Schüler nach Messerattacke hart bestraft

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    Leute einfach mal nur ins Gefängnis zu stecken um sie "für ein paar Jahre von der Straße weg zu haben" ist zum Glück nicht der Ansatz, auf dem unser Justizwesen beruht.

    Dann erzähl doch mal ein bisschen über die Ansätze unseres Justizwesens. Und welche Art der Wiedergutmachung schlägst du für Opfer von Gewalttaten vor? Welchen Schutz? Wie soll eine Schule mit einem Schüler verfahren, der Stichwaffen einsetzt?


    Weiter oben schrieb jemand, Psychiatrie sei nur was für Menschen mit anerkannten psychiatrischen Diagnosen. Gefängnis, schrieb ein anderer, bringe Jugendliche erst recht auf die schiefe Bahn.


    Was wäre denn euer Ansatz? Einfach mal abwarten, ob der Junge das nächste Mal besser trifft?

  • Ich bin selbst Opfer von Gewalttaten. Rein aus dieser sehr persönlichen Perspektive bin ich der Auffassung, dass es keine Wiedergutmachung gibt, denn das Leid wurde einem Menschen bereits angetan der mit den Folgen meist lebenslang umgehen muss. Rachephantasien ändern das nicht, machen nichts leichter als Opfer, lindern das Leid nicht, schützen auch andere Menschen nicht wirklich, denn Systeme wie das der USA zeigen sehr deutlich, dass ein derartiges Vorgehen keinen präventiven Gewinn erbringt.


    Was mir als Opfer geholfen hat war, dass die Eltern des Täters sich meine Geschichte angehört und mir geglaubt haben, nicht ihrem eigenen Kind. Was mir geholfen hat war die offizielle Anerkennung in Form der Opferentschaedigung. Was mir geholfen hat waren Profis, die mir Wege zeigen konnten zu heilen soweit möglich und damit umgehen zu lernen, was an lebenslangen Folgen bleiben wird.


    Anderen mag das anders gehen, aber ich fühle mich mit meinen sehr persönlichen, sehr umfassenden Gewalterfahrungen und dem mit den Folgen-leben- müssen nicht repräsentiert von derartigen Aussagen. Also maßt euch nicht an hier "die" Stimme "der" Opfer zu sein. Ihr repräsentiert eure persönlichen Auffassungen genau wie ich auch meine darstelle.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Also maßt euch nicht an hier "die" Stimme "der" Opfer zu sein. Ihr repräsentiert eure persönlichen Auffassungen genau wie ich auch meine darstelle.

    Auf Basis meiner eigenen Gewalterfahrungen muß ich Deiner Auffassung widersprechen. Den Täter frei herumlaufenzulassen, weil es dem Opfer ja eh nicht hilft, entspricht so gar nicht meiner Auffassung. Strafe muß sein und sie muß herbe sein, denn sonst kippt irgendwann das System und weder Straftäter noch Opfer nehmen die Justiz noch ernst sondern lachen sich entweder darüber schlapp (Täter) oder greifen zur Selbstjustiz (Opfer). In diesem Zusammenhang erinnere ich nur an den Fall "Marianne Bachmeier", die den Mörder ihrer Tochter im Gerichtssaal erschossen hat.


    Vor dem Hintergrund der Nicht-Strafen der deutschen Justiz kann ich solche Taten zwar nicht gutheißen aber durchaus verstehen.

  • Weiter oben schrieb jemand, Psychiatrie sei nur was für Menschen mit anerkannten psychiatrischen Diagnosen. Gefängnis, schrieb ein anderer, bringe Jugendliche erst recht auf die schiefe Bahn.


    Was wäre denn euer Ansatz? Einfach mal abwarten, ob der Junge das nächste Mal besser trifft?

    Ganz einfach: Der Täter bekommt ein Jahr Luxus-Erlebnis-Pädagogik im Ausland = Abenteuer-Urlaub und die Opfer dürfen ihr Leben lang an Hartz 4 darben. Wie gesagt sind das die Nicht-Strafen der deutschen Justiz. :daumenrunter:

  • Und nach dem Jahr hast du mit großer Wahrscheinlichkeit dann einen richtigen Straftäter

    Inwiefern ist jemand, der nach einer lebensgefährlichen Messerattacke wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist, noch kein "richtiger Straftäter"?!

  • Also maßt euch nicht an hier "die" Stimme "der" Opfer zu sein. Ihr repräsentiert eure persönlichen Auffassungen genau wie ich auch meine darstelle.

    Nein, das möchte ich nicht sein, eine Stimme für irgendwen. Ich frage mich nur wirklich, was die richtige Vorgehensweise ist. An unserer Schule gibt es viel Gewalt, ich selbst habe welche erlebt von einem 13-jährigen Kind, wenn auch lange nicht so übel aber um so erniedrigender, weil bewusst eingesetzt. Dieses Kind aber erfuhr keine Konsequenz und ich habe in der ganzen weiteren Schulzeit unter dem unguten, ungeklärten Kontakt zu diesem Kind gelitten. Ich bin nicht auf den Mund gefallen aber das Nichthandeln meiner Vorgesetzten gab diesem halbstarken Menschen das Gefühl, eigentlich richtig gehandelt zu haben. Und das erlebe ich immer wieder: wenn keine Konsequenz folgt, denken diese verkorkst Erzogenen, sie seien im Recht, weil der andere eben "nerve" oder sie ihn gar "hassten". Natürlich sind es selbst Opfer, die von ihren Eltern weder Konsequenz noch Liebe erfahren. Trotzdem muss ihnen jemand glasklar Einhalt gebieten.

  • Auf Basis meiner eigenen Gewalterfahrungen muß ich Deiner Auffassung widersprechen. Den Täter frei herumlaufenzulassen, weil es dem Opfer ja eh nicht hilft, entspricht so gar nicht meiner Auffassung. Strafe muß sein und sie muß herbe sein, denn sonst kippt irgendwann das System und weder Straftäter noch Opfer nehmen die Justiz noch ernst sondern lachen sich entweder darüber schlapp (Täter) oder greifen zur Selbstjustiz (Opfer). In diesem Zusammenhang erinnere ich nur an den Fall "Marianne Bachmeier", die den Mörder ihrer Tochter im Gerichtssaal erschossen hat.
    Vor dem Hintergrund der Nicht-Strafen der deutschen Justiz kann ich solche Taten zwar nicht gutheißen aber durchaus verstehen.


    Hallo plattyplus,


    man sollte nicht zwischen "gar keine Strafe/Konsequenz" und "herber Bestrafung" polarisieren. Dazwischen gibt es sehr viele Hebelchen, die man in Bewegung setzen kann. Harte Strafen bedienen zwar Rachegelüste der Gesellschaft, bringen auf lange Sicht aber keine Reduktion der Gewalttaten. Je härter eine Gesellschaft bestraft, desto mehr Morde und Gewalttaten werden dort auch verübt.


    Richtig ist aber, dass es eine Konsequenz braucht und zwar eine möglichst klare. Dulden darf man Straftaten auf keinen Fall und Wegschauen gleich gar nicht. Beispiel: Familien, wo minderjährige gewalttätig werden, müssen hinterfragt werden, beobachtet werden und erzieherische Auflagen erhalten und ggf. (soweit möglich und sinnvoll) Geldstrafen. Letzteres ist ein halbwegs probates Mittel zur Abschreckung ("schau mal lieber nach deinem Kind, sonst macht es am Ende wieder Blödsinn und es wird teuer...") und ersteres wirkt in Richtung Vorbeugung und Ursachenbekämpfung.


    In solchen Staaten, in denen Kriminelle als Ausgeburten der Hölle betitelt werden (siehe amerikanische Gerichte in ihren "Urteilsbegründungen") und man sie ähnlich wie im Mittelalter öffentlich geißelt, erkennt man nicht, dass Gewalt immer in einer Gesellschaft und aus dieser heraus entsteht und nicht allein in den "bösen und sündigen Menschen" begründet ist.


    der Buntflieger

  • Auf Basis meiner eigenen Gewalterfahrungen muß ich Deiner Auffassung widersprechen. Den Täter frei herumlaufenzulassen, weil es dem Opfer ja eh nicht hilft, entspricht so gar nicht meiner Auffassung.

    Wo habe ich etwas Gegenteiliges behauptet?


    Nein, das möchte ich nicht sein, eine Stimme für irgendwen. Ich frage mich nur wirklich, was die richtige Vorgehensweise ist. An unserer Schule gibt es viel Gewalt, ich selbst habe welche erlebt von einem 13-jährigen Kind, wenn auch lange nicht so übel aber um so erniedrigender, weil bewusst eingesetzt. Dieses Kind aber erfuhr keine Konsequenz und ich habe in der ganzen weiteren Schulzeit unter dem unguten, ungeklärten Kontakt zu diesem Kind gelitten. Ich bin nicht auf den Mund gefallen aber das Nichthandeln meiner Vorgesetzten gab diesem halbstarken Menschen das Gefühl, eigentlich richtig gehandelt zu haben. Und das erlebe ich immer wieder: wenn keine Konsequenz folgt, denken diese verkorkst Erzogenen, sie seien im Recht, weil der andere eben "nerve" oder sie ihn gar "hassten". Natürlich sind es selbst Opfer, die von ihren Eltern weder Konsequenz noch Liebe erfahren. Trotzdem muss ihnen jemand glasklar Einhalt gebieten.

    Ja, das hast du natürlich absolut recht. Nicht zu reagieren, das Problem auszusitzen oder gar zu negieren ist keine Lösung, sondern Resignation und - als Schule- eine pädagogische Bankrotterklärung. Ich kann überhaupt nicht verstehen, wenn Schulleitungen nicht konsequent eingreifen, auch wenn das wohl -leider- immer mal wieder vorkommt. Ein Mitanwärter hat mir vor einigen Monaten berichtet, dass eine Gruppe von Schülern einer Klasse erklärt hätten gegenüber Mitschülern ihn tot sehen zu wollen. Die Mitschüler waren derart beunruhigt, dass sich sich einem Beratungslehrer anvertraut haben, der das Ganze der Beschreibung nach als äußerst ernsthafte Drohung einschätzte. Da die Schüler nicht strafmündig waren entschied die SL wohl noch nicht einmal das Jugendamt zu informieren.


    Nur zu beurteilen, was in dem hier im Thread geposteten Ausgangsfall wohl angemessen sein könnte- ob nun die Bewährungsstrafe von der wir lesen, eine Therapie, ein Aufenthalt in der Jugendpsychiatrie,...-können wir ale eben nicht konkret beurteilen, weil wir die Details dieses Falls gar nicht kennen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Zur Zeit empfohlene Taktik ist Tür abschließen, verrammeln und in sichere Ecken kauern. Da braucht man eigentlich nicht viel für üben.

  • Zur Zeit empfohlene Taktik ist Tür abschließen, verrammeln und in sichere Ecken kauern. Da braucht man eigentlich nicht viel für üben.

    In der Panik, die ein Amoklauf bei mir auslösen würde, würde ich wahrscheinlich die Ecke verrammeln, vor der Tür kauern und den Sicherungkasten abschließen. Von daher, Übung muss sein.

    • Offizieller Beitrag

    In der Panik, die ein Amoklauf bei mir auslösen würde, würde ich wahrscheinlich die Ecke verrammeln, vor der Tür kauern und den Sicherungkasten abschließen. Von daher, Übung muss sein.

    Hilft nichts, außer du würdest es mehrfach die Woche drillmäßig üben

  • Zur Zeit empfohlene Taktik ist Tür abschließen, verrammeln und in sichere Ecken kauern. Da braucht man eigentlich nicht viel für üben.

    Nur mal so als Gedanken an Dinge, die man doch üben sollte:

    • Woran erkenne ich einen Amoklauf bevor der Alarm ausgelöst wurde? Wie hört sich ein Schuß im Schulgebäude an?
    • Funktioniert die Alarmkette? Haben Handys im Gebäude überhaupt empfang?
    • Welche Wände sind halbwegs schußsicher und welche bestehen nur aus Gipskarton?
    • Welche Ecke ist am sichersten im Hinblick auf Schußwinkel von der Tür? Also was, wenn da jemand durch die geschlossene Tür schießt?
    • Gebäude in U-Form: Was mache ich mit den Fenstern zum Innenhof?
    • Wie reagiere ich, wenn ein Schüler durchdreht, versucht zu flüchten und dabei versucht von innen die Tür aufzumachen?
    • Hilfeleistung bei Schuß- und Stichwunden? Wie viele Stunden kann ich jemanden notfallmäßig ohne Sanikasten im Raum versorgen? Bleibt die Tür zu, auch wenn der Verletzte dabei draufgeht?
  • Nur mal so als Gedanken an Dinge, die man doch üben sollte:

    • Woran erkenne ich einen Amoklauf bevor der Alarm ausgelöst wurde? Wie hört sich ein Schuß im Schulgebäude an?
    • Funktioniert die Alarmkette? Haben Handys im Gebäude überhaupt empfang?
    • Welche Wände sind halbwegs schußsicher und welche bestehen nur aus Gipskarton?
    • Welche Ecke ist am sichersten im Hinblick auf Schußwinkel von der Tür? Also was, wenn da jemand durch die geschlossene Tür schießt?
    • Gebäude in U-Form: Was mache ich mit den Fenstern zum Innenhof?
    • Wie reagiere ich, wenn ein Schüler durchdreht, versucht zu flüchten und dabei versucht von innen die Tür aufzumachen?
    • Hilfeleistung bei Schuß- und Stichwunden? Wie viele Stunden kann ich jemanden notfallmäßig ohne Sanikasten im Raum versorgen? Bleibt die Tür zu, auch wenn der Verletzte dabei draufgeht?

    Und diese Dinge übt ihr an eurem großen Schulkomplex regelmäßig?


    So ein Übungsprogramm kann ich mir in den USA vorstellen angesichts deren Waffenpolitik und der Vielzahl entsprechender Vorfälle. Hier in Deutschland würde ich persönlich es als Angstmacherei empfinden so etwas regelmäßig zu üben. Solche Fragen muss unter Umständen das Krisenteam der Schule klären und man geht das zu Schuljahresbeginn dann einmalig mit den Lehrkräften durch, genauso, wie man halt auch einmal eine Feuerschutzübung macht mit der ganzen Schule (bei der man aber ja auch nur die schnelle Evakuation des Schulhauses trainiert nicht auch noch das Vorgehen, wenn man von einem Brand eingekesselt wird, eine Brandwunde ohne Sanikasten versorgen muss, panische Schüler mit in einem Raum hat, während man auf die Feuerwehr wartet etc.- alle Eventualitäten übt man halt nicht, weil a) diese Extremfälle zu selten auftreten und b) deshalb Lernzeit zu wertvoll ist, um allzuviel Zeit damit zu verbringen).


    Als schnellen Handlungsleitfaden scheint mir Neles beschriebene Vorgehensweise gerade im Akutfall auch umsetzbarer, da kurz, prägnant und einleuchtend.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Zur Zeit empfohlene Taktik ist Tür abschließen, verrammeln und in sichere Ecken kauern. Da braucht man eigentlich nicht viel für üben.

    Zumindest sollte man sich über die Art des Alarms einig sein. Bei Feueralarm macht man das Gegenteil!

  • Zumindest sollte man sich über die Art des Alarms einig sein. Bei Feueralarm macht man das Gegenteil!

    Und was macht man bei beiden Alarmen gleichzeitig? Drin bleiben natürlich. Schließlich könnte der Attentäter mit dem Feueralarm alle auf den Flur locken.

  • Ja, das hast du natürlich absolut recht. Nicht zu reagieren, das Problem auszusitzen oder gar zu negieren ist keine Lösung, sondern Resignation und - als Schule- eine pädagogische Bankrotterklärung.

    So langsam ist es eine staatliche Bankrotterklärung, wenn man lesen muß, daß einer der 14jährigen schon zweimal wegen sexueller Übergriffe aufgefallen ist. Hätte man ihn gleich die richtige Behandlung angedeien lassen, wäre dieser dritte Vorfall jetzt nicht passiert. :autsch:
    --> https://www.tz.de/welt/muelhei…gefallen-zr-12772119.html


    Und ja, Sicherungsverwahrung ist dann durchaus eine Lösung, auch wenn nicht pädagogisch wertvoll.

  • Hätte man ihn gleich die richtige Behandlung angedeien lassen, wäre dieser dritte Vorfall jetzt nicht passiert. :autsch:

    Elterliche Erziehung? Die hatte wohl wirklich not getan..

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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