Promotion oder Ref?

  • Meine Frage klingt vielleicht ein bischen merkwürdig, aber vielleicht war der/die eine/andere in einer ähnlichen Situatuation und kann von den eigenen Erfahrungen schreiben?
    Ich stehe im Moment vor der Frage, ob ich, wie geplant, im Februar mit dem Ref anfangen, oder statt dessen Promovieren soll. Ich habe ja ein Dipl.studium und das Lehramststudium parallel gemacht, war aber mit dem Dipl. früher fertig. Eigentlich habe ich da (knapp ein Jahr her) schon angefangen, die Diss. zu planen, aber mir ist dann der Doktorvater abhanden gekommen, und das ganze Projekt schien sanft zu entschlummern. Jetzt hat sich aber, eigentlich durch einen Zufall, eine andere, wie ich finde gute Betreuungsmöglichkeit ergeben - leider zu einem Zeitpunkt, an dem ich schon fast im ref bin (hier in NRW zum 1.04., ich warte nur noch auf die Schulzuweisung...)
    Das Promotionsthema würde mich schon sehr reizen, allerdings müsste ich mich möglicherweise weiterhin mit dem Spagat 'Jobben und Studieren' herumärgern, ob sich da an der Uni was ergibt ist noch nicht raus. Andererseits freue ich mich auf's Ref, und es kommen auch eine ganze Reihe praktischer Gedanken dazu: Selbst wenn alles glatt läuft, bin ich bei der Variante 'erst Promotion, dann Ref' über dreißig, wenn ich an die Schule kommen, und ich frage mich, ob das nicht ein bischen alt ist? Von anderen Leuten mit 'Doppelabschluss' (Magister und Stex, z.T. auch Promoviert) habe ich gehört, dass sie in der Schule dann einen ziemlich schweren Stand hatten, da manche Kollegen nicht sehr gut auf die angeblich 'arroganten Überqualifizierten' zu sprechen waren.
    Und an die Schule will ich eigentlich auf jeden Fall, aber im Moment weiß ich einfach noch nicht.´, was die 'bessere' Reihenfolge wäre...... ?(


    Viele Grüße!


    carla

    Nehmen Sie die Menschen so wie sie sind.
    Es gibt keine anderen

  • Ich selber habe nach meinem Abschluss promoviert, weil ich mir nicht sicher war, ob ich wirklich Lehrerin werden will. Ich bin jetzt 30. Im Februar fange ich nun mit dem Referendariat an, weil ich mir u.a. auch an der Uni bewusst geworden bin, dass mir Unterrichten Spaß macht, ich aber nicht weiter in diesem wissenschaftlichen Umfeld bleiben möchte. Ich habe bisher nicht feststellen können, welchen Wert die Promotion hat. Mir hat meine Promotion (meistens) Spaß gemacht, es war aber oft auch eine ziemlich einsame und schwere Zeit. Wie man an der Schule angeguckt wird, muss einem nicht so wichtig sein, man promoviert in erster Linie für sich selber. Ob du nun lieber Referendariat machst oder lieber promovierst, hängt vielleicht auch von deinen Fächern ab. Wenn du Fächer hast, die sowieso gefragt sind, kannst du dir den 'Luxus' Promotion ja auch zeitlich leisten.

  • Hallo Carla,
    ich selbst hoffe, bald meine Promotion fertig zu haben, und will dann ins Ref. Zumindest einen Teil kann ich also halbwegs beurteilen. Ich hab auch erstes St.Ex und ein Diplom. Ich glaube, daß die Frage Dr. oder Ref so was ähnliches ist, wie Äpfel mit und Birnen zu vergleichen. Die ganz entscheidende Frage ist nach meiner Meinung, warum Du überhaupt überlegst, zu promovieren! Wegen dem Titel, evtl. Karrierechancen, "für Dich", aus fachlichem Interesse oder willst Du Dir Chancen in der freien Wirtschaft aufbauen. Und wie sicher bist Du Dir, daß Du früher oder später an die Schule willst, und warum. Davon hängt die Entscheidung ab - denk ich. WEnn Du magst, kann ich Dir auch noch mehr von meinen Erfahrungen schildern.


    Gruß, Artemis

  • hallo carla,
    ich hab gleich zwei promotionsstellen abgelehnt, weil ich nun mal immer lehrer werden wollte und die promotion für mich eher so ein privatvergnügen gewesen wäre. manchmal ärger ich mich (geht im ref ja jedem so), insgesamt bin ich mit meiner entscheidung aber sehr zufrieden. ich kann übrigens auch bestätigen, dass viele lehrer und fachleiter gar nicht gut auf das dr. zu sprechen sind. umgekehrt sind manche meiner kollegen mit den zwei buchstaben mehr auch ausgesprchen arrogant und lassen uns ohne gerne wissen, dass wir ja unqualifiziert sind mit nem einfachen hochschulstudium. ist wohl immer ne frage, wie man damit umgeht.

  • Erst mal Danke für Eure Antworten!


    Artemis: Das ich gern Promovieren würde, war mir eigentlich schon im Studium klar, mir macht das wissenschaftliche Arbeiten einfach viel Spaß, auch (oder weil) ich eine ganze Weile gebraucht habe, für mich den Bereich herauszufinden, der mich am meisten interessiert. Allerdings habe ich, was weniger an der Wissenschaft als am wiss. Betrieb der Hochschulen liegt, jobmäßig immer wieder Fluchttendenzen entwickelt, was dann darauf hinauslief, dass ich im Studium zwischen Uni-jobs und anderen Arbeitsfeldern öfter gewechselt habe - und deshalb (und weil ich gemerkt habe, dass mir Unterrichten liegt) kann dann auch ziemlich schnell das Lehramt dazu.
    Was für mich die Entscheidung schwierig macht (nach 'Neigung' wäre die Entscheidung ziemlich schnell klar) ist vermutlich auch, dass ich damit eine ziemlich klare Planung (davon hatte ich selten so viel wie nach dem Stex) für die nächsten Jahre über den Haufen werfen würde. Vielleicht sollte ich mir einfach, und das beweisen ja auch Eure Postings, klar machen, dass mir das Ref nicht davonläuft.
    Vieleicht ist das das Alter (ich bin 29), sonst habe ich so etwas wesentlich schneller und intuitiver entschieden, aber zur Zeit nehme ich anscheinend 'Lebensplanung' ziemlich schwer......

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  • Hallo Carla,
    ehrlich gesagt, ist das der einzige Grund für eine Promotion, der aus meiner Sicht auch Sinn macht. In welchem Fach würdest Du denn promovieren? Ich bin auch schon 31 und nach meinem Dipl/StEx konnte ich mir einfach nicht vorstellen, mit dem fachlichen/wissenschaftlichen aufzuhören. Damals dachte ich auch, daß ich gar nicht mehr Lehrerin werden möchte. Da ich einfach unbedingt weitermachen wollte, war die Promotion der beste WEg. In Biologie übrigens. Aber was für so ziemlich jeden gilt: es dauert immer länger, als man plant und erst recht, wenn man sich auch noch selbst finanzieren muß (das hätt ich nicht gemacht - glaub ich). ich hatte zum Glück immer eine halbe Stelle. ich bin jetzt drei jahre dran, und hatte vor, bis zum Sommer fertig zu sein. Mein Prof sieht das leider ganz anders und mir werden da noch einige schlimme Diskussionen bevorstehen. momentan denke ihc auch zum ersten Mal darüber nach, ob es die richtige Entscheidung war. Das hängt auch viel mit meinem Alter zusammen. vorm Studium hab ich eine Ausbildung gemacht, und wenn ich jetzt noch ins REf gehe (wozu ich mich entschlossen hab), bin ich echt ziemlich alt. Und brauchen tu ich den Dr ja nicht für die Schule.
    Und mit dem Ansehen von Promovierten an der Schule - naja, da mach ich mir wenig Gedanken. Ich denke nicht, daß ich arrogant bin oder wirke, zumal ich nicht der Überzeugung bin, daß ich durch den Dr (wenn ich ihn denn mal hab) in irgendeiner Form besser oder gar überqualifiziert für die Schule bin. Und wenn andere mich doch so sehen sollten, werd ich wohl zusehen müssen, wie ich damit klarkomme. Aber das sollte kein Grund sein, es nicht zu machen - oder?
    Ich glaub, wenn ich damals gewußt hätte, daß ich Lehrer werden will, hätt ich die Promotion nicht gemacht.
    viel Glück jedenfalls bei der Entscheidungsfindung.
    Artemis

  • Zitat

    Ich stehe im Moment vor der Frage, ob ich, wie geplant, im Februar mit dem Ref anfangen, oder statt dessen Promovieren soll.


    Du hast ja schon einige kompetente Antworten bekommen, aber weil ich ja überall meinen Senf dazugeben muß ;) , hier also meine two cents:


    Genau deine Frage habe ich mir im August 2002 auch gestellt. Da war ich grade frisch mit dem Ersten Staatsexamen fertig geworden. Allerdings nicht als Entweder/Oder-Frage, sondern als Was-zuerst-Frage.


    Ich wußte, daß ich in die Schule will - aber ich wußte auch, daß ich wissenschaftlich arbeiten will (und, Hand aufs Herz: wenn man das will, kommt man um den doctor philosophiae nicht herum, wenn man denn auch publiziert werden will).


    Ich kenne auch Leute, die Ref. und Promotion gleichzeitig betrieben haben - aber das ist kein Spaß, und das erschien mir folglich nicht nachahmenswert.


    Ich hab mich dann für die Reihenfolge Prom. - Ref. entschieden (wobei die Ref.-Phase noch im Projekt-Status ist, und auch die Doktorarbeit nicht fertig ist), weil ich vermute, daß der umgekehrte Weg schwerer ist, d.h. von der Schule in die Uni zurückzufinden.


    gruß, ph.

    Einmal editiert, zuletzt von philosophus ()

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