Frage an die Latein-Kollegen

  • Nach Zurateziehung meines alten Bayer/Lindauer muss ich zugeben, dass Du weitgehend recht hast. Bis auf den letzten Absatz, dem ich als Germanist wie als Anglist widersprechen möchte. Was irgendwelche süddeutschen Berg- und norddeutsche Nebelvölker als Erzähltempus missbrauchen, hat mit grammatischer Funktion des Perfekts wenig zu tun.


    Aber was solls - das ist doch alles so Kram aus dem Studium, dann man bekanntlich nie mehr braucht :P .

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Bis auf den letzten Absatz, dem ich als Germanist wie als Anglist widersprechen möchte. Was irgendwelche süddeutschen Berg- und norddeutsche Nebelvölker als Erzähltempus missbrauchen, hat mit grammatischer Funktion des Perfekts wenig zu tun.

    Was ist denn die grammatische Funktion des Perfekt? Klär mal auf ;)

  • Im Deutschen: Ausdruck der entweder unmittelbaren oder immer noch auf die Gegenwart bezogenen Vorzeitigkeit.

    Was ist denn die grammatische Funktion des Perfekt? Klär mal auf ;)

    Dein Smiley lässt mich befürchten, dass ich völlig auf dem Holzweg bin, Du das weißt und mich jetzt genüsslich auflaufen lassen willst (zumal die Sprachwissenschaft für mich immer zu den Dingen gehört hat - und immer noch gehört, deshalb das Perfekt, hier als Präsensperfekt gebraucht -, die man weder vor noch nach dem Studium braucht und währenddessen auch nicht). Have fun!

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Ne, gar nicht. Ich benutze öfter den ;) ohne Hintergedanken, wobei ich weiß, dass seine Semiotik eigentlich auf eine zweite Ebene schließen lässt...


    Das Präsensperfekt kenn ich auch, aber die Unterscheidung zwischen mündlichem und schriftlichem Erzähltempus ist in allen Deutschbüchern und Didaktiken relativ geläufig. Daher wunderte ich mich ein bisschen und war ganz neugierig, ob du etwas ganz anderes meinst.

  • Duden Grammatik § 235:

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • erster Satz: Perfekt im Nebensatz passt nicht zu Imperfekt im Hauptsatz

    doch. Imperfekt als durativer Aspekt der Vergangenheit, Perfekt als neu einsetzende, abgeschlossene Handlung.
    Ich persönlich hätte Plusquamperfekt dem Perfekt vorgezogen

    zweiter Satz: Es muss heißen "egregio ingenio"

    jou!

    vierter Satz: Wie im ersten, das Perfekt "obtulerunt" passt nicht zu "efferebant"

    In diesem Satz sehe ich es genauso. nach dem kargen Zusammenhang besteht kein Grund für das Perfekt. Wirkt auf mich eher genauso durativ wie das Imperfekt bei efferebant


    salutationes de quadam cui emendandum esset... ;)

  • ...Es muss heißen "egregio ingenio"
    Nö, muß es nicht zwangsläufig: "egregium ingenio" geht auch, ist aber definitiv nicht mehr "klassisches" Latein (das ist aber die ganze Arbeit nicht, gg). Am 4. Satz stört mich eher die Lexik: Wer bitte sagt tatsächlich "blandis laudibus efferre"? - ich kenne das nur mit "tantis" und dann ut-Satz (und auch das ist wohl eher Menge, als realer Sprachgebrauch, gg); und "operam offerre" klingt irgendwie auch seltsam...(sollte ich mich diesbezüglich irren, bitte ich um Belegstellen - man lernt ja nie aus, gg). Die Verwendung der Tempora, die mitunter - naja, zumindest umstritten ist, gg - wurde ja schon ausgiebig diskutiert; in Satz 1 müßte doch wohl eher ein Plusquamperfekt stehen - auch wenn natürlich irgendwo und irgendwann alles belegt ist.
    Aber wenn hier schon so viele Kundige der alten Sprachen unterwegs sind: Wie ist das in Deutschland - müßt ihr im Rahmen des Lateinstudiums auch griechische Lehrveranstaltungen besuchen? Bei uns in Wien war das früher (also zu meiner Studienzeit) schon so - heutzutage hat man das geändert (außer das Graecum als Studieneingangsvoraussetzung - aber wir hatten noch griechische Lektürekurse noch und nöcher). Ich persönlich finde es schade, daß das geändert wurde, denn gerade das Griechische erweitert den Horizont eines Altphilologen schon sehr...

  • Bei uns wird das Graecum noch gefordert.


    Bei "operam offerre" habe ich auch erst sehr gegrübelt, was das wohl heißen soll. Das ist meist ein untrügliches Zeichen dafür, dass das so eigentlich nicht geht/arg nachklassisch ist. Zum Überprüfen war ich aber zu faul. Ist auch müßig, weil für viele Kollegen (und auch Schulbuchautoren *soifz*) die Klassizität nachrangig ist, solange auch schön viele Formen eines grammatischen Phänomens im Text vorkommen ...

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Graecum war bei mir (Justus-Liebig-Universität Gießen, vor gefühlt 128 Jahren) auch verpflichtend.
    In meiner Erinnerung wird es aber auch nicht durch die vielen dazwischenliegenden Jahre verklärt....


    Wichtiger im Sinne von nachhaltiger wenn man diese Einganspostzeilen liest, ist aber doch wohl die Deutsch-Lateinsche Übersetzung!


    Ich hatte mich beim Lesen immer wieder gefragt: mit welchem Wortschatz arbeitet das Lehrbuch dieses Kollegen???

  • Ich habe Latein “bloß” als Beifach studiert, wo kein Graecum verlangt wurde. Fürs Hauptfach war es damals aber verpflichtend.

  • Wie ist das in Deutschland - müßt ihr im Rahmen des Lateinstudiums auch griechische Lehrveranstaltungen besuchen?

    An der CAU Kiel war das Graecum gefordert und ein Proseminar der Graezistik (Literaturwissenschaftlicher Schwerpunkt).


    Ich find den Wortschatz auch eher ungewöhnlich, aber ich habe im Online-Georges (http://www.zeno.org) noch mal nachgeschlagen und es gibt diese Wortverbindungen tatsächlich, aber sie sind nicht bei den Klassikern zu finden. "blandus" ist in Verbindung mit "laudes" zum Beispiel ist bei Cicero zu finden.
    Je nach Lernjahr finde ich es auch nicht zwingend erforderlich, dass es strenges "Cicero&Caesar"-Latein sein muss.
    Allerdings würde ich nicht zu stark davon abweichen, sonst wird die Umstellung zu den Latina später eventuell zu groß sein.

  • Je nach Lernjahr finde ich es auch nicht zwingend erforderlich, dass es strenges "Cicero&Caesar"-Latein sein muss.
    Allerdings würde ich nicht zu stark davon abweichen, sonst wird die Umstellung zu den Latina später eventuell zu groß sein.

    Natürlich muß es nicht zwingend "klassisches" Latein sein, zumal (zumindest bei uns) auch viele spätere Texte bis zur recens latinitas gelesen werden (sollen). Dennoch finde ich es problematisch, wenn in manchen Lehrwerken krampfhaft Vokabel eingeführt werden, die es so entweder gar nicht oder nur sehr selten gibt (meiner Erfahrung nach betrifft dies leider hauptsächlich deutsche Lehrbücher), zumal die lieben Kinderchen ohnedies nicht freiwillig Vokabel lernen. Wenn sie Vokabel können, dann solche, die sehr häufig vorkommen (vocare, petere - beim Perfektstamm von mittere wird es schon schwierig, gg) - aber "operam offerre" kann nach drei Wochen keiner mehr...
    Allen, die meine Frage bzgl. des Griechischen beantwortet haben, möchte ich recht herzlich danken! Weiß vielleicht noch jemand etwas über die gegenwärtige Situation (also Griechisch für Lateiner- in welchem Ausmaß)? Danke!

  • Wenn sie Vokabel können, dann solche, die sehr häufig vorkommen (vocare, petere - beim Perfektstamm von mittere wird es schon schwierig, gg) - aber "operam offerre" kann nach drei Wochen keiner mehr...

    Das ist wohl wahr. Welches Lehrwerk benutzt ihr denn?
    Wir hatten an der alten Schule Roma A von CC Buchner, das fand ich ganz gut, auch von der Progression her.


    Ich habe mal spaßeshalber in der Studienordnung für die CAU nachgelesen: Man braucht für den Bachelor Lateinische Philologie immer noch das Graecum und zwei griechische Lehrveranstaltungen (gr. Lektüre und gr. Mythologie und Literaturgeschichte). Das ist auf jeden Fall mehr als ich machen musste, und das fand ich schon nicht wenig. Ich hatte Aristoteles' Metaphysik als Lektüreseminar, was mir persönlich auf jeden Fall gereicht hat.

  • Welches Lehrwerk benutzt ihr denn?

    Medias in res aus dem Veritas - Verlag. Finde ich ganz gut, auch wenn die Neubearbeitung für das vierjährige Latein sehr viel Stoff in sehr kurzer Zeit bringt - dies ist allerdings auch dem neuen Lehrplan geschuldet. Wir mußten in Griechisch außer dem Graecum noch 3 Lektürekurse (Prosa und Dichtung), griechische Literaturgeschichte, und 6 griechische Bücher (1 Tragödie, 1 platonischen Dialog, 3 Homerbücher und den Menoikosbrief) zur Prüfung können; und "Antike Religionskunde" war auch sehr griechisch - lastig. Aber mir hat das sehr gut gefallen: es hat meinen Horizont erweitert und außerdem hatte ich auch immer sehr gute Noten, gg.

  • Wir mußten in Griechisch außer dem Graecum noch 3 Lektürekurse (Prosa und Dichtung),

    soweit bei uns auch.
    Wurde eher lieblos behandelt, vermutlich wie die Lateinkurse bei den Geisteswissenschaftlern, die das Latinum brauchen


    Jetzt im Unterrichten merke ich, dass es tatsächlich sinnvoll war, auch wenn ich außer "Kyrie eleison" kaum noch eine griechische Verbform kenne :lach:

  • Von Pontes hab ich den Unterrichtsplaner und nutz(t)r davon öfter die Übungen oder Texte für Klassenarbeiten :) sehr praktisch %)


    Ich finde auch gut und sinnvoll, dass ich das Graecum gemacht habe, selbst wenn ich davon quasi nichts mehr verwenden kann.
    Ich kann noch die Präsenskonjugation und die Männliche Deklination, zumindest kann ich sie aufsagen... Aorist und Co sind bei mir allerdings längst aus dem Arbeitsspeicher gelöscht :sterne::zahnluecke:

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