Gehälterdiskussion

  • Das Problem ist, dass auf dem Lehrerarbeitsmarkt kein echter Wettbewerb herrscht, da es sich um ein Monopson handelt: Es gibt sehr viele Anbieter von (Lehrer-)Arbeitskraft, aber praktisch nur einen Nachfrager (=den Staat). Deshalb kann dieser die Bedingungen diktieren. Wäre ein typischer Fall für die Monopolkommission, die hier regulierend eingreifen müsste.


    Aber die Katze (= der Staat) beißt sich ja bekanntermaßen nicht selber in den Schwanz...


    Witschaftlich gesehen kann der Staat dadurch die Lehrergehälter drücken und kassiert die sogenannte Nachfragerrente ein. Also eine Umverteilung von den Lehrkräften an den Staat.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Monopson


    Auch ein Grund, warum z.B. auch Polizisten so schlecht bezahlt werden für den (mittlerweile) so gefährlichen Job, den sie ausüben.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    2 Mal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • Was den "idealen Markt angeht", bin ich mir nicht sicher, ob ich Dich verstanden habe. Ein sog. vollkommener Markt ist ja ein theoretisches Modell, das es in der Realität nicht gibt - wie Du ja auch sagst. Aber inwiefern soll dadurch das Markt-Prinzip von Angebot und Nachfrage ausgehebelt werden? Die nur teilweise nicht erfüllten Bedingungen sind doch hierunter schon subsumiert (ob das nun "gerecht" oder rational ist oder nicht, spielt doch keine Rolle, oder? Die Unvollkommenheit erschwert eben die Kalkulationen. Auch ein intransparenter Markt ist ein Markt. Nicht?)

    Ich bin nicht vom Fach und lasse mich sehr gerne korrigieren. Aber in einem völlig intransparenten Markt wird der Preis nicht von Angebot und Nachfrage bestimmt, sondern von allenfalls von vermeintlichem Angebot und vermeintlicher Nachfrage. Je weniger ideal der Markt ist, desto weniger wird der Preis tatsächlich von Angebot und Nachfrage bestimmt, sondern von anderen Faktoren. Klar: in einem fast idealen Markt wird er fast nur davon bestimmt. Wir sind halt irgendwo dazwischen. Aber vielleicht habe ich das auch alles falsch verstanden.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.


  • Es gibt ja noch Privatschulen, an denen viele Lehrer arbeiten, die keine Stelle beim Staat bekommen haben, und dort weniger verdienen. Aber trotzdem würde ich das mit dem Monopson oder quasi-Monopson so unterschreiben. Dass es deshalb keinen Wettbewerb gibt, glaube ich aber nicht!
    Unter den Arbeitgebern von Lehrern ist der Wettbewerb kaum vorhanden, aufgrund des quasi-Monopsons, aber auf Arbeitnehmerseite dafür umso mehr. Unser Forum hier ist ja auch ein Zeuge des Konkurrierens um Stellen. (Examensnote, Ref-Hölle, Fächerkombination, Familienpunkte, Wahlschule, Gesundheitsprüfung und und und oder oder oder)


    Mit Privatschulen konkurriert das Land kaum. (Meist weniger Lohn.)
    Mit anderen Bundesländern auch kaum. (Die meisten wollen ihre Heimat nicht verlassen, spätere Wechsel extrem schwierig.)
    Mit anderen Staaten gleich null. (Sprachbarrieren, Anerkennung der Qualifikation, etc.)


    Es ist also eine recht einseitige Konkurrenz im Sinne des Monopsons.
    Durch diese Einseitigkeit konkurriert neben den Bewerbern vor allem der Lehrerberuf per se mit anderen Berufen. ("Auf Lehramt?")


    Neben Lehrern zeigt vielleicht das Beispiel mit den Polizisten noch deutlicher, dass der Umstand, dass manche Menschen ein bestimmtes Berufsziel ("Traumberuf") haben, hier zu einer Senkung der Lohnkosten führen kann.


    Um den Kreis zu schließen: diese Präferenz zu bestimmten Tätigkeiten macht den Markt intransparent und """verzerrt""" die Löhne. (Ich sehe das nicht als Verzerrung, aber Herr Rau vermutlich schon - aber das ist hier nur eine Frage des Begriffs nicht der Wirkung.)

  • Ich bin nicht vom Fach und lasse mich sehr gerne korrigieren. Aber in einem völlig intransparenten Markt wird der Preis nicht von Angebot und Nachfrage bestimmt, sondern von allenfalls von vermeintlichem Angebot und vermeintlicher Nachfrage. Je weniger ideal der Markt ist, desto weniger wird der Preis tatsächlich von Angebot und Nachfrage bestimmt, sondern von anderen Faktoren. Klar: in einem fast idealen Markt wird er fast nur davon bestimmt. Wir sind halt irgendwo dazwischen. Aber vielleicht habe ich das auch alles falsch verstanden.

    Wir sind nicht irgendwo dazwischen. Der vollkommene Markt ist eine planwirtschaftliche Theorie. Eigentlich lustig, das überhaupt "Markt" zu nennen.


    Die ganzen intransparenten "Abweichungen" sind Risiken, die Unternehmer kalkulieren, und genau das macht die Marktwirtschaft mit aus.
    Auf dem idealen (planbaren) Markt gibt's keine Gewinne - in der Marktwirtschaft schon, jedoch nur für die Gewinner der Konkurrenz.

  • Wir sind nicht irgendwo dazwischen. Der vollkommene Markt ist eine planwirtschaftliche Theorie. Eigentlich lustig, das überhaupt "Markt" zu nennen.


    Die ganzen intransparenten "Abweichungen" sind Risiken, die Unternehmer kalkulieren, und genau das macht die Marktwirtschaft mit aus.
    Auf dem idealen (planbaren) Markt gibt's keine Gewinne - in der Marktwirtschaft schon, jedoch nur für die Gewinner der Konkurrenz.

    Ich meinte es so, dass unsere Marktsituation irgendwo zwischen dem vollkommenem Markt liegt und dem Extrembeispiel, das ich geschildert habe (dem vollkommen intransparenten). Siehst du das denn anders oder missvestehen wir uns einfach?


    Und dass Unternehmer Riskiken kalkulieren, ist wahr, lenkt aber - mich jedenfalls - vom Thema ab. Ich sehe Angebot und Nachfrage regeln den Preis" nicht als synonym mit "Unternehmer schenken einem nichts". Meinst du vielleicht das? Der Preis hängt nun mal nicht ab von Angebot und Nachfrage, sondern von Angebot und Nachfrage und Grad der Transparenz des Marktes und der Rationalität der Beteiligten und so weiter. Nach meiner bescheidenen Meinung.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Ich meinte es so, dass unsere Marktsituation irgendwo zwischen dem vollkommenem Markt liegt und dem Extrembeispiel, das ich geschildert habe (dem vollkommen intransparenten). Siehst du das denn anders oder missvestehen wir uns einfach?

    Jaein! :lach:


    Ich sehe es hier kurz gesagt schon so wie Du, aber würde es nicht so formulieren. (Ein Markt der mehr oder weniger intransparent ist, ist kein idealer bzw. immer "unvollkommen" und nie "ein bisschen" oder "ziemlich". Ich habe ein Problem mit "vollkommener" Intransparenz, weil ich diesen Faktor hier als absolut und nicht relativ erachte, aber das führt etwas zu weit und ist in unserem Zusammenhang egal.)



    Und dass Unternehmer Riskiken kalkulieren, ist wahr, lenkt aber - mich jedenfalls - vom Thema ab. Ich sehe Angebot und Nachfrage regeln den Preis" nicht als synonym mit "Unternehmer schenken einem nichts". Meinst du vielleicht das? Der Preis hängt nun mal nicht ab von Angebot und Nachfrage, sondern von Angebot und Nachfrage und Grad der Transparenz des Marktes und der Rationalität der Beteiligten und so weiter. Nach meiner bescheidenen Meinung.

    Die Transparenz des Marktes, Rationalität etc. wirken sich doch direkt auf Angebot und Nachfrage aus. Wenn's die nicht gäbe, wäre die Preisbildung eine einmalige Angelegenheit.

  • Es gibt ja noch Privatschulen, an denen viele Lehrer arbeiten, die keine Stelle beim Staat bekommen haben, und dort weniger verdienen.

    Das Problem mit den (allermeisten) "Privatschulen" aber ist, dass sie erstens zu ca. 90% vom Staat finanziert werden und dass sie zweitens Schulgeld nur in einer Höhe erheben dürfen, dass eine "Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird" (Art.7 Abs. 4 GG). Das begrenzt den finanziellen Spielraum der meisten Privatschulen erheblich (ganz wenige Ausnahmen: Spezielle Schulen für Diplomantenkinder und Kinder von ausländischens Top-Managern -> sog. "Internationale Schulen").


    Würde man für alle "Privatschulen" generell die Höhe des Schulgeldes völlig frei geben, würde sich sicherlich ein Anteil von Schulen bilden, die Spitzengehälter für (Spitzen-) Lehrkräfte zahlen würden.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Meines Erachtens kommt das Missverständnis, dass nur mittelbare Faktoren wie Ausbildung, "Verantwortung", "Belastung" etc. für unmittelbare gehalten werden daher, dass diese auch stets zur Legitimation von geforderten oder verordneten Lohnänderungen genannt werden.
    Schuld daran sind m.E. vor allem Gewerkschaften u. Politiker bzw. eben die falsche Begründung derer höherer Lohnforderungen.
    (Das kapitalistische Prinzip und seine Folgen, wie die berühmte "Schere" per se anzusprechen gilt als naiv und pöbelhaft.)


    Im Kontrast zu den Reden von Gewerkschaftlern und Politikern liest sich das in der Presse nüchterner. Aktuell z.B.:


    "Der Lehrermangel in Brandenburg dürfte sich in den kommenden Jahren [!] verstärken - nun will sich das Bundesland helfen, indem es auch Pädagogen aus dem benachbarten Polen einstellt.
    [...]
    Doch nicht nur in Brandenburg fehlen die Lehrer: Auch Mecklenburg-Vorpommern versucht zurzeit im Wettbewerb um Schulpersonal, den Beruf attraktiver zu machen, um den Mangel an Lehrkräften auszugleichen. Dafür sollen Grundschullehrer künftig besser bezahlt werden." *


    Da weiß man ja gar nicht mehr, was man glauben soll!
    Bekommen die nun mehr Geld, weil sie "es wert sind" (Vgl. Gewerkschaften, Politker) oder weil man die Stellen besetzt kriegen muss?


    (Gewagte These: Die Arbeitnehmer sind Lohnerhöhungen nur unter bestimmten marktwirtschaftlichen Gegebenheiten wert und nicht etwa einer Moral von Verantwortung oder Gleichheit)




    * https://www.spiegel.de/lebenun…-aus-polen-a-1275348.html


  • In anderen Behörden, vor allem Bundesbehörden, ist es sogar Standard, dass Akademiker irgendwann ohne größeres Zutun auf A15 landen!

    Also ich habe in einer Bundesbehörde gearbeitet, da waren die Abteilungsleiter A12 oder A13 (je nach Größe der Abteilung) und das waren wenige Beamte. Und die sind nicht irgendwann auf A15 gelandet. Der meiste Teil waren Angestellte.

  • Würde man für alle "Privatschulen" generell die Höhe des Schulgeldes völlig frei geben, würde sich sicherlich ein Anteil von Schulen bilden, die Spitzengehälter für (Spitzen-) Lehrkräfte zahlen würden.

    Genau!


    Wenn sich alle daran halten würden, gäbe es ja gar keine Elite-Privatschulen. Ein paar gibt es aber schon, denn es gibt Möglichkeiten, das zu umgehen.
    ("Bildungsinseln für Besserverdienende?" https://www.deutschlandfunk.de…ml?dram:article_id=372432)


    Ich bin gespannt, ob sich das zukünftig ändern wird. In den letzten 20 Jahren hat sich der Anteil der Privatschulen ja verdoppelt.

  • Wenn man diese vier Punkte umsetzt, wäre schon viel gewonnen. Da braucht es keine exakte Zahl.

    Ok, danke. Mehr habe ich gar nicht erwartet.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Dazu kommt natürlich noch der Aspekt, dass von offizieller Seite die Mär vom "faulen" (also überbezahlten) Lehrer entweder direkt (Schröder als niedersächsischer Ministerpräsident mit seiner Aussage von den "faulen Säcken") oder zumindest indirekt unterstützt wird, indem offizielle quantitative Untersuchungen zur Arbeitszeit verweigert werden.


    Auch dies führt dazu, dass die Lehrergehälter sich nicht angemessen entwickeln können.


    Gruß !

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