Digitalisierung an der Schule - was bewegt Sie?

  • Liebe Lehrkräfte dieses Forums,


    gleich vorneweg: Ich bin nicht im Lehramt tätig, hoffe aber trotzdem, dass mein Beitrag auf offene Ohren stößt und Sie sogar zu einer Antwort motiviert. Zumindest versuche ich einmal mein Glück :-) , Sie würden mir damit sehr helfen.


    Ich studiere berufsbegleitend mit dem Schwerpunkt Digitale Medien und stehe kurz vor meiner Abschlussarbeit, in der ich gerne etwas zum Thema Digitalisierung an Schulen (am liebsten Sekundarstufe, da es hier viel Literatur gibt) schreiben möchte. Denn das Thema Bildung in Kombination mit Digitalisierung finde ich sehr, sehr spannend, gerade in Hinblick auf den Digitalpakt. Vom Medienentwicklungsplan über hitzige Debatten zu fehlenden personellen Ressourcen im IT-Bereich oder kontroversen Diskussionen zum Thema BYOD hin zur großen Bedeutung von Lehrerfortbildungen zum digitalen Medieneinsatz, habe ich mich schon etwas in die Materie eingegraben.


    Die Liste an Themen ist lang... mit meiner Abschlussarbeit möchte ich jedoch gerne einen Mehrwert für Schulleiter und Lehrer schaffen. Deswegen spreche ich nun Sie, liebe Lehrkräfte, hier in diesem Forum an, um herauszufinden, was Sie zum Thema Digitalisierung an Ihrer Schule am meisten umtreibt. Denn vielleicht liefern Ihre Antworten wertvolle Impulse für meine Forschungsarbeit.


    Ich freue mich sehr auf Ihre Unterstützung und sende viele Grüße aus München
    Lena

  • Die Dichte an Buzzwords ist faszinierend. Da kriegt man gleich mehrere Bullshit-Bingo-Karten voll.


    Weiterhin viel Erfolg mit Ihrer "Forschung".

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    Einmal editiert, zuletzt von O. Meier ()

  • Mich bewegt am meisten - und das ohne Ironie oder ähnliches - dass für "Digitalisierung" bei uns offenbar Unmengen an Geld vorhanden sind, für Dichte Fenster, Schallisolierungen, Brandschutz oder auch nur funktionierende Toiletten aber nicht.

  • Mich bewegt am meisten - und das ohne Ironie oder ähnliches - dass für "Digitalisierung" bei uns offenbar Unmengen an Geld vorhanden sind, für Dichte Fenster, Schallisolierungen, Brandschutz oder auch nur funktionierende Toiletten aber nicht.


    Aber nur für die erste Installation.
    Ich habe tolle digitale Technik, die leider nie richtig eingestellt wurde, so dass ich sie aktuell nicht nutzen kann.
    Aber ich bin es aus dem Ref gewohnt - immer einen Plan B in der Tasche haben.

  • Das liegt, glaube ich, an zwei Dingen:


    1) unterschiedliche Zuständigkeiten
    Fenster, Toiletten, ... --> Die Kommune
    Digitalisierung --> Eigentlich auch die Kommune; aber es mischen sich auch noch Länder und Bund ein.


    2) bessere Werbung (nicht für Lehrer und Eltern mit schulpflichtigen Kindern, aber für die anderen)
    Eine Partei kann auf Bundes-, Landes-, ... -Ebene offensichtlich besser Werbung machen, wenn Sie sagt "Wir haben da jetzt überall neue digitale zufunftweisende XXX bezahlt."
    Im Gegensatz zu "Wir haben die Aufgabe der Kommune übernommen und das alte Fenster getauscht."

  • Alles richtig, aber das darf mich ja trotzdem ärgern ;-)

  • Etwas offtopic:
    Wobei das Geld aus dem GuteSchule2020-Etat sowohl für Sanierung als auch für die digitalen Medien gedacht ist /war.


    Kl.gr.Frosch

  • Liebe Lena, du hast sehr freundlich gefragt, daher nicht über Ironie hier wundern. Leider kann ich auch nur beitragen: ich hätte gern mal ein W-LAN-Passwort in der Schule. Auch das dürfte für eine Arbeit zu wenig Stoff sein :grimmig: Vielleicht könntest du's um die Frage ergänzen, warum die Länder nicht für die Finanzierung von Fachleuten aufkommen wollen, die sich um all den Kram kümmern.


    Obwohl, was mich echt interessieren würde: auf welcher Entscheidungsgrundlage ein Land von welcher Firma Geräte für die Schulen kauft. Im Gegensatz zu herkömmlichen Tafeln muss man ja auch entsprechende Programme zukaufen etc. Irgendwo wurden mal VR-Brillen an Schulen verschenkt- was ist daraus eigentlich geworden? Lobbyismus und so, hat aber nix mit deinem Fachgebiet zu tun schätze ich.

  • Meine Gedanken dazu:

    • Bitte 1 Sys-Admin pro 80 PC-Arbeitsplätze einstellen.
    • Bitte nur Hochverfügbarkeitslösungen kaufen. Ausfallzeiten sind ein KO-Kriterium für jeden Digitalunterricht.
    • Digitalisierung nur da, wo es Mehrwert bringt
    • Für die tausende von €€, die die digitalen Geräte und Lizenzen alle paar Jahre kosten, kann ich sehr schönes, mindestens 15 Jahre haltbares Experimentiermaterial kaufen.
  • Mich bewegt am meisten, dass die Kommune zwar gewillt ist, teure Endgeräte nach und nach in den Schulen an die Wand zu schrauben
    und sogar eine Service-Firma für die Wartung und für alles mögliche andere beauftragt,
    letztlich aber nicht gewillt ist, deren Arbeit zu überprüfen.


    Also haben die Geräte keine Kabel, sind nicht eingebunden, können nicht genutzt werden...,
    ABER man kann sagen, dass die Schule mit XY ausgestattet wurde.


    Mich bewegt außerdem, dass die Menschen beim Kostenträger das Telefon und das E-Mail-Programm nicht bedienen können oder wollen, sodass Anfragen generell ins Leere laufen und notwendige Arbeiten verschleppt werden, bis man entnervt aufgibt oder vergessen hat, dass noch ein Teilaspekt umzusetzen ist, ohne den die komplette Maßnahme nicht nutzbar ist. Gerade heute habe ich überlegt, ob der Einsatz von Postkarten zielführend sein könnte.


    Vielleicht wäre es sinnvoll, über Möglichkeiten des Unterrichtseinsatzes und die dazu notwendigen Fortbildungsschritte nachzudenken.
    Beim Konjunkturpaket I+II war es ähnlich, die Geräte wurden in den Schulen abgeladen und es gab ein "nun macht mal schön", Fortbildungen haben wir damals intern organisiert,
    zuvor gab es eine landes- oder sogar bundesweite Fo-Bi-Inititative, eine Art Computergrundbildung für Lehrkräfte.


    Unverständlich ist, warum es nicht zunächst Überlegungen über möglichen Nutzen gegeben hat, statt jetzt jeder Schulen bzw. jedem Träger diese Arbeit und diese Entscheidung zu überlassen.
    Mal sehen, wie viel Geld am Ende tatsächlich in den Schulen ankommen wird.

  • Deswegen spreche ich nun Sie, liebe Lehrkräfte, hier in diesem Forum an, um herauszufinden, was Sie zum Thema Digitalisierung an Ihrer Schule am meisten umtreibt.

    Das Problem mit der Digitalisierung:

    • Es ist nur das Geld für die Erstbeschaffung der Geräte da.
    • Es gibt keinen Plan für Ersatzbeschaffungen alle 3 Jahre, der dann auch wirklich durchgezogen wird.
    • Lehrer sollen die Wartung nebenbei machen und bekommen dafür lachhaft wenige Ermäßigungsstunden.
    • Die Infrastruktur ist nicht vorhanden und wird auch nicht bei der Beschaffung berücksichtigt. Das fängt schon mit der Frage an, ob überhaupt genug Steckdosen bzw. Stromkreise im Raum vorhanden sind. Bei 4 PCs an einer b16 Sicherung ist einfach Schluß. Da kann man nicht mittels 10fach Steckdosenleiste einfach mal mehr dranhängen.
    • Es werden zwar teure Geräte angeschafft, aber das Zubehör fehlt. Da rennt man wirklich hinter Kabeln für 5,- € hinterher, um die Geräte nutzbar zu machen.
    • Wenn ich will, daß auch alle Schüler mit ihren Smartphones etc. ins Schulnetz bzw. Internet kommen sollen, muß da eine Fachfirma für die Netzwerkinstallation ran. Mit 08/15-Komponenten für den Heimgebrauch kommt man bei 10.000 Clients im Netzwerk einfach nicht weiter.

    Meine Lösung:

    • Es sollten keine Geräte gekauft werden sondern nur noch geleast werden, dann aber inkl. Wartungsvertrag mit festgeschriebener Reaktionszeit von 24 Stunden. Außerdem muß im Leasingvertrag ein Intervall für den Geräteaustausch festgelegt werden.
    • Es muß in der Verwaltung einfach klar sein, daß mit dem Kauf von Geräten nicht getan ist. "Digitalisierung" bedeutet, daß wir da von Ewigkeitskosten reden, die man eben nicht nach Kassenlage alle Jahre mit Verweis auf eine etwaige Haushaltssperre abstellen kann.
  • 1) unterschiedliche Zuständigkeiten
    Fenster, Toiletten, ... --> Die Kommune
    Digitalisierung --> Eigentlich auch die Kommune; aber es mischen sich auch noch Länder und Bund ein.

    Und jeder schiebt es auf den Anderen. :(
    Wir wollten in jedem Klassenraum Beamer + Lehrer-PC haben, um den Beamer auch befeuern zu können. Als dann im Antrag aus "Lehrer-PC" irgendwann "Lehrerarbeitsplatz" wurde, fühlte sich der Kreis nicht mehr zuständig, weil die Arbeitsplätze dann wieder Aufgabe des Landes sind.


    Ergebnis davon: Wir haben seit 4 Jahren in allen Räumen Beamer unter der Decke hängen, können sie aber nicht nutzen, weil die PCs fehlen. Allein die Tatsache, daß so ein Deckenbeamer auch Strom und ein HDMI-Kabel benötigt und das von einem Elektriker dann auch noch installiert werden muß, hat nachträglich 3 Jahre gedauert. Nutzbar sind die Beamer trotzdem noch nicht. In 2021 kommen dann vielleicht mal die PCs. Ob aber dann die Beamer noch funktionieren und was ist, wenn so ein Beamer mal eine neue Lampe benötigt, ist komplett unklar.

  • bekommen dafür lachhaft wenige Ermäßigungsstunden.

    Das hängt ein Bisschen davon ab, wie die Kollegen dabei verhandeln. Wir halten Kriegsrat, bevor wir mit der Schulleitung sprechen. Dann lässt man sich nicht so leicht auseinander dividieren. Die Gespräche mit der SL dauern dann meist nicht lange.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Wir sind eine große Schule mit fast 40 Klassen plus Oberstufe im Kurssystem und deutlich über 100 Kollegen plus um die 30 Referendare. Der Unterricht findet statt in einem großen Altbau mit schlechter Elektrik und einem mit vielen Betondecken und -wänden ausgestatteten, mittlerweile auch etwas in die Jahre gekommenen Neubau.
    Die W-Lan-Versorgung ist im Altbau prinzipiell gut, im Neubau eine Katastrophe wegen des vielen Betons. Im Altbau ist die Elektrik am Limit und sobald Schulbetrieb stattfindet, sind derart viele Nutzer im W-Lan, dass ein Hineinkommen ins selbige einem Glücksspiel gleicht, von einer Datenübertragung, wie sie z.B. bei Filmen erforderlich wäre, kann man nur träumen. Das ist nicht nur hinsichtlich Internetübertragungsgeschwindigkeiten ein Problem, sondern auch für Systeme, die es erfordern, dass man sein eigenes Gerät über W-Lan an einem Beamer oder Display oder apple-tv o. dgl. anmeldet.
    Wir Lehrkräfte wechseln nahezu jede Stunde das Zimmer (im Idealfall hat man auch mal eine Doppelstunde in einem Raum). Wir haben sehr unterschiedlich große Zimmer und sehr unterschiedlich große Klassen. Ein „Lehrerraumsystem“ statt eines Klassenzimmersystems funktioniert bei uns deshalb nicht.
    In nahezu jedem Zimmer haben wir eine unterschiedliche Ausstattung, weil man eben immer das Neueste gekauft hat, wenn mal wieder ein bisschen Geld vorhanden war. Spontan angeordnete Zimmerwechsel sind bei uns zudem keine Seltenheit. Da steht man dann mit einer Unterrichtsvorbereitung für eine (eigener) Laptop-Beamer-Stunde, hat aber im neu zugewiesenen Raum dann entweder gar keine Ausstattung außer Overheadprojektor oder eine mit fest installiertem mini-Projektionsflächen-Smartboard-Rechner am Beamer (!), an dem man die eigene Hardware nicht anschließen kann, oder eine Lösung mit fest installiertem und abgeschlossenen Laptop, für den man keinen Schlüssel hat. Wahlweise dann noch alle Systeme mit oder ohne (funktionierenden) Lautsprechern etc. Hinzu kommen pubertierende Schüler, die es lustig finden, in unbeaufsichtigten Zeiten des Stundenwechsels das eine oder andere Kabel zu entwenden, sodass das gesamte System nicht mehr funktioniert und man zu viel Zeit für die Fehlersuche benötigt, bevor man arbeiten kann. Liegt aber nicht nur an den Schülern, dass oft etwas nicht funktioniert, sondern auch an Kollegen, die in ihrer Verzweiflung Kabel umstöpseln usw. Es sind einfach zu viele Menschen mit unterschiedlich guten Kenntnissen an der Hardware und Software zugange, als dass solche Systeme dauerhaft zuverlässig laufen könnten, zumal auch wir keinen hauptamtlichen Systemadmin haben, sondern nur einen, der das als Lehrer nebenbei macht.
    Der Frust über die vertane Vorbereitungszeit ist groß. Man neigt dann selbst als digital-affiner Mensch dazu, wieder auf Buch-Kreide-Stunden umzuschwenken.
    Solange man kein einheitliches System in allen Räumen hat (utopisch, nicht finanzierbar) und niemanden, der sich mit der Wartung der Systeme regelmäßig beschäftigt, ist das mit der Digitalisierung bei uns zum Scheitern verurteilt. Leider. Und das wird auch der Digitalpakt nicht ändern.

  • Ich muss sagen, dass ich in der Grundschule keine digitalen Tafeln o.Ä. brauche.
    Mir sind vernünftige Lehrbücher wichtiger, oder, dass ich für die Kopien der Unterrichtsmaterialien nicht selber zahlen muss.
    Mich ärgert es, dass ich sogar schon unsere Viertklässler teilweise mit dem iPhone in der Hand sehe. Das sind noch nicht viele, aber die Tendenz wird steigen.
    In meinen Augen ist die Gefahr der ganzen Technik eher, dass diese einen Reizüberfluss für meine Schützlinge darstellen, anstatt den propagierten Mehrwert.

  • Solange man kein einheitliches System in allen Räumen hat (utopisch, nicht finanzierbar) und niemanden, der sich mit der Wartung der Systeme regelmäßig beschäftigt, ist das mit der Digitalisierung bei uns zum Scheitern verurteilt. Leider. Und das wird auch der Digitalpakt nicht ändern.

    Das sehe ich genauso. Ich habe relativ viel ausprobiert und meinen Unterricht mehr und mehr digitalisiert, aber man steht so oft da und nichts funktioniert zuverlässig. Ich finde das auch eher frustrierend!

  • Es sind einfach zu viele Menschen mit unterschiedlich guten Kenntnissen an der Hardware und Software zugange, als dass solche Systeme dauerhaft zuverlässig laufen könnten, zumal auch wir keinen hauptamtlichen Systemadmin haben, sondern nur einen, der das als Lehrer nebenbei macht.

    Ist es denn wirklich zu viel verlangt, wenn sich Lehrkräfe in ihrer üppig bemessenen Freizeit und ihren Dauerferien, einmal kurz in die Grundlagen der Netzwerktechnik sowie die Administration eines heterogenen Multi-User, Multi-Geräte Systems mit zusammengewürftelter Topologie einarbeiten? Jeder Informatik-Absolvent mit 10 Jahren Berufserfahrung oder Spezialist in einem IT-Systemhaus kriegt das hin, und die verdienen auch nicht mehr als das Doppelte eines Lehrers. Was macht denn heutzutage eine Bank oder eine Behörde, wenn die IT ausfällt? Stellen die die Arbeit ein, holen sich Spezialisten mit Stundensätzen von 200€ aufwärts ins Haus oder legen die Mitarbeiter an der Front selbst Hand an? Na also. Geht doch.


    Gruß 1

  • Meine Gedanken dazu:

    • Bitte 1 Sys-Admin pro 80 PC-Arbeitsplätze einstellen.

    ... und zwar einen, der es kann.
    Unsere Computerfee (kollegin, die das alles "nebenbei" am Bein hat) war krank und wir bekamen jemanden vom Amt gestellt. Den hat unsere Schulleitung am Ende mit dem Sortieren von Papier beschäftigt, damit er zusätzlich zu den 50% der PCs, die er schon abgeschossen hatte, nicht noch den Rest lahmlegte. PC-Kabinette nicht mehr nutzbar.


    Was uns gerade umtreibt: Um überhaupt Gelder aus dem Digitalpakt zu bekommen, brauchen wir ein Medienkonzept. Das letzte Medienkonzept vom Mai (entstanden in Arbeitszeit, die am "Kerngeschäft", dem Vorbereiten, Durchführen und Nachbereiten guten Unterrichts und der Erziehungsarbeit fehlte) ist hinfällig, weil es nun neue bundesweite, ganz andere Medienkonzeptvorlagen gibt. Die Schulleitung und die Computerfee sitzen nun wieder und schreiben ein neues Konzept.
    Wenn alles fertig ist und viele Arbeitsstunden verbraucht sind, gibt es dann ein schönes Papier, welches sich in die Ordner mit den anderen schönen Papieren der letzten Jahre einreiht. Hauptsache, man hat ein Konzept.
    Die Gelder aus dem Digitalpaket werden auf 5 Jahre gestreckt, d.h. wenn die letzten Räume ausgestattet sind, ist die Technik in den ersten Räumen wieder kaputt.

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

Werbung