Lehrerarbeitszeit - jetzt wird es vielleicht spannend

  • Bis auf die armen Profis natürlich, die sich einbilden, dass sie für Geld arbeiten und deswegen auch gerne festgehalten sehen möchten, wo sie wieviel und in welchem Umfang tätig sind. Damit Unrechtmäßigkeiten nämlich dokumentiert und ggf. vor Gericht beklagt werden können.


    Aber die brennen ja auch nicht, wenn sie in leuchtende Kinderaugen blicken. Überhaupt, Profis. Nur ein durch und durch unprofessioneller Lehrer ist ein guter Lehrer und hat Visionen!

    Können wir uns - zumindest für Ba-Wü - darauf einigen, dass die 20.000, die zusätzlich zur normalen Tätigkeit auch die Arbeitszeitdokumentation leisten wollen, das repräsentativ für de restlichen 100.000 erledigen - und das nicht zur Pflichtaufgabe wird? Zumal es immer noch unklar ist, von wem diese Dokumentation ignoriert und in die Tonne getreten wird?


    Es gibt nur einzige Maßnahme, die den Dienstherrn beeindrucken könnte und vielleicht zur Arbeitszeitverkürzung beitragen kann: Dienst nach Vorschrift.Klassenfahrten finden nicht statt, Schulfeste werden in der Lehrerkonferenz und Schulkonferenz als ungebührliche Mehrarbeit abgelehnt, Elternsprechtage und Elterngespräche auf das gesetzlich vorgegebene Mindestmaß beschränkt.


    Zettelchen und Strichlisten führen ist nicht professionell. Wie Arbeitnehmerrechte durchgesetzt werden, sieht man bei Gewerkschaften, die genügend Mitglieder hinter sich wissen und dadurch zur ernst zu nehmenden Verhandlungspartei werden.


    Der öffentlichen Meinung muss ich meine Arbeitszeitbelastung nicht darlegen. Die kapieren das nicht und das Narrativ vom faulen Lehrer ist so verfestigt, dass man das nur dadurch beseitigen kann, indem man es ignoriert und gar nicht mehr medial hochkochen lässt. Wenn man über das Stöckchen springt, wird man zum dressierten Hündchen und wird so wahrgenommen.

    Das Diskutieren von Tatsachen ist eine "wunder"bare Sache.

  • dass die 20.000, die zusätzlich zur normalen Tätigkeit auch die Arbeitszeitdokumentation leisten wollen, das repräsentativ für de restlichen 100.000 erledigen

    Wie genau kommst du auf diese Zahlen? Oder hast du die nur eben aus dem Hut gezaubert, um deiner ganz persönlichen Meinung den Anschein einer Mehrheitsmeinung zu geben?

  • Das wesentliche ist anscheinend vorbeigerauscht, weil es so spannend war, Phantasiewelten über die angebliche Undokumentierbarkeit von Lehrerarbeit zu kreieren. Ich wiederhole es aber gerne noch mal:

    Zitat von Meerschwein Nele

    auch gerne festgehalten sehen möchten, wo sie wieviel und in welchem Umfang tätig sind. Damit Unrechtmäßigkeiten nämlich dokumentiert und ggf. vor Gericht beklagt werden können.

    In NRW muss übrigens die Kostenerstattung für Klassenfahrten an Lehrer aus genau diesem Grund bezahlt werden - weil es ein Kollege eingeklagt hat. Nicht, weil eine Gewerkschaft mächtig war. Und klagen kann man nur, wenn man Daten, Zahlen, Fakten in der Hand hat, d.h. vernünftig dokumentierte Werte. Das ist ja der Grund, warum der EuGH die Dokumentation von Arbeitszeit verlangt und Pauschalmodelle verwirft.


    Aber was weiß der EuGH schon davon, wie rechtliche Auseinandersetzungen funktionieren...


    Zitat

    Zettelchen und Strichlisten führen ist nicht professionell.

    Stimmt. Deswegen werden professionelle Verfahren und Systeme zur Arbeitszeiterfassung ja auch von Leuten entwickelt, die etwas von der Sache verstehen und nicht von Lehrern, die das ganze sowieso nicht wollen und sich auch nicht mehr vorstellen können als "Zettelchen und Strichlisten".

  • @'Meerschwein Nele


    Im Weiterbildungskolleg der Erwachsenenbildung mag ja Vieles anders ablaufen. Wie lange hast du an Grund- Haupt und Realschulen oder öffentlichen Gymnasien unterrichtet?
    Wie viel Erfahrung hast du eigentlich mit den Arbeitsabläufen in diesen Schularten, dass du so dezidiert feststellen kannst, dass hier die Zeiterfassung problemlos und juristisch haltbar möglich ist?

    Das Diskutieren von Tatsachen ist eine "wunder"bare Sache.

  • dass du so dezidiert feststellen kannst, dass hier die Zeiterfassung problemlos und juristisch haltbar möglich ist?

    Eine Erfassung der Arbeitszeit wurde in Nds.
    - zunächst als Pilotstudie an der Tellkampfschule Hannover
    - anschließend für eine Studie von Ostern 2015 bis Ostern 2016 durchgeführt, ausgewertet und auch als gerichtsfest anerkannt.
    https://kooperationsstelle.uni…ojekte/arbeitszeitstudie/


    Zudem gibt es eine Expertise zu Zeiterfassungsstudien im schulischen Bereich
    https://kooperationsstelle.uni…gsstudien-in-deutschland/

  • Man sieht an diesem Thread wieder sehr schön, warum es die Dienstherren so einfach haben, die Arbeitsbelastung immer weiter zu steigern, indem sie uns immer mehr Zusatzaufgaben zuweisen:


    - Ansätze zu einer objektiveren Erfassung der Arbeitszeit werden von einem Teil der Lehrerschaft gefordert, da für die "Professionalisierung" des Lehrerberufs unabdingbar, während ein anderer Teil dadurch seine Autonomie gefährdet sieht oder argumentiert, dass eine Arbeitszeiterfassung kontraproduktiv sei, da sie den Arbeitsaufwand noch mehr steigere


    - Genauso beim Arbeitsplatz in der Schule: Die einen wollen Präsenzzeiten, da man nur so sieht, was Lehrkräfte wirklich arbeiten, und da sie keine Lust darauf haben, sich ihr Arbeitszimmer zu einem großen Teil trotz steuerlicher Entlastung selbst zu finanzieren, während der andere Teil betont, gerade wegen dieser Freiheit, zu Hause arbeiten zu können, Lehrer geworden ist.


    - Maßnahmen wie "Dienst nach Vorschrift" werden von den einen gefordert, während die anderen jede Maßnahme, die auch nur irgendwie "auf Kosten der Kinder" gehen könnte, rigoros abgelehnt wird.


    - Dazu kommt natürlich noch eine dysfunktionale GEWerkschaft als größte Interessenvertretung, die ihre Hauptaufgabe in gesellschafts- und bildungspolitischer Veränderung sieht und weniger in der Interessenvertretung ihrer Mitglieder. Diese Aussage mag aber nicht für jede "Basisarbeit" vor Ort an den Schulen gelten, wo es vereinzeilt sicherlich noch Kollegen und Kolleginnen gibt, die noch wissen, was eine Gewerkschaft eigentlich für Aufgaben hat.


    Aufgrund dieser Zustände bleibt alles wie es ist, die Strategie "divide et impera" scheint hier mustergültig zu funktionieren. Nur individuelle Klagen (Reisekostenersattung) oder die EU scheinen noch Bewegung in dieses festgefahrene System zu bringen.


    Persönlich habe ich die Hoffnung auf Veränderung durch kollektive Prozesse ausgehend von der Basis schon aufgegeben. Jeder ist sich offensichtlich selbst der Nächste und unter Lehrern gilt dies erst Recht.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    Einmal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • @'Meerschwein Nele


    Im Weiterbildungskolleg der Erwachsenenbildung mag ja Vieles anders ablaufen. Wie lange hast du an Grund- Haupt und Realschulen oder öffentlichen Gymnasien unterrichtet?
    Wie viel Erfahrung hast du eigentlich mit den Arbeitsabläufen in diesen Schularten, dass du so dezidiert feststellen kannst, dass hier die Zeiterfassung problemlos und juristisch haltbar möglich ist?

    Genau so viel wie du mit deiner Meinung, dass das unmöglich ist. Gute Güte, komm mal ein bisschen runter. Wenn du dich jetzt schon an der Schulform aufhängen musst, ist da ja anscheinend wirklich nichts mehr übrig. Nur zur Info, ich bin ganz normal grundständig ausgebildeter Lehrer in einer allgemeinbildenden Schule, die auch nicht anders funktioniert als andere allgemeinbildende Schulen.


    Das ist bei dir ja mittlerweile nur noch ein "Hammwer noch nie so gemacht, hammwer schon immer so gemacht, könnt ja jeder kommen und außerdem gibt's da kein Formular für." Finde ich albern. Und unprofessionell. :/

  • Aufgrund dieser Zustände bleibt alles wie es ist, die Strategie "divide et impera" scheint hier mustergültig zu funktionieren. Nur individuelle Klagen (Reisekostenersattung) oder die EU scheinen noch Bewegung in dieses festgefahrene System zu bringen.


    Persönlich habe ich die Hoffnung auf Veränderung durch kollektive Prozesse ausgehend von der Basis schon aufgegeben. Jeder ist sich offensichtlich selbst der Nächste und unter Lehrern gilt dies erst Recht.


    Gruß !

    Hier muss ich dir leider teilweise widersprechen. Richtig ist, dass die Impulse für Veränderungen eher von einzelnen Lehrkräften ausgehen, die sich aber durchaus mit Erfolg an die GEWerkschaft und den PHVN wenden. Hier in NDS arbeiten die Verbände recht intensiv an einer Verbesserung und z.T. auch intensiv zusammen. Die Rechtsabteilungen der GEWerkschaft und des PHVN nehmen sich sehr engagiert dieser Problematik an, da wir ja alle Stadien, wie bereits beschrieben, durchlaufen haben, Verfahren vor dem OVG mit heftigster "Klatsche" für das KUMI, Arbeitszeitstudie, Evaluation der Arbeitszeit durch die Behörde in Form einer sog. "Arbeitszeitkomission". Eigentlich ist die Sache "ausgeschrieben" und auch jedem klar. Das Schwierige an der Sachlage ist, dass keiner die Konsequenzen eines Urteils tragen will. Hierzu ist auch interessant, was laut PHVN-Zeitschrift der Richter in einem Verfahren gesagt haben soll, dass er nämlich wisse, dass beide Seiten in Revision gehen wollen und er deshalb auch -hier meinen Interpretation- kein so folgenreiches Urteil fällen möchte. Es geht um eine andere Sichtweise von Arbeit- und Arbeitsstruktur, die sich aber über Jahrzehnte erst hat, besonders in der Rechtssprechung des EuGH, herausbilden müssen. Diese ist nun auch in Deutschland nicht mehr zu leugnen, nur keiner will die Verantwortung übernehmen. Auch in den Verbänden weiß man sehr genau, wie ich vermute, dass nur eines hilft, - und in dem Punkt bin ich sehr bei dir! - klagen in "Musterklagen" durch einzelne, mutige Kolleginnen und Kollegen, die sich nicht einschüchtern lassen. Dass das Urteil des EuGH jetzt gefällt wurde, da mehrere Verfahren in Nds anhängig sind, ist ein glücklicher, aber auch "logischer" Zufall, der den Verfahren noch den notwendigen "Schub" verleihen könnte. Mal sehen was kommt, mal sehen, ob die Richter dem EuGH im Urteil vom 14.05.19 folgen.

  • Genau so viel wie du mit deiner Meinung, dass das unmöglich ist. Gute Güte, komm mal ein bisschen runter.

    Momentan bist du ziemlich weit oben ;-)
    Ich sage nur, dass ich es als unsinnig empfinde, alle Kollegen zur Zeiterfassung zu verdonnern (die zudem je nach Schulart gravierende "Definitionsprobleme" darüber aufwirft, was als Arbeitszeit gerechnet wird und was dem privaten Grübeln zugeordnet werden muss), und es zudem bereits genügend Arbeitszeitstudien gibt, die das Ergebnis dieser Dokumentation bereits enthalten. Genauso wie Musterklagen, die jedoch niemanden interessieren, der die Deputate festlegt.
    Du darfst deine Arbeitszeit gerne dokumentieren und an die Litfasssäulen der Republik nageln. Ändern wird DAS nichts. Falls du anderer Meinung bist: Good luck!


    Nachdem das Ganze nun die sachliche Ebene verlassen hat, die Argumente breit ausgetreten sind und es persönlich wird, ist für mich hier EOD.
    Viel Freude bei der Strichliste.

    Das Diskutieren von Tatsachen ist eine "wunder"bare Sache.

  • Ich sage nur, dass ich es als unsinnig empfinde, alle Kollegen zur Zeiterfassung zu verdonnern

    Tschja. Und ich finde es unsinnig, für alles und jedes Notenbewertungen geben zu müssen. Interessiert auch keinen.

    Zitat

    Viel Freude bei der Strichliste.

    Och, komm. N'büschen mehr einfallsreich und n'büschen weniger doof hätte ich schon verdient bei Invektiven.

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