Mehr Eigenständigkeit im Referendariat

  • Danke @SchmidtsKatze, dann gibt es offenbar wieder mal große Unterschiede in den Ländern, Schularten und natürlich auch von Reffi und Mentor.


    Ich habe es als Mentorin mehrfach erlebt, dass Referendar*innen keine Hilfe wollten. Hinweise wurden abgebügelt (Bsp.: Ich: "Du hast mich hilflos angesehen in der Stunde, hast du es gemerkt? die Schüler verstehen dich nicht. Schreibe dir Arbeitsanweisungen vorher auf, verwende leichte Sprache" wurde z.B. beantwortet mit "doch, sie verstehen mich, ich mache das gut so. Das Seminar sagt, die Stunde, die ich auf dem Papier gezeigt habe, wird gut"). Auch das Gegenlesen von Unterrichtsentwürfen wurde abgelehnt- wahrscheinlich, weil ich beim ersten Mal die 25 Rechtschreibfehler einer ehemaligen Germanistikstudentin mit angemerkt hatte). Ideen von mir und Kollegen wurden abgelehnt (och nöö, das ist ... beliebiges Adjektiv einsetzen, das will ich alles nicht machen). Wer nicht will, der hat.


    Das wirklich blöde ist, dass in Sachsen die gemeinsame Zeit in der Klasse auf ein halbes Jahr gekürzt wurde. Wer also einen Referendar übernimmt, gibt seine Stunden in der Klasse ab und macht irgendeinen Vertretungsquatsch. Da reißt sich dann irgendwann keiner mehr drum. Kostensparen, is klaa. Aber auch das lasse ich nicht an den Referendaren aus, ich hab bisher freiwillig welche übernommen und gern Zeit investiert. Wenn ich aber noch mal eine Pappnase zugeteilt bekomme, nehme ich keine Rücksicht mehr und werde mit dem Seminar Kontakt aufnehmen, dass ich mich nicht verarschen lasse. Entweder eine/r will was lernen, oder er lässt's, dann darf aber keine 2 am Ende rauskommen, weil gerade Lehrer gebraucht werden.

  • Das klingt absolut nachvollziehbar Schmidtskatze. Direkt von der Uni weg vor einer Klassen im eigenständigen Unterricht stehen zu müssen ohne ausreichende Anleitung, Vorbereitung und Unterstützung ist schon nochmal ein ganz anderes Kaliber, als unsere Ausbildungsbedingungen in BW. Ganz bestimmt wird es auch in SH wie hier im Ländle Unterschiede geben zwischen Seminaren und noch mehr zwischen Ausbildungsschulen und Mentoren. Dennoch steht ihr von Beginn an in einer ganz anderen Verantwortung, als wir hier in BW im ersten Halbjahr des Refs, da wirken gerade einmal drei Tage Vorlauf als Einführung doch etwas lächerlich. Umso beeindruckender, dass du dich da dennoch durchgebissen und durchgekämpft hast.


    Es wäre spannend zu wissen, in welchen BL die Abbruchquoten unter Anwärtern (oder auch der Anteil an Verlängerern) besonders hoch sind und inwieweit sich ein Zusammenhang mit Ausbildungsbedingungen herstellen lässt (oder eben auch nicht). In meinem Kurs haben etwa 10% im ersten Halbjahr abgebrochen, 10% die das erste Halbjahr verlängern mussten sind nicht in den eigenständigen Unterricht gekommen, weitere 10% haben eine oder mehrere Lehrproben nicht bestanden und befinden sich deshalb aktuell in der Verlängerung. Von einem anderen Sek.I-Seminar in BW weiß ich, dass 1/3 des Kurses eine oder mehrere Lehrproben nicht bestanden hat (zusätzlich zu vorhergehenden Abbrechern/nicht in den eigenständigen Unterricht Versetzten), bei denen hat wohl nur die Hälfte des ursprünglichen Kurses an der Examensfeier im Sommer teilgenommen. Von den Familienmitgliedern die an Gymnasialseminaren tätig sind weiß ich, dass es zumindest an den Seminaren, in die ich dadurch etwas Einblick erhalte keine derartig hohen Zahlen von Abbrechern/Nicherfüllern gibt. Bilden die Gym-Seminar so anders aus? Sind die Sek.I-Anwärter ungeachtet dessen, dass sie mehr Praktika im Studium machen müssen als die Sek.IIler naiver, was ihre Eignung im Hinblick auf den Beruf anbelangt, ehe sie das Ref beginnen? Wird an den PHs zu viel gepampert und zu wenig kritische Selbstreflexion gefördert, so dass der Vorbereitungsdienst ein böses Erwachen vieler mit sich bringt? Oder lassen sich die Zahlen am Ende zumindest landesweit betrachtet relativieren (Unterschiede zwischen Seminaren gibt es schließlich immer) und ggf. ganz einfach mit dadurch erklären, dass die Schwierigkeiten im Sek.II-Bereich überhaupt eine Stelle zu ergatten mit bestimmten Fächerkombinationen die Bereitschaft Anwärter gerade noch so bestehen zu lassen (die dann ja sowieso in der Sek.II keine Stelle bekommen können) erhöhen?


    Wie sieht es denn bei euch am Seminar aus @Buntflieger? Wie viel Prozent des ursprünglichen Kurses haben an der Examensfeier im Sommer teilgenommen, Lehrproben nicht bestanden, etc.? Wie war es bei euch @SchmidtsKatze oder auch bei anderen im Ref?

    Ich habe auch schon oft darüber gegrübelt, warum die abbrecherquote bei den verschiedenen lehrämtern so variiert. An meinem damaligen BK Seminar gab es manchr Durchgänge, in denen es KEINEN gab, der durchgefallen ist oder nicht zugelassen wurde. In meinem Durchgang einen, wenn ich mich recht erinnere. Nichtmal eine handvoll hat freiwillig abgebrochen. Wenn ich dann zum Gym Seminar rüberschaue rollten da gefühlt massenweise Köpfe und ds hagelte Verlängerungen. Das lässt bei mir zumindest das geschmäckle aufkommen, dass man im Bedarfsfall ein paar Augen zudrückt, während in überlaufenen Lehrämtern eher mal "rausgeprüft" wird.

  • Wie könnte man das Referendariat verändern?
    Die Referendare sollen ihre Planungen so machen dürfen wie sie es für richtig halten und wie es zu ihrer Person passt. Fachlich muss es natürlich stimmig sein, aber viele Wege führen nach Rom.

    Was ich persönlich gut fände, wäre, wenn man den Referendaren helfen würde, ihren eigenen Stil zu finden und sie in dem zu bestärken, was sie gut machen und transparent mit ihnen darüber zu kommunizieren, wie man an den Problemstellen arbeiten kann.
    Das hat mir oft gefehlt: deutlich kommunizierte Tipps und Hilfe am Anfang des Refs. Da wurde ich viel einfach laufen gelassen, sodass sich "Überlebensmechanismen", die zwar funktionierten, aber völlig umständlich oder nicht zielführen waren, die ich dann zum Ende des Refs wieder mir wieder abgewöhnen musste. Aber generell das, was @lamaison schreibt.

  • Ich habe es als Mentorin mehrfach erlebt, dass Referendar*innen keine Hilfe wollten. Hinweise wurden abgebügelt (Bsp.: Ich: "Du hast mich hilflos angesehen in der Stunde, hast du es gemerkt? die Schüler verstehen dich nicht. Schreibe dir Arbeitsanweisungen vorher auf, verwende leichte Sprache" wurde z.B. beantwortet mit "doch, sie verstehen mich, ich mache das gut so. Das Seminar sagt, die Stunde, die ich auf dem Papier gezeigt habe, wird gut"). Auch das Gegenlesen von Unterrichtsentwürfen wurde abgelehnt- wahrscheinlich, weil ich beim ersten Mal die 25 Rechtschreibfehler einer ehemaligen Germanistikstudentin mit angemerkt hatte). Ideen von mir und Kollegen wurden abgelehnt (och nöö, das ist ... beliebiges Adjektiv einsetzen, das will ich alles nicht machen). Wer nicht will, der hat.

    Das konnte ich immer schwer nachvollziehen, dieses Verhalten.


    Ich habe regelrecht um Hilfe geschrien, aber ich wurde nicht gehört.

  • Ich habe den Eindruck, dass im Sek. I-Bereich über viele Jahre hinweg der Einfluss didaktischer Marotten deutlicher und die fachwissenschaftliche Fundierung insgesamt etwas geringer ausgeprägt war als in Sek. II, was einer gewissen Deprofessionalisierung der Ausbildungssituation Vorschub geleistet haben könnte.


    Ich hatte schon nach deinem ersten Beitrag eine Antwort verfasst, dann habe ich doch erst noch einmal nachgehakt, was genau du meinst.
    Das, was du schreibst, ist von speziell deiner Erfahrung im Ref und speziell deinem Anspruch und deiner Vorstellung von Unterricht determiniert.


    Nun die Antwort, die ich vorhin schon formuliert hatte:


    Ich habe den Eindruck, dass gerne behauptet wird, die fachwissenschaftlicheFundierung sei in der SekI nicht so gut.
    Ähnlich ist eine Aussage, dass die Pädagogik nicht so wichtig sei oder ein höhererPädagogikanteil eine Deprofessionalisierung bilden würde.
    Da die Lehrkraft die Inhalte vermitteln muss, wird sie sich mitunterschiedlichen didaktischen Ansätzen auseinandersetzen können. Da reicht esnicht aus, etwas als "didaktische Marotte" zu deklarieren. DAS istdann eher die Deprofessionalisierung, die auf einen Mangel in der Ausbildungschließen lässt.
    Wie man mit der Einstellung guten differenzierten Unterricht samt Diagnostik undFörderung leisten will, ist mir nicht klar.
    Das Methodenrepertoire muss bei jüngeren und ungebildeteren SuS erheblichgrößer sein, um ihnen Inhalte anschaulich vermitteln zu können.
    Vor dem Problem stehen übrigens auch diejenigen, die nun aus dem Gym kommendin den Grundschulen unterrichten.
    Man muss SuS mit sehr viel geringerer Konzentrationsleistung sehr vielgenauer anleiten, Inhalte besser strukturieren, Übungen und Wiederholungenzunächst mühsam als solche beibringen und trainieren, wenn man aufbauendarbeiten will.


    Noch zu der von mir so genannten Deprofessionalisierung: Der Unterrichtsalltag hat mit dem, was man für Vorführstunden leisten soll, kaum etwas gemein. Viele Lehrer haben das Gefühl, defizitär zu arbeiten (weil sie eben aus ihrer Sicht seit Jahren frontal unterrichten und nicht dem Gebot der Methodenvielfalt und offener Unterrichtsformen entsprechen), was jedoch gar nicht stimmt. Es sind in vielen Fällen sehr effektiv und professionell arbeitende Lehrkräfte. Das Problem ist vielmehr in einer traditionell idealistischen und empiriefeindlichen Didaktik begründet; deren Vorgaben sollen vorgeblich im Rahmen der Lehrerausbildung umgesetzt werden. Dieses Spiel wird von allen mitgespielt und dabei verbiegen sich nicht wenige Lehrkräfte auf erstaunliche Art und Weise, nur um den Schein zu wahren.

    Auch ich meine, dass der Alltag nicht immer das abbildet, was in Vorführstunden geschieht, aber dennoch zeigen sie m.E. die Möglichkeiten und die Entwicklung des Seminarteilnehmers. Ich nutze bis heute Materialien aus meinen UBs wieder und wieder im Unterricht, manches stelle ich um, anderes habe ich auch verworfen, vieles ist aber immer noch gut und sinnvoll. Häufig nehme ich mir mehr Zeit, die Stunde läuft nicht so ab, wie damals geplant, aber bestimmte Aspekte und Inhalte und auch Methoden werden noch eingesetzt, anderes wurde ergänzt, ausgetauscht, weiterentwickelt.
    Aber bei einem Werkstück, das man im Betrieb in der Ausbildung fertigt, ist vielleicht auch etwas gefordert, das man später im Alltag so nicht wieder einsetzt, dennoch stellt man dabei einzelne Fähigkeiten unter Beweis, die man können sollte für den Beruf.
    Wer dem Frontalunterricht allein aus der Annahme heraus, er sei generell effizient und das sei schon gut so, den Vorzug gibt und sich mit anderem gar nicht beschäftigt, sondern dies als "didaktische Marotten" tituliert, zeigt damit deutlich, dass er/sie nicht gewillt ist, sich mit anderem auseinanderzusetzen. Hat man vieles durchdrungen, kann man im Nachhinein abwägen, ob der Frontalunterricht wirklich so exzellent für alle SuS ist oder auch nicht, woraufhin man eine andere Alternativen nutzt. Ebenso kann man mit neu aufkommenden Ideen verfahren, gerade weil man selbst gelernt hat, Anforderungen und Möglichkeiten abzugleichen. Und letztlich ist man in der Lage, Methoden selbst derart abzuwandeln, dass sie besser zur Lerngruppe und zur Zielrichtung passen.
    Tatsächlich will ich das breite Repertoire und das Abwägen als Mentorin sehen und würde es auch als Seminarleiterin erfragen, um so mehr, wenn Unterrichtsplanung bis zum Ref nicht bekannt war und zuvor nicht absolviert und diskutiert wurde. Genau an dieser Stelle entscheidet sich m.E. die Professionalität der Ausbildung und der Lehrkraft. Dass man einen großen fachlichen Hintergrund hat und sich in neue Themenbereiche schnell einarbeiten kann, ist das eine, das andere aber ist das pädagogische Handwerkszeug der Lehrkraft, das breit aufgestellt und variabel sein muss.
    An meiner Uni war Hilbert Meyer mit seinen damals aktuellen Büchern übrigens als Rezepte-Buch verschrien, weil es zu plakativ war.


    Es ist gut, sich mit empirischen Studien zu beschäftigen, dann aber bitte auch mit den Bedingungen, unter denen diese entstehen, damit man genau abwägen kann, ob diese zur Klassensituation passen, die man vorfindet.
    Wichtiger noch ist für mich die eigenständige Auseinandersetzung im Alltag in der Klasse. Da ist eben Frontalunterricht nicht die einzige und erste Wahl, sondern vieles möglich, das unterschiedlichen Kindern nutzt, und manches nötig, weil sich der Unterricht an den SuS und den Zielen ausrichten sollte und diese nicht generell frontal zu erreichen sind.

  • Ähnlich ist eine Aussage, dass die Pädagogik nicht so wichtig sei oder ein höhererPädagogikanteil eine Deprofessionalisierung bilden würde.

    kann ich deinen Beitrag dreimal liken?


    Aber nee, ich steig jetzt besser aus, offenbar dringt bei manchen niemals eine Erkenntnis durch.

  • Ich habe regelrecht um Hilfe geschrien, aber ich wurde nicht gehört.

    Wie schade!


    Um so dankbarer bin ich, dass ich in allen Praktika an der Uni und im Ref immer tolle Lehrerinnen hatte, die bereit waren, uns mit in den Unterricht zu nehmen, die uns viel ausprobieren lassen haben, aber von denen es auch viele Tipps und Hinweise gab.


    Mir wäre wichtig, dass es für die Ausbildungsleistung, die man als MentorIn übernimmt, eine Entlastung oder Anerkennung gibt. Das gilt fürs Ref, aber m.E. auch für das Praxissemester, dass es hier jetzt gibt. Wenn SeminarleiterInnen und Uni-DozentInnen das als Berufsinhalt anerkannt bekommen, und nicht "nebenher" ein volles Deputat erbringen, bin ich der Meinung, dass diejenigen, die täglich beratend und reflektierend zur Seite stehen, dies auch als Leistung erfahren und auf ihr Deputat angerechnet bekommen sollten.

  • Wie könnte man das Referendariat verändern?
    Die Referendare sollen ihre Planungen so machen dürfen wie sie es für richtig halten und wie es zu ihrer Person passt. Fachlich muss es natürlich stimmig sein, aber viele Wege führen nach Rom.


    Vor einer UV ist damals die Betreungslehrerin manchmal die Stunden mit mir durchgegangen, die ich vor dem Seminar halten musste. Regelmäßig wurden die Punkte kritisiert, die sie mir aufgedrückt hatte. Vllt. konnte ich es auch nicht so umsetzen wie sie das wollte, weil es nicht meiner Idee/meiner Person entsprach.
    Und man traut sich, wenn man dann vom Seminarleiter und den anderen Seminaristen kritisiert wird, nicht einmal zu sagen, dass man das gar nicht so wollte, sondern MUSSTE, weil die BL das empfohlen hat.


    Das Problem kenne ich auch, man steht häufiger mal zwischen Ausbildungslehrer und Fachleiter, beide haben verschiedene Ansichten und man will es (Beurteilung von beiden Seiten) beiden recht machen. Ist bei mir zweimal grandios gescheitert und ich habe ne 5 im UB kassiert. Hinterher war mir das Problem immer klar.
    Einerseits ist es ja gut engagierte Betreuer zu haben, es kann sich aber auch negativ auswirken.


    Insgesamt muss man sagen hängt es doch auch mit Glück/Pech zusammen, Seminar, Fachleiter, Schule etc. pp.

  • man steht häufiger mal zwischen Ausbildungslehrer und Fachleiter, beide haben verschiedene Ansichten und man will es (Beurteilung von beiden Seiten) beiden recht machen

    Wenn ich Ausbildungslehrer bin, ist die Sache für mich völlig klar - die ReferendarIn muss in den UBs umsetzen, was sie im Fachseminar gelernt hat. Deshalb halte ich mich aus genau dem Grund zurück, auch wenn ich nicht der Meinung bin, dass diese Methoden zielführend sind, weil ich nicht will, dass die Azubis sich in einem Dilemma finden. Abgesehen davon, mein Referendariat ist 15 Jahre her, ich habe doch überhaupt keine Ahnung, was jetzt so alles didaktische Methode ist. Ich kann Unterricht machen, der funktioniert, und habe das Instrumentarium, um gut begründet zu entscheiden, was ich für richtig halte. Das kommuniziere ich meinen ReferendarInnen aber auch im Vorfeld: wenn sie einen Mentoren brauchen, der nach den Maßgaben des Fachseminars Unterricht gestaltet, verweise ich sie an junge Kollegen und Kolleginnen oder an die entsprechenden älteren Kollegen. Wenn sie Unterricht sehen wollen, der auch so gut funktioniert oder wissen wollen, wie man Materialien macht und einsetzt oder wie man Klassenraumkommunikation führt, dann sind sie bei mir richtig.


    Das ist auch der Grund, warum ich nicht bei Planungen helfe, nicht nur, dass ich einfach nicht die Zeit dafür hätte. Ich finde es praktischer, in einer Nachbesprechung umzuwälzen, was wann warum gut geklappt oder schiefgegangen ist und dabei meine Erfahrung einzubringen.

  • Da die Lehrkraft die Inhalte vermitteln muss, wird sie sich mitunterschiedlichen didaktischen Ansätzen auseinandersetzen können. Da reicht esnicht aus, etwas als "didaktische Marotte" zu deklarieren. DAS istdann eher die Deprofessionalisierung, die auf einen Mangel in der Ausbildungschließen lässt.


    Ich nutze bis heute Materialien aus meinen UBs wieder und wieder im Unterricht, manches stelle ich um, anderes habe ich auch verworfen, vieles ist aber immer noch gut und sinnvoll. Wer dem Frontalunterricht allein aus der Annahme heraus, er sei generell effizient und das sei schon gut so, den Vorzug gibt und sich mit anderem gar nicht beschäftigt, sondern dies als "didaktische Marotten" tituliert, zeigt damit deutlich, dass er/sie nicht gewillt ist, sich mit anderem auseinanderzusetzen.


    Hallo Palim


    du hast mich in einigen Punkten offensichtlich missverstanden. Ich kenne mich mit unterschiedlichsten didaktischen Ansätzen aus, habe mich aber im Laufe des Studium mehr und mehr der empirischen Unterrichtsforschung zugewendet, da ich mich mit primär normativen Aussagen und Behauptungen (selbst wenn jene aus den Mündern didaktischer Autoritäten stammen) nicht zufrieden geben wollte und konnte. Es ist zudem nur eine Vermutung von mir - wie ich ja schrieb -, dass dies mit ein Grund dafür sein könnte, weshalb in Sek. I die Professionalität alles in allem etwas geringer ausfällt als in Sek. II. Hier spielt nämlich traditionell die Pädagogik/Didaktik eine geringere Rolle und bis vor wenigen Jahren waren diese Bereiche aus wissenschaftlicher Sicht eben den Geisteswissenschaften zugeordnet. Dies bricht erst nach und nach auf. Wir sind wohl die erste Lehrergeneration, die diesen Umbruch hautnah miterlebt. Beispiel: Als ich meinem Bekannten aus Sek. II sagte, dass bei uns die 10 Kriterien guten Unterrichts von Hilbert Meyer hoch im Kurs stehen, lachte er mich aus. Diese wurden von einer Dozentin an seinem Seminar regelrecht verrissen.


    Zu den UB-Stunden. Natürlich verwerte auch ich selbst erstelltes Material aus meinen UB-Stunden, aber ich käme nicht auf die Idee, eine UB-Stunde so vor meinen SuS zu halten, wie ich das in den UBs getan habe. Das geht auch gar nicht, weil die Zeit für aufwändige Vorbereitung in der Regel schlicht und einfach fehlt im Alltag. Auch Zeitplan und Ablauf gestalte ich dann frei und spontan so, wie es die Lerngruppe gerade benötigt.


    Ich sag(t)e nicht, dass es nicht wichtig ist, im Referendariat die Planung und Durchführung eines gut strukturierten Unterrichts und das Erstellen von Arbeitsmaterial zu lernen. Doch gerade das lernen wir allenfalls am Rande. Das Erstellen des Materials und die Ausarbeitung von UB-Stunden läuft nach dem Prinzip Versuch und Irrtum. Man lernt mit der Zeit, was gewisse Leute von einem sehen wollen und handelt danach. Man hat ja keine andere Wahl.


    Niemand kann mir erzählen, dass man im Seminar solche Inhalte lernt, die hohe Lerneffekte bei bestimmten Schülergruppen auf empirischer Basis erreicht haben und diese dann effektiv praxisbezogen vorbereitet und testet. Vielmehr wird man einen undifferenzierten Wust an didaktischer Theorie an den Kopf geknallt bekommen, sich aus verschiedensten Aussagen und Normen die passenden herauspicken müssen (die bestimmte Leute hören bzw. stark gemacht haben wollen) und das ist dann das Rezept, erfolgreich durch die Lehrerausbildung zu kommen. Das liegt an der primär normativen Ausrichtung und die hatte über viele Jahrzehnte hinweg Tradition.


    Ich gehe nicht mit Scheuklappen durchs Leben.


    der Buntflieger

  • dass dies mit ein Grund dafür sein könnte, weshalb in Sek. I die Professionalität alles in allem etwas geringer ausfällt als in Sek. II. Hier spielt nämlich traditionell die Pädagogik/Didaktik eine geringere Rolle und bis vor wenigen Jahren waren diese Bereiche aus wissenschaftlicher Sicht eben den Geisteswissenschaften zugeordnet.

    Wenn in der SekII die Pädagogik und Didaktik eine geringere Rolle spielt, wie kommst du dann zu der Annahme, das dort die Professionalität der Lehrkräfte höher sein könnte?
    Warum ist das Ansiedeln von Pädagogik in den Geisteswissenschaften problematisch? Sind Geisteswissenschaften keine Wissenschaften?

  • Wenn in der SekII die Pädagogik und Didaktik eine geringere Rolle spielt, wie kommst du dann zu der Annahme, das dort die Professionalität der Lehrkräfte höher sein könnte?Warum ist das Ansiedeln von Pädagogik in den Geisteswissenschaften problematisch? Sind Geisteswissenschaften keine Wissenschaften?


    Hallo Palim,


    weil in der Sekundarstufe II (meist ist/war damit einfach das Gymnasium gemeint) die Vermittlung von Inhalten im Vordergrund stand. Dies musste - da es sich um eine leistungsbezogene Schulart handelt - stets möglichst effektiv erfolgen. Selbstregulation also sozusagen. So meine These.


    Ich bin nicht alleine, wenn ich sage, dass die Erziehungswissenschaften in großen Teilen traditionell enger verbunden sind mit der Philosophie (und damit auch Theologie) als mit empirisch ausgerichteten Wissenschaften. Philosophie ist eine wichtige Disziplin, solange man theoretische Konstrukte reflektiert, kritisiert und auf dem Papier diskutiert. Die Anbindung an die Lebenspraxis ist aber ein heikles Unterfangen. Viele Begrifflichkeiten sind so unklar und aufgeladen, dass das in der Regel gar nicht möglich ist. Die Kriterien sind nicht greifbar/eindeutig genug.


    Wir sind im Lehrerberuf in einem sehr praktischen Beruf (zum Glück), der angewiesen ist auf Klarheit und greifbare Kriterien. Diese können wir am effektivsten/zuverlässigsten durch eine empirische Vorgehensweise der Bildungsforschung gewährleisten. Insofern sind Geisteswissenschaften - das sehe nicht nur ich so - tatsächlich vermutlich nicht geeignet, die pädagogische/didaktische Praxis auf ein valides Fundament stellen zu können. Das aber ist unbedingte Voraussetzung für Professionalität. Nicht umsonst gilt der Lehrerberuf unter den anderen Professionen als eher "weiche" Profession.


    der Buntflieger

  • Beispiel: Als ich meinem Bekannten aus Sek. II sagte, dass bei uns die 10 Kriterien guten Unterrichts von Hilbert Meyer hoch im Kurs stehen, lachte er mich aus. Diese wurden von einer Dozentin an seinem Seminar regelrecht verrissen.

    Das ist aber halt dein Ausbildungsseminar, nicht die Sek.I per se. Bei uns am Seminar wurde klar vermittelt, dass die 10 Kriterien nach Meyer sowohl sehr kritisch zu prüfen und zu betrachten sind, als auch nicht grundlos durch modernere Ansätze zu ergänzen sind. Kritisch prüfen bedeutet aber auch nicht, dass das völliger Schwachsinn wäre, was in diesen Kriterien formuliert wäre, auch wenn Hilbert Meyer sicherlich kein besonders akuteller Ansatz ist. Wenn das also am Seminar deines Bekannten (und auch dies ist nur ein Seminar, nicht alle Sek.II-Seminare in BW) verrissen wurde, dannn stellt dies möglicherweise nur die Position eines Lehrbeauftragten dieses Seminars dar oder die Haltung des entsprechenden Seminars, ist aber ebensowenig repräsentativ für die Sek.II, wie dein oder mein isoliertes Bild repräsentativ sein könnte für die Sek.I-Seminare in BW. Leider ist es utopisch mehr erhalten zu wollen, da selbst reine Zahlen, wieviele Anwärter an welchen Seminaren in die Verlängerung kamen oder Lehrproben nicht bestanden haben nicht veröffentlicht werden. Selbst am eigenen Seminar erfährt man diesbezüglich höchstens am Rande etwas, da es den LBs/der Seminarleitung nicht gestattet ist Fragen dazu öffentlich zu beantworten.


    Wir sind im Lehrerberuf in einem sehr praktischen Beruf (zum Glück), der angewiesen ist auf Klarheit und greifbare Kriterien. Diese können wir am effektivsten/zuverlässigsten durch eine empirische Vorgehensweise der Bildungsforschung gewährleisten. Insofern sind Geisteswissenschaften - das sehe nicht nur ich so - tatsächlich vermutlich nicht geeignet, die pädagogische/didaktische Praxis auf ein valides Fundament stellen zu können. Das aber ist unbedingte Voraussetzung für Professionalität. Nicht umsonst gilt der Lehrerberuf unter den anderen Professionen als eher "weiche" Profession.

    Aha, wenn ich jetzt deiner Logik folge, dann müsste man ja auch kritisch prüfen, ob man geisteswissenschaftliche Fächer überhaupt schulisch zu unterrichten verantworten kann. Immerhin sprichst du entsprechenden Lehrkräften damit ja auch ab in ihren Fächern professionell agieren zu können mangels validem Fundament.


    Was die Hypothese anbelangt, Geisteswissenschaften würden ohne harte Fakten auskommen können: Das ist schlichtweg Unfug. Es ist mitnichten nur alles Meinung und Interpretation und empirische Forschung gibt es selbstredend auch in allen geisteswissenschaftlichen Fächern. (Ehrlich, es sollte nicht nötig sein, das dir als Akademiker zu schreiben. Immerhin hast du selbst ein paar geisteswissenschaftliche Fächer studiert...)

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Bei uns am Seminar wurde klar vermittelt, dass die 10 Kriterien nach Meyer sowohl sehr kritisch zu prüfen und zu betrachten sind, als auch nicht grundlos durch modernere Ansätze zu ergänzen sind.

    Nur mal zwischendrin eingeworfen: Hilbert Meyers "10 Kriterien" sind vollkommen trivial und fassen zusammen, was seit Jahrzehnten jeder weiß, der seine Brötchen mit Unterrichten verdient. Ungefähr so, als ob man als Kriterium für "gutes Autofahren" so etwas aufstellt wie "der Fahrer schaut beim Lenken nach vorne".


    Auf den Markt geworfen hat Meyer diese Kriterien anfang der 2000er, als auch er nicht mehr verleugnen konnte, dass seine gedanklichen Loopings angesichts empirischer didaktischer Forschung nicht aufrecht erhalten werden konnten...

  • Auch in der SekII geht es nicht nur um die Vermittlung von viel Wissen in wenig Zeit, auch hier geht es um Entwicklungspsychologie, Motivation, Classroom-Management und den allgemeinen Erziehungsauftrag, den wir Lehrkräfte haben.
    In unserem Modulen (SekII für Gymnasien und Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe) wurde H. Meyer oft als erster Ansatzpunkt für die Konzeption von Unterricht hergenommen.
    Aber auch Kounin, Hattie, Brüning&Saum und Leisen gehörten bei uns zu den BIG5 der Unterrichtsplanung. Dazu kamen die einschlägigen Fachdidaktiker, für Spanisch und Latein jeweils die Lokalpatrioten Sommerfeldt und Jesper.


    Ich finde auch nicht, dass SekII-Lehrer "professioneller" arbeiten als Lehrkräfte für andere Schulformen. Ich würde eher annehmen, dass die Lehrkräfte professioneller sind, die sich in der Pädagogik/Psychologie/Didaktik besser auskennen und das sind meiner Erfahrung nach, die ich an Gymnasium, Grundschule und Gemeinschaftsschule sammeln durfte, eher die SekI- und Primarlehrer.

  • Das ist aber halt dein Ausbildungsseminar, nicht die Sek.I per se. Bei uns am Seminar wurde klar vermittelt, dass die 10 Kriterien nach Meyer sowohl sehr kritisch zu prüfen und zu betrachten sind, als auch nicht grundlos durch modernere Ansätze zu ergänzen sind.
    Aha, wenn ich jetzt deiner Logik folge, dann müsste man ja auch kritisch prüfen, ob man geisteswissenschaftliche Fächer überhaupt schulisch zu unterrichten verantworten kann. Immerhin sprichst du entsprechenden Lehrkräften damit ja auch ab in ihren Fächern professionell agieren zu können mangels validem Fundament.
    Was die Hypothese anbelangt, Geisteswissenschaften würden ohne harte Fakten auskommen können: Das ist schlichtweg Unfug. Es ist mitnichten nur alles Meinung und Interpretation und empirische Forschung gibt es selbstredend auch in allen geisteswissenschaftlichen Fächern. (Ehrlich, es sollte nicht nötig sein, das dir als Akademiker zu schreiben. Immerhin hast du selbst ein paar geisteswissenschaftliche Fächer studiert...)


    Hallo CDL,


    du machst einige gedankliche Sprünge, dich nicht aus dem hervorgehen, was ich schrieb. Dass Seminare z.T. offensichtlich sehr verschieden ausbilden, haben wir - wenn ich mich recht entsinne - woanders schon festgestellt. Es ging hier um die Frage, weshalb - wie du selbst angemerkt hast - Sek. I und Sek. II verschieden ausbilden.


    Wenn man immer nur zu dem Schluss kommt, dass eben alles verschieden ist und man deshalb jeweils mit Einzelfällen zu tun hat, besagt das auch, dass eine Vergleichbarkeit innerhalb der Lehrerausbildung nicht gegeben ist. Das könnte wiederum an mangelnder wissenschaftlicher Fundierung liegen und/oder mit mangelnder Transparenz zu tun haben. Wie du ja richtig feststellst, liegen kaum offizielle Zahlen vor. Selbst dort nicht, wo man sie problemlos erheben könnte.


    Jetzt zu den anderen Punkten. Geisteswissenschaften haben ihre Berechtigung (ich schrieb nichts Gegenteiliges) und natürlich kann man sie unterrichten, ohne sie zugleich inhaltlich zur Grundlage des eigenen pädagogischen/professionellen Handelns machen zu müssen. Ich sehe da den Widerspruch nicht. "Harte Fakten" (=Tautologie, es reicht, einfach von Fakten zu sprechen) gibt es in manchen Geisteswissenschaften natürlich - ich bezog mich oben auf die Philosophie -, z.B. in der Geschichtswissenschaft im Bereich der Quellenkunde und verbunden mit den zahlreichen Hilfswissenschaften. Sie stehen aber nicht im Vordergrund, sondern auf ihnen bauen die z.B. anthropologischen Interpretationen/Geschichtsschreibungen auf, die das Kerngeschäft der Geschichtswissenschaft ausmachen. Meine Hausarbeiten und auch die Abschlussarbeit sind wissenschaftliche Arbeiten, die jedoch bewusst nicht empirisch angelegt sind, sondern an aktuellen Forschungsfragen anknüpfen und - im Falle der Abschlussarbeit - diese auch eigenständig fortführen. Immer mit (guten) Argumenten und eng bezogen auf die Positionen und Überlegungen anderer (Vor)Denker. Objektive Messbarkeit und Quantifizierbarkeit ist dabei aber nicht möglich und wird - was durchaus häufiger mal vorkommt (z.B. in der sogenannten "Objektiven Hermeneutik") - von mir auch nicht vorgegaukelt.


    Letzteres wäre jedoch dort, wo Menschen nach bestimmten Vorgaben konkret handeln und bestimmte Ziele erreichen sollen, ein wichtiges (wenn nicht das wichtigste) Element. Normative Vorgaben können mehr oder wenig plausibel sein (ist oft aber auch eine Frage des jeweiligen Verständnisses, da die in der Diskussion verwendeten Begriffe häufig nicht hinreichend klar sind), die erfolgreiche Übertragung in die Praxis bleibt aber ein schwieriges bis unmögliches Unterfangen.


    Natürlich stehen wir hierzulande vor dem Problem, dass vielfach zwischen qualitativer und quantitativer Forschung unterschieden und eins gegen das andere ausgespielt wird. Auch die Messbarkeit von komplexeren Unterrichtszielen wird gelegentlich komplett negiert oder abwertend als Technisierung/Mechanisierung etc. des Menschen aufgefasst. Nach dem Motto: Wir wollen an den Schulen schließlich keine Lernroboter züchten, also benötigen wir die ganze Messerei und Evaluiererei im Grunde auch nicht.


    Ich sehe aber keinen anderen Weg, um zumindest dort, wo man es könnte, unsere Vorstellungen von z.B. gutem Unterricht anhand von klaren Kriterien und empirischen Untersuchungen (die subjektive Verzerrungen vermeiden) zu überprüfen. Das würde letztlich auch zu klareren Begrifflichkeiten führen. Es ist doch so, dass mich meist keiner versteht, wenn ich z.B. direkte Instruktion von Frontalunterricht abgrenze. Schon der Methodenbegriff wird mal für Sozialformen und mal für ganze Unterrichtskonzeptionen verwendet, gelegentlich aber auch als Gruppenspielchen verstanden.


    Unter anderem deshalb sind vorgebliche Kriterienlisten guten Unterrichts (Meyer ist nur ein Beispiel von hunderten) auch nicht viel wert. Es sind eben keine Kriterien im Sinne wissenschaftlicher Kriterien, sondern letztlich normative Setzungen. Sie klingen mal mehr und mal weniger plausibel, sind nicht selten inhaltlich so banal und zugleich dermaßen schwammig abgefasst, dass man ihnen gar nicht sinnvoll widersprechen kann. Entsprechend kann man sie aber in der Praxis auch nicht wirkungsvoll anwenden. Man kann allenfalls vermuten, dass das nun "intelligentes Üben" war oder eine "sinnstiftende Kommunikation" stattfand. Ebenso könnte man das Gegenteil behaupten.


    der Buntflieger

  • Menschen arbeiten mit Menschen.
    Um auf gewisse Situationen angemessen reagieren zu können, hilft das Wissen um empirische Untersuchungen und wissenschaftliche Abhandlungen oft nur bedingt weiter, es braucht auch Erfahrung und die damit einhergehende Intuition. Diese Erfahrung sammelt man in Referendariat. Wer nur Bücher wälzt und Studien zitiert, verkopft sich evtl. zu sehr.


    Hilbert Meyer war bei uns im Studium (ca. 20 Jahre ist's her) die Erstsemester Einsteiger-Lektüre, nur mal so am Rande.

  • Nur mal zwischendrin eingeworfen: Hilbert Meyers "10 Kriterien" sind vollkommen trivial und fassen zusammen, was seit Jahrzehnten jeder weiß, der seine Brötchen mit Unterrichten verdient. Ungefähr so, als ob man als Kriterium für "gutes Autofahren" so etwas aufstellt wie "der Fahrer schaut beim Lenken nach vorne".


    Hallo Meerschwein Nele,


    es sind Trivialitäten, völlig richtig. Es sind aber viele Begriffe enthalten, die schwer greifbar sind. Und zugleich auch einige Setzungen, die begründungspflichtig wären. Beispielweise "Methodenvielfalt". Meyer hat in der jüngeren Vergangenheit in Aufsätzen einige Verrenkungen angestellt, um diesen Punkt zu retten. Inzwischen weiß man ja, dass die pädagogisch jeweils passende Methode zum Einsatz kommen und Methoden nicht vordergründig als Bespaßung der Schülerschaft fungieren sollten, was leider aus dem Merkmal "Methodenvielfalt" unweigerlich hervorgeht.


    Natürlich sollte man als Lehrkraft verschiedenste Methoden kennen und auf die jeweilige Lerngruppe bezogen anwenden können, aber das bedeutet nicht, dass ein Unterricht dann gut ist, wenn ständig neue Methoden (am besten in einer Stunde 2-3) zum Einsatz kommen.


    der Buntflieger

  • Da magst du Recht haben. In den Vorführstunden sollte man allerdings eine gewisse Methodenvielfalt zur Schau stellen, damit die Seminarleiter / Schulräte oder andere Noten vergebende Personen sehen, dass man es kann. Ist ja auch logisch.

  • Menschen arbeiten mit Menschen.
    Um auf gewisse Situationen angemessen reagieren zu können, hilft das Wissen um empirische Untersuchungen und wissenschaftliche Abhandlungen oft nur bedingt weiter, es braucht auch Erfahrung und die damit einhergehende Intuition. Diese Erfahrung sammelt man in Referendariat. Wer nur Bücher wälzt und Studien zitiert, verkopft sich evtl. zu sehr.


    Hilbert Meyer war bei uns im Studium (ca. 20 Jahre ist's her) die Erstsemester Einsteiger-Lektüre, nur mal so am Rande.


    Hallo Kathie,


    das sehe ich anders: Mir helfen psychologische Erkenntnisse um Gruppenprozesse und Interaktionen etc. im Umgang mit alltäglichen zwischenmenschlichen Problemen sehr. Meyers - um das Beispiel nochmal zu bemühen - Merkmale guten Unterrichts haben mir hingegen überhaupt nicht geholfen. Da fehlt die Ausrichtung auf das "Wie" nämlich komplett.


    Natürlich kann ich das erfolgreiche Unterrichten letztlich nur in der Praxis ausprobieren und einüben, aber für eine echte Profession reicht es eben nicht aus, nur irgendwie zu wursteln und nachzumachen, was man im Umfeld so aufschnappt. Man muss für den Job brennen, sich Wissen besorgen, darüber nachdenken (einen eigenen Kopf haben) und sich abgrenzen können. ("Big Four")


    Fragen, die ich mir bezogen auf den Unterricht stelle: Wie bringe ich meine SuS dazu, die Inhalte aktiv nachzuvollziehen, die ich darbiete? Wie reagiere ich auf Lernschwierigkeiten/Fehler auf Schülerseite am besten? Wie gestalte ich die Lernumgebung so, dass möglichst viel Zeit für das Lernen verwendet werden kann? ("Big Three")


    Dass H. Meyer schon vor 20 Jahren Studiengrundlage war, ist mir bekannt. Vor 20-30 Jahren war hierzulande auch von Empirie in Pädagogik-Kreisen noch keine Rede.


    der Buntflieger

Werbung