Inklusion in der Grundschule

  • Hallo zusammen,
    ich weiß, ich habe ähnliches schon einmal geschrieben, aber ich bin gerade Mal wieder genervt und brauche ein bisschen Input.
    Könnt ihr mir erzählen, wie ihr arbeitet? Was macht der Klassen-/Fachlehrer, was der Sonderpädagogen? Wie sieht es mit Elternarbeit aus? Administrative Tätigkeiten? Wer hat welche Rolle?
    Und speziell die Sonderpädagogen, wie wohl fühlt ihr euch in der Inklusion? Was ist eure Rolle?
    Die Rahmenbedingungen bei mir sind aktuell eigentlich nicht so schlecht, aber ich bin unzufrieden und möchte irgendwas ändern, zumindest angehen oder einen Versetzungsantrag stellen Ich bin aktuell in 4 Klassen mit insgesamt 20 Kindern mit sopäd. Unterstützungsbedarf und hab einfach das Gefühl, eigentlich in gar keinem Team zu sein, ständig mehr oder weniger "vergessen" zu werden, ohne, dass die Kollegen das wirklich böse meinen. Habt ihr ein paar Anregungen für mich?

  • Ich bin mir sehr sicher, dass die Kollegen das gar nicht böse meinen, aber wenn du in vier Klassen bist mit insgesamt 20 Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, dann heißt das im Umkehrschluss, dass jede der Grundschullehrerinnen ca 5 Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in ihrer Klasse sitzen hat, aber nur zu einem Viertel der Zeit von dir unterstützt wird. Den Großteil des Tages wird sie allein mit der Klasse sein. Und so plant bzw. verhält sie sich wahrscheinlich auch. Sie kann sich nicht total auf dich verlassen, dazu bist du zu wenig da.
    Sie hat noch ca 18 andere Kinder in der Klasse, sie hat das nicht studiert und sie verdient weniger als Förderschullehrer.


    Ich hab mich nur grad reinversetzt... in die Grundschullehrer.


    Für dich ist es natürlich auch blöd. Nimm es nicht persönlich (der letzte Satz klang ein bisschen so).
    Eine Lösung bekommst du wahrscheinlich von den Förderschulkollegen hier.


    Die Situation ist für alle nicht immer leicht.

  • Deinen Platz finden ;)


    Beispiel Schulsozialarbeit. Ein ziemlicher Einzelkämpferjob, könnte dazu verdammt sein, sich im Büro zu verschanzen und nicht ernst genommen zu werden. Könnte aber auch ein eigenes Programm auf die Beine stellen und klar ansagen, wofür er/sie sich zuständig fühlt und wofür nicht. Könnte auch mit Fachwissen bereit stehen, ohne sich aufzudrängen oder ungefragt Tips zu geben. Könnte also unzufrieden oder zufrieden sein.




    , ich habe ähnliches schon einmal geschrieben,


    Ich weiß nicht mehr, was du das letzte Mal geschrieben hast, aber ich würde, wenn grundsätzlich Zusammenarbeitsbereitschaft der Grundschule da ist, Absprachen treffen. Im Allgemeinen sollen GS-Lehrende z.B. Förderpläne selbst schreiben. Ich würde aber anbieten, das zu übernehmen, das machen viele nämlich nicht besonders gern. Oder einfach fragen, was Erleichterung brächte. Außerdem Material organisieren, mit dem die Kids selbständig arbeiten können.


    Und eben: deine Rolle definieren. Du bist kein Klassenlehrer, kannst aber auf deine Weise Beziehung zu den Kindern aufbauen, diese Rolle ausfüllen, den Moment leben, wie er ist.


    Meiner Erfahrung nach ist es woanders grundsätzlich nicht besser, du wirst so möglicherweise immer auf der Suche sein. Stichwort: wenn ich erst mal XY hätte, dann wäre ich zufrieden. Was soll XY sein? Was würdest du dann vermissen?


    Oder aber du nimmst, was kommt (und wofür du by the way gut bezahlt wirst) und lässt dich ein. Wer weiß, was sich dann irgendwann ergeben mag...

  • Ich WEIẞ, dass die Kollegen das nicht böse meinen und ich weiß auch, dass ich viel zu wenig unterstützen kann. Genau das ist die Crux. Genau für dieses Problem suche ich eine Lösung, aber das ist vermutlich die Quadratur des Kreises. Mir ist völlig klar, dass die Problematik systembedingt ist. Und trotzdem....
    Ich hab keine Lust mehr auf diese "Nebenrolle" und merke, das ich von Tag zu Tag frustrierter werde. Es gibt Tage, da fühle ich mich wie ein überbezahlter Praktikant (und das, obwohl ich nicht verbeamtet bin).

  • Administrative Tätigkeiten übernehme ich tatsächlich und eigentlich auch alleine, also sowas wie Förderpläne schreiben, Überprüfung des Förderbedarfs, Einleitung AOSF usw.
    Das ist auch völlig ok für mich, dann mach ich wenigstens Mal was vernünftiges

  • Wenn du das Unterrichten vermisst, kannst du evtl. auch mal eine Einheit planen und (teilweise) durchführen? 4 Klassen sind ja nicht so irre viel, da hatte ich schon wesentlich schlimmere Jahre (in einer Förderschule höchstselbst übrigens). Edit, wenn ich so drüber nachdenke: auch mit Klassenlehrerfunktion hatte ich immer Unterricht in mehr als 4 Klassen. Möchtest du wissen, wie anstrengend eine Stunde in Klasse 7, Geschichte, 7. Stunde ist, nachdem man bereits 5 Stunden in 3 Klassen hatte? :grimmig:

  • Wenn du das Unterrichten vermisst, kannst du evtl. auch mal eine Einheit planen und (teilweise) durchführen? 4 Klassen sind ja nicht so irre viel, da hatte ich schon wesentlich schlimmere Jahre (in einer Förderschule höchstselbst übrigens). Edit, wenn ich so drüber nachdenke: auch mit Klassenlehrerfunktion hatte ich immer Unterricht in mehr als 4 Klassen. Möchtest du wissen, wie anstrengend eine Stunde in Klasse 7, Geschichte, 7. Stunde ist, nachdem man bereits 5 Stunden in 3 Klassen hatte? :grimmig:

    es ist ja nicht so, dass ich nicht auch schon an einer Förderschule gearbeitet hätte. Ich weiß auch, was es heißt, Klassen- und Fachlehrerin zu sein und ja, genau das fehlt mir aktuell. Und meine Rolle macht mir einfach zu schaffen. Ich bin überall und nirgends, kann immer nur Dinge anreißen, die dann aber nicht fortgesetzt werden (können?). Meine Arbeit ist einfach totale Ressourcenverschwendung und aktuell für mich unbefriedigend.
    Genau darum wünsche ich mir ja Ideen von Kollegen, die unter ähnlichen Bedingungen arbeiten.

  • Okay, magst du erzählen, wie du bisher arbeitest? Ich hab dir ja verschiedene Möglichkeiten genannt, offenbar hilft dir das aber gerade nicht. Welche Dinge fängst du z.B. an, die nicht fortgeschrieben werden? Welche Ressourcen siehst du warum verschwendet?
    Ich hab die Kinder in der "Inklusion" rausgenommen, weil die Schule ziemlich aggro war und mir deutlichst gezeigt wurde, dass man auf meine Anwesenheit sch***t. Also hab ich mir einen Alukoffer gekauft, mit netten Sachen befüllt und mir eine schöne Zeit mit Max und Erna im Therapiezimmerchen gemacht. War erst sehr gefrustet, bis ich begriffen habe, dass dort kein Interesse an den Sonderpädagogenstunden besteht. Tja, dann hab ich die Leute halt vor sich hin granteln lassen und mein Ding gemacht.


    Letztlich war es immer dasselbe. Ich hab schon viel erlebt, oft wollte ich fliehen- aus verschiedenen, systembedingten Gründen. Inzwischen weiß ich, dass die äußeren Umstände nicht zu ändern sind, nur meine Einstellung. Und erst wenn ich die ändere, bewegt sich am ehesten auch was im Äußeren...

  • Naane: Ich weiß nicht, in welchem Bundesland du arbeitest, aber zumindest in meinem Bundesland ist es so, dass man als Förderschullehrer auch die Lehrgenehmigung für die Grundschule "mitstudiert". Sollte es bei dir auch so sein, wäre es vlt. möglich, dass du in einer deiner Klassen auch als Fachlehrer (z.B. Deutsch) eingesetzt wirst? Dann würdest du u.U. deine Arbeit als sinnhafter empfinden und hättest mehr Einfluss auf die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf alleine dadurch, dass du präsenter bist. So oder so, Inklusion ist für die meisten Beteiligten ziemlich unzufrieden und es hilft wohl nur, den Eltern alle Optionen aufzuzeigen, in der Hoffnung, dass sie verstehen, dass ihr Kind vlt. an der Förderschule doch bedürfnisorientierter unterrichtet werden können.

  • Die Abkürzung AOSF lässt auf NRW schließen, ansonsten ist es doch recht schwierig, unabhängig vom BL etwas zu raten, da nichts allgmeingültig ist.
    Es ist eben nicht in allen BL überhaupt und wenn dann klar geregelt, wer die Förderpläne schreiben muss.


    Eine unserer FöS-Kolleginnen ist für die GE-Kinder zuständig, die 5h pro Kopf zugewiesen bekommen, sodass sie nun selbst an einer kleinen Schule 3x5 Std. haben könnte. Diese werden nicht voll zugesprochen, aber dennoch ist sie an mehreren Tagen da und für genau diese 3 Kinder an der Schule, der Austausch ist super, ihre Vorbereitung und Mithilfe genial, häufig Absprachen möglich - und wenn man 3 von 5 Tagen kommt, ist man schon häufig in der Schule.


    Bei den FöS-Lehrkräften der Grundversorgung sind es erheblich weniger Stunden, damit weniger Tage, alle Klasse, eigentlich auch alle Kinder, da diese Kolleginnen ja eben die Grundversorgung bieten sollen und nicht für spezielle Kinder zuständig sind. So war es allerdings vor der Inklusion auch schon, mit dem Unterschied, dass man wenige Std. abgeordnet und zumeist viele Stunden in der eigenen Klasse an der FöS unterrichten konnte.


    Dass man sich unter derzeit gegebenen Umständen eher als Lesehilfe, denn als Lehrkraft fühlt, ist verständlich, organisatorische Gründe führen dann auch gerne noch dazu, dass die FöS-KollegInnen mitten in der einen Stunde ankommen und mitten in der übernächsten wieder verschwinden müssen.


    Wenn es dir um den Unterricht selbst geht, dann müsstest du in deinem BL aus der Inklusion heraus zurück an eine FöS gehen, KollegInnen aus Nds. wechseln aus diesem Grund das BL und gehen an FöS in NRW.


    Ansonsten ist die Frage, ob du in der zur Verfügung stehenden Zeit außerunterrichtlich Hilfestellungen geben könntest, die innerhalb der Schule eine sinnvolle Ergänzung bieten, z.B. durch das Bereitstellen von Materialien, eher allgemeingültig, sodass man aber nach und nach einen Grundstock für die üblichen Bereiche hat, auf die man ständig zurückgreifen kann.

  • Ich antworte dir mal als Grundschullehrerin.


    Ich wurde vor einigen Jahren von jetzt auf gleich in einer Kooperationsklasse eingesetzt. Ich war ehrlich gesagt erst mal echt überfordert. Zu den üblichen Kandidaten, noch 3-5 Extremfälle. Keine Erfahrung damit, nur wenige Stunden Unterstützung durch die Fachfrau und keine zeitliche Möglichkeit sich abzusprechen.


    Mit Abstand betrachtet, hat/hätte mir geholfen:
    - sie hat die Förderplane geschrieben
    - sie hat Wackelkandidaten getestet
    - kleine Gruppen zur Einzelförderung aus der Klasse nehmen (auch mal schön, nicht x-fach differenzieren zu müssen)
    - sinnvoll fände ich auch, z. B. mit Wochenplänen o.ä. zu arbeiten und sich dabei aufzuteilen (du könntest auf die zu fördernden Kids abgestimmte Materialien einbringen)
    - in den Wochenplanstunden können beide gleichwertig zu Rate gezogen werden
    - du kannst sicher auch einfach mal eine Stunde als Hauptakteur übernehmen (aber das müsstest du direkt der Lehrkraft anbieten; ich hätte mich nie getraut zu fragen..)
    - gemeinsam geführte Elterngespräche
    - Erfahrungen einbringen (was hat bei einem ähnlichen Kind schon geholfen, welche Strukturierungshilfen, andere Darstellungsformen,...)
    - ein offenes Ohr haben, wenn die Kids gerade mal wieder besonders anstrengend sind oder es so gar nicht vorwärts geht


    Ich hoffe, das hilft dir ein bisschen weiter. Insgesamt denke ich, dass es sehr davon abhängt, wie viel Erfahrung die Lehrkraft bereits mit Inklusion hat und wie viel Hilfe sie annimmt. (Ich würde jetzt mehr Hilfe annehmen und auch einfordern. Habe ich damals aus mangelnder Erfahrung nicht gemacht.)

  • Guten Morgen zusammen und erstmal lieben Dank für eure Antworten!
    Ich versuche mal, die aktuelle Situation genauer zu beschreiben, damit man sich ein besseres Bild machen kann. Ich habe tatsächlich auch schon unter deutlich schlechteren Bedingungen gearbeitet und weiß, dass es mir verhältnismäßig eigentlich so schlecht nicht geht. Ich bin mit meiner vollen Stelle fester Bestandteil des Grundschulkollegiums, es gibt also keine Förderschule, von der ich abgeordnet bin. Zusätzlich gibt es noch eine weitere Sonderpädagogin mit einer halben Stelle und eine noch nicht fertig ausgebildete Kollegin ebenfalls mit einer halben Stelle. Die Schule liegt in einem sozialen Brennpunkt.
    Ich bin zuständig für zwei Jahrgangsstufen ( 1 und 3). Dazu kommt, dass alle Klassenlehrer eine weitere Klasse leiten, die Hauptfächer werden von unterschiedlichen Kollegen unterrichtet (ähnlich, wie in der Sek I). Das ist in meinen Augen suboptimal, erschwert Kommunikation, macht es für mich schwierig, Kollegen davon zu überzeugen, sich auch noch mit mir regelmäßig zu treffen. Jahrgangstreffen zum Planen gibt es, die liegen aber alle so, dass ich aufgrund unterrichtlicher Verpflichtungen nicht daran teilnehmen kann.
    Die Förderschüler der 3 sind fast alle zieldifferent. Sie erhalten von mir Materialien für Deutsch und Mathe mit denen sie arbeiten. Zudem fasse ich sie stundenweise zusammen (3 Doppelstunden in der Woche). Außerdem bin ich 2 Stunden im Förderunterricht eingeplant und habe da auch diese Truppe. Diese Stunden finde ich super! Allerdings weiß ich auch, dass das eher keine Inklusion ist. Was mich aber zugegebenermaßen schon ärgert, ist dass in Stunden, in denen ich nicht da bin, nur selten auf das Material, dass ich für die Schüler zusammengestellt habe, von dem die Kollegen auch theoretisch wissen, zurückgegriffen wird. Der Unterricht, in dem ich nicht da bin, ist verschwendete Zeit für die Kids, die sie irgendwie abhängen, aber nicht sinnvoll nutzen. ( Ich habe Verständnis für die Kollegen, die von Klasse zu Klasse hetzen, das ist keine Frage, trotzdem ärgert mich die Gedankenlosigkeit, die eben manchmal auch so kommentiert wird, dass sie einfach vergessen, dass die Kinder Förderkinder sind). Außerdem gehe ich mit zum Sport, weil dort einer der Schüler regelmäßig problematisches Verhalten zeigt (Autist). Vom Sport ausschließen möchte ich ihn nicht, da das die einzige Bewegung in der Woche für ihn ist. Also begleite ich ihn da ( Er hat keinen Schulbegleiter, da die Eltern das nicht wollen und entsprechend keinen beantragen )
    In der 1 läuft es anders, da dort zumindest offiziell alle Förderkinder zielgleich sind. Die Kollegen, die in den Klassen arbeiten sind sehr unterschiedlich. In der einen Klasse bin ich eigentlich unerwünscht. Die Kollegin hat keine Lust, sich mit irgendwem abzusprechen, auf Nachteilsausgleich ist sie auch nicht gut zu sprechen, wollte aber unbedingt eine GL- Klasse, weil sie den Raum nicht wechseln wollte. In der anderen 1 bin ich zwar mehr willkommen, bin aber halt immer in der Helferrolle, ähnlich, sie der Schulbegleiter in der Klasse.
    Ich habe es ja schon einmal geschrieben, ich weiß, dass es mir im Vergleich ziemlich gut geht. Ich bin jetzt seit 10 Jahren im GL und hatte auch schon weitaus schlechtere Bedingungen (mehrere Schulen, noch mehr Klassen und Kinder). Trotzdem merke ich, wie unzufrieden ich bin.
    Ich habe schon versucht, mit den anderen beiden Kollegen zu sprechen, eventuell auch ein neues Konzept für die Schule auf die Beine zu stellen, stoße da aber leider auf null Interesse, etwas zu entwickeln (zumindest bei der anderen fertigen Sonderpädagogin, die hat sich da eingerichtet und ist zufrieden, arbeitet aber tatsächlich auch mit Kollegen, die sehr an der Inklusion interessiert sind). Ich weiß auch nicht, wenn ich das so lese, dann klingt das gar nicht so übel. Und trotzdem ist da dieses Frustrationsgefühl.
    (Die Idee, als Fachlehrer eingesetzt zu werden, finde ich gut! Danke dafür, das werde ich als Wunsch Mal an den Stundenplaner herantragen!)

  • ...es hilft wohl nur, den Eltern alle Optionen aufzuzeigen, in der Hoffnung, dass sie verstehen, dass ihr Kind vlt. an der Förderschule doch bedürfnisorientierter unterrichtet werden können.

    Ist das so? Müssen die Eltern bloß mal was verstehen, was ihnen noch kein Lehrer richtig erklärt hat? Oder sind Förderschulen in der Gesellschaft nach wie vor Abstellgleise und die Eltern haben das durchaus längst begriffen?


    @Naane, okay, jetzt kann man sich ein Bild machen. Das klingt sehr nervig, weil es auch noch mit jedem Lehrer anders läuft.


    ...Jahrgangstreffen zum Planen gibt es, die liegen aber alle so, dass ich aufgrund unterrichtlicher Verpflichtungen nicht daran teilnehmen kann...




    Ich habe schon versucht, mit den anderen beiden Kollegen zu sprechen, eventuell auch ein neues Konzept für die Schule auf die Beine zu stellen, stoße da aber leider auf null Interesse, etwas zu entwickeln...

    zwei Ideen: erstens, den Schulleiter mit ins Boot holen und darauf rumreiten, dass du ein Konzept erarbeiten willst und dafür eine Konferenz anberaumt wird, wo du Vorschläge einbringst, sich alle äußern können und du dann das Konzept schreibst.


    Zweitens, tatsächlich hinnehmen, dass es ist, wie es ist. Nicht resignieren, aber akzeptieren. Angenommen, du nimmst an, dass du wie eine Schulbegleiterin gesehen wirst. Nur mal probehalber versuchen, sich das vorzustellen, du bist eben die, die hinten rumsitzt. Ist so, dafür bezahlt dich das Bundesland. Kannst du dann evtl. auch entspannen? Und aus dieser Entspannung heraus Selbstbewusstsein entwickeln, in dem du deine Regeln und Position festlegst und ausfüllst? Ich meine ein Gefühl, dass du jemand bist, egal, wofür dich die andern halten. Ist aber schwierig, zu vermitteln was ich meine. Das muss man wahrscheinlich erleben. M.E. ist die Hauptfrage nämlich nach wie vor nicht, was Inklusion ist, sondern welche Rolle du dir selbst beimisst oder von andern durch ihr Verhalten vorschreiben lässt.

  • Wie schon gesagt läuft es in den Bundesländern sehr unterschiedlich, in Niedersachsen ist jede Schule inklusiv (genannt), FöS Lernen gibt es im Grundschulbereich nicht mehr, vollständig an eine Grundschule versetzte KollegInnen aber auch nicht, es war zumindest jetzt im Gespräch, ohne Bedingungen (Deputat, Verdienst, Einsatz) zu kennen.


    Das eigentliche Problem, nicht nur in unserem Bundesland, ist, dass viel zu vieles mit heißer Nadel gestrickt wurde, dass es ein „nun macht mal schön“ gab, aber eben keine klaren Konzepte, keine Aufgabenbeschreibungen.
    Darum sind die einzelnen KollegInnen alle auf einem unterschiedlichen Stand mit unterschiedlichen Vorstellungen und richten sich selbst daraufhin ein, an jeder Schule ein bisschen anders.


    Unsere FöS KollegInnen haben mehrfach versucht, in Dienstbesprechungen genauere Absprachen zu treffen, leider wechseln sie ständig, sodass man immer wieder neu besprechen muss.
    In Niedersachsen gibt es eine Dienstvereinbarung der FöS KollegInnen, die aber ohne die GS-KollegInnen verfasst wurde und umstritten ist.


    An der Schule müsste man also über die Dienstbesprechung versuchen, etwas anderes auf die Füße zu stellen, um so schwieriger, wenn die andere SoPäd mit dem zufrieden ist, wie es läuft.


    Das Vorgehen mit den Materialien für zieldifferent beschulte Kinder setzen wir mit den zu alphabetisierenden Flüchtlingskindern um, dazu gibt es jedes Jahr zu Schulbeginn eine Konferenz für alle beteiligten Lehrkräfte, sowohl für die, die die Förderung übernehmen, als auch für die, die Klassen- bzw. Deutschlehrkräfte sind. Damit quasi fast alle, sodass jeder weiß, wie es gedacht ist und eingesetzt werden soll und auch, dass 2-5 Förderstunden für die Alphabetisierung nicht ausreichen. Einheitlich ist, dass es, wie für die Fächer auch, eine festgelegte Mappenfarbe gibt, sodass man in den Klassen immer auf diese Mappe verweisen kann, selbst als Vertretung. Ähnlich habe ich es dann auch schon mit zieldifferent zu beschulenden Kindern in meiner Klasse gemacht, eine zusätzliche Mappe mit gesonderter Farbe, sodass immer Material vorhanden ist, sind die Kinder in einem Fach besonders gut, kann man täglich selbst oder mit ihnen abschätzen, ob sie die Aufgaben der Klasse oder ihre eigenen zieldifferent bearbeiten.
    Vielleicht hilft es über solche äußerlichen Kennzeichnungen und Absprachen, dem ganzen mehr Richtung zu geben.


    Bei uns bekommt man laut Erlass 2 Stunden Grundversorgung pro Klasse, die wegen des Lehrermangels nicht ankommen, man hat also 1-2 Stunden in der Woche zusätzliche Förderung, egal wie viele Kinder mit zusätzlichem Bedarf im Bereich Lernen, Sprache und Emotional-sozialer Bereich es gibt, bei anderen Förderbedarfen ist es ähnlich schwierig, in der Fläche die tatsächliche Unterstützung zu bekommen. Als Grundschullehrkraft ist man somit die meiste Zeit auf sich gestellt und die 1 Stunde ist eine winzige Hilfe, die für Überprüfungen und anderes genutzt werden muss oder ausfällt, weil anderes dringender ist. Oben wurde es schon geschrieben: Bei so wenig verlässlicher Hilfe kümmert man sich im Rahmen der eigenen Möglichkeiten selbst.


    Der Eindruck, dass die Politik die Inklusion gar nicht umsetzen, sondern nur sparen will, entsteht bei vielen, die täglich die unzureichende Planung und Unterstützung erleben und im Alltag ausgleichen müssen. Manche Grundschullehrkräfte resignieren und gehen auf ihre Kernaufgaben zurück, dass ist den FöS-KollegInnen aber nicht möglich. Sich mit dem unausgegorenen, unzureichenden System zu arrangieren ist für viele nicht einfach.

  • Ich habe schon versucht, mit den anderen beiden Kollegen zu sprechen, eventuell auch ein neues Konzept für die Schule auf die Beine zu stellen, stoße da aber leider auf null Interesse, etwas zu entwickeln (zumindest bei der anderen fertigen Sonderpädagogin, die hat sich da eingerichtet und ist zufrieden, arbeitet aber tatsächlich auch mit Kollegen, die sehr an der Inklusion interessiert sind). Ich weiß auch nicht, wenn ich das so lese, dann klingt das gar nicht so übel. Und trotzdem ist da dieses Frustrationsgefühl.

    Ich kann deine Frustration gut nachvollziehen. Ich bin in der Beratung nach Termin unterwegs und da sind dem auch enge Grenzen gesetzt, was ich so für meine Schützlinge (und tlw. die Kollegen) bewegen kann. Ich habe das Glück, dass es für unsere Beratung mittlerweile einen Leistungskatalog gibt. Dort steht genau drin, was unsere Aufgaben sind. Alles, was dort nicht genannt wird, ist Aufgabe der Regelschule. Vielleicht sagst du in einer Teamsitzung (ggf. mit SL), was du für dich leistbar hälst und fragst ab, wer was in Anspruch nehmen möchte. Das würde ich schriftlich festhalten, damit eine gewisse Verbindlichkeit besteht. Wenn ein Angebot nicht wahrgenommen wird, ist es nicht deien Verantwortung.



    Zitat von Naanee

    Diese Stunden finde ich super! Allerdings weiß ich auch, dass das eher keine Inklusion ist.

    Wer sagt, dass das keine Inklusion ist? Mir ist kein einziges Land bekannt, in dem nicht zielgleich unterrichtete Kinder mit Förderbedarf die ganze Zeit in der Regelklasse sind. Anderer Inhalt kann eben auch anderer Raum bedeuten. Man muss sich ja nicht auf Biegen und Brechen dauernd auf der Pelle hocken und mitunter gegenseitig beim Arbeiten/Lernen stören. Auch ist nicht alles, was in der ganzen Gruppe erarbeitet wird, per se bereichernd für alle.

  • Ich habe das Glück, dass es für unsere Beratung mittlerweile einen Leistungskatalog gibt. Dort steht genau drin, was unsere Aufgaben sind. Alles, was dort nicht genannt wird, ist Aufgabe der Regelschule. Vielleicht sagst du in einer Teamsitzung (ggf. mit SL), was du für dich leistbar hälst und fragst ab, wer was in Anspruch nehmen möchte. Das würde ich schriftlich festhalten, damit eine gewisse Verbindlichkeit besteht. Wenn ein Angebot nicht wahrgenommen wird, ist es nicht deien Verantwortung.

    Klingt nach einem guten Plan. Aber mein Eindruck ist, dass es eher um das Gefühl der Sinnlosigkeit geht. Egal was die TE dort machen kann, jenseits von Unterrtsstunden halten...

  • Klingt nach einem guten Plan. Aber mein Eindruck ist, dass es eher um das Gefühl der Sinnlosigkeit geht. Egal was die TE dort machen kann, jenseits von Unterrtsstunden halten...

    Das Berufsbild des Sonderpädagogen verändert sich gerade stark. Weg vom Unterrichten zu mehr anderen Tätigkeiten. Ich wünschte, ich könnte sagen, dass das genau so erfüllend ist.
    Auch das Unterrichten verändert sich, da die Schülerschaft zum Teil eine andere wird. Die leistungsstärkeren Schüler gehen zunehmend auf die Regelschulen.
    Ich versuche es einfach so zu nehmen, wie es ist. Das hat mich auch einiges an Zeit gekostet bzw. bin da immer noch drin.

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