Evaluation Grundkompetenzen Schweiz

  • Liebe Leute


    Ich will folgendes hier mal zur Diskussion hinschmeissen, auch wenn es für euch vielleicht nicht so irre spannend ist.


    Die Geschichte im Kurzformat: 2006 hat das Stimmvolk in der Schweiz eine Änderung des Bildungsartikels in der Bundesverfassung angenommen, wonach die kantonalen Lehrpläne bezüglich der sogenannten "Grundkompetenzen" aufeinander abgestimmt werden sollen. Nach der Eidgenössischen Abstimmung gab es dann kantonale Abstimmungen um zu entscheiden, welche Kantone dem sogenannten "HarmoS-Konkordat" beitreten wollen, das ist gewissermassen ein interkantonaler Vertrag zur gemeinsamen Umsetzung der Bildungsreform. Nachdem das Tessin als 10. Kanton 2009 den Beitritt beschlossen hat, ist das Konkordat in Kraft getreten und seither wird an seiner Umsetzung gearbeitet. Für uns in der deutschsprachigen Schweiz soll demnach der harmonisierte "Lehrplan 21" gelten, wobei aber die Kantone entscheiden, ab welchem Schuljahr dieser eingeführt wird. Der Lehrplan 21 wird natürlich in allen Kantonen eingeführt, da er Teil der verfassungsgemässen Bildungsreform ist, also unabhängig vom Beitritt zum Konkordat - es ist kompliziert. Auch die Dauer der Bildungsstufen ist seit dem Schuljahr 2015/16 ab der Sekundarstufe I im ganzen Land gleich. Beispiel Baselland: Bis 2015/16 gingen die Kinder 5 Jahre lang zur Primarschule, dann 4 Jahre in die Sek I und schliesslich in die Berufslehre bzw. 3 1/2 Jahre ans Gymnasium. Jetzt sind es 6 Jahre Primar, 3 Jahre Sek I und 4 Jahre Gymnasium, das ist tatsächlich überall (fast) gleich (in manchen Kantonen gibt es noch eine Vorschule die Teil der Primar ist). Im Baselland wird seit dem Schuljahr 2015/16 auf der Primarstufe nach dem Lehrplan 21 gearbeitet, seit diesem Schuljahr gilt er auch in der Sek I. Die Sek II geht das sowieso alles nichts an - es ist, wie ich bereits erwähnte, kompliziert.


    Nun hat die EDK 2001 sogenannte "nationale Bildungsstandards" in den Bereichen Sprachen, Mathematik und Naturwissenschaften festgelegt deren Erreichen es natürlich zu evaluieren galt. Die ersten Erhebungen wurden 2016 und 2017 durchgeführt und widerspiegeln damit den Zustand *vor* Einführung des Lehrplan 21. Es geht gewissermassen darum aufzuzeigen, wie dringend nötig eine Harmonisierung allenfalls ist. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse Ende Mai 2019, sind also brandaktuell und genau diese Ergebnisse beschäftigen mich gerade. Ich hänge hier mal ein paar Screenshots ran.


    1. Lesekompetenz in der Erstsprache. Es ist jeweils angegeben, wie viel Prozent der SuS nach der Primarschule den vorgegebenen Standard erfüllen. Alles in allem unauffällig, nur zwei Kantone kacken etwas ab - Achtung, davon wird einer gleich noch mehrfach auftauchen.


    2. Hör- und Leseverständnis im Deutsch als erste Fremdsprache. Man beachte, dass der Kanton Tessin fehlt, die haben von allen romanischen Kantonen als einzige Französisch als erste Fremdsprache. Überprüft wurde hier auch am Ende der Primarstufe.


    3. Hör- und Leseverständnis im Französisch als erste Fremdsprache. Da hätten wir das erste Desaster. Alle Kantone, die hier jetzt nicht aufgeführt sind, haben in der Primar Englisch als erste Fremdsprache und da ist *kein einziger* Balken rot.


    3. Grundkompetenzen in Mathematik, überprüft am Ende der Sek I. Man beachte den besonders kleinen Balken bei "BS", wobei "BL" (das sind wir) nun auch nicht gerade besser dasteht. Deckt sich leider ziemlich mit meinem persönlichen Empfinden - selbst unsere Gymnasiasten sind chronisch überfordert mit Dreisatzrechnen. Die Unterschiede sind brutal, ne?


    So ... wo kommt das denn jetzt her? Können sich vielleicht die Fremdsprachen-Kollegen mal dazu äussern, ob Französich als 1. Fremdsprache wirklich so ungeeignet ist oder ob wir das in der Nordwestschweiz nur einfach komplett verwursten? Die Unterschiede in der Dreisatz-Kompetenz lassen sich zum Teil mit enorm unterschiedlichen Stundendotationen in der Mathe erklären (man beachte, dass diese sogar innerhalb eines Kantons diesseits wie jenseits der Sprachgrenze unterschiedlich ist, daher kommt der krasse Unterschied zwischen FR_d und FR_f), aber auch nicht nur, denn BS liegt diesbezüglich etwa gleichauf mit SH oder auch VD. Einigermassen beruhigend finde ich noch, dass sich bei keiner dieser Graphiken der Anteil an Migranten in den jeweiligen Kantonen wiederspiegelt. Dieser ist zwar in BS besonders hoch, das ist er aber ebenso in ZH, GE und VD. Was ist das dann, was man da sieht? Die Lehrerausbildung ist im ganzen Land die gleiche, das kann's irgendwie auch nicht sein. Sind die Lehrmittel schlecht? Macht das echt so einen krassen Unterschied? Was bedeutet das jetzt alles für den Harmonisierungsprozess? Ist der nötig und wenn ja, in welche Richtung werden sich die Balken bewegen? Ich bin ratlos ... Vielleicht hat ja irgendjemand Lust, ein bisschen darüber zu philosophieren. :gruebel:

  • Ohne die Schweiz zu kennen, hat man gar keine Anhaltspunkte zur Zusammensetzung der Schülerschaft... und auch keine zu den Testverfahren.


    Die Lehrmittel werden sicher seitens der Verlage gleich sein, man trifft eher aus diesen Möglichkeiten eine Auswahl. Warum sollte das in der Schweiz anders sein?


    Mir ist zudem nicht klar, ab wann welche SuS D oder Fr als Fremdsprache haben und wie sehr dies ohnehin im Alltag dominiert, da jeder frz-sprachige und dt-sprachige Menschen kennt und in zweisprachigen Familien aufwächst (dt-frz) oder eine weitere verwandte oder weniger verwandte Sprache lernt.


    Warum sind die SuS in GL im Lesen schwächer als viele andere, in Mathe aber besser als viele andere?



    Sind die roten horizontalen Markierungen von dir?
    Warum sind im Lesen 90% gesetzt, in Mathematik aber nur 60%?


    Und wie immer stellt sich bei diesen Vergleichstest die Frage: Wozu ist das gut? Erhalten die Schulen, deren SuS nicht so gut abschneiden, mehr Unterstützung oder mehr Druck?

  • Wenn ich das richtig sehe, liegen die Kantone Tessin und Fribourg bei Französisch als 1. Fremdsprache "vorne".
    Mutmaßung... im Tessin ist Basissprache Italienisch...? In Fribourg wird Deutsch und Französisch in etwa gleichem Maße gesprochen?


    Aus der Sicht einer Romanistin, die selbst Deutsch/Spanisch bilingual ist, Latein als erste Fremdsprache hatte (Englisch als zweite, Französisch als dritte) folgende "Wahrnehmugen":
    Französisch ist von den "versammelten romanischen Sprachen" die "unlogischste", was die Ausnahmen usw. angeht. So leid es mir für die Sprache tut, aber ich habe selbst damit zeitweise auf Kriegsfuß gestanden. Von diversen Latein-Derivaten sind Spanisch, Portugiesisch, Italienisch, und mMn selbst Rumänisch und Rätoromanisch deutlich "logischer" strukturiert, für die (germanische) Aussprache "einfacher" zu verstehen und haben (oft deutlich) weniger "nervige Ausnahmeregeln".
    Zweiter Faktor ist auch noch: Die "Konfrontation" mit der Sprache. Auch wieder persönliche Erfahrung - Sprachen lernst du am besten, indem du dich ihnen aussetzt, am besten in jedem möglichen Medium. Das würde zB erklären, wieso die Fribourger besser klarkommen als die Baseler - wer spricht denn in Basel Französisch, und wieso? Eben. Dem Tessiner wird es mit Ausgangssprache Italienisch zumindest vom Vokabular her leichter fallen als irgendwem aus der "Deutschschweiz". In welchen Sprachen wird im jeweiligen Kanton zB Radio moderiert oder was läuft in der Glotze?
    Mal blöd gefragt - wieso machen Basel und Solothurn eigentlich nicht auch Englisch zur 1. Fremdsprache?

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Naja ich hatte es befürchtet, dass für euch die Diskussion nicht so einfach ist. Klar schneiden die bilingualen Kantone mit Französisch viel besser ab, das überrascht mich nicht. Basel hat aber in der deutschsprachigen Schweiz den meisten Kontakt mit Französisch, wir sind ja im Dreiländereck. Französisch ist auf der Strasse wirklich allgegenwärtig.


    Die roten Linien markieren jeweils den gesamtschweizerischen Durchschnitt. Bei Englisch als erster Fremdsprache liegen die Linien bei über 90 %. Wann die Fremdsprachen starten ist im Moment noch nicht einheitlich, mit Ausnahme Tessin beginnen beide aber jeweils in der Primarstufe. Im Baselland starten wir mit Französisch in der 3. Klasse, in der 5. Klasse kommt Englisch dazu.


    Achso... In GE, VD und NE wird wirklich überhaupt kein Deutsch auf der Strasse gesprochen.

    Einmal editiert, zuletzt von Wollsocken80 ()

  • Na, deshalb frage ich ja, wie es ist. Du lebst in Basel, ich nicht...
    Ich habe mir gerade vergleichsweise noch mal die Balken "Deutsch als erste Fremdsprache" angeschaut - da schneidet auch der "Stadtkanton" (Genf) schlechter ab als der Rest, "gut" stehen Fribourg und Jura da...
    Klingt so, als würde das Bilinguale gerade in Fribourg wirklich praktiziert, aber in (Groß)städten weniger? Aucch wenn du schreibst "da ist Französisch allgegenwärtig" - mal genauer hinsehen "bei wem"?
    Mit wem unterhalen sich denn die SuS? Untereinander, in der Familie, und das isses, oder?
    Und in welchen Sprachen?
    Vermutlich - zumindest in dem Alter - doch hauptsächlich in der Mutersprache.
    Also weniger der neuen Sprache "ausgesetzt", vermutlich außerhalb der Schule "gar nicht"?
    Und dann ist da noch die Frage nach dem Interesse...

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    Einmal editiert, zuletzt von Miss Jones ()

  • Das ist leider so, Französisch kackt sie alle fürchterlich an. Wir hatte am Gymnasium mal eine "Französischwoche" während der die Jugendlichen zwangsweise in die Romandie verschleppt wurden um Französisch zu sprechen. Die haben wir wieder abgeschafft weil es so dermassen nichts bringt. Das einzig vernünftige wäre ja zu sagen, gut, dann machen wir halt auch zuerst Englisch. Das wird aber nicht passieren. Schlimmstenfalls beschliesst noch einer, dass wir dann eben im Kindergarten schon mit Französisch anfangen. :autsch:


    Dass die romanischen Kantone mit dem Deutsch doch deutlich besser dastehen, das überrascht mich schon. Du hast natürlich Recht mit Genf, aber in der Waadt ist mit Lausanne schon auch eine grössere Stadt dabei. Scheinbar ist die Notwendigkeit Deutsch zu können dann doch noch grösser als andersrum. Das bemerkenswerte Ergebnis der zweisprachigen Kantone wirft für mich aber doch die Frage auf, ob's bei uns nicht auch einfach schlecht vermittelt wird. Denn wenn man "einfach so" jeden Tag beide Sprachen hört und spricht, scheint's ja zu funktionieren. Schlauer sind die Kinder in Bern, Fribourg und im Wallis sicher auch nicht.

  • hallo @Wollsocken80


    Ich find deinen Beitrag spannend, zeigt er nochmal eine andere Sicht als meine auf das Schulsystem hier. Zu den Fremdsprachen kann ich nicht viel sagen, die sind auf meiner Stufe noch nicht relevant.


    Dass die Lehrerausbildung im ganzen Land gleich ist, finde ich nicht. Ok das ist meine persönliche Sicht und so ganz unterschiedlich ist sie auch nicht. Ich hab meine Ausbildung an der PH SG gemacht und arbeite jetzt im Kanton ZH. Im Januar war ich an einer 3 wöchigen Weiterbildung an der PH ZH und ein paar Kleinigkeiten und Schwerpunkten waren doch anders gelegt. Die Grundsätze werden wohl überall die gleichen sein.


    Für Lehrmittel auf der Primarstufe hat fast jeder Kanton einen eigenen Verlag. Und ja in ZH sind Lehrmittel aus dem Nachbarkanton praktisch unbekannt. Es sei dann man hatte das Glück an der PH einen Dozenten/eine Dozentin zu haben, die an 2 PHs unterrichtet hat, dann erhielt man mehr Einblick.


    Was die Harmonisierung angeht, so ist ja das Schuleintrittsalter teilweise immer noch unterschiedlich in den Kantonen. Ich bekomme jetzt im August Kinder, die werden am 20.7 vier Jahre alt.


    (das waren jetzt so meine spontanen Gedanken zu deinem Posting)

  • Jetzt kommt wieder mehr "Spekulatius", aber wenn ich mir dein letztes Post durchlese, @Wollsocken80, kommen da ein paar weitere "Indizien" dazu (ob die stimmen kann ich von hier aus kaum beurteilen. In der "französischen Schweiz" war ich bisher quasi nur eher "auf der Durchreise", in der Deutschschweiz (und erst recht in der italienischen, ich find das Tessin schön) schon öfter und länger).
    Wie sieht ggf der Kontakt in den jeweiligen Kantonen mit "fremd"sprachlichen Leuten von außerhalb aus, also Touristen oder Außenhandelspartner? Was wird da wie oft gesprochen?
    Ich kann mich natürlich täuschen... aber "deutschsprachige" Touris usw habe ich (gefühlt) quasi "überall" in der Schweiz... französischsprachige? Halten die sich vielleicht (vornehmlich) an Jura, Vallis, Waadt usw...?
    Dementsprechend "wichtiger" ist es dann wohl, Deutsch zu lernen...
    Auch Peergroups sind - auch in den jungen Jahren - ein Thema. "Kannste kein Deutsch?" hab ich schon mal gehört, "kannste kein Englisch?" auch... sagt überhaupt jemand "Kannste kein Französisch?", und wenn, ist die Reaktion darauf vielleicht ein "na und?"


    Es ist doch kein Geheimnis, dass Französisch weltweit immer "unwichtiger" wird. Außerhalb Frankreichs und den wenigen Kolonien, die denen noch gehören (Réunion usw) lernen selbst die ehemals französischen oder belgischen Kolonialstaaten nun meist Englisch zuerst, weil sie damit eben "weiter kommen". Französisch - Kongo und Kambodscha, wenn du Glück hast und das Pidgin verstehst. Und - es mag ein gängiges Vorurteil sein, aber ich habe es auch oft so erlebt - Franzosen sind manchmal was ihre Sprache angeht so "militant arrogant", sich zu weigern, irgendwas anderes zu sprechen, da hat dann auch keiner Lust auf die... und die Welt steht dann auf dem Standpunkt - "wenn die was wollen können die ja ne anständige Sprache lernen" (bewusst provokant formuliert). Ich hatte auch mal so ne Situation, wo mir ein Franzose einfach nur doof kam, und... ich versteh das zwar... ich kanns sogar sprechen... angeblich (laut Franzosen) sogar gut. Aber "mögen" tu ichs eher nicht. Also hab ich dem gesagt "Deutsch, Spanisch, Englisch, suchs dir aus..."


    Klar, hier geht es um Grundschulkinder. Aber die leben ja auch nicht hinterm Mond. Stell dir wirklich mal die Frage, was in den jeweiligen Kantonen "anders" läuft. Ist Bern viel "internationaler"? Ist Basel sehr "deutsch-orientiert" (man bedenke den Bahnhof)?

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Dass die Lehrerausbildung im ganzen Land gleich ist, finde ich nicht. Ok das ist meine persönliche Sicht und so ganz unterschiedlich ist sie auch nicht. Ich hab meine Ausbildung an der PH SG gemacht und arbeite jetzt im Kanton ZH. Im Januar war ich an einer 3 wöchigen Weiterbildung an der PH ZH und ein paar Kleinigkeiten und Schwerpunkten waren doch anders gelegt. Die Grundsätze werden wohl überall die gleichen sein.

    Ich denke, dass die Qualität der Ausbildung auf Primarstufe und Sekundarstufe I entscheidender ist, als auf Sekundarstufe II, insofern hast Du irgendwie schon recht. Die Kollegen bei uns an der Schule haben das Lehrdiplom mehrheitlich an der PH Basel abgeschlossen, es hat aber doch auch einige, die in Zürich abgeschlossen haben. Das ist gehüpft wie gesprungen. Wir Sek-IIer haben aber natürlich alle erst mal an der Uni unser Fach studiert, alle anderen kennen ja nix anderes als die PH und dann kommt's halt echt darauf an, was dort passiert. Die FHNW hat nun im Bereich Pädagogik wahrlich keinen guten Ruf. Ich hab mich mit denen selbst während der Ausbildung schon zu Tode genervt und seither ist es eher schlimmer geworden, das bekommen wir als Partnerschule live mit. Zudem weiss ich von den Fachdidaktikern für Chemie und für Biologie, dass im Bereich Sekundarstufe I auch die Qualität auf Seiten der Auszubildenden sehr schlecht ist. Oft sind das demnach Leute, die die Matura mit Ach und Krach geschafft haben und an einem universitären Studium vermutlich scheitern würden. Die Klientel für die Primarstufe ist dann noch mal eine andere, dort kommen ja noch die Fachmaturanden aus dem Berufsfeld Pädagogik dazu. Wie es dort an der FHNW läuft kann ich aber überhaupt nicht beurteilen. Wie hoch war denn bei euch im PH-Studium etwa der Anteil an Leuten mit Gymnasialer Matura vs. Fachmatura? Mich beschleicht ja zunehmend häufiger das ungute Gefühl, dass das gerade für den Fremdsprachenunterricht an den Primarschulen schon einen Unterschied macht.



    Ich kann mich natürlich täuschen... aber "deutschsprachige" Touris usw habe ich (gefühlt) quasi "überall" in der Schweiz... französischsprachige?

    Oh nein, das ist tatsächlich nicht so. Der liebste Urlaubskanton der deutschsprachigen Schweizer ist das Tessin. Dort findest Du auch relativ viele Leute, die noch einigermassen anständiges Deutsch hinbekommen und viele Deutschschweizer sind auch willens sich wenigstens Grundkenntnisse im Italienischen anzueignen (unsere Jugendlichen würden wohl auch eher Italienisch wählen, wenn man sie wählen liesse). Die französischsprachigen Kantone sind eher Ziele für Leute, die wirklich was darauf halten, dass sie Französisch sprechen. Rumgedreht ist es eigentlich genau so, die Französischsprachigen kommen eher wenig in die deutschsprachige Schweiz zum Urlaub machen, nur wenn man halt was drauf gibt, dass man gut Deutsch kann. Die Kantone Bern und Fribourg sind auch nicht wahnsinnig international (beides eher ländlich, halt jeweils mit einer Universitätsstadt), aber man trägt die Zweisprachigkeit mit sehr viel Stolz und Würde vor sich her.



    Ist Basel sehr "deutsch-orientiert" (man bedenke den Bahnhof)?

    Der Bahnhof SBB hat auch einen französischen Sektor. Die BVB betreibt ebenfalls grenzüberschreitende Tram-Linien in beide Richtungen (der 3er endet in Saint Louis, der 8er endet in Weil am Rhein). Die binationalen Bahnhöfe der SBB haben überhaupt nichts mit einer "Zugewandtheit" zum benachbarten Ausland zu tun, das hat relativ kuriose Gründe, die ich aber hier nicht weiter ausführen will. Tatsächlich ist Basel kulturell sehr viel deutlicher dem Elsass zugewandt als dem Markgräflerland. Auch die Dialektgrenze ins Elsass verläuft nicht wirklich scharf, für einen Aussenstehenden sind das Elsässische und Baseldytsch sicher schwieriger zu unterscheiden, als Baseldytsch vom Alemannischen auf der deutschen Seite. Wer hier in Basel Französisch spricht, kommt dann mit hoher Wahrscheinlichkeit auch aus dem Elsass und die sprechen eben meisten auch noch den allemannischen Dialekt, das macht es für die Basler sicher einfacher, die Franzosen irgendwie zu mögen. Bei der Novartis z. B. arbeiten wirklich unglaublich viele Franzosen.


    Ich habe mich vorhin mal mit einem Kollegen über die Ergebnisse im Mathe-Teil unterhalten, der ist auch ziemlich "beeindruckt" davon. Dass etwa 40 % am Ende der Sek I noch nicht mal die trivialsten Grundlagen der Mathematik beherrschen ist wirklich bitter. Eine Erklärung für das Phänomen und vor allem die grossen kantonalen Unterschiede hat er auch nicht, obwohl er selbst 6 Jahre lang an der Sek I unterrichtet hat.

  • Wie hoch war denn bei euch im PH-Studium etwa der Anteil an Leuten mit Gymnasialer Matura vs. Fachmatura? Mich beschleicht ja zunehmend häufiger das ungute Gefühl, dass das gerade für den Fremdsprachenunterricht an den Primarschulen schon einen Unterschied macht.

    In meiner Lerngruppe war ich einer der wenigen mit Gymnasialer Matura. Es waren sehr viele mit Fachmatura und ja da hat man Unterschiede gespürt. Dazu kommt, dass die meisten gerade mal 20 waren. Die waren dann mit 23/24 fertig mit dem Studium. Es waren sicher so 20% Mitstudierende, bei denen ich Bauchweh hätte, müsste ich mein Kind zu ihnen in den Unterricht schicken. Sei es, weil sie teilweise sehr engstirnige Ansichten hatten oder alles besser wussten aber im Leben eigentlich nicht zurecht kamen. Und dann gab es noch die, die das Studium gemacht haben, weil ihnen nichts besseres eingefallen ist erstmal.


    Es wird im 1. Jahr teilweise ausgesiebt, also es gibt eine Eignungsüberprüfung. Die fand ich allerdings so pillapalle, also wenn man nicht vollkommen verblödet ist, sollte man die bestehen. Im Gespräch mit Praktikumslehrpersonen und Dozenten habe ich allerdings immer wieder gemerkt, dass für mich Dinge selbstverständlich waren, die es anscheinend nicht sind (z.B. Pünktlichkeit oder Zuverlässigkeit).


    Fremdsprache habe ich keine gemacht im Studium. Da ich mich von Anfang für Kindergarten bis 3. Klasse entschieden habe (das ging auch ohne Fremdsprache).

  • Das ist nicht "schön" es mal von jemanden zu lesen, der die Ausbildung selbst gemacht hat, aber immerhin interessant. Wenn ich daran denke, wer von meinen SuS ins Lehramt will ist es halt leider auch so, dass die besseren mehrheitlich an die Uni gehen, also am Ende in der Sek II landen werden.

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