Füller vs. Tintenroller

  • Da die Suchfunktion nur ähnliche Fragestellungen ausspuckt, aber eben nicht genau diese, muss ich wohl selbst nochmal nachhaken:


    Bisher habe ich es immer so gehandhabt, dass die Kinder irgendwann im Laufe von Klasse 2 von Bleistift auf Tinte umsteigen. Konkret: wenn ich sehe die Schreibschrift klappt so langsam, dürfen die Kinder erstmal probeweise mit Tinte schreiben und ich entscheide dann, ob sie damit weitermachen oder doch noch ein Weilchen beim Bleistift bleiben. Was ich bislang nicht vorgeschrieben habe ist, ob es ein Füller oder ein Tintenroller sein soll. Für mich selbst ist beides in Ordnung, mir sind letztlich nur zwei Dinge wichtig:
    1. die Kinder sollen am Ende mit Tinte schreiben (auch in Hinblick auf Klassenarbeiten/Tests)
    2. das Schreibgerät soll ihnen eine möglichst entspannte Stifthaltung ermöglichen, so dass sie ohne zu verkrampfen, in gutem Tempo und ermüdungsfrei schreiben können.


    Und da stellt sich mir in Hinblick auf Punkt 2 die Frage: gibt es irgendwelche Gründe, weshalb ein Füller schreibmotorisch besser ist als ein Tintenroller? Oder umgekehrt?
    Ich werde das immer mal von Eltern gefragt und "eiere" dann immer so ein bisschen rum. Grundsätzlich denke ich, dass es aufs Kind ankommt, aber ich hätte gerne auch mal "Fakten" zu dem Thema (gefühltes Wissen ist dazu ja einiges im Umlauf).

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

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  • Gefühltes Wissen als Grobmotorikerin und Mutter: ergonomischer Tintenroller easy start von Pelikan. Mit Füller schreiben ist die Königsdisziplin des ordentlichen Arbeitens und zarten Schreibens. Wenn ich entscheiden müsste: dicker Bleistift, obiger Tintenroller und später erst das Füllerschreiben einüben.
    (Hierzulande wird der Füller ab Herbst Klasse 1 eingeführt und, Achtung, gefühltes Wissen, erzeugt nicht schneller eine schöne Handschrift.)


    Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht- aber ein Ergotherapeut könnte die Motorikentwicklung bestimmt besser erläutern :D

  • Man könnte auch fragen wozu man überhaupt noch mit Füller schreiben soll. Machen Erwachsene doch auch kaum noch. Gute Tintenroller gehen viel besser.

  • Man könnte auch fragen wozu man überhaupt noch mit Füller schreiben soll. Machen Erwachsene doch auch kaum noch.

    Das sehe ich ja grundsätzlich genauso, aber frage mich halt, ob es nicht trotzdem irgendwelche Gründe dafür gibt. Ich habe z.B. auch schon Kollegen getroffen, die der Meinung waren, Füller wären wichtig, damit die Kinder lernen ihren Schreibdruck zu regulieren. Zu doll aufdrücken funktioniert mit Füller ja nicht. Das heißt, da wäre der Füller Mittel zum Zweck, um langfristig zu einer weniger verkrampften Schreibhaltung zu kommen (auch wenn man später keinen Füller mehr benutzt)
    Die Frage ist nur: lernen das dann tatsächlich alle irgendwann oder verzweifeln einige schlicht?



    Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht

    Das sage ich auch immer! (wobei: wässern und düngen kann schon helfen...)



    ein Ergotherapeut könnte die Motorikentwicklung bestimmt besser erläutern

    Ja, das wäre prima! Ich habe nur gerade keinen zu Hand (gibt es Ergotherapeuten-Foren? Möglich, aber vermutlich wollen die da auch nicht irgendwelche Laienfragen beantworten).

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  • Das sehe ich ja grundsätzlich genauso, aber frage mich halt, ob es nicht trotzdem irgendwelche Gründe dafür gibt. Ich habe z.B. auch schon Kollegen getroffen, die der Meinung waren, Füller wären wichtig, damit die Kinder lernen ihren Schreibdruck zu regulieren. Zu doll aufdrücken funktioniert mit Füller ja nicht. Das heißt, da wäre der Füller Mittel zum Zweck, um langfristig zu einer weniger verkrampften Schreibhaltung zu kommen (auch wenn man später keinen Füller mehr benutzt)

    Genau aus dem Grund bevorzuge ich von Schulbeginn an Tintenroller, insbesondere den Stabilo, da dieser auch noch ergonomisch geformt ist. Einer falschen Stifthaltung wird dadurch entgegengewirkt und Der er erfordert keine Kraft im Gegensatz zum Bleistift, so dass die Kinder damit wesentlich entspannter schreiben, insbesondere solche Kinder, die sonst schnell verkrampfen.

  • Ich nutze das Schreiben mit Tinte erst später, eher Mitte-Ende Klasse 2.
    Auf einem Elternabend stelle verschiedene Möglichkeiten vor und lasse den Eltern die Wahl.
    Wer seinem Kind gerne einen Füller kaufen möchte, kann das tun... und sollte sich dann aber in einem Fachgeschäft beraten lassen. Das sage ich auch.
    Tintenroller stelle ich ebenso vor.


    Bei Kinder mit großen Problemen in der Motorik, spreche ich die Eltern gesondert an und es wird überlegt, welches Schreibgerät geeignet erscheint.
    Gerade diesen Kinder den Füller zu verordnen, finde ich unsinnig, nicht aber, viele motorische Übungen einzusetzen.


    Schreibgeräte-Hersteller finden natürlich, dass ihre Stifte immer alle ergonomisch geformt sind, dennoch schreibt der eine mit dem einen Schreibgerät besser als mit anderen.


    In den letzten Curricula meines Bundeslandes war "Schreiben mit Tinte" gesetzt, jetzt ist das gar nicht enthalten, sondern es steht in den Empfehlungen "angemessene Auswahl von Schreibgeräten anbieten (Bleistift, Tintenroller, Füllfederhalter)"

  • @Nordseekrabbe
    Da muss ich nochmal nachhaken: meine Kollegen meinten ja explizit den Füller (also mit Feder), du meinst aber, dass auch der Tintenroller dazu führt, dass die Kinder weniger fest aufdrücken. Richtig? Das habe ich auch schon überlegt. ich denke zwar, dass ein Tintenroller schon mehr Druck aushält als ein Füller, andererseits gleitet er besser übers Papier...
    Das hieße dann aber, Füller wäre eigentlich gar nicht nötig, oder?


    Zu den einzelnen Fabrikaten: ich habe bei meinen eigenen Kindern die Erfahrung gemacht, dass nicht jeder Stift zu jedem Kind passt, da es auch bei korrekter Drei-Punkt-Haltung noch individuelle Unterschiede gibt. Ich hatte damals etwas blauäugig für das zweite Kind denselben Tintenroller wie für das erste gekauft und das funktionierte gar nicht. Kind 1 setzte Daumen und Zeigefinger auf einer Höhe an den Stift an (also direkt gegenüber), bei Kind 2 befand sich der Zeigefinger immer etwas tiefer (und rutschte dann immer aus der Mulde, so dass er immer blau war...). Wir mussten dann tatsächlich ein anderes Modell besorgen, bei dem die Griffmulden auch ein wenig versetzt waren. Das passte dann prima.

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  • @icke, vielleicht ist genau das die Lösung? Dass du den Eltern sagst, sie sollen verschiedene Schreibgeräte ausprobieren lassen?


    Ich halte die Feder vom Füller nicht für förderlich, um weniger aufzudrücken. Wenn die Stifthaltung verkrampft ist, ist sie verkrampft, sie lässt sich (noch) nicht bewusst lockern/entspannen. Ich hätte alle verbogenen Federn meiner Kinder aufheben sollen als Anschauungsobjekt für deine Kollegen... ich selbst schreibe übrigens mit dicken Kuliminen, mit meiner Sauklaue könnte man mit Füller gar nix erkennen. Meine Meinung... aber vielleicht gibt's ja tatsächlich Studien dazu?

  • vielleicht ist genau das die Lösung? Dass du den Eltern sagst, sie sollen verschiedene Schreibgeräte ausprobieren lassen?

    Genauso mache ich das ja ehrlich gesagt sowieso schon :) .
    Ich dachte nur, vielleicht habe ich ja irgendwelche wichtigen Informationen dazu nicht mitgekriegt...
    und wollte sicherheitshalber nochmal nachfragen.
    Deine persönlichen Erfahrungen mit deinen Kindern ist aber auch nochmal hilfreich. Das bestätigt mich nochmal, das auch weiter so zu handhaben.

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  • @Nordseekrabbe
    Da muss ich nochmal nachhaken: meine Kollegen meinten ja explizit den Füller (also mit Feder), du meinst aber, dass auch der Tintenroller dazu führt, dass die Kinder weniger fest aufdrücken. Richtig? Das habe ich auch schon überlegt. ich denke zwar, dass ein Tintenroller schon mehr Druck aushält als ein Füller, andererseits gleitet er besser übers Papier...
    Das hieße dann aber, Füller wäre eigentlich gar nicht nötig, oder?


    Zu den einzelnen Fabrikaten: ich habe bei meinen eigenen Kindern die Erfahrung gemacht, dass nicht jeder Stift zu jedem Kind passt, da es auch bei korrekter Drei-Punkt-Haltung noch individuelle Unterschiede gibt. Ich hatte damals etwas blauäugig für das zweite Kind denselben Tintenroller wie für das erste gekauft und das funktionierte gar nicht. Kind 1 setzte Daumen und Zeigefinger auf einer Höhe an den Stift an (also direkt gegenüber), bei Kind 2 befand sich der Zeigefinger immer etwas tiefer (und rutschte dann immer aus der Mulde, so dass er immer blau war...). Wir mussten dann tatsächlich ein anderes Modell besorgen, bei dem die Griffmulden auch ein wenig versetzt waren. Das passte dann prima.

    Genauso wie Krabappel denke ich nicht, dass der Füller zu weniger Aufdrücken führt.
    Das starke Aufdrücken verfestigt sich bei den meisten Kindern aber gar nicht erst, wenn sie von Anfang an mit wenig Kraftaufwand ein vernünftiges Schreibergebnis bekommen. Viele Kinder haben relativ wenig Kraft in der Hand. Und wenn diese Kinder dann mit Bleistift schreiben (oder mit Buntstiften malen), müssen sie so viel Anstrengung aufwenden, dass es ohne Verkrampfung kaum funktioniert. Tintenroller hingegen schreiben sehr leicht, die Tinte schmiert nicht (gerade für Linkshänder wichtig, die sich mit dem Füller oft eine sehr ungesunde Handhaltung angewöhnen (da sprich ich aus eigener Erfahrung)) und die Kinder haben keine Tinte an den Fingern. Das Kratzen von den Füllfedern gibt es ebenfalls nicht. Darum benutze ich diese von Anfang an und habe nur gute Erfahrung damit gemacht. Selbst Kinder, bei denen bestimmte kleinkindliche Reflexe noch nicht komplett abgebaut sind (z.B. Kinder, bei denen die Zunge beim Schreiben immer mitgeht und deren Stifthaltung sehr verkrampft ist) können mit diesen Stiften besser schreiben.
    Und Füller setze ich generell nicht für alle Kinder ein. Wenn Kinder in der zweiten Klasse mit dem Füller schreiben möchten, und dies auch ohne größere Probleme können, dürfen sie das natürlich. Aber ich selber sehe keinen Grund für den Füllereinsatz.

  • Danke, das ist wirklich interressant und hilft mir sehr weiter! Ich habe halt selbst noch nie auf Füller bestanden (sondern es auch nur denjenigen erlaubt, die es gerne wollten) und privat hatte ich diese Problematik mit der Grobmotorik auch nie (meine eigenen Kinder auch nicht). Insofern fehlen mir da tatsächlich die Erfahrungswerte.
    Um von Anfang an mit Tintenroller zu schreiben ist es zwar für dieses Mal schon zu spät (in 2 1/2 Wochen haben wir das 1. Schuljahr geschafft!), aber ich merk mir das mal für den nächsten Durchgang. Für's nächste Schuljahr schreib ich dann aber doch nur den Tintenroller auf die Liste.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

    Einmal editiert, zuletzt von icke ()

  • Hallo,
    eine kurze Frage zum Benutzen der Tintenroller von Anfang an: Wie geht ihr mit Schreibfehlern um? Durchstreichen oder Tintenkiller?
    Bei uns ist der Tintenkiller erst ab Klasse 4 erlaubt, der Füller (nur in Ausnahmefällen ein Tintenroller) wird in Klasse 2 eingeführt. Vorher sind Bleistift und Radiergummi das Mittel der Wahl (alles Konferenzbeschluss).


    LG Puckilein

  • Bei mir streichen die Kinder durch, was meiner Meinung nach auch den Vorteil hat, dass am Schluss eben nicht alles "perfekt" aussieht, sondern sowohl Kind als auch Eltern sehen können, wo welche Fehler gemacht wurden.

  • Mein Ziel aus Gymnasialperspektive: Im Lauf der weiterführenden Schule sollen die Schüler und Schülerinnen 10 Seiten A4 Deutsch-Aufsatz am Stück schreiben können. Selber fällt mir das mit Füller sehr viel leichter als etwa Tintenroller. Aber vielleicht fehlt mir mit dem auch nur die Übung. Wenn in meinen Kursen stattdessen jemand vier Seiten in letztlich Druckbuchstaben verfasst, mit Kugelschreiber, stelle ich mir das unnötig schmerzhaft vor.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Mein Ziel aus Gymnasialperspektive: Im Lauf der weiterführenden Schule sollen die Schüler und Schülerinnen 10 Seiten A4 Deutsch-Aufsatz am Stück schreiben können. Selber fällt mir das mit Füller sehr viel leichter als etwa Tintenroller. Aber vielleicht fehlt mir mit dem auch nur die Übung. Wenn in meinen Kursen stattdessen jemand vier Seiten in letztlich Druckbuchstaben verfasst, mit Kugelschreiber, stelle ich mir das unnötig schmerzhaft vor.

    Hmm. Mein Ziel war eigentlich immer, dass die Schüler eben keine zehn Seiten schreiben. Korrigierst Du gern?

  • Achtung!


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    Bolzbold #5

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    "Und hast du die Ausrufezeichen bemerkt? Es sind fünf. Ein sicheres Zeichen dafür, dass jemand die Unterhose auf dem Kopf trägt." (T. Pratchett)

  • Auch ich (ebenfalls aus Gymnasiallehrersicht) frage mich aber häufig, mit welchem Ziel der Schrifterwerb an manchen Grundschulen stattfindet.


    Es geht eben nicht darum, Buchstaben zu malen, sondern schnell, mit wenig Anstrengung und lesbar zu schreiben. Beides wird zunehmend seltener, was hier (so vermute ich) daran liegt, dass alle Grundschulen die unsägliche vereinfachte Ausgangsschrift eingeführt haben, manche Grundschulen aber nur noch als "Sahnehäubchen", die Schüler dürfen dort auch gleich bei Druckschrift bleiben.


    Ich selbst hatte als Schüler auch Probleme mit der Schrift, aber damals musste man halt so lange üben, bis man es wenigstens halbwegs konnte. Da gab es kein "dann nimmt man halt Druckschrift".


    Das ist jetzt, zugegeben, nicht 100% on-topic, und die obigen Beiträge zeigen ja, dass viele Grundschullehrer sich Gedanken zum Thema machen. Ich selbst schreibe, wann immer es geht, mit Füller. Meine Frau aber mit Tintenroller, ich glaube, dass beides gut möglich ist. Ein Füller mit einer etwas breiteren Feder erzieht möglicherweise dazu, den Stift immer in einem exakten Winkel zu halten. Bei einem Kalligraphiefüller (bzw. einer Feder) muss man auf diesen Winkel achten, sonst hat man unklare Unterscheidungen zwischen den dickeren und schmaleren Linien. Vielleicht wäre das ein Vorteil des Füllers.


    Früher sagte man außerdem, dass der Füller dazu erzieht, nicht so fest aufzudrücken (weil er sonst kaputt geht). Ich habe Schüler, die mit Kuli schreiben, das kann man auf der nächsten Seite (eingraviert) auch noch lesen.


    Sorry, wenn ich hier übertrieben kritisch auftrete, aber ich habe mich bei meinen eigenen Kindern hingesetzt und versucht, noch eine halbwegs brauchbare Schreibschrift beizubringen, die VA ist wirklich eine Schande!

  • ... wohl auch abseits des TE, deshalb ggf. auslagern...

    Auch ich (ebenfalls aus Gymnasiallehrersicht) frage mich aber häufig, mit welchem Ziel der Schrifterwerb an manchen Grundschulen stattfindet.


    Es geht eben nicht darum, Buchstaben zu malen, sondern schnell, mit wenig Anstrengung und lesbar zu schreiben. Beides wird zunehmend seltener, was hier (so vermute ich) daran liegt, dass alle Grundschulen die unsägliche vereinfachte Ausgangsschrift eingeführt haben, manche Grundschulen aber nur noch als "Sahnehäubchen", die Schüler dürfen dort auch gleich bei Druckschrift bleiben.


    Die Grundschulen halten sich an den Lehrplan. Da steht, dass es darum geht, flüssig und leserlich zu schreiben.
    Ein Blick in die Curricula hilft:


    Für die 2. Klasse
    galt von 2006-2018 "schreiben in einer formklaren, gut lesbaren Schrift" und "Druckschrift als Ausgangsschrift schreiben und eine verbundene Schrift kennen"
    seit Sommer 2018, rückwirkend in dem Schuljahr veröffentlicht und ohne Übergangszeit, gilt: "
    - "schreiben Buchstaben in einer Druckschrift als Erstschrift normgerecht."
    - "lernen und üben eine verbundene Schrift." angegeben sind die 3 Ausgangsschriften LA, VA, SAS als Beispiele für eine verbundene Schrift, weitere verbundene Schriften sind möglich


    Für die 4. Klasse
    galt von 2006 - 2018: "Die Schülerinnen und Schüler schreiben flüssig eine gut lesbare Handschrift." Sie sollen "in einer zunehmend automatisierten und individualisierten Handschrift schreiben" können,
    seit Sommer 2018, rückwirkend in dem Schuljahr veröffentlicht und ohne Übergangszeit, gilt: "schreiben automatisiert und in angemessener Geschwindigkeit eine individuelle Handschrift formklar, flüssig und gut lesbar."
    In den bundeseinheitlichen Bildungsstandards Deutsch steht seit 2004 "eine gut lesbare Handschrift flüssig schreiben".


    Zu den Schreibgeräten gab es in den CuVo 2006 keine Vorgaben, in 2017 steht in den knappen Anmerkungen "angemessene Auswahl von Schreibgeräten anbieten (Bleistift,Tintenroller, Füllfederhalter)",


    Weiteres kann man in den insgesamt ca. 300 Seiten Vorgaben für den Deutschunterricht in der Grundschule in Niedersachsen (70 Seiten Bildungsstandards, 55 Seiten KC Deutsch, 176 Seiten Handreichung Orthographie) sowie in den Handreichungen für besondere Förderungen (38 Seiten KC DaZ, 87 Seiten KC-LE Deutsch, 276 Seiten KC-GE) nachlesen.


    Die Leistungsbewertung wurde 2006 vollkommen umgekrempelt, um 2018 wieder komplett geändert zu werden.
    In den Curricula 2018 wird das Üben der verbundenen Schrift wieder stärker betont, gleiches gilt für die Rechtschreibung, Aufsatzerziehung dafür weit geringer.
    Demnächst hört man dann die Klagen, mit welchem Ziel der Deutschunterricht stattfinde oder "die Grundschule" würde keinen Wert auf das Verfassen von Texten legen.


    Ganz ehrlich:
    Ich finde den vorwurfsvollen Ton ziemlich schrecklich und angreifend.
    Grundschullehrkräfte machen sich ALLE Gedanken um die Schreibentwicklung. Tatsächlich kümmern sie sich tagtäglich darum.
    Sie bilden die Schreibmotorik aus, sie lernen mit den SuS das Schreiben an sich und die Schrift - mindestens 1 Jahr lang und immer wieder in den weiteren Jahren,
    sie verbessern, üben, lassen neu schreiben, üben noch einmal, binden Motorikübungen in den Unterricht ein, verteilen weitere als Übungsmaterial für den häuslichen Bereich, verweisen auch auf Ergotherapeuten oder geben den Eltern nützliche Tipps an die Hand, z.B. auch eine Beratung hinsichtlich Schreibgeräten und Schreibhilfen, zusätzlichen Griffen, Unterlagen etc.


    Sie entscheiden auch über die Schrift, die eingesetzt wird, nach bestem Wissen und Gewissen im Rahmen der Vorgaben.
    Tatsächlich gibt es 3 mögliche Ausgangsschriften UND ja, es gibt auch die Option der Grundschrift.
    Sie alle sollen am Ende, wie oben zitiert, zu einer individuellen, formklaren, flüssigen und gut lesbaren Handschrift führen. Deshalb nennt man sie AUSGANGSschrift und nicht ENDschrift.
    Alle haben Vor- und Nachteile, die man generalisieren oder je nach Schülerschaft differenziert betrachten kann.


    Wer qualifiziert ausgebildet ist oder sich in dieser Richtung weiterbilden möchte, darf sich gerne daran beteiligen. Die weiterführenden Schulen sind ja derzeit aufgefordert, die notwendigen Abordnungen in die Grundschulen zu stellen. Da kann man sich ja dann bei vollem Deputat in die Grundschule begeben und dort eine 1. oder 2. Klasse übernehmen und eigene Erfahrungen beim Schrifterwerb von Beginn an sammeln.

  • Danke, dass Du die Abschnitte, in denen ich meinen "vorwurfsvollen Ton" abgemildert habe, rausgekürzt hast.


    Dann ist es einfach Mist, was in den Curricula steht: "Lernen eine verbundene Schrift kennen" heißt konkret: Wer nicht will, braucht nicht.


    Ich habe wirklich viele Schüler, die sich schwer damit tun, längere Texte zu schreiben, die tun mir halt leid. Die schaffen deswegen ihr Abi nicht. Ich bleibe dabei: Die VA hätte als Schulschrift niemals zugelassen werden dürfen. Die Fachkonferenzen der Grundschulen (die, wie Du ja richtig schriebst, die Wahl zwischen VA, LA und SA haben) täten gut daran, die VA nicht zu wählen.

  • Ich fürchte, was viele Lehrer an den weiterführenden Schulen sich auch nicht annähernd vorstellen können, ist , welche Schwierigkeiten einzelne Kinder tatsächlich mit der Schreibmotorik haben. Da geht es nicht darum, dass sie sich nur "ein bisschen schwer tun" oder die Schrift halt nicht so toll aussieht, sondern dass sie trotz Übens an der Schreibschrift verzweifeln. Die können dann oft selbst nicht mehr lesen, was sie geschrieben haben (und ich oft genug auch nicht). Ich hatte in meinem letzten Durchgang eine Häufung von massiven Grobmotorikern in der Klasse (in meinem jetzigen komischerweise nicht einen...). Und das waren genau dieselben Kinder, die dann irgendwann eine LRS-Diagnose bekamen. Und da muss man dann halt abwägen: ist es wichtiger, dass das Kind Schreibschrift schreibt oder ist es wichtiger was das Kind schreibt (sowohl inhaltlich als auch rechtschriftlich)?. Das Problem ist: Kinder mit so massiven Schwierigkeiten können sich nur auf eins gleichtzeitig konzentrieren: Schreibablauf oder Inhalt oder Rechtschreibung. Alles geht nicht. Klar kann man sagen: müssen die halt mehr üben. Das Dumme ist nur, das es häufig dieselben Kinder sind, die auch noch alles mögliche andere mehr üben müssten. Und die Aufnahmekapzität von 7- oder 8-Jährigen ist nun mal irgendwann erschöpft. Wenn ich das zusätzliche Üben in den Unterricht verlagere, schaffen sie irgendwas anderes nicht und zu Hause üben sie ja meist schon (und machen oft auch noch Ergotherapie), aber das reicht bei manchen halt nicht. Wenn dann so ein Kind langfristig mit der Druckschrift besser zurecht kommt, zwinge ich es nicht Schreibschrift zu schreiben. Bei LRS-Kindern ist das dann auch schlicht eine Form des Nachteilsausgleichs.

    Früher sagte man außerdem, dass der Füller dazu erzieht, nicht so fest aufzudrücken (weil er sonst kaputt geht).

    Darüber wurde hier doch schon dikutiert. Und wenn eine Sonderpädagogin mit viel Erfahrung zu der Einschätzung kommt, dass dem nicht so ist, ist das für mich deutlich relevanter als das was "man früher gesagt hat" (das ist nämlich genau das, was ich eingangs mit "gefühltem Wissen" gemeint habe). Ich würde mir ja wünschen, dass es zu diesen Punkten mal Untersuchungen und stichhaltige Handlungshinweise für Lehrer geben würde, aber ich konnte dazu bislang nichts finden...


    Auch ich (ebenfalls aus Gymnasiallehrersicht) frage mich aber häufig, mit welchem Ziel der Schrifterwerb an manchen Grundschulen stattfindet.

    Ich weiß zwar nicht, welche Schulen da mit "manche" gemeint sind, aber gehe mal davon aus, dass der durchschnittliche Grundschullehrer alle Möglichkeiten ausschöpft, um die Kinder dazu zu bringen, eine flüssige gut lesbare Handschrift zu entwickeln. Aber es ist wie es ist und:


    Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht


    Wo ich allerdings zustimme: die VA ist eine Katastrophe und ich bin heilfroh, dass wir die hier nicht unterrichten müssen. Warum man das auswählt, wenn man frei wählen kann (kann man ja in manchen Bundesländern nicht) ist mir auch ein Rätsel.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

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