Ramadan und Sport

  • Hi in die Runde!


    Wie wird bei Euch mit dem Thema Ramadan in Sportunterricht umgegangen? Wir haben jetzt wieder SuS, die Sport nicht mitmachen können, da sie fasten. Wie geht ihr damit um? Gibt es eine einheitliche Regelung und wer legt sie fest?
    Ich höre an den unterschiedlichen Schulen von den Kollegen unterschiedliche Vorgehensweisen. An einer entscheidet anscheinend jeder Sportkollege selbst, an einer anderen die FK, an der dritten die SL. Gibt es in euren BL Vorgaben, eventuell sogar von höherer Stelle?
    Ich denke, das ist eigentlich eine Sache, bei der es zumindest von der SL, besser noch von höheren Stellen Vorgaben geben müsste, oder? Es kann doch nicht sein, dass solche Dinge auf die untersten Ebenen abgewälzt und die Diskussionen ständig mit Eltern geführt werden müssen.
    Ich freue mich auf Antworten!

    • Offizieller Beitrag

    Da im Koran steht, dass das Fasten kein Grund ist, den ganzen Tag ruhig zu sein und zu schlafen (umgekehrt: man DARF es NICHT!), sollte selbstverständlich am Sportunterricht teilgenommen werden. Dass man da keine Höchstleistung einbringen kann, ist aber auch logisch. Auf der Bank sitzen und Beobachtungsaufgaben erledigen (oder gar: gar nichts tun) ist aber nicht im Sinne des Fastens.

  • Hallo, nutz auch mal die Suchfunktion, das wurde hier schon ein paar Mal diskutiert.


    Bei uns machen die Schüler (gemäßigt) mit und trinken eben nicht. Dass das nicht die Laune und Leistungsfähigkeit hebt ist klar, aber letztlich jedermanns eigene Entscheidung.


    Wird denn eigentlich in "überwiegend islamischen" Ländern im Ramadan kein Sport gemacht?

    • Offizieller Beitrag

    eben doch.
    Ich war letztes Schuljahr genau während Ramadan an unserer Partnerschule mit ca. 70-80% muslimischen Schülerinnen. Sie haben selbstverständlich weiterhin Sport gemacht. Selbstverständlich keine Sprints in der prallen Sonne.
    Da die Schule keine Sporthalle hat und es dort ständig Sonne ist, war das auch weiterhin draußen. da kann man auch weiterhin Dreisprung und Ballsport gemäßig machen.

  • Da im Koran steht, dass das Fasten kein Grund ist, den ganzen Tag ruhig zu sein und zu schlafen

    Okay, das ist interessant... etwas OT, aber: hast du selbst schonmal im Koran gelesen?


    Edit, jetzt haben sich unsere Beiträge wieder überschnitten ^^


    @Crestos, ich wüsste keine rechtliche Grundlage, auf der überhaupt jemand dazu eine Entscheidung treffen sollte :weissnicht:

    • Offizieller Beitrag

    nein.
    Aber: dieser Passus / Lesart wurde mir damals von meinem muslimischen Ref erzählt, als ich ihn im Hochsommer fragte, ob er auch die ganze Nacht an der Examensarbeit schreibe und tagsüber schlafe, da es eh Ramadan ist, er antwortete mir, dass er das gerne tun würde, weil er wie ich ein Nachtschreiber, es sei aber im Islam "Schummeln", wenn man wegen des Ramadans seine Lebensart und Tagesablauf ändere.
    An meiner jetzigen Schule mit ca. 50% muslimischen SchülerInnen habe ich diesen "Passus" schon mehrmals eingebracht, wenn einige pfiffigen SuS zu Beginn der Stunde "keine Kraft haben zur Begrüßung zu stehen", oder "beim Spendenlauf keine Runden gehen wollen", oder "keine Hausaufgaben machen, weil ..." DANN schauen die Kids aber doof und betreten und schwuptiwups sind sie plötzlich wieder still und machen doch alles mit ;)

  • Grundlegend sollen ja auch nur diejenigen fasten, die ab dem Erreichen der Pubertät gesundheitlich dazu imstande sind. Wer vom Sportunterricht erschöpft ist, ist an dem Tag eben unter Umständen gesundheitlich nicht imstande zu fasten und müsste dann gemäß Koran diese Tage nachfasten nach dem Ramadan.


    Ich finde einen verständnisvollen Umgang mit fastenden SuS sehr wichtig, aber es ist eben nicht möglich den Unterricht während des Ramadans quasi ruhen zu lassen, weil Sportunterricht, Klassenarbeiten, Prüfungen und Co.zu belastend für fastende SuS sein könnten. Genau dafür gibt es entsprechende Regeln zum Nachfasten im Islam, die zu nutzen hoffentlich viele Eltern ihre Kinder ermutigen. (Ob diese es dann auch machen ist dann etwas anderes. In meinem Freundeskreis hatte vor drei Jahren ein Mädchen mündliches Abi direkt nach dem Ramadan, die Vorbereitung lief also während des Ramadans. Ihre Mutter meinte, sie solle weil es so heiß sei, tagsüber trinken während sie lerne und dann nach dem Abi nachfasten, wenn sie eh Zeit habe. Sie wollte nicht und zog das so auch durch, auch wenn ihr klar war, dass es im Hinblick aufs Abi vermutlich nicht das Weiseste ist.)

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Danke für die vielen interessanten Antworten. Das hilft mir sher weiter!
    Mich interessiert auch, ob und von wem Regeln "von oben" festgelegt sind, sprich: wer legt fest, setzt durch, insbesondere, wenn Eltern kommen und darauf bestehen, ihr Kind dürfe wegen Religionsfreiheit und ihrer Anschauung nicht teilnehmen: Setzt ihr Euch mit den Eltern auseinander (da sind einige Eltern wohl schon sehr auf ihre Religionsfreiheit bedacht) oder geht das über die SL?

  • ...wer legt fest, setzt durch, insbesondere, wenn Eltern kommen und darauf bestehen, ihr kind dürfen wegen Religionsfreiheit und ihrer Anschauung nicht teilnehmen...

    ach darum geht's, nein, das Problem hatten wir bisher nicht. Eltern mit nicht klärbaren Sonderwünschen schicke ich aber generell zum Schulleiter.


    Aber wie gesagt, auf welcher gesetzlichen Grundlage sollte diese Frage geregelt sein, es gibt keinen Fasten-Passus in den Schulgesetzen. Und offenbar nicht mal im Koran den Hinweis, dass ein Fastender keinen Sport machen dürfe.


    Auf was berufen sich denn die Eltern? "Religionsfreiheit" kanns nicht sein, denn die spricht ihnen niemand ab.

  • Oder eher: Was wollen die Eltern denn- Freistellung vom Sportunterricht während des Ramadans?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Grundsätzlich sollen natürlich alle Schüler beim Sport mitmachen. Wenn etwas ansteht, wo die Schüler dann besondere Leistungen bringen müssen, kann der Tag auch ausgesetzt und nachgeholt werden. Das gleiche gilt für Krankheit und Periode.

  • Ich höre an den unterschiedlichen Schulen von den Kollegen unterschiedliche Vorgehensweisen. An einer entscheidet anscheinend jeder Sportkollege selbst, an einer anderen die FK, an der dritten die SL. ... Es kann doch nicht sein, dass solche Dinge auf die untersten Ebenen abgewälzt und die Diskussionen ständig mit Eltern geführt werden müssen.

    Passt doch hierzu:
    „Wir stehen vor einem fundamentalen Wandel. Unsere Gesellschaft wird weiter vielfältiger werden, das wird auch anstrengend, mitunter schmerzhaft sein.“ Das Zusammenleben müsse täglich neu ausgehandelt werden. Eine Einwanderungsgesellschaft zu sein heiße, „dass sich nicht nur die Menschen, die zu uns kommen, integrieren müssen“.
    Aydan Özoguz (SPD) 2015

  • Worauf "Eltern bestehen wollen"...
    das lernen die ganz schnell - Eltern die "was wollen"... Genauso wie beim Burkiniquatsch.


    MWn gilt das Gebot zu fasten im Ramadan nur für die, die das gesundheitlich auch verkraften - kranke, alte, schwangere usw sind ausgenommen, mal abgesehen davon, dass niemand dazu gezwungen ist.
    Wir sind in einem freien Land, also besteht da kein "religiöser Zwang". Sollte das jemand anders erfahren kann er oder sie sich da von uniformierten Leuten helfen lassen, denn wer meint, hier jemanden zwingen zu können, macht sich strafbar.


    Was Sport angeht... ich erteile ganz regulären Sportunterricht. Ja, ich habe auch muslimische Schülerinnen. Sollten die wegen Ramadan und damit verbundenem unvernünftigen Fasten zusammenklappen, kommt eben der Rettungswagen, und möglicherweise eine Meldung wegen Kindeswohlgefährdung ans Amt.
    Ich rate meinen Schülerinnen generell zu einer ausgewogenen Ernährung. Sinnfreies Fasten gehört da nicht dazu.
    Fasten an sich kann Sinn machen, aber dann unter Aufsicht, geplant und eben dann, wenn der Körper das vielleicht mal braucht, und nicht weil das irgendeinem ominösen Kalender gerade einfällt.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Persönlich und auf mich bezogen sehe ich das wie du Miss Jones, das ändert aber nichts daran, dass eben viele unsere SuS damit aufwachsen, dass Fasten eine Säule ihrer Religion und ihres Glaubens ist und es gerade bei Kindern oft besonders gelobt und belohnt wird, wenn diese einen ersten Fastentag schaffen. Damit lernen die Kinder von klein auf, dass das Fasten etwas Besonderes und Gutes ist und sie sich darüber positive Aufmerksamkeit ihrer direkten Bezugspersonen sichern können. Im Vergleich dazu ist es herzlich irrelevant, wie einzelne Lehrer das finden. Unverständnis verstärkt aber das Gefühl so wie man ist keinen Platz in der deutschen Mehrheitsgesellschaft zu haben.
    Wer fasten möchte fastet eben. Sportunterricht oder Prüfungen sind legitime Gründe ggf.an dem jeweiligen Tag nicht zu fasten und dafür nachzufasten.


    Halb off-topic, dennoch kann ich bei dem Thema eigentlich nur jedem ans Herz legen im Ramadan an einem öffentlichen Fastenbrechen (die gibt es eigentlich in allen größeren Orten deutschlandweit, sei es im Freien, in einer Moschee oder auch an einem städtischen Platz) teilzunehmen. Das ist eine sehr schöne Erfahrung bei der man sehr interessante Gespräche führen kann. Ich empfinde das jedes Jahr als sehr bereichernd und freue mich immer, weil es die eine Gelegenheit im Jahr ist viele muslimische Frauen und Familien die ich im Rahmen meiner früheren Arbeit kennenlernen durfte an einem Ort wiederzutreffen und mich mit ihnen auszutauschen. Wenn ihr von Nachbarn zum gemeinsamen Fastenbrechen eingeladen werdet: Gebt euch einen Ruck und nehmt daran teil. Es ist eine schöne Gelegenheit ins Gespräch zu kommen und ein sehr einfacher Weg Integration zu leben, indem man Anteil nimmt an dem, was für die Mitmenschen eine so zentrale Bedeutung hat. Pure Datteln- frisch oder getrocknet- sind übrigens ein spitzenmäßiges Gastgeschenk im Ramadan (falls ihr eingeladen werden solltet und euch fragt, was ihr mitbringen könntet). ;)

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • ... Im Vergleich dazu ist es herzlich irrelevant, wie einzelne Lehrer das finden. Unverständnis verstärkt aber das Gefühl so wie man ist keinen Platz in der deutschen Mehrheitsgesellschaft zu haben...

    Es geht doch hier gar nicht um Verständnis, sondern um rechtliche Fragen. Dürfen/müssen/sollen Schüler... und wer entscheidet?


    Ich finde das Fasten interessant und wenn ich zum Essen eingeladen werde, sage ich nie nein :D Zumal Mütter anderer Nationen (ich erwähnte es bereits) oft ganz hervorragend kochen, ich könnte da wenig an Mitbringsel bieten- öhm, Tomaten-Basilikum-Mozzarella? Sauerkraut?)


    Religion sollte aber m.E., wie oft diskutiert, Privatsache bleiben. Ich kann also aus persönlichem Interesse durchaus nachfragen warum und wie und wie gehts dir damit und trotzdem ohne "Mitleid" verlangen, dass das Leben in der Schule weitergeht, auch wenn einer die Entscheidung für sich trifft, nichts trinken zu wollen.


    "Rücksichtslosigkeit" ist das eine Extrem "Einmischung" ein anderes. Ich glaube, ich würde nicht erwarten, dass meine Kinder eine Sonderbehandlung für irgendwas erhalten, wenn ich im Oman leben würde. Vor allem würde ich nichts "verlangen"! Fragen kann man immer.

    2 Mal editiert, zuletzt von Krabappel ()

  • Bei uns gibt's zu Beginn des Ramadan ein Schreiben an die Eltern indem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, das Leistungsabfall während des Fasten von uns genau als solches, nämlich Leistungsabfall in einem gewissen Zeitraum, wahrgenommen/bewertet wird und sich in der Zeugnisnote entsprechend wiederspiegeln wird. Es obliegt dem Familien und Schülern zu entscheiden, wie sie damit umgehen.


    Bei uns findet dann aber auch ein Fastenbrechen in der Schule statt, zu dem alle eingeladen sind, was ich wiederum sehr schön finde.

  • Wir haben 90 Prozent Schüler mit Migrationshintergrund. Es ist eine der wenigen Gelegenheiten, bei der Eltern in die Schule kommen. Es ist fester Bestandteil unserer Elternarbeit. Wir sind froh, wenn sie Mal kommen und man ins Gespräch kommen kann!!!
    Hast du ein Problem mit Religion? Hostien-Brunch finde ich ziemlich daneben...

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