Darf die Schulleitung in die Notengebung eingreifen?

  • Wer hat schonmal eine Anweisung schriftlich verlangt und dann war irgendwas schnell vom Tisch?

    Ja, im obigen Fall war das dann vom Tisch. Es gab auch keinen Ärger danach. Bin mit dem Mann gut ausgekommen. Sein Problem war halt immer, dass Eltern Ärger machen könnten (beim ihm vorstellig werden, sich beschweren, Widerspruch einlegen, …). Dem wollte er aus dem Weg gehen. Bei einer Schülerin wollte er halt, dass ich eine Mathematik 3 zu einer 2 mache. Der Vater des Mädchen hatte ihn angerufen und war der Meinung, dass seine Tochter (aufgrund ihrer Klassenarbeiten) eine 2 bekommen müsste, dann hätte sie alle Hauptfächer 2 und könnte nach der Erprobungsstufe auf das Gymnasium wechseln.
    Der Schulleiter hat also auf mich eingewirkt, dass ich die 2 geben solle. So ginge ich Ärger aus dem Weg. Ich habe abgelehnt. Er fragte dann mehrmals. Irgendwann habe ich dann gesagt: Geben Sie mir die Weisung bitte schriftlich." Danach hat er das nie wieder gefragt.
    Es gab danach keine Retourkutsche seitens des Schulleiters.


    Das war jetzt die Langversion der Geschichte.


    Zum Mädchen: Der Vater kam tatsächlich. Aber nicht "auf Krawall". Die Klassenlehrerin und ich haben ihm dann in einem guten Gespräch dargelegt, dass die Tochter auch mit der 2 in Mathematik auf dem Gymnasium eher nichts zu suchen hat. Ob sie nun noch Abitur gemacht hat oder nicht, entzieht sich meiner Kenntnis.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Ja, die Schulleitung darf in die Notengebung eingreifen.

    Im Bildungsföderalismus-System und über alle Schularten ist so eine Aussage mutiger, als ich sie mir zutrauen würde.


    Bayern, Gymnasium: Nein, Schulleitung kann nur sehr begrenzt eingreifen: Einzelne Prüfungen können tatsächlich von der Schulleitung bei formalen Fehlern klassenweise kassiert werden; einzelne Noten dürfen nicht geändert werden. Zeugnisnoten bestimmt die Klassenkonferenz; Einzelnoten kann die Schulleitung der Gesamtkonferenz zur Diskussion und Entscheidung vorlegen (was nie vorkommt).


    Dass de facto Schulleitungen oft Druck ausüben und selbst bei unerlaubter Notenmanipulation nicht unbedingt sehr bestraft werden (es gab mal eine solche Abitursituation vor ein paar Jahren, auch hier diskutiert): ja, das schon.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Ich habe oben auf das Urteil dazu verwiesen.


    Ich selbst bin nicht dafür, dass die Schulleitung bei der Notengebung eingreifen darf, sofern wir nicht gegen Recht und Gesetz verstoßen.

  • Eine Klausurbewertung ist keine Zeugnisnote.

    Und es ging um BaWü 1988, wohl nach den damaligen Gesetzen? Ich bezweifle, dass das heute oder bundesweit noch relevant ist.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • @ Herr Rau, Zweifel streuen ersetzt aber keine stichhaltigen Belege.


    Das Grundgesetz ist von 1949. Zweifelst du daran, dass es immer noch gilt?


    In Ostdeutschland soll bei der Grundsteuer noch ein Gesetz (?) aus den 1930er Jahren gelten.

  • Wenn es bei einer Klassenarbeit geht, warum dann nicht auch bei einer Zeugnisnote? Die basiert doch ggf. wesentlich auf den Klassenarbeiten.


    Rechtsgrundlage?

    Zeugnisnoten sind die Endbewertungen, aufgrund derer in einem Verwaltungsakt eine Versetzung erfolgt oder eben nicht. Eine Klassenarbeit ist nur einer von mehreren Faktoren, die eine Zeugnisnote ausmachen. Das sind zwei kategorial unterschiedliche Dinge - eine Zeugnisnote ist keine Bewertung einer Klassenarbeit, deshalb gelten auch unterschiedliche Rechtsvorschriften für beide.


    In der APO-WBK (NRW), der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Weiterbildungskolleg, ist die Rechtsgrundlage beispielsweise folgende. Die meisten anderen APOs in NRW enthalten ähnliche oder gleiche Vorschriften.


    Die Fachlehrerin oder der Fachlehrer entscheidet über die Note in ihrem oder seinem Fach und begründet diese auf Verlangen in der Zulassungskonferenz. Die Gesamtentwicklung der oder des Studierenden während des Semesters ist zu berücksichtigen. Die Note kann durch Konferenzbeschluss nicht abgeändert werden; die schulaufsichtliche Überprüfung bleibt unberührt.

  • ...


    Bayern, Gymnasium: Nein, Schulleitung kann nur sehr begrenzt eingreifen: Einzelne Prüfungen können tatsächlich von der Schulleitung bei formalen Fehlern klassenweise kassiert werden; einzelne Noten dürfen nicht geändert werden. Zeugnisnoten bestimmt die Klassenkonferenz; Einzelnoten kann die Schulleitung der Gesamtkonferenz zur Diskussion und Entscheidung vorlegen (was nie vorkommt).

    Doch, es ist schon vorgekommen, dass die Gesamtkonferenz - auf Antrag der Schulleitung - eine Note zum Besseren verändert, um einem Schüler das Durchfallen zu ersparen.

  • Doch, es ist schon vorgekommen, dass die Gesamtkonferenz - auf Antrag der Schulleitung - eine Note zum Besseren verändert, um einem Schüler das Durchfallen zu ersparen.

    Ja, das ist denkbar. Habe ich in den letzten zwanzig Jahren aber tatsächlich nie erlebt - Einzelnoten in der Konferenz thematisieren. Was gelegentlich geschah, ist, dass die Gesamtkonferenz die Zeugnisnote gegen den Vorschlag der Klassenkonferenz ändert, also etwa: Klassenkonferenz folgt dem Vorschlag des Fachlehrers, bei 4,59 eine 5 zu geben; Gesamtkonferenz macht daraus eine 4.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Klingt immer alles so cool, aber am Ende muss es jeder mit seinem Chef aushalten. Und ich bin weiß Gott kein Mensch ohne Rückgrat.

    Hallo Krabappel,


    ich bin da wohl auch ein gebranntes Kind (offenbar ein Mensch mit Rückgrat unter wenigen?!) und meiner Erfahrung nach ist es so, dass Leute mit Rückgrat die Schule wechseln.


    Es stimmt wohl, dass man es langfristig an keiner Schule aushalten kann (rein vom gesundheitlichen Aspekt her), wo ein autoritärer Schulleiter dich nicht leiden kann.


    Daher kann man an solchen Schulen leicht den Eindruck bekommen, dass es nur Personen (Kollegen) ohne Rückgrat (oder noch schlimmer: vorauseilend gehorsame Günstlinge) gibt. Die andern haben halt unlängst die Flucht ergriffen oder sind in tiefe Deckung gegangen.


    der Buntflieger

  • Wenn es bei einer Klassenarbeit geht, warum dann nicht auch bei einer Zeugnisnote? Die basiert doch ggf. wesentlich auf den Klassenarbeiten.


    Rechtsgrundlage?

    Eine Klausurnote zu verändern ist etwas ganz anderes als eine Gesamtnote zu verändern. Eine Klausur kann man sich vorzeigen lassen und dann kann man schön darüber herfallen. Bei der sonstigen/mündlichen Mitarbeit wird es schon schwieriger, weil schwer nachweisbar, dass die Bewertung nicht stimmt. In Nebenfächern zählt die sonstige Mitarbeit in Hessen bei H/R deutlich mehr als die schriftliche Note. So schnell kann man da einem nicht ins Kontor fahren.

  • Naja, ich gebe wieder, was ich dazu weiß und belegen kann. Es wäre ja schön, wenn ich mich in diesem Falle irre. Erlebt habe ich mehrfach, dass einem zu einer bestimmten Note geraten wird. Ich habe den Rat manchmal angenommen und manchmal nicht. Ich hatte nie Ärger deswegen. Bisher.


    Es leuchtet mir nicht ein, dass die Schulleitung die Note einer Klassenarbeit ändern kann, aber eine Zeugnisnote nicht. Eine "schlaue Schulleitung" lässt sich dann eben die Klassenarbeiten zeigen und ändert also dort eine Note, sodass sich insgesamt eine andere Zeugnisnote ergibt. Wenn stimmt, was ihr sagt.

  • @Iossif Ritter


    Ich würde Dir dringend empfehlen, das Urteil genauer zu studieren. Nebenbei ist es das Bespiel, das Hoegg in seinen 50 Fällen zum Schulrecht als "Selbsteintrittsrecht" der Schulleitung anführt. Dem sind ganz enge Grenzen gesetzt. Hier hatte eine Lehrkraft ganz elementare Fehler gemacht, die den Schulleiter zum Eingreifen zwangen.


    Richtig ist, es gibt das Selbsteintrittsrecht der Schulleitung. Das VGH Urteil spricht jedoch selbst von "im Einzelfall".
    Falsch ist, dass daraus ableitbar wäre, dass die Schulleitung jederzeit eingreifen darf.


    Quelle: Günther Hoegg "Schulrecht: kurz und bündig - Die 50 wichtigsten Urteile" S. 85ff.


    Im Übrigen verweise ich für NRW nochmals auf die ADO - hier § 21 Abs. 4 sowie § 22 Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 2


    Zitat


    § 21 (4) Hält die Schulleiterin oder der Schulleiter allgemein oder im Einzelfall die Notengebung einer Lehrerin oder eines Lehrers für unvereinbar mit den Vorschriften zur Leistungsbewertung oder allgemeinen Bewertungsgrundsätzen und ist darüber kein Einvernehmen unter den Betroffenen zu erreichen, ist die Entscheidung der fachaufsichtlich zuständigen Schulaufsichtsbehörde einzuholen.


    Zitat


    § 22 (1) Dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule entsprechend soll die Schulleiterin oder der Schulleiter [...]
    6. auf eine fachlich korrekte Beurteilung der Schülerleistungen und die Vergleichbarkeit der Leistungsanforderungen hinwirken, [...]


    (2) Die Schulleiterin oder der Schulleiter soll sich über die Arbeit in der Schule durch Einsicht in die Unterlagen der Klassen und Kurse einschließlich der Arbeiten zur Leistungsfeststellung, aber auch durch Unterrichtsbesuche informieren und deren Ergebnis anschließend mit den Betroffenen erörtern.


    Konkret bedeutet dies, dass die Schulleitung für die ordnungsgemäße Leistungsbeurteilung durch ihre Lehrkräfte Sorge zu tragen hat und bei Problemen diese mit ihren Lehrkräften erörtern soll. Bei Meinungsverschiedenheiten soll die Bezirksregierung oder das Schulamt als nächsthöhere Instanz eingeschaltet werden.
    Das belegt das relativ klar eingegrenzte Selbsteintrittsrecht der Schulleitung, aber eben auch deren Pflicht, für eine ordnungsgemäße Beurteilung zu sorgen.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • @ Bolzbold, genau, ich habe noch einmal nachgelesen. Die Note der Klassenarbeit durfte geändert werden, weil ihrer Erteilung sachfremde Gründe zugrunde lagen, was nicht sein darf.


    Der Einflussnahme der Schulleitung auf die Notengebung sind also sehr enge Grenzen gesetzt. Gott sei Dank.

  • (2) Die Schulleiterin oder der Schulleiter soll sich über die Arbeit in der Schule durch Einsicht in die Unterlagen der Klassen und Kurse einschließlich der Arbeiten zur Leistungsfeststellung, aber auch durch Unterrichtsbesuche informieren und deren Ergebnis anschließend mit den Betroffenen erörtern.

    Diesen Teil finde ich ja besonders interessant dahingehend, dass ich weiß, dass das völlig unterschiedlich gehandhabt wird. In jedem Bundesland wird sicherlich ein ähnlicher Passus drinstehen.


    Bei uns werden überhaupt keine Arbeiten regulär eingereicht. Das ist vielleicht auch mit eine Ursache dafür, dass Fachnoten seitens der SL nie angezweifelt werden.
    Das Einreichen kommt nur dann vor, wenn man sich eine Arbeit unterm Strich genehmigen lassen will/muss. An anderen Schulen wollen manche SL regelmäßig und mehr sehen bzw. nehmen diese Pflicht wirklich wahr.

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