Lehrerbedarfsprognose Bayern, wie zuverlässig?

  • Man muss aber auch dazu sagen, dass die Lehrerausbildung so schon eine der längsten Berufsausbildungen ist: 5 Jahre Studium + 2 Referendariat. Realistischerweise muss man noch ein Jahr dazurechnen, da zumindest in meinem Bundesland ein halbes Jahr zwischen Studium und Referendariatsbeginn liegt und man bereits vor Studienbeginn ein erstes Praktikum absolvieren muss. Wenn dann doch eine zusätzliche Ausbildung verpflichtend wäre, reden wir von einer Zeitspanne von insgesamt 10 Jahren zwischen "Ich möchte Lehrer werden." und "Ich bin Lehrer.". Und naja, das steht finanziell überhaupt nicht mehr im Verhältnis, wenn man bedenkt, dass es Berufe gibt, in denen man mit 19 bereits "richtig" Geld verdient.

  • Aber nebenher ein 2. Standbein aufbauen? Unrealistisch. Hinterher nach Alternativen suchen? Sowieso!

    Das entspricht in etwa der Anspruchshaltung, die man den Millenials gerne vorwirft. Ich habe es oben schon geschrieben: Ich bin für mein Leben verantwortlich. Und es war überhaupt nicht aufwendig oder stressig, dieses zweite Standbein aufzubauen. Als jemand, der seine Fächer aus echtem Interesse heraus studiert hat, habe ich nicht-schulische Praktika alleine schon aus Interesse bzw. Begeisterung für das Fach gemacht, auch im Theaterbereich, ein anderes Praktikum bei einem Verlag hat leider nicht geklappt. Irgendwann hat es sich halt dann auf Journalismus verdichtet. Das ist völlig problemlos leistbar und echt keine Überforderung, vor allem in den Geisteswissenschaften, de ja ein eher entspanntes Studienprogramm haben.


    Und wenn jemand Geisteswissenschaften studiert, die im richtien Jobmarkt halt kaum jemand brauchen kann, und dann noch auf Lehramt, von dem ich am Anfang ja gar nicht weiß, ob es mir liegt, dann ist es grob fahrlässig, sich nicht von Anfang an breit aufzustellen. Klar kann ich dann hinterher auf das böse System schimpfen, aber die Schuld trage ich allein. Nochmal: Es ist mein Leben.
    Aber, wie gesagt, das hängt halt vielleicht auch damit zusammen, wie viel echtes Interesse man für seine Fächer mitbringt und ob man auch gerne mal über den Tellerrand hinaussschaut. Beides übrigens Eigenschaften, die meiner Meinung nach gerade für den Lehrberuf unabdingbar sind.

  • Och, der aktuelle Fachkräftemangel würde das durchaus hergeben. Azubis sind schließlich für viele Betriebe dringend benötigte günstige Arbeitskräfte, um auf auf dem Markt bestehen zu können.

    Das klingt jetzt aber arg negativ. Tatsächlich ist es in den meisten Bereichen so, dass Azubis dringendst benötigte Gesellen von morgen sind - oft nicht, um den derzeitigen Boom mitnehmen zu können, sondern schlicht um den Laden nicht schließen zu müssen.


  • soweit mir bekannt ist, kannst du mit bestandenem 1. Staatsexamen auch ohne Ausbildung als Erzieher tätig sein.

    Bei meinen Kommilitonen hielt sich damals hartnäckig das ebenso schwachsinnige Gerücht, man sei mit bestandenem EWS (erziehungswissenschaftlicher Teil des 1. StEx, eher ein Witz und das pädagogische Feigenblättchen für uns Gym-Leute) Diplom-pädagoge.
    In meinen Augen nur ein Beleg für die Weltfremdheit vieler Lehrämtler.

    Ich kenne einen ehemaligen Juristen (ohne 2. Staatsexamen), der ist inzwischen Krankenpfleger und ein glücklicher Mensch. Der hing aber auch eine Weile in der Luft und wusste weder ein noch aus. Das Leben geht weiter und ein eigenverantwortlicher Mensch wird sich neu orientieren und nicht die Flinte ins Korn werfen.

    Mit bestandenem 1. Staatsexamen ist man Diplomjurist und kann damit auf dem Arbeitsmarkt durchaus einiges anfangen, wenn auch die Karriere als Staatsanwalt versagt bleibt. Ich will Deinem Bekannten nicht in abrede stellen, dass er jetzt glücklich ist, vermute aber, als Jurist wäre er es ohnehin nicht geworden.


    Und das ist m. E. die Hauptcrux bei der Sache: Ein Studium dauert nun mal so lange, dass sich die Interessen und Neigungen währenddessen auch mal fundamental ändern können.

  • Für BW gilt:



    http://www.landesrecht-bw.de/j…bsbawueprod.psml&max=true

  • Das klingt jetzt aber arg negativ. Tatsächlich ist es in den meisten Bereichen so, dass Azubis dringendst benötigte Gesellen von morgen sind - oft nicht, um den derzeitigen Boom mitnehmen zu können, sondern schlicht um den Laden nicht schließen zu müssen.

    Ich gebe zu, das war eindimensionaler formuliert, als die Realität es ist und wird vielen grundanständigen Ausbildungsbetrieben nicht gerecht, die tatsächlich ihren künftigen Bedarf an Fachkräften ausbilden, nicht nur die günstigere Arbeitskraft eines Azubis ausbeuten wollen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich gebe zu, das war eindimensionaler formuliert, als die Realität es ist und wird vielen grundanständigen Ausbildungsbetrieben nicht gerecht, die tatsächlich ihren künftigen Bedarf an Fachkräften ausbilden, nicht nur die günstigere Arbeitskraft eines Azubis ausbeuten wollen.

    Um ehrlich zu sein: Das ist mir immer noch zu krass formuliert. Die Zeiten, als der Azubi noch Lehrling hieß und erstmal nicht viel mehr machen dürfte als den Hof zu kehren und dem Meister das Auto zu waschen, dürften definitiv vorbei sein, zumindest wenn der Azubi halbwegs ausbildbar ist. Wer heute meint, sich nicht an die Ausbildungsordnung halten zu müssen, ist seinen Azubi schneller los, als "holmirmalneflaschebier" sagen kann.
    Nervende Eltern gibt's nicht nur in der Schule, by the way.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Bei meinen Kommilitonen hielt sich damals hartnäckig das ebenso schwachsinnige Gerücht, man sei mit bestandenem EWS (erziehungswissenschaftlicher Teil des 1. StEx, eher ein Witz und das pädagogische Feigenblättchen für uns Gym-Leute) Diplom-pädagoge. In meinen Augen nur ein Beleg für die Weltfremdheit vieler Lehrämtler.


    Hallo fossi74,


    ich bin nicht hier, um Gerüchte zu verbreiten. Es ist definitiv in BW möglich, da jemand, den ich kenne, das gemacht hat (als Erzieher arbeiten). Dass man automatisch Erzieher wäre, habe ich nicht behauptet. Plattenspieler hat das inzwischen untermauert. Also nochmals: Definitiv kein Gerücht!


    Nebenbei bemerkt: Mit mehrjähriger akademischer Ausbildung (inklusive längeren Praktikumsphasen im pädagogischen Bereich) zumindest gleichwertig als Erzieher oder zumindest pädagog. Assistent (mit Fortbildungsoptionen) arbeiten zu können, ist nicht weltfremd. Die wenigsten Leute mit 1. Staatsexamen dürften das überhaupt in Erwägung ziehen. Wer es dennoch macht: Hut ab!


    Der "Diplom-Pädagoge" ist da eine ganz andere Hausnummer und der von dir genannte Gedanke ist tatsächlich als reichlich naiv zu bezeichnen. Hat aber mit dem, was ich schrieb, nichts zu tun. Den Vergleich weise ich also entschieden zurück.


    der Buntflieger


  • ich bin nicht hier, um Gerüchte zu verbreiten. Es ist definitiv in BW möglich, da jemand, den ich kenne, das gemacht hat (als Erzieher arbeiten). Dass man automatisch Erzieher wäre, habe ich nicht behauptet. Plattenspieler hat das inzwischen untermauert. Also nochmals: Definitiv kein Gerücht!


    Nebenbei bemerkt: Mit mehrjähriger akademischer Ausbildung (inklusive längeren Praktikumsphasen im pädagogischen Bereich) zumindest gleichwertig als Erzieher oder zumindest pädagog. Assistent (mit Fortbildungsoptionen) arbeiten zu können, ist nicht weltfremd. Die wenigsten Leute mit 1. Staatsexamen dürften das überhaupt in Erwägung ziehen. Wer es dennoch macht: Hut ab!

    Ja, hast Recht. Ich habe ungenau gelesen. Wäre aber glatt interessant, was der TV-L unter "Fachkraft" versteht, vor allem im Hinblick auf die Eingruppierung.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Ist ja schön und gut, wenn das für die Leute in BW geht. Hier in Bayern geht das aber wie gesagt nicht. Hier wird das 1. Stex (auch mit 2. Stex also Ref) nur als SPA Ausbildung anerkannt. Die drei Jahre Erzieherausbildung muss man trotzdem machen. Ich habe gerade eine Praktikantin, in der Erzieherausbildung, bei uns in der Einrichtung, die eigentlich B/C Gymlehrerin ist, aber keine Stelle bekommen hat und nicht auswandern möchte.

  • Um ehrlich zu sein: Das ist mir immer noch zu krass formuliert. Die Zeiten, als der Azubi noch Lehrling hieß und erstmal nicht viel mehr machen dürfte als den Hof zu kehren und dem Meister das Auto zu waschen, dürften definitiv vorbei sein, zumindest wenn der Azubi halbwegs ausbildbar ist. Wer heute meint, sich nicht an die Ausbildungsordnung halten zu müssen, ist seinen Azubi schneller los, als "holmirmalneflaschebier" sagen kann.Nervende Eltern gibt's nicht nur in der Schule, by the way.

    Das ist mir jetzt wiederum zu eindimensional, da ich bei meiner Arbeit fürs Jugendwerk einfach zu viele Jugendliche begleitet habe, die viel zu früh viel zu allein waren und die oft ein absolut sicheres Händchen dafür hatten sich Betriebe mit ähnlich fatalen zwischenmenschlichen Beziehungen auszuwählen, wie sie es von zuhause aus kannten. Die Hinweise auf die Ausbildungsordnung kamen in diesen Fällen dann zwar auch und zwar von seiten der Mitarbeiter des Jugendwerks (sprich meinen KuK und mir), aber es gibt eben auch schwarze Schafe, die vergessen, dass Azubis etwas lernen wollen, sollen und müssen und nicht nur die schnelle Entlastung im Alltagsgeschäft darstellen. Da geht es natürlich nicht um die klischeehafte "Flasche Bier" sondern eben um Routineaufgaben, die man recht schnell einem Azubi übertragen kann und die zwar auch Teil einer Ausbildung sind, diese aber nicht ausschließlich ausmachen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Wäre aber glatt interessant, was der TV-L unter "Fachkraft" versteht, vor allem im Hinblick auf die Eingruppierung.

    Da ich als solche jahrelang tätig war (privater Träger): Exakt gleiche Bezahlung wie gelernte Erzieher.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ist ja schön und gut, wenn das für die Leute in BW geht. Hier in Bayern geht das aber wie gesagt nicht. Hier wird das 1. Stex (auch mit 2. Stex also Ref) nur als SPA Ausbildung anerkannt. Die drei Jahre Erzieherausbildung muss man trotzdem machen. Ich habe gerade eine Praktikantin, in der Erzieherausbildung, bei uns in der Einrichtung, die eigentlich B/C Gymlehrerin ist, aber keine Stelle bekommen hat und nicht auswandern möchte.

    Ich habe auch in Erzieherklassen regelmäßig ehemalige Lehrämtler sitzen, aus den unterschiedlichsten Gründen. So glatt kann der übergang von lehramt nach erzieher also auch in nrw nicht laufen.

  • Ja, hast Recht. Ich habe ungenau gelesen. Wäre aber glatt interessant, was der TV-L unter "Fachkraft" versteht, vor allem im Hinblick auf die Eingruppierung.


    Siehe hier, Abschnitt 20.6, S. 169 - 171.


    Sonst zur Frage, wie reibungslos das geht, noch einmal der Hinweis auf meinen Beitrag weiter oben zu BW:


    Hier gilt das auch nur für Sonderschul- und Grundschullehrkräfte, und bei nur 1. Staatsexamen auch nur mit 25-tägiger Weiterbildung oder einjährigem Berufspraktikum.


    Ich habe hier noch einen Artikel gefunden, der auf die Situation in verschiedenen Bundesländern, unter anderem auch Bayern, eingeht:


    https://www.erzieherin-ausbild…rzieher-arbeiten-geht-das


    Da heißt es z. B.:



    Zitat

    Die Stadt München startete 2011 die Initiative „Grundschullehrkräfte im Erziehungsdienst“. Die Lehrkräfte wurden zunächst als Kinderpfleger eingestellt und absolvierten berufsbegleitend eine 30 tägige Weiterbildung. Wer nach einem halben Jahr die Erzieherprüfung bestand, könnte als Fachkraft im Kindergarten arbeiten. Das Projekt wurde leider nicht weiter geführt, heute müssen Lehrer, die als Fachkraft eingestellt werden wollen, in Bayern teilweise den Weg über die Externen- bzw. Nichtschülerprüfung einschlagen.

  • Alles andere hätte mich auch gewundert, zumindest für Gym-Leute. Wenn ich daran denke, wie meine "Ausbildung" in Pädagogik aussah...

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Alles andere hätte mich auch gewundert, zumindest für Gym-Leute. Wenn ich daran denke, wie meine "Ausbildung" in Pädagogik aussah...


    Hallo fossi74,


    sicher sind die Ausbildungen (hier Studium, ein langes Praktikum, sonst tiefgreifende Theorie pur und dort im Vergleich wenig Theorie, überschaubarer Tiefgang, dafür aber auf den Punkt praxisbezogen) kaum vergleichbar.


    Es geht mehr darum, dass man mit bestandenem 1. Staatsexamen im pädagogischen Bereich gezeigt hat, dass man in der Lage ist, sich fortgeschrittene Inhalte selbständig und zuverlässig zu erarbeiten.


    Ich habe selbst in einer KiTa während dem Studium gelegentlich als Aushilfe gearbeitet und ohne jetzt den Erziehern ihre Qualifikation absprechen zu wollen: Das ist eine machbare Angelegenheit.


    Für mich wäre das jedoch keine Alternative, da mich die Arbeit - obwohl ich mit den Kleinen viel Spaß hatte - auf Dauer total unterfordern würde.


    der Buntflieger

  • ...machbar sicher. Es ist auch machbar, eine Grundschulklasse irgendwie im Zaun zu halten oder Kindern am Gym aus dem Buch irgendwelche Aufgaben vorzutragen. Sinnvolle Arbeit einer gelernten Kraft ist aber ganz was anderes. Zur Aushilfe mag ein Lehrantsstudium oder mögen eigene Kinder qualifizieren, zu mehr sicher nicht. Frühkindliche Bildung ist ganz was anderes als schulische Bildung.

  • ...machbar sicher. Es ist auch machbar, eine Grundschulklasse irgendwie im Zaun zu halten oder Kindern am Gym aus dem Buch irgendwelche Aufgaben vorzutragen. Sinnvolle Arbeit einer gelernten Kraft ist aber ganz was anderes. Zur Aushilfe mag ein Lehrantsstudium oder mögen eigene Kinder qualifizieren, zu mehr sicher nicht. Frühkindliche Bildung ist ganz was anderes als schulische Bildung.


    Hallo keckks,


    ich schrieb auch, dass hier eine Qualifikation nicht ersetzt wird. Aber - und das ist hier entscheidend - die Qualifikation kann zeitnah nachgeholt werden, wobei ein hohes Maß an Selbständigkeit vorausgesetzt werden kann.


    Auch ein Erziehungshelfer/Kinderpfleger muss übrigens - jedenfalls hierzulande - eine 2-jährige Ausbildung absolvieren.


    der Buntflieger

  • Wobei Lehrer ja auch in den sonderpädagogischen Kindergarteneinrichtungen und in der Frühförderung arbeiten (zumindest in BW und Bayern, in anderen Bundesländern nur begrenzt).

  • kinderpfleger sind eher, wie der name schon sagt, pfleger und keine erzieher. erzieher absolvieren eine fünfjährige ausbildung, kinderpfleger ist ein klassischer ausbildungsberuf für diejenigen, die "richtige" ausbildungen (die länger als zwei jahre dauern) vermutlich nicht bewältigen können. hier waren das schon in den 80ern die absolventen der ersten förderzentren. alternative anstreicher und maurer. die pfleger arbeiten immer nach anweisung eines erziehers, soweit ich weiß.

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