Informatik in der Grundschule - was tun, woran denken?

  • Ich arbeite an einer zweizügigen Grundschule. In meiner Stadt werden nach und nach alle Schulen gut mit Geräten versorgt: An meiner Schule sind das ein Klassensatz Notebooks und ein halber Klassensatz Ipads. Vier Räume sind bereits mit Interaktiven Whiteboards ausgestattet, bei den weiteren Räumen kommt das noch. In den meisten Räumen gibt es WLAN (einen Computerraum gibt es allerdings nicht).


    Wir können in jeder Klasse eine bis zwei Stunden doppelt besetzen, in denen ich mit der KL in der Klasse bin. Vorgesehen ist, dass ich ab Oktober Informatik-Stunden unterrichte (so nenne ich sie jedenfalls für mich) und dass wir gucken, wie sich die Geräte im weiteren Unterricht einsetzen lassen. Ich bin selbst kein Computer-Freak, aber ein gewisses Interesse und ein paar Vorkenntnisse sind da. Bei den Kolleginnen ist beides weniger ausgeprägt. Die Vorkenntnisse der Kinder sind natürlich unterschiedlich. Wenn ich mich auf das verlasse, was sie bereits in der Schule gelernt haben, kann ich wenige oder keine Kenntnisse voraussetzen (fehlende Ausstattung und kaum Doppelbesetzungen in der Vergangenheit).


    Ich habe von der Schulleitung viel Freiraum, was die Gestaltung der Informatik-Stunden angeht. Das ist toll, mir fehlt aber ein wenig der Austausch mit Kollegen. Daher würde ich mich freuen, wenn ich hier etwas Feedback zu meinen Überlegungen bekomme, die unten folgen. Was denkt ihr dazu? Gibt es Wichtigeres, das ich außen vor gelassen habe? Was würdet ihr in solchen Informatik-Stunden vermitteln? Außen vor lasse ich mal, was um den Unterricht herum noch organisiert werden muss: Benutzerkonten, Netzwerk, Einbindung der Whiteboards etc.

    • Start in allen Klassenstufen mit dem Bergedorfer Computer-Führerschein für Klasse 3/4 von Persen. Der ist sehr umfangreich und kleinschrittig. ich würde ihn als Leitfaden benutzen, um Grundlagen zu Vermitteln: Computer ein- und ausschalten, Programme starten und beenden, Dateien öffnen und schließen, Umgang mit der Tastatur etc. Vielleicht auch angelehnt an den Medienpass NRW, den muss ich mir aber noch ansehen.
    • In Klasse 1 und 2 war es das vielleicht schon, je nach Absprache mit den Klassenleitungen. Denkbar wären Word, Benutzung des Browsers, gezielter Einsatz von Apps in Deutsch, Mathe oder Sachunterricht etc.
    • In Klasse 3 und 4 habe ich zwei größere Projekte vor. Entweder beides in beiden Klassenstufen oder Webseiten in Klasse 3, Programmieren in Klasse 4.
    • Webseiten: Ich habe einen Webseiten-Generator gefunden, der im Grunde funktioniert wie ein Content Management-System: Die Kinder geben ihrer Website einen Titel und wählen ggf. ein passendes Bild aus. Das Layout der Seite ist dann im Wesentlichen vorgegeben. Die Kinder erstellen selbst Menüpunkte und füllen diese mit Texten, Bildern, Audios oder Videos. Sie müssen dazu nur auf einen Button oder in ein Eingabefeld klicken können, mit der Tastatur umgehen können, Dateien öffnen und speichern können. Die Bedienung des Webseiten-Generators selbst ist nicht schwierig. Die fertige Website kann veröffentlicht werden und ist dann unter einer Domain wie http://www.anbieter.de/content-27 erreichbar. Die Kinder könnten so praktisch anwenden, was sie beim Computer-Führerschein gelernt haben und die Anbindung an den Sachunterricht läge auf der Hand. Die Webseiten wären eine weitere Präsentationsmöglichkeit neben den gängigen Plakaten.
    • Programmieren 0: In einem ersten Schritt würde ich den Kindern gerne ohne Computer vermitteln, was Programmieren eigentlich ist. Stichwort offline Programmieren oder unplugged Programmieren. Z. B. indem sie sich gegenseitig mit Hilfe von Anweisungen über ein Spielfeld steuern (drehe dich nach rechts, nach links, gehe vor etc.). Man könnte auch was basteln.
    • Programmieren 1: Dann würde ich gerne mit Scratch arbeiten und mit den Kindern einfach(st)e Geschichten, Spiele oder Quizes programmieren (Kinder also als Programmierer). Daneben würde ich selbst für die Kinder Aufgaben programmieren, die die Kinder in meinem Musikunterricht lösen müssten (Kinder also als Benutzer). Denkbar wäre es auch, dass Scratch z. B. zur Leistungsüberprüfung mal in anderen Fächern eingesetzt wird, je nachdem, wie sich die Kolleginnen dafür begeistern werden oder wieviel Zeit ich dafür haben werde. Hier bekommt man eine Idee von Scratch, ein bisschen nervig sind diese Videos meistens, so auch dieses: https://www.youtube.com/watch?v=98awWpkx9UM
    • Programmieren 2: Zweiter Schritt wäre es, den Kindern zu vermitteln, wo es überall Computer gibt und dass sich auch diese kleinen Geräte programmieren lassen. Meine Wahl wäre der Calliope mini. Diese Videos sind ganz nett: https://www.youtube.com/watch?v=cVmtsJWxEUo und https://www.youtube.com/watch?v=k2Hf3UIaXS4
  • Ich habe gerade nicht viel Zeit, daher nur ein paar Tipps in Kürze:


    Material Stiftung Haus der Kleinen Forscher
    Material aus dem Projekt Informatik an Grundschulen NRW hier und dann nochmal hier zwei weitere Module, davon auch eins mit dem Roboter Ozobot.


    Dann gibt es im Projekt IT2School auch ganz nette Sachen. Und aus der Schweiz z.B. auch zu Scratch http://ilearnit.ch/de/teacher.html


    Ansonsten ggf. auch nochmal beim Schülerlabor coolMint der RWTH Aachen schauen oder bei der Informatikdidaktik in Münster. Wenn ich mich nicht ganz irre haben die auch noch ein paar Sachen.


    Bücher kann ich dir die Hello Ruby Reihe von Linda Liukas empfehlen.


    Ggf. später mehr. Ansonsten kann @kleiner gruener frosch da auch einiges zu sagen ;)

  • Danke! Was du im anderen Thread geschrieben hattest, war schon sehr hilfreich. Ich habe mittlerweile einen guten Überblick, wo man Material und Anregungen findet, speziell halt zu offline Programmieren, Scratch und Calliope mini.


    Konkret würdest du ggf. den Ozobot als Alternative zu Calliope mini empfehlen? Für mich war ausschlaggebend, dass ich keinen Bewegungsroboter möchte. Wir haben wenig Platz, kleine Tische und auch keinen Raum, wo ich mit ganzen Klassen auf dem Boden arbeiten könnte (es sind bis zu 32 Kinder). Denkst du, dass meine grobe Struktur insgesamt Sinn macht? Die konkrete Umsetzung ist dann nochmal was anderes, da müsste ich mir zumindest zu Scratch noch eine Menge Gedanken machen. Calliopes könnte ich ohnehin frühestens im nächsten Schuljahr bekommen.

  • Denke deine Reihenfolge kann man durchaus so machen. Und eine PC Führerschein an den Anfang zu stellen finde ich nicht verkehrt.


    Ich persönlich finde für den Einstieg den Ozobot charmanter als die Calliope, aber ich habe mit der Calliope auch wenig Erfahrung. Ich kann nur sagen, dass man für den Ozbot, wenn man nicht gerade freie Strecken malt nicht so viel Platz benötigt und die Kinder gut zu zweit an einem Tisch (einem 2er Tisch) arbeiten können.
    Man kann aber auch auf zusätzliche Hardware verzichten und mit Scratch arbeiten, ist dann halt nochmal anders. Und habe ich zumindest selbst in der Altersklasse auch noch nicht als komplette UE eingesetzt und werde ich wohl angesichts meines OBAS nun am BK auch erstmal nicht tun. ;)
    Aber vielleicht hat da noch jemand anderes hier Erfahrung.


    Aus fachdidaktischer Perspektive fände ich es einfach wichtig, wenn man an vielen Stellen möglichst auch die Technik dahinter mit erklärt. Hier hilft das schon öfters genannte Dagstuhldreieck vielleicht ganz gut um zu schauen, welche Perspektive steht gerade im Mittelpunkt und welche sollte ich vielleicht noch mitdenken und einplanen.


    Viele Grüße

  • M.E. liegt eine der Hauptaufgaben, aber eine sehr große Verantwortung darin:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Analphabetismus#Deutschland, bzw. darin, dagegen zu arbeiten.


    Dann stünde diesen Schülern nicht nur informatische Bildung offen.

    Mein Ironie-Detektor funktioniert gerade nicht, daher weiß ich nicht, ob hier welche enthalten ist ;-)


    Dass wir Medienkompetenz und informatische Grundbildung vermitteln, ist in meinem Bundesland Vorgabe von oben. Das Ganze ist aufgeschlüsselt in 24 Teilkompetenzen, die wir den Kindern bis zum Ende der 4. Klasse vermitteln sollen. Wenn wir das erreichen, sind die Kinder in diesem Bereich fitter als die meisten Eltern und Grundschul-Kollegen. Ich selbst habe den Umgang mit E-Mails, Webdesign und Programmieren erst mit 20+ Jahren gelernt. Insofern sehe ich das Ganze eher entspannt.


    Auf der anderen Seite bekommen wir vom Schulträger Geräte für 30.000 €, die für die Kinder gedacht sind. Außerdem sind in jeder Klasse auch Kinder, die das Rechnen im Zahlenraum bis 1000 und das Lesen und Schreiben in ihrer Muttersprache dann irgendwann auch mal beherrschen und sich freuen, etwas ganz Neues und Anderes zu lernen.

  • Dass wir Medienkompetenz und informatische Grundbildung vermitteln, ist in meinem Bundesland Vorgabe von oben. Das Ganze ist aufgeschlüsselt in 24 Teilkompetenzen, die wir den Kindern bis zum Ende der 4. Klasse vermitteln sollen. ...

    Das interessiert mich mal aus meiner Perspektive: Kannst du das irgendwie verlinken? Ich finde das nicht im Netz, jedenfalls nicht so explizit, wie du das gesagt hast (24 Teilkompetenzen). Vielleicht bin ich auch nicht kompetent genug, zu suchen. :)

    Religion, eine mittelalterliche Form der Unvernunft, wird, wenn sie mit modernen Waffen kombiniert wird, zu einer echten Gefahr unserer Freiheiten. (Salman Rushdie)

  • Das interessiert mich mal aus meiner Perspektive: Kannst du das irgendwie verlinken? Ich finde das nicht im Netz, jedenfalls nicht so explizit, wie du das gesagt hast (24 Teilkompetenzen). Vielleicht bin ich auch nicht kompetent genug, zu suchen. :)

    medienkompetenzrahmen.nrw.de - dort findet man als PDF und als erklärende Broschüre die Teilkompetenzen.

  • M.E. liegt eine der Hauptaufgaben, aber eine sehr große Verantwortung darin:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Analphabetismus#Deutschland, bzw. darin, dagegen zu arbeiten.


    Dann stünde diesen Schülern nicht nur informatische Bildung offen.

    Das eine folgt nicht auf das andere, alle Formen des Analphabetismus sind miteinander verschränkt und verhindern gleichermaßen die kulturelle Teilhabe. Man sieht ja durchaus auch unter Kolleginnen und Kollegen, dass die aktive Ausblendung von medialer Bildung mit der Ausblendung kultureller Bereiche einhergeht.

  • @SteffdA hat schon Recht: Gesicherte Lese- und Schreibkompetenzen haben Vorrang. Am Ende der Grundschulzeit müssen alle Kinder (mit Ausnahme von Kindern mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung) in der Lage sein, lesen und schreiben zu können, da sich nur so Analphabetismus bekämpfen lässt. Es gibt zwar inzwischen Alphabetisierungskurse bis ins hohe Alter, aber zu viele Betroffene nehmen diese Kurse nicht wahr, da Menschen allgemein sich schwer tun, sich ihren Schwächen zu stellen. Kinder sind da noch am ehesten bereit... Mein Vorschlag daher (vlt. wäre das realisierbar): Im Stundenplan der Kids stehen zwei Stunden WPU. Bei einer Deutschnote von 2 oder besser im Vorjahr wird Informatik unterrichtet, ansonsten gibt es Förderunterricht Deutsch.

  • medienkompetenzrahmen.nrw.de - dort findet man als PDF und als erklärende Broschüre die Teilkompetenzen.

    Danke!

    Religion, eine mittelalterliche Form der Unvernunft, wird, wenn sie mit modernen Waffen kombiniert wird, zu einer echten Gefahr unserer Freiheiten. (Salman Rushdie)

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