B-W-Eisenfrau will Teilzeit von Lehrkräften beschränken

  • Das gab es in Nds. vor Jahren auch schon, Anfänger wurden mit weniger Stunden eingestellt, ich glaube, es waren 23,5 statt 28 Std.
    Nach einigen Jahren konnte man dann aufstocken auf eine Vollzeitstelle.


    Überschnitten wurde es von der Maßnahme, 1 (bzw. 2) Std. unbezahlte Mehrarbeit leisten zu müssen, die über 10 Jahre auf einem verpflichtenden Arbeitszeitkonto gesammelt wurde und hinterher wieder erlassen wurde. Dazu gab es verschiedene Modelle und bei der Rückgabe dieser Arbeitszeit gab es ziemlich viel Theater.
    Nachfolgend hatte die Landesregierung dann noch die Arbeitszeit der Gymnasiallehrkräfte um 1 Stunde (Deputat) heraufgesetzt ... und war per Klage zur Zurücknahme gezwungen worden (August 2014)


    Gefordert wurde in dem Zusammenhang u.a. eine unqabhängige Erhebung der Arbeitszeit, die das Land bisher nicht umgesetzt hat, die aber zur inzwischen recht bekannten Arbeitszeitstudie der Uni Göttingen führte, in der die tatsächliche Arbeitszeit über 1 Jahr erfasst wurde, um diese gerichtsfest darzulegen.

  • @CDL Damit hab ich mich nicht weiter beschäftigt. Das läuft unter dem Stichwort Berufseingangsphase. Hab jetzt auf die Schnelle aber nichts zu der reduzierten Stundenzahl gefunden. Wenn man für 100% weniger Stunden im ersten Jahr haben würde, um im System Schule gänzlich anzukommen würde ich es ja einsehen. Aber warum ich auf Gehalt verzichten sollte nach Studium und Ref hat sich mir nicht erschlossen... Deshalb habe ich es auch nicht gemacht und musste es auch nicht -Lehrermangel sei Dank!

  • Ich finde es nicht schön, dass du implizierst, alle Berufsanfänger wären faul.


    Zu "meiner Zeit" hatte man auch einen starken Notendruck und die Note zur Verbeamtung lag teilweise bei 1,7. Eine Bekannte hat mit einem Schnitt von 2,9 mehrere Jahre lang gewartet, bis sie verbeamtet wurde. Das ist derzeit zwar besser, die Anforderungen sind aber nicht gesunken und die Reffis an unserer Schule gehen auf dem Zahnfleisch, genau wie wir damals. Die sind auch froh, eine Stelle zu bekommen und strengen sich an.


    Ich finde nicht, dass wir einen Wettbewerb starten müssen, wer mehr aushält oder wer eine schwierigeren Start in den Beruf hatte.


    Und viele Lehrer waren jahrelang beinahe stolz darauf, was sie alles aushalten können und wie sehr sie über ihre Grenzen gehen, und schwupps, sind sie von heute auf morgen im Burnout. Gerade an unserer Schule wieder passiert. Von daher wäre es schön, wenn dieses "Ich habe mehr Stress ausgehalten als ihr" nicht unbedingt als tolles Beispiel angeführt würde. Wie gesagt, es ist kein Wettbewerb.

  • Vielleicht ist das in BY anders, denn in manchen BL ist der Mangel so groß, dass jeder, der die Prüfung schafft, in jedem Fall auch eine Stelle bekommt, sofern er oder sie Berit ist, auch aus Land zu gehen.
    Die ausgeschriebenen Stellen werden seit Jahren nicht besetzt, sie werden umgewidmet, so das auch Bewerber mit anderen Fächern zum Zuge kommen können.


    Fertig ausgebildete Lehrkräfte schlagen Stellen aus, weil die Schule nicht passt (zu viel Brennpunkt) oder die Entfernung zu groß ist (40 km!), uns spekulieren zum Halbjahr oder neuem Schuljahr auf Stellen, die ihnen besser gefallen.


    Andere BL setzen ja auch weit mehr als BY auf Vertretungen durch Bachelor-Absolventen und andere, die vorher keine Einweisung bekommen. Stellen werden mit Quer- oder Seiteneinsteiger besetzt, die berufsbegleitend ihr Ref machen, aber eine sehr viel höhere Unterrichtsverpflichtung haben. Während in BY Gymnasiallehrkräfte nachqualifiziert werden für den Einsatz in der Grundschule, werden sie in Niedersachsen abgeordnet - fertig.
    Alle diese Leute landen in Grundschulen und SekI-Schulen, man hat ständigen Wechsel und mehr Leute, die sagen, sie seien neu oder für bestimmte Aufgaben nicht zuständig.


    Unter diesen Bedingungen sind nicht alle Anfänger faul, natürlich gibt es welche, die sehr engagiert sind. Aber auch mit weit weniger Einsatz kann man das Ref schaffen, eine Stelle erhalten und diese Lehrkräfte landen auch in den Kollegien.
    Dass die jüngeren KollegInnen weniger bereit sind, sich für den Beruf aufzureiben, ist vielleicht eine Art Selbstschutz, die ältere erst weit später gelernt haben, es hat sicher auch etwas mit Zeitgeist zu tun ... oder mit Generationen, die gewohnt sind, dass ihre Bedürfnisse befriedigt werden und das Gemeinwohl nicht mehr so wichtig erscheint.

  • Aber mich stören die Kollegen und Kolleginnen, die ich erlebt habe, die tatsächlich glauben, es wird nur Unterricht und Konferenzteilnahme von ihnen gefordert, und damit ist dann auch gut und mehr sei gar nicht nötig oder allenfalls Großzügigkeit ihres Herzens.

    Das Problem sind nicht die Kollegen, die nicht bereit sind, mehr als Unterricht zu leisten (Konferenzen sehe ich noch nicht mal als absolute Notwendigkeit - schätzungsweise 80% der Konferenzzeit ist meiner Erfahrung nach vergeudete Zeit). Das Problem sind die Kollegen, die Schulleitungen und politischen Entscheidungsträgern signalisieren: Wir machen alles, was sich unter dem schwammigen Begriff


    Gestaltung des Schullebens

    verbirgt. Werden unnötiger Firlefanz und Tätigkeiten, die in den Aufgabenbereich von Hausmeistern, Sekretärinnen, Putzfrauen etc. fallen, von Lehrern erledigt, dann wird sich auch nichts an der aktuellen Situation ändern.

  • Das Problem ist, dass der von den Lehrerdienstordnungen abgedeckte Aufgabenbereich eines Lehrer quasi unbeschränkt ist. Man kann immer noch mehr machen, was pädagogisch, didaktisch oder methodisch sinnvoll erscheint. Zudem gibt es quasi nichts, was man im Zusammenhang mit Kindern und Jugendlichen nicht unter "Bildung und Erziehung" subsumieren könnte.


    Also bleibt als EINIZIGER verbindlicher Maßstab, der den Umfang der zu leistenden Tätigkeiten beschränkt, die Jahresarbeitszeit eines Beamten von ca. 1800 Zeitstunden (52 Wochen minus 6 Wochen Urlaubsanspruch minus ca. 1 Woche gesetzlicher Feiertage mal 40 Stunden pro Woche). Davon abzuziehen sind dann selbstverständlich noch Krankheitszeiten (das Erkrankungsrisiko trägt im Arbeitsrecht der Arbeitgeber!). Und der Maßstab ist natürlich nicht der super-effektive "Hochleistungsbeamte", sondern der "Durchschnittsbeamte". Im Arbeitsrecht gibt es den Passus, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine "durchschnittliche" Arbeitsleistung schuldet. Und nicht mehr. Aber auch nicht weniger. Das heißt im Umkehrschluss, wenn der Durchschnittslehrer für die sorgfältige Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Unterricht inkl. Beschaffung und Durchsicht des notwendigen Materials, Korrekturen von Klassenarbeiten und Klausuren, für Konferenzen, Schüler-, Eltern- und Kollegengespräche, Schulfahrten und Exkursionen, Teilnahme an schulischen Veranstaltungen wie Aufführungen schulischer AGs, Abschlussveranstatungen usw., Schreiben von Zeugnissen und Gutachten, unbezahlte Mehrarbeit (ad hoc-Vertretungen) usw. schon den Großteil oder gar seine komplette Arbeitszeit verbraucht, dann bleibt eben sehr wenig oder sogar nichts für die "Extrawünche", die sich so aus der Dienstordnung herausinterpretieren lassen, übrig!


    Das alles sind außerhalb der Schule Selbstverständlichkeiten! Und nein, Lehrer sind keine "außertariflich bezahlten" Führungskräfte, bei denen Mehrarbeit mit dem Gehalt abgegolten ist. Wenn dem so wäre, hätte ich gerne auch ein sechststelliges Jahresgehalt plus Bonuszahlungen und Dienstwagen oder alternativ eine Beamtenbesoldung aus dem B-Bereich (denn das sind bei den Beamten die echten Führungskräfte!).


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    2 Mal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • Ich muss dem Beitrag oben mehr als beipflichten. Die komplette Nichterfassung der Arbeitszeit bei Lehrkräften ist DAS zentrale Problem und der Grund für die hohe Teilzeitquote.


    Sehr viele reduzieren Stunden, damit sie die eingeforderten Aufgaben in der Zeit leisten können, die bei anderen Jobs dem zeitlichen Umfang einer Vollzeitstelle entspricht. Ich glaube vielen ist dieser Zusammenhang zumindenst vordergründig gar nicht bewusst, sonder sie zweifeln eher an der eigenen Leistungsfähigkeit.


    Ich finde diesen Zustand sehr ungerecht und hoffe das die Arbeitszeit irgendwann fair erfasst wird. Denn, ob jung oder alt, in zeitlich angemessenem Umfang sind doch sehr viele Lehrer bereit sich engagiert (zum Beispiel ins Schulleben) einzubringen.
    Dann auch mit Vollzeitstelle.

  • "Unterricht lebt davon, dass der Lehrer präsent ist", sagt Eisenmann. Dieser Grundsatz sei Teil der Berufswahl."


    Das ergibt keinen rechten Sinn. Ob die Lehrkraft nun 14 Stunden oder 28 Stunden unterrichtet, sie ist doch in jeder dieser Stunden als Lehrkraft in vollem Umfang präsent.


    Klar ist hier wieder der Spruch gemeint: Kein Beruf, sondern Berufung...
    Wer nur Berufene als Lehrkräfte akzeptiert, hat bald gar keine mehr, die diesen Job ausführen möchten unter realistischen und fairen Bedingungen.


    der Buntflieger

  • Fertig ausgebildete Lehrkräfte schlagen Stellen aus, weil die Schule nicht passt (zu viel Brennpunkt) oder die Entfernung zu groß ist (40 km!), uns spekulieren zum Halbjahr oder neuem Schuljahr auf Stellen, die ihnen besser gefallen.

    Und was ist daran jetzt schlecht? Ich finde die Wahl der Schule ist eine gravierende Entscheidung für mindestens 5 Jahre, die man nicht vorschnell treffen sollte. Im Zweifel hätte ich auch lieber noch ein wenig vertreten. Es regnet doch sonst Krankschreibungen und Versetzungsanträge. Es ist auch nicht jeder für den Brennpunkt gemacht und es hat auch nicht jeder Lust sich mit einer Brennpunktschule auseinander zu setzen. Ich finde das legitim.


    Und 40km wäre mir VIEL zu weit. Ich wohne doch nicht für viel Geld in der Stadt um dann 40km oder mehr mit dem Auto raus zu pendeln.

  • @state_of_Trance
    Ich glaube, das geht gar nicht so darum, wie sich die heutigen Bewerber im Vergleich zu den von vor 15/20 Jahren benehmen und auftreten. Heute hat man häufig die Wahl, welche Stelle man antritt und die Schulen buhlen zum Teil um die Bewerber. Damals hatte man sie eben nicht und war froh, unterzukommen. Als ob sich die Menschen damals anders verhalten hätte, wäre die Stellensituation schon genau so gewesen wie jetzt ... Sie war es aber nicht, was natürlich nicht "fair" ist, aber so ist es eben nunmal. Wir haben andere saure Äpfel, in die wir beißen müssen.


    Ich hatte auch mehrere Optionen für meine feste Stelle. Zwei haben mir ganz gut gefallen, liefen aber zeitgleich. Die eine Schulleiterin ist fast aus den Wolken gefallen, als ich ihr abgesagt habe und konnte das überhaupt nicht nachvollziehen. Meine jetzige Schule hat mir aber einfach besser gefallen und sagte mir vom Wohnort und dem Rest mehr zu. Ich wäre doch mit dem Klammerbeutel gepudert gewesen, hätte ich nicht das bessere Angebot angenommen.

  • Und 40km wäre mir VIEL zu weit. Ich wohne doch nicht für viel Geld in der Stadt um dann 40km oder mehr mit dem Auto raus zu pendeln.

    40km sind in einem Flächenland auf dem LAND keine Entfernung ... und von einem städtischen Angebot und 40 km außerhalb irgendeiner Stadt war gar nicht die Rede. Tatsächlich fahren andere durchaus die Strecke täglich, weil sie IN der Stadt keine Schule bekommen oder keine haben wollen.


    Es geht letztlich gar nicht konkret um dies oder das, aber schon darum, das etwas, das vor vielen Jahren überhaupt kein Grund war, nun eben einer ist. Es gibt BL, in denen man zentral wohnen bleiben kann, egal wo die Stelle ist, in anderen BL geht das aber nicht. Vor Jahren ist man dann eben 300 km oder mehr umgezogen, um überhaupt eine Stelle zu bekommen, heute sind 40km zu weit.



    Wir haben andere saure Äpfel, in die wir beißen müssen.

    Ja, vermutlich.
    Unabhängig von einer Debatte um Arbeitszeit kann aber eben auch ein Überangebot dazu führen, dass Lehrkräfte, die vor einigen Jahren ewig gewartet hätten oder nie zum Zuge gekommen wären, nun eingestellt werden.
    Und mit dem Wissen, dass man auch mit einer schlechteren Note in jedem Fall eine feste Stelle erhält, ist es womöglich weniger tragisch, wenn man keine 1 vor dem Komma vorzeigen kann.
    Der Nachteil kann sein, dass neue Lehrkräfte nicht so engagiert wirken, der Vorteil, dass diese Situation zusätzlichen Druck hinsichtlich der Verbesserung der Arbeitssituation ausübt.

  • Der Zeitpunkt ist ja auch nicht ganz ungünstig, um die Babyboomer zum passenden Moment krank zu machen, um sie mit ordentlichen Abschlägen in den vorgezogenen Ruhestand zu schicken. Wenn man sie bis zur Altersgrenze nicht (adäquat) ersetzt, lohnt sich das doppelt.

  • Der Witz dabei ist ja, dass die Regelaltersgrenze ab 67 Jahren die Baby-Boomer nur teilweise betrifft, erst die ab 1964 geborenen (= Generation X und folgende) werden vollständig mit 67 Jahren in Rente gehen müssen. Das haben die Baby-Boomer dank ihrer relativen demographischen Mehrheit wieder geschickt eingefädelt,...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Das haben die Baby-Boomer dank ihrer relativen demographischen Mehrheit wieder geschickt eingefädelt,...

    Sie sind halt die eigentliche "Generation Ich", als die sie die nachfolgenden Generationen gerne beschimpfen.

  • Habe jetzt noch mal einen aktuellen Überblick über meinen Kurs: Von weit über 100 Absolventen die direkt in den Schuldienst gehen werden im Herbst als Beamte auf Probe, erhält lediglich eine Handvoll eine Stelle in Teilzeit, aus entsprechend nachgewiesenen Gründen, wie kleinen Kindern, die zu betreuen sind. Dabei wollten rund 80% lieber in TZ straten, ahtten aber eben keine Wahl, wenn sie eine Stelle wollten.


    Im neuen Kurs treibt der Lehrermangel jetzt offenbar ebenfalls gewisse "Blüten": Verlängerungen des 1.Ausbildungsabschnitts werden im Regelfall nicht mehr bewilligt (auch wenn Schule und Mentoren dies dringend empfehlen würden). Anweisung von ganz oben: Die Anwärter werden im eigenständigen Unterricht benötigt um den Bedarf zu decken. Ganz abgesehn davon, dass damit offenbar noch notwendige Ausbildungszeit nicht zugestanden wird, frage ich mich, was das in der Folge für die kommenden Prüfungsdurchgänge bedeuten wird: Bekommen die Prüfer die Anweisung bei 4,5 nochmal gaaaaaaaaaanz genau zu prüfen, ob man die Leute nicht doch grad noch bestehen lassen kann, weil die Lehrkräfte ja gebraucht werden (und unterstützt das dezent, indem der Aufwand ein Nichtbestehen zu rechtfertigen für die Prüfer entsprechend komplizierter und zeitintensiver gestaltet wird- es soll ja nur um eine kriteriale Norm gehen..) oder nimmt man in Kauf, das möglicherweise gleich reihenweise Leute, die eben dieses halbe Jahr extra zu Beginn benötigt hätten in den Prüfungen dann durchfallen (in der Verlängerung stehen sie dem Land ja noch einmal bis Ende Dezember als günstige Vertetungskräfte zur Verfügung, ehe die dann entweder im 2.Anlauf bestehen oder eben erfolgreich verheizt sind)?


    Wenn ich von meinem Kurs ausgehe: Rund 10% mussten das erste Halbjahr verlängern, 85% der Verlängerer konnten nicht in den eigenständigen Unterricht entlassen werden (wären es aber wohl im neuen Kurs). Hätte man den Leuten einen Gefallen damit getan, wenn sie statt nach einem Jahr das Ref verlassen zu müssen die Prüfungen hätten antreten können, weil sie sich vielleicht doch noch berappelt hätten? Was ist mit den SuS, denen Lehrer zugemutet werden, die der Verantwortung unter Umständen tatsächlich (noch) nicht gewachsen sind, aus Gründen der politischen Fehlplanung aber sein sollen?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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