Notenschnitt

  • ich hatte sowas im Hinterkopf, aber wohl nicht richtig verstanden, wo das Problem liegt. Dann aber die Frage: wie kommst du auf eine Gesamtnote?

    Indem man sich an den eigentlichen Bedeutungen der Noten orientiert. Das was wir z.B. oft mit "4" abkürzen (und was dadurch erst zum unzulässigen rechnen einlädt) ist offiziell die Note "ausreichend", die erteilt werden soll, wenn die Leistungen zwar Mängel aufweisen, aber im Ganzen den Anforderungen (noch) entsprechen. Was das genau für ein Fach bedeutet, lässt sich unter Bezugnahme auf die zu erreichenden Kompetenzen und Anforderungsbereiche aus den KCs ableiten und durch die Lehrkräfte einschätzen.

  • @ Krabappel, deine Frage bringt mich auf eine Idee. Wird bei euch die Schuljahresendnote aufgrund aller Noten des gesamten Schuljahres berechnet? In Berlin dürfen für die Schuljahresendnote nämlich nur die Noten des zweiten Halbjahres herangezogen werden.


    Das ist insbesondere neuerdings "doof", weil wir jetzt in Deutsch 5 Teilbereiche auf dem Zeugnis haben und gar nicht hinterherkommen, all die vielen Noten zu geben. Würde das ganze Schuljahr zählen, wäre das natürlich kein Problem.

  • ich hatte sowas im Hinterkopf, aber wohl nicht richtig verstanden, wo das Problem liegt. Dann aber die Frage: wie kommst du auf eine Gesamtnote?

    Bei einer Ordinalskala geht es darum, die in ihr enthaltenen Werte in eine Rangfolge zu bringen. Am Beispiel der Notenskala: Sehr gut ist besser als gut, gut besser als befriedigend usw. Es ist jedoch so, dass die Abstände zwischen den Werten der Skala nicht quantifizierbar sind. Deshalb ist es auch nicht möglich, mit diesen Werten zu rechnen. Bei der Notenskala ist es also nun so, dass die Notenstufen "sehr gut" ... "ungenügend" lauten. Wenn du nur diese Wörter betrachtest, würdest du ja intuitiv vermutlich nicht auf die Idee kommen, befriedigend + mangelhaft = ausreichend zu rechnen. In Deutschland ist es jetzt so, dass die Notenstufen neben ihrer eigentlichen Bedeutung auch als Zahlen kodiert sind, was den Eindruck erweckt, man könnte mit ihnen rechnen. Das kann mitunter ungerechte Folgen für Schüler haben. Als Beispiel sei hier einmal der Notenschlüssel der IHK angeführt:


    • 100 - 92 Punkte: sehr gut
    • <92 - 81 Punkte: gut
    • <81 - 67 Punkte: befriedigend
    • <67 - 50 Punkte: ausreichend
    • <50 - 30 Punkte: mangelhaft
    • <30 Punkte: ungenügend.

    Wenn du jetzt zwei Schüler A und B hast, welche beide 2 Klassenarbeiten mit folgenden Noten geschrieben haben:

    • A: sehr gut (100 Punkte); ausreichend (65 Punkte)
    • B: gut (81 Punkte); gut (82 Punkte)

    Dann würde, wenn man das arithmetische Mittel bilden würde,

    • Schüler A: (1 + 4) / 2 = 2,5 die Note befriedigend bekommen
    • Schüler B: (2 + 2) / 2 = 2 die Note gut.

    Betrachtet man jetzt aber die insgesamt erreichten Punkte, dann ist das total unlogisch, weil

    • Schüler A insgesamt 165 Punkte erreicht hat,
    • Schüler B aber nur 163 Punkte

    Das ist doch total ungerecht, oder?

  • Bei einer Ordinalskala geht es darum, die in ihr enthaltenen Werte in eine Rangfolge zu bringen. Am Beispiel der Notenskala: Sehr gut ist besser als gut, gut besser als befriedigend usw. Es ist jedoch so, dass die Abstände zwischen den Werten der Skala nicht quantifizierbar sind. Deshalb ist es auch nicht möglich, mit diesen Werten zu rechnen. Bei der Notenskala ist es also nun so, dass die Notenstufen "sehr gut" ... "ungenügend" lauten. Wenn du nur diese Wörter betrachtest, würdest du ja intuitiv vermutlich nicht auf die Idee kommen, befriedigend + mangelhaft = ausreichend zu rechnen. In Deutschland ist es jetzt so, dass die Notenstufen neben ihrer eigentlichen Bedeutung auch als Zahlen kodiert sind, was den Eindruck erweckt, man könnte mit ihnen rechnen. Das kann mitunter ungerechte Folgen für Schüler haben. Als Beispiel sei hier einmal der Notenschlüssel der IHK angeführt:

    • 100 - 92 Punkte: sehr gut
    • <92 - 81 Punkte: gut
    • <81 - 67 Punkte: befriedigend
    • <67 - 50 Punkte: ausreichend
    • <50 - 30 Punkte: mangelhaft
    • <30 Punkte: ungenügend.

    Wenn du jetzt zwei Schüler A und B hast, welche beide 2 Klassenarbeiten mit folgenden Noten geschrieben haben:

    • A: sehr gut (100 Punkte); ausreichend (65 Punkte)
    • B: gut (81 Punkte); gut (82 Punkte)

    Dann würde, wenn man das arithmetische Mittel bilden würde,

    • Schüler A: (1 + 4) / 2 = 2,5 die Note befriedigend bekommen
    • Schüler B: (2 + 2) / 2 = 2 die Note gut.

    Betrachtet man jetzt aber die insgesamt erreichten Punkte, dann ist das total unlogisch, weil

    • Schüler A insgesamt 165 Punkte erreicht hat,
    • Schüler B aber nur 163 Punkte

    Das ist doch total ungerecht, oder?

    Die "Ungerechtigkeit" ergibt sich hier aus dem nicht-linearen Notenschlüssel.

  • Ja, und deswegen ist es eben schlauer, wenn man einfach alle Punkte am Ende des Schuljahres zusammenzählt und daraus die Note bildet. Im Grunde genommen mache ich das so, nur dass ich pro forma die Punktzahl jeder einzelnen Prüfung in eine auf Zehntel gerundete Note "übersetze", damit der Schüler eine Idee hat, wo er gerade steht. Ob man jetzt auf Zehntel rundet, auf Hundertstel oder auf Tausendstel ... mei. Ein Schüler hat sich bei uns im August übers Kantonsgericht mit genauso einer Spitzfindigkeit wieder zurück ans Gymnasium geklagt. Ich verstehe da immer das persönliche Beleidigtsein der "betroffenen" Lehrpersonen nicht, vor allem wenn man sich den Schüler anschaut, wie er jetzt da hockt und eh nichts aus sich macht.

  • Die "Ungerechtigkeit" ergibt sich hier aus dem nicht-linearen Notenschlüssel.

    Das mag ja sein, verdeutlicht aber dennoch, dass es unsinnig ist mit den Werten einer Ordinalskala rechnen zu wollen.

  • Das mag ja sein, verdeutlicht aber dennoch, dass es unsinnig ist mit den Werten einer Ordinalskala rechnen zu wollen.

    Bei linearer Notenverteilung von 30 bis 100 Punkten kann man durch die Vergabe von Zehntelnoten wie folgt sinnvoll rechnen:


    A: 100 Punkte --> Note 1; 65 Punkte --> Note 3,5) ==> Durchschnittsnote 2,25 (gut)


    B: 81 Punkte --> Note 2,4; 82 Punkte --> Note 2,3 ==> Durchschnittsnote: 2,35 (gut)

  • Bei linearer Notenverteilung von 30 bis 100 Punkten kann man durch die Vergabe von Zehntelnoten wie folgt sinnvoll rechnen:


    A: 100 Punkte --> Note 1; 65 Punkte --> Note 3,5) ==> Durchschnittsnote 2,25 (gut)


    B: 81 Punkte --> Note 2,4; 82 Punkte --> Note 2,3 ==> Durchschnittsnote: 2,35 (gut)

    Rechnen kannst du so. Aber vorher verwendest du eine Zuordnung "Leistung" -> Punkte. Die wird dir nicht so gelingen, dass sie mit Adjektiv "linear" geeignet zu beschreiben ist. Insofern ist das Ergebnis nicht besser/gerechter, sondern nur anders.

    • A: sehr gut (100 Punkte); ausreichend (65 Punkte)
    • B: gut (81 Punkte); gut (82 Punkte)
      ...

    Könnte man also sagen: A hat Geometrie sehr gut, die Prozentrechnung aber nur ausreichend verstanden. Insgesamt finde ich seine Leistung befriedigend. B hat jeweils beides gut gemeistert und schlägt sich auch mündlich gut, Zeugnis: gut. Darf ich das auch so bei den Eltern begründen? Scheint mir zwar realistisch aber doch klingt's arg vage.

  • Könnte man also sagen: A hat Geometrie sehr gut, die Prozentrechnung aber nur ausreichend verstanden. Insgesamt finde ich seine Leistung befriedigend. B hat jeweils beides gut gemeistert und schlägt sich auch mündlich gut, Zeugnis: gut. Darf ich das auch so bei den Eltern begründen? Scheint mir zwar realistisch aber doch klingt's arg vage.

    In Kurzform: Ja. Denn genau diese argumentative Beurteilung der Fachleistung nach pädagogischen und nicht rein rechnerischen Gesichtspunkten ist die letztlich geforderte Art der Notenbildung (zumindest hier in Niedersachsen). So wie du das geschrieben hast, finde ich die Noten auch gut nachvollziehbar. Was da natürlich nicht passieren darf, ist etwas wie "naja...eigentlich die ganze Zeit befriedigende Leistungen, einmal eine ausreichende Klausur...im Zeugnis gibt es ein mangelhaft".

  • OT: individueller Lernstand vs. Lehrziele und Benotung.


    Wie würdet ihr das deuten?:


    ...Ermittlung und Bewertung von Leistungen liegen in der pädagogischen Verantwortung des Lehrers. Die Lehrerkonferenz beschließt die Bewertungsrichtlinien. Der Klassenlehrer gibt diese den Eltern und den Schülern zu Beginn des Schuljahres bekannt.
    (3) Ermittlung und Bewertung von Leistungen sollen auf der Grundlage der Analyse des Lernprozesses und der Lernergebnisse erfolgen und den individuellen sonderpädagogischen Förderbedarf des Schülers sowie die fortgeschriebenen Förderpläne berücksichtigen.
    (4) Grundlage der Leistungsbewertung in einem Unterrichtsfach sind alle vom Schüler im Zusammenhang mit dem Unterricht erbrachten schriftlichen, mündlichen und praktischen Leistungen. Diese Bewertung hat in pädagogisch sinnvollen Zeitabständen und entwicklungsfördernden Zusammenhängen zu erfolgen. Soweit eine Benotung vorgesehen ist, sind grundsätzlich mindestens zwei Benotungen mündlicher oder praktischer Leistungen im Schulhalbjahr vorzunehmen. Dem Schüler ist die erteilte Note jeweils bekannt zu geben.
    (5) Für Schüler,
    1.bei denen eine Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234), das zuletzt durch Artikel 23 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2541) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, vorliegt, die nicht zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs geführt hat, oder2.die eine festgestellte Teilleistungsschwäche aufweisen,legt der Fachlehrer im Einvernehmen mit dem Schulleiter und unter Berücksichtigung der jeweiligen Beeinträchtigung des Schülers Maßnahmen zur Organisation und Gestaltung der Leistungsermittlung fest, ohne die Leistungsanforderungen qualitativ zu verändern.
    ...
    §
    (1) Leistungen werden nach dem Grad des Erreichens von Lernanforderungen bewertet. Die Bewertung berücksichtigt den individuellen Lernfortschritt des Schülers, seinen sonderpädagogischen Förderbedarf, den Grad der Anwendung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie die Art der Darstellung. Sie soll ermutigen und den Leistungswillen stärken.


    Muss ich einem, der zwischen 4 und 5 steht die 4 geben, um ihn zu ermutigen? Unsere Schüler sind so schwach, dass die Noten eh nicht realistisch sind. Aber wenn einer massiv "abbaut", ist es immer schwierig, ihn mit 4en zu entlassen, auch wenn er nichts weiß. Stünde im Förderplan z.B. "Umgang mit Geld" oder sowas und der Schüler kann auf 10 EUR rausgeben ist das aber doch trotzdem kein "gut", wenn im Lehrplan "Rabatte mit Dreisatz ermitteln" dran ist. Also was ich meine: wo endet die Orientierung an der Behinderung, wo die am Lehrplan? Ich hoffe, ich kann das Dilemma ausdrücken...

  • ... im Unterricht von "desinteressiert und störend" zu "solide Mitarbeit mit fachlich guten Beiträgen" gemausert hat. Der hat einfach einen riesigen Sprung gemacht.

    okay, da ist die 3 natürlich motivierend. Hättest du's auch umgekehrt gemacht? Wenn einer plötzlich einsackt, eine Note im Halbjahr runter? (von 3,6 ->4 nach 4,5->5 oder so). Oder die Gnadenvier, weil die Person eh ins BVJ geht und da nochmal scheitern muss... echter Mist mit den sinnlosen Noten.

  • Das ist genau der gleiche Widerspruch wie beim sog. "Nachteilsausgleich". (Mehr Zeit, "textoptimierte" Aufgaben, bei Prüfung anwesende Betreuer die vorlesen und motivieren usw. - aber das Schwierigkeitsniveau bleibe dabei unangetastet.)


    Der Gesetzgeber möchte, dass wir die Leut' durchwinken. (Ist doch toll, wenn sich die Statistik positiv verändert!)


    Die "ermutigenden" Noten täuschen die SuS über ihren tatsächlichen Leistungsstand. Die Jugendlichen bekommen ein falsches Selbstbild und bauen sich Illusionen auf, die dann später um so heftiger zerplatzen.

  • okay, da ist die 3 natürlich motivierend. Hättest du's auch umgekehrt gemacht? Wenn einer plötzlich einsackt, eine Note im Halbjahr runter? (von 3,6 ->4 nach 4,5->5 oder so). Oder die Gnadenvier, weil die Person eh ins BVJ geht und da nochmal scheitern muss... echter Mist mit den sinnlosen Noten.

    das hab ich ähnlich auch schon andersrum gemacht, aber nicht so extrem, sondern bei 3,3 die 4 gegeben.


    Gnadennoten gibt es bei mir nicht. Ich unterrichte ja ausschließlich in einem sicherheitsrelevanten Beruf, und nur duale BS und "aufwärts". Da bedeuten Gnadenvierer, dass der Kerl vielleicht später aus versehen jemanden umbringt, weil ich ihm das durchkommen geschenkt hab. Den Schuh zieh ich mir nicht an, weder als Lehrer noch als HWK-Prüfer.


    Habe deshalb auch schon Leute durch den letzten Versuch der allerletzten Fachschulprüfung fallen lassen. Das fühlt sich für alle beteiligten scheiße an, aber ist halt so.

  • dann sollte man als Fachschaft oder als Kollegium am Notenschlüssel arbeiten ;)

    Das ist der Notenschlüssel der IHK. Da gibt es für uns als Schule nichts dran zu arbeiten... Warum sollte ein Notenschlüssel überhaupt linear sein? Stichpunkte: Ordinalskala, nicht quantifizierbare Abstände.

  • Warum sollte ein Notenschlüssel überhaupt linear sein? Stichpunkte: Ordinalskala, nicht quantifizierbare Abstände.


    Wenn der Notenschlüssel linear (und ohne Sockel) ist, dann sind die Abstände sehr wohl quantifizierbar. Erkennbar wird dies, wenn man die Punkte-Noten-Zuordnung in einem Koordinatensystem veranschaulicht. Die Gerade, die beim Verbinden der Punkte entsteht, hat überall die gleiche Steigung.
    (--> Ist typisch für Geraden ;-)).

  • Die Punkteverteilung ist aber auch bei einem linearen Notenspiegel nicht linear. Es sei denn man trifft die absurde Annahme, dass alle Punkte einer Klassenarbeit die gleiche Wertigkeit haben. Die Punkte in Transferaufgaben sind oft deutlich schwieriger zu erreichen.

  • Deswegen ist es wichtig, seine Anforderungsbereiche so zu verteilen, dass sie zur Punkte - Notenverteilung passen.
    Bringt man mehr Aufgaben vom mittleren Bereich in die Arbeit, dann muss man auch das Mittelfeld der Notenverteilung breiter machen.
    Wir benutzen einen Notenschlüssel, der der gaußschen Normalverteilung (breites Feld bei der Note 3) ähnelt. Im Vorfeld schauen wir, ob die Punktverteilung, die Anforderungsbereiche und die Noten übereinstimmen.

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