nicht anders, aber da hat es halt eine simple zwischenprüfung mit klausur und gut getan, anstatt auf teufel komm raus eine weitere größere arbeit zu fordern, obwohl die allermeisten studierenden zu diesem zeitpunkt damit heilos überfordert sind.


    da möchte ich auch der/dem dozierenden keinen vorwurf machen, oft verstehen studierende schlicht noch nicht so wirklich, was sie da eigentlich tun und was ihnen an hinweisen mitgegeben wird. zumal sechstes semester... früher war im oberseminar kaum wer vor dem zwölften semester dabei.


    nico, wenn ich du wäre, würde ich eine arbeit über deine arbeit schreiben, also nicht die studie als arbeit abgeben, sondern die methodischen realweltlichen schwierigkeiten bei der erhebung zum gegenstand machen und entsprechend reflektieren und zu erklären versuchen. siehe die zahlreichen hinweise hier im thread dazu.

  • nico, wenn ich du wäre, würde ich eine arbeit über deine arbeit schreiben, also nicht die studie als arbeit abgeben, sondern die methodischen realweltlichen schwierigkeiten bei der erhebung zum gegenstand machen und entsprechend reflektieren und zu erklären versuchen. siehe die zahlreichen hinweise hier im thread dazu.

    Das wäre es doch mal!
    Da könnte dann glatt der lesende Professor auch noch etwas lernen!

  • Ich habe hier gerade nochmal ein bisschen gelesen und wollte das nicht unbeantwortet lassen.

    Ich hätte mal Interesse an den Ergebnissen, wenn man die NIchtklischeekopplung zuerst lernt (also Türkisch+leistungsstark zuerst koppeln) und dann in die Klischeekopplung umlernen muss.

    Hierzu eine kurze Info unter diesem Link: https://implicit.harvard.edu/i…ackground/faqs.html#faq01


    In meiner Studie wurden auch beide Versionen verwendet. Es gab tatsächlich einen kleinen, aber nicht signifikanten Mittelwertsunterschied ( d= .29 und d= .34). Die Werte könnte man als leichte Präferenz für deutschstämmige im Vergleich zu türkischstämmigen Personen interpretieren (vorausgesetzt, man ist davon überzeugt, dass sich in den Ergebnissen des Tests Assoziationen widerspiegeln, die dieser Präferenz zugrunde liegen).

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