QA Qualitätsanalsye?

  • Wir hatten unlängst die sog. "QA" (Qualitätsanalyse) im Haus. Und da ich mich gerne als "Einsteiger" bezeichne, wiewohl ich doch mehr als zwei Jahrzehnte im Dienst bin, war vieles in dieser Sache für mich neu und hat mich doch bisweilen arg an die beliebte TV-Serie "Nonstop Nonsens" erinnert, die uns Mitte der 80er Jahre mit plumpem Geblödel beglückt hat. Meine Frage richtet sich an die, die in einer "QA" vielleicht doch einmal eine sachdienliche Hilfestellung, eine professionelle Bestandsaufnahme, einen wie auch immer gearteten Mehrwert erlebt haben. Alles dies war sie in unserem Fall nicht. Beispiele ließen sich viele bringen... einen Monat vor der QA wurde unsere Schule "gesunde Schule", was dazu führte, dass am Tag der QA überall Obstkörbe dekorativ aufgestellt wurden. Die SuS tranken weiter ihre billigen Softdrinks in der Mensa. Das Schulprogramm wurde von 250 Seiten auf knappe 100 reduziert, um es "lesbarer" zu machen. Längen sind natürlich nach wie vor enthalten. Am Tag X wurden die wenigen iPads zu allerlei Unterrichtsanlässen eingesetzt, da wir nicht nur "gesunde Schule", sondern neuerdings auch Schwerpunktschule "apple-teaching" (40 iPads für 700 SuS) sind, wobei jeder Siebtklässler den KollegInnen am Gerät weit voraus ist. Last, but not least: Wie können zwei "abgestellte" Kollegen eine Minute nach der Begehung eine differenzierte Analyse der Lage präsentieren, wenn sie insgesamt keine 3 Stunden hospitiert haben und der Kollege in meinem Fall eine fachfremde Zeitschrift beim Besuch gelesen hat? Ganz abgesehen davon, dass es sicher kaum sinnvoll sein kann, wenn Lehrer Lehrer begutachten. In der freien Wirtschaft jedenfalls wird man sich vor Lachen auf die Schenkel schlagen. Also bitte, sagt mir, dass das nicht repräsentativ ist. Gibt es die QA auch professionell?

    "Wir operieren in dem Gebiet, das zwischen den besten Absichten und dummem Zufall liegt. Unser Leben ist ein einziges Glück im Unglück. Und dieser Umstand verleiht all unseren Handlungen etwas unfreiwillig Komisches." (aus: "Die Enzyklopädie der Dummheit")

  • Allein, wenn man beachtet, wie kurz die Analüsten in der Schule verweilen, weiß man, dass da nichts herauskommen kann. In einem Fernsehbericht über ein Analyseverfahren an französischen Schulen, wurde erwähnt, dass man dort ein halbes Jahr vor Ort ist.


    Da es also offensichtlich ist, dass da nur Watte durch den Saal geblasen wird, verstehe ich nicht, wie man so viel Arbeit in die Vorbereitung eines solchen Termines stecken kann. Hauptsache die Akten sind gefüllt mit Driss, den keiner liest und der keinen interessiert.


    Die letzten Reste eine Analyse-Möglichkeit verschenkt man sich übrigens damit, dass man versucht, an den Besuchstagen besonders gut da zu stehen. Wenn man ein Schauspiel abliefert, wird eben das analysiert, nicht der Alltag.


    Fazit: da wird von beiden Seiten so viel verkehrt gemacht, dass es keinen Nutzen haben kann.


    Welches Bundesland, sagtest du, ist das? NRW? Allet klaa.

  • Ja, Schauspiel ist das richtige Wort. Nutzen, keinen, wenn du das so beschreibst, wie es bei euch ablief...
    Vor ein paar Jahren bei uns wollten sie eine Stunde sehen von jeder Lehrkraft, vorher Gespräche, die Stoffpläne auf Vordermann gebracht.
    Nachgespräch nach zwei Jahren: IT Ausstattung, sorry, Gemeinde, wenn kein Geld, dann kein Geld da... und man sollte doch, hätte doch....
    Wolkenkuckucksheim....ich kann das nicht für voll nehmen.

    Ich bin Grundschullehrer, ich muss nicht die Welt retten!!!

  • Ich habe mal mit jemandem gesprochen, der einen Teil des Initiierungsprozesses der QA miterlebt hat. Es hieß, dass es eigentlich sowas sein sollte wie: Man stellt heraus, welche Bereiche besonders gut funktionieren und lässt dann andere Schulen davon lernen. Nicht: ich schaue mir 10 Min vom (Show-) Unterricht an und beurteile danach Bereiche, die ich gar nicht sehen konnte (zB vollständige Handlung, Zielformulierung etc).


    So geschildert fand ich die Idee ganz gut. Aber nun ist es leider zu einer Show-Veranstaltung mit geschönten Stunden, geschönten Plänen und viel viel Papier verkommen. Wäre es eine echte Hilfestellung, könnte man sich auch gern nackig machen und alles ungeschönt darstellen. Aber am Ende hieß es, dass wir zu wenig digitale Werkzeuge einsetzen. Haha! kaum ein Raum hat überhaupt mediale Ausstattung für den Lehrer geschweige denn Ausstattung für jeden Schüler.


    Alles in allem eine Lachnummer und nicht ernstzunehmen. Leider! Es könnte so gut sein!

  • Die QA steht uns noch bevor ... immerhin führt sie bei uns an der Schule dazu dass die didaktischen Jahrespläne vervollständigt werden, was ich als Berufsanfängerin echt gut finde.


    Ansonsten erinnern mich deine Ausführungen sehr an das Referendariat, vieles ist einfach nur Show ;)

  • Die letzten Reste eine Analyse-Möglichkeit verschenkt man sich übrigens damit, dass man versucht, an den Besuchstagen besonders gut da zu stehen. Wenn man ein Schauspiel abliefert, wird eben das analysiert, nicht der Alltag.

    Diese sehr sehr richtige Bemerkung gilt übrigens auch für die "Analyseerhebungen", die Schulen an Schülern vornehmen: Vergleichsarbeiten, Vera etc. In dem Augenblick, in dem dafür geübt wird, wird das Ergebnis entwertet.


    Darüber hinaus könnte eine Ursache für die mangelnde Qualität der QA auch darin liegen, dass sie recht nützlich als Lagerort für Gestalten ist, mit denen man woanders nichts anfangen kann.

  • Wir hatten letzten eine Frau, die bei der QA arbeitet, als 'Fortbildungsveranstaltung' im Rahmen des Refs da. Sie wirkte jetzt nicht so bzw. ließ das, was sie erzählte, nicht darauf schließen, dass sie nur bei der QA wäre, weil man sie woanders nicht mehr brauchen konnte (ehemalige Schul- und Seminarleiterin). Sie hat auch auf die Frage unsererseits geantwortet, wie aussagekräftig die Ergebnisse denn seien, wenn die QA immer nur 20 Minuten in jedem Unterricht sitzt. Darauf antwortete sie, dass dies in anderen Ländern tatsächlich anders aussähe, dass aber bei der wissenschaftlichen Beratung und Reflektion, die wohl regelmäßig in Kooperation gemacht wird, heraus kam, dass die Ergebnisse sogar mit weniger Zeit pro Stunde aussagekräftig genug wären. Laut ihr sei das der Stand der Wissenschaft. Des Weiteren hat sie meine ich auch dafür plädiert, was O. Meier schon angemerkt hat, dass die QA ja nicht erwarte und vorschreibe, dass die Schule eine Show abliefere. Die Ergebnisse müsse sowieso jede Schule für sich auswerten.

  • Keine. War wie gesagt auch eine spontane Frage und nicht Teil des von ihr vorbereiteten Vortrags. Wenn es dich interessiert, kann ich mir vorstellen, dass eine formlose Anfrage an die QA die Frage beantwortet. Anscheinend hat man sich dort ja damit beschäftigt.

  • Darüber hinaus könnte eine Ursache für die mangelnde Qualität der QA auch darin liegen, dass sie recht nützlich als Lagerort für Gestalten ist, mit denen man woanders nichts anfangen kann.

    Genau diesen Eindruck hinterließen die beiden Hauptdarsteller unserer Veranstaltung... Es ist unfassbar, wie viel Aufwand für so wenig Erkenntnis verlangt wird.

  • Vielleicht ist der Begriff "Ergebnis" hier nicht scharf genug.

    Welche Veröffentlichungen hat sie dazu zitiert?

    Tatsächlich hat Professorin Korneck dazu einiges publiziert. Sie verwendet sehr kurze Videomitschnitte zur Analyse des Unterrichts und hat festgestellt, dass diese ausreichen um auch komplexere Erkenntnisse zu erlangen. Wens interessiert, sie nennt sie u.a. Unterrichtsminiaturen: http://www.uni-frankfurt.de/51053315/Publikationen

  • Besten Dank, liebe KollegInnen,... das alles bestätigt meinen / unseren Eindruck und Eure Kommentare machen uns immerhin Hoffnung, dass einerseits unsere eigene "Optik" so falsch nicht sein kann und andererseits auch in anderen Schulen Leute am Start sind, die des "Kaisers neue Kleider" als Nonsens entlarven.

    "Wir operieren in dem Gebiet, das zwischen den besten Absichten und dummem Zufall liegt. Unser Leben ist ein einziges Glück im Unglück. Und dieser Umstand verleiht all unseren Handlungen etwas unfreiwillig Komisches." (aus: "Die Enzyklopädie der Dummheit")

  • Ich hab die QA während meine Referendariats am Rande mitbekommen. Teil des Schauspiels war, dass wir die Woche nicht bei anderen Kollegen den Unterricht übernehmen durften. :victory:


    Was die Kollegen sonst für Shows abgezogen haben weiß ich nicht, ich hab einen Herren von der QA gesehen als er bei einem Mathekollegen hospitiert hat. Der (ältere) Kollege hat absolut genauso fragend-entwickelnd und medienfrei unterrichtet wie immer (das ist keine Kritik, sein Unterricht war toll). War wohl auch kein Problem, die Bewertung der QA war am Ende sehr positiv.

  • Vielleicht noch eine Bemerkung zum Abschluss dieses im Grunde doch sehr humorigen Kapitels... die Auswertung unserer QA stand der eigentlichen "Datenerhebung" in nichts nach. Rückfragen des Kollegiums wurden zwar zugelassen, aber mit Bemerkungen wie "Das diskutieren wir nicht!" sehr einsilbig und damit doch vielsagend abgebügelt. Wir haben es letztlich nicht mehr ernsthaft diskutiert, so wie wir uns im Kollegium darauf verständigt haben, diesen Kokolores nicht zum Anlass zu nehmen und unsere Arbeit zu hinterfragen. Seriöser Rat und fachliche Expertise sind dagegen jederzeit gerne gesehen.

    "Wir operieren in dem Gebiet, das zwischen den besten Absichten und dummem Zufall liegt. Unser Leben ist ein einziges Glück im Unglück. Und dieser Umstand verleiht all unseren Handlungen etwas unfreiwillig Komisches." (aus: "Die Enzyklopädie der Dummheit")

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