Vergleich: Lehramt und freie Wirtschaft

  • @ Felis 1: Wir nahmen fast alle die Termine März bis Juli, denn wir konnten nur im September ins Ref. starten. Musstet ihr dann von Dezember bis September im nächsten Jahr warten?


    Ja, wir mussten warten. Die meisten haben absichtlich im Herbst Examen gemacht, um nicht gleich wieder von der Uni in die Schule wechseln zu müssen, sondern erstmal auch noch was anderes machen zu können (jobben, reisen, ...).
    Und die Prüfungen nach dem 8. Semester waren zeitlich schon gut zu schaffen, für die nach dem 7. Semester musste man von Anfang an schon gut geplant haben.

  • Hier kommt es auf die Perspektive an. Allgemein kann man sagen, dass der fachliche Anspruch folgendermaßen steigt: Grundschule - H/R/Förder - Gymnasium/Berufsschule - Bachelor - Master.
    Bei den Grundschulleuten ist es z.B. so, dass bei ihnen insofern differenziert wird, dass sie eigene, weniger oder Veranstaltungen mit geringerem Anspruch besuchen. Bei Gymnasiallehramt ist es so, dass oftmals das Grundstudium mit dem der Bachelorleute gleich ist. Anspruch kann man dann objektivieren, wenn man sich die Durchfallquoten anschaut. Bei Mathematik/Gymnasium sind das zu Beginn gerne mal 60%+. Der richtig krasse Stoff ist zwar den Bachelorstudenten vorbehalten, aber die höchsten Durchfallquoten gibt es in den Anfängerkursen, die auch von den Gymnasialleuten besucht werden.


    Mit freundlichen Grüßen

  • Hier kommt es auf die Perspektive an. Allgemein kann man sagen, dass der fachliche Anspruch folgendermaßen steigt: Grundschule - H/R/Förder - Gymnasium/Berufsschule - Bachelor - Master.

    soso. Ich bilde also in der Technikerschule Leute aus, deren Qualifikation meinen fachlichen Anspruch übersteigt.


    Ich bin voll das Wunderkind. Alter.

  • Danke. Kann ich nur unterstreichen. Als Lehrer kochen wir alle mit lauwarmen Wasser unterschiedlicher Temperatur


    Möchte ich bestätigen. Ich kenne genug Leute, die auf Sek. II studiert haben und der Anspruch der Seminare ist allenfalls geringfügig höher. Man kann sich hier wie dort um die anspruchsvolleren Dozenten herumdrücken, wenn man schwach auf der Brust ist. Ich würde da eher von anderen Prioritäten/Schwerpunktsetzungen sprechen.


    Bei der Studienwahl scheint übrigens die eigene Sozialisation eine nicht zu unterschätzende Rolle zu spielen. Leute, die sich für Sek. I entscheiden, haben meistens eine eher kurvenreiche eigene Schulkarriere hinter sich, während die Sek. II-Kandidaten da eher die etwas glatteren Laufbahnen vorweisen können.

  • Ich kann diese Mär vom fachlich ach so anspruchsvollen Studium fürs gymnasiale Lehramt nicht mehr hören.

    Zwischen dem Mathematikstudium für die Grundschule und dem fürs Gymnasium liegen Welten.
    Es mag Fächer geben, die für einen normal intelligenten Menschen mit ein bisschen Fleiß im gesamten Studium keinerlei nennenswerte Hürden aufweisen. Bei den Fächern kann es sein, dass, wenn man einfach einen gesamten Abiturjahrgang nehmen und da reinstecken würde, ein Großteil das schaffen könnte.
    Bei Fächern wie Physik oder Mathematik, tendenziell auch Chemie hört das aber auf. Das würde nur ein Bruchteil der Abiturienten überhaupt bestehen.
    Ja, diese Fächer sind fürs gymnasiale Lehramt im Anspruch nicht mit dem Studium für Grundschullehramt zu vergleichen.


    Man kann sich hier wie dort um die anspruchsvolleren Dozenten herumdrücken, wenn man schwach auf der Brust ist. Ich würde da eher von anderen Prioritäten/Schwerpunktsetzungen sprechen.

    Und da sieht man mal wieder, dass die Fächer Physik, Mathematik und Chemie eine Sonderstellung haben. Da bringt es gar nichts "anspruchsvollen Dozenten" aus dem Weg zu gehen.
    Wenn du da "schwach auf der Brust bist" dann fliegst du durch die Klausur, wirst gar nicht erst zum Praktikum zugelassen und so weiter.
    Die Hürde durch ein Physik Hauptstudium zu kommen ist deshalb so hoch, weil selbst der "anspruchsloseste" Dozent nicht darum herumkommt komplexe Mathematik zu verlangen. Denn so ist die Natur eben.
    Entweder man eignet sich dieses an, oder man scheitert schlicht. Da reicht ein bisschen Herumlavieren und den "chilligsten" Dozenten heraussuchen nicht.
    Ich glaube das ist echt ein fundamentaler Unterschied zu z.B. Gesellschaftswissenschaft.

  • Und da sieht man mal wieder, dass die Fächer Physik, Mathematik und Chemie eine Sonderstellung haben. Da bringt es gar nichts "anspruchsvollen Dozenten" aus dem Weg zu gehen...
    Da reicht ein bisschen Herumlavieren und den "chilligsten" Dozenten heraussuchen nicht.Ich glaube das ist echt ein fundamentaler Unterschied zu z.B. Gesellschaftswissenschaft.


    Hallo Firelilly,


    dem stimme ich zu, da die von dir genannten Wissenschaften spezielle Talente erfordern, die beileibe nicht jede/r mitbringt. Wenn man diese hat, sind die genannten Wissenschaften vielleicht sogar dankbarer als die häufig recht schwammigen und subjektiv durchsetzten Geisteswissenschaften/Gesellschaftswissenschaften.


    Nicht umsonst habe ich mich auf die Linguistik spezialisiert, weil die ewig um sich selbst mäandernde Literaturwissenschaft mich irgendwann nur noch ermüdete. Ich wollte nicht irgendwelche gerade angesagten Lehrmeinungen nachplappern... im Studium hatte ich ihn noch, den eigenen Kopf - lang ist es her.


    Es gibt auch in den Geisteswissenschaften gute Leute, aber ich kann mich auch an Proseminare erinnern, da musste man das Niveau lange suchen und fand es doch nicht. Ich habe großen Respekt vor den "harten" Wissenschaften und kann gut damit leben, dass ich die "weichen" Fächer gewählt habe. Dafür bin ich gerne jederzeit bereit zu beweisen, dass sie so weich gar nicht sind, wenn man sie richtig lebt. ;)


    der Buntflieger


  • Und da sieht man mal wieder, dass die Fächer Physik, Mathematik und Chemie eine Sonderstellung haben. Da bringt es gar nichts "anspruchsvollen Dozenten" aus dem Weg zu gehen.Wenn du da "schwach auf der Brust bist" dann fliegst du durch die Klausur, wirst gar nicht erst zum Praktikum zugelassen und so weiter.
    Die Hürde durch ein Physik Hauptstudium zu kommen ist deshalb so hoch, weil selbst der "anspruchsloseste" Dozent nicht darum herumkommt komplexe Mathematik zu verlangen. Denn so ist die Natur eben.
    Entweder man eignet sich dieses an, oder man scheitert schlicht. Da reicht ein bisschen Herumlavieren und den "chilligsten" Dozenten heraussuchen nicht.
    Ich glaube das ist echt ein fundamentaler Unterschied zu z.B. Gesellschaftswissenschaft.

    Wer derart oberflächlich generalisiert weiß nicht, wie z.B. ein Studium der Politikwissenschaft an der Uni läuft. Einfach nur labern reicht auch in den Geisteswissenschfaten nicht und "chillige Dozenten" mag es menschlich geben, beim Fachanspruch wird einem in PW prinzipiell nichts geschenkt. Bereits in den Proseminaren gab es bei uns teilweise Durchfallquoten um die 50%, wo eben genau die aussortiert wurden in den ersten Semestern, die meinten, wer gut labern könne und in der Schule eine halbwegs anständige PoWi-Note hatte würde schon durchkommen. Auch in den Gesellschaftswissenschaften gilt, dass wer sich erforderliches Fachwissen auf wissenschaftlichem Niveau nicht schnellstens anzueignen versteht, noch nicht einmal über die simple Basis verfügt, um dann in Seminaren vertiefend arbeiten zu können. Herumzulavieren lässt einen nicht eine einzige Prüfung bestehen in PW.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Nö. Master sind alle. Also gehören auch alle gleich bezahlt.

    Der Lehramtsstudent schafft es wieder nicht, zu beachten, dass es nicht nur Hessen gibt.
    In Hessen studiert man für die Grundschule 6 Semester und sitzt überwiegend unter sich in mäßig anspruchsvollen Veranstaltungen. Für Haupt- und Realschulen sind es 6 Semester, für Gymnasien sind es 8 Semester, die überwiegend identisch sind (L2er haben etwas mehr Pädagogik, dafür weniger Fachwissenschaft). Für Förderschulen sind es ebenfalls 8 Semester, davon sind fast die Hälfte in den Förderschwerpunkten, der Rest beateht aus einem Unterrichtsfach und den Bildunhswissenschaften. L5er studieren BA/MA mit den Hauptfachstudenten/Gym Studenten zusammen.


    Nun geht es aber bei der Besoldung gar nicht um den Anspruch des Studiums, sondern um dessen Regelstudienzeit. Formal ist es leider richtig, dass Grundschullehrer in Hessen wegen des kürzeren Studium weniger Geld bekommen. Innerhalb des geltenden Regelwerks, müsste die Regelstudienzeit verlängert werden, um eine höhere Besoldung zu rechtfertigen.
    Wenn alle gleich lang BA/MA studieren, dann müssen auch alle gleich viel Geld bekommen.


    Wie anspruchsvoll das Studium ist/war, ist mir um ehrlich zu sein im Hinblick auf die Besoldung vollkommen egal. Alle Schularten sind wichtig, alle haben ihre eigenen Schwierigkeiten, Herausforderungen und erfordern professionelle Arbeit.

    Einmal editiert, zuletzt von Schmidt () aus folgendem Grund: Irreführende Semesterangaben, da satztechnisch leicht verheddert.

  • Schmidt: In Hessen hat Haupt- und Realschullehramt 6 Semester Regelstudienzeit. Die L2/L5-Studenten haben teilweise eigene fachwissenschaftliche Veranstaltungen, z.B. in Mathematik oder Physik. Gerade in Mathematik ist es auch in anderen Bundesländern durchaus üblich, dass Gymnasial- und H/R-Leute separate Veranstaltungen haben. Daher habe ich in meinem vorangegangenen Beitrag bereits andere Bundesländer und entsprechende Variationen berücksichtigt.

  • Mir ging es auch nur um die Zitate in Beitrag 122. Im Endeffekt gibt es zur Besoldung 2 mögliche Grundlagen: Regelstudienzeit oder Anspruch des jeweiligen Studienganges. Ersteres findet tatsächlich Anwendung, aber es kommt hier im Forum immer mal wieder vor, dass über letzteres in Bezug auf die Besoldung diskutiert wird.
    Dass alle Schulformen wichtig sind und professionelle Arbeit erfordern, damit hast du Recht.


  • Nun geht es aber bei der Besoldung gar nicht um den Anspruch des Studiums, sondern um dessen Regelstudienzeit. Formal ist es leider richtig, dass Grundschullehrer in Hessen wegen des kürzeren Studium weniger Geld bekommen. Innerhalb des geltenden Regelwerks, müsste die Regelstudienzeit verlängert werden, um eine höhere Besoldung zu rechtfertigen.
    Wenn alle gleich lang BA/MA studieren, dann müssen auch alle gleich viel Geld bekommen.


    Wie anspruchsvoll das Studium ist/war, ist mir um ehrlich zu sein im Hinblick auf die Besoldung vollkommen egal. Alle Schularten sind wichtig, alle haben ihre eigenen Schwierigkeiten, Herausforderungen und erfordern professionelle Arbeit.

    Das war in Niedersachsen auch immer die Begründung, nun studieren aber schon länger alle Lehrämter mit Bachelor und Master gleich lang und trotzdem wird es nichts mit A13 für Grundschule. Bildung darf halt nix kosten.

  • Ich sehe das in Summe etwa so wie Kimetto.


    Trotzdem hier noch meine Sicht als jemand, der sowohl Wirtschaft als auch Lehramt kennt:


    - Gibt es an Berufskollegs/schulen einen deutlich höheren Praxisbezug
    als bei anderen Schulformen wie dem Gymnasium? Wie kann man sich eine
    solche "Praxis-Schulstunde" vorstellen? Was wird den Schülern
    hierbei vermittelt und wie?
    In BaWü gibt es berufliche Schulen. Hierunter fallen berufliche Gymnasien, die Ausbildungsgänge, das Berufskolleg, die Berufsfachschule, VAB, BEJ usw.
    Den höchsten Praxisbezug haben sicher die beruflichen Ausbildungsgänge, gefolgt von den BKS, der BFS und dann die beruflichen Gymnasien. Eine Praxis-Schulstunde sieht je nach Schulart anderst aus. z.B. Juniorenfirma (Praxissimulation eines Unternehmens, in der die Schüler unterschiedlilche Rollen einnehmen und selbst den Einkauf, Verkauf, HR, Marketing usw regeln müssen. Auch mit Hilfe eine ERP Systems oder einfach nur Excel und Word. Es gibt eine virtuellen Marktplatz, an denen verschiedene Junierenfirmen handeln). Wie das im Maschinenbau oder technischen Bereich genau aussieht, weiss ich nicht.


    - Wie hoch ist der Theorieanteil im Allgemeinen und auf welchem Niveau im Vergleich zum Studium?
    Im Vergleich zum Studium ist das Niveau sehr niedrig. Hart gesagt reichen die ersten 2 Semester des Studiums aus. Alles was theoretisch darüber hinausgeht, hilft nur dabei, den Schülern zu aufzuzeigen, warum die in der Schule vermittelten Grundlagen noch sinnvoll sein können. Als Seiteneinsteiger und Akademiker allgemein ist die notwendige didaktische Reduktion im Referendariat im Gegensatz zur Uni eine Hürde.


    - Wie sind die Schüler an BK / Berufsschulen? Wie hoch ist die
    Lernmotivation? Muss man sich dort ein extrem dickes Fell zulegen (im
    Vergleich zu anderen Schulformen)?
    Je nach Ausbildungsgang besser oder schlechter... Kann man so allgemein nicht sagen. Ein dickes Fell ist meiner Meinung nach notwendig.


    - Ist es überhaupt möglich, für mich als Seiteneinsteiger mit wenig
    Berufserfahrung (nur Praktika und Werkstudententätigkeit) einen "guten"
    Lehrer abzugeben, der etwas zu vermitteln hat?
    Ich denke, auch ohne Praxiserfahrung gibt es "gute" Lehrer. Aber ein paar JAhre in der Wirtschaft helfen auf jeden Fall! Ein zwei Praktika sind nicht das Gleiche. Ich merke immer wieder, dass wenn ich den Schülern Praxiserfahrungen zum Lernstoff erzähle, dass sie dann sehr gerne zuhören. Auch fällt mir öfters auf dass ich mich selbst im Vergleich zu den Kollegen sehr effizient organisiere und so extrem viel Zeit einspare. Ob das jetzt nur an meiner Erfahrung in der Wirtschaft oder meiner IT und BWL-Affinität liegt, kann ich nicht 100% sagen. Zudem hilft mir die Erfahrung aus beiden Bereich, viele Dinge realistischer einzuschätzen.
    Ich bekomme zB bei Gehaltsdiskussionen immer wieder mit, dass zB Lehrer ohne Erfahrung in der Wirtschaft oft keine Ahnung davon haben, was Brutto von einem bestimmten Gehalt in der Wirtschaft dann Netto noch in etwa übrig bleibt. Nach dem Motto "Mein Bekannter verdient 6000€ Brutto im Monat und ist deswegen ein reicher Mann und ich bin als Lehrer so arm".


    - Wie ist die Belastung des Schulalltags im Vergleich zur Arbeit in der freien Wirtschaft?
    Ich war im IT Bereich im Produktmanagement. Meine Arbeitszeiten haben sich immer zwischen 40 und 50 Stunden bewegt (real, ohne Anfahrt, Abfahrt und die Mittagspausen usw schon abgezogen). Da bin ich jetzt im 5. Jahr in der Schule definitv drunter! Hier gibt es Wochen, in denen ich relativ wenige reale Arbeitsstunden habe und wieder Andere, in denen ich mehr ranklotzen muss. Für die Fächer IT und BWL würde ich sagen, dass die reine Arbeitszeit geringer ist als in der Wirtschaft. Die Zeit, die man vor der Klasse steht ist aber sehr intensiv. D.h. man ist immer im Mittelpunkt des Geschehens, kann sich nicht einfach mal 10 Minuten ausklinken und durchatmen. Zudem ist das erforderte Multitaskting teilweise echt krass! Die Belastung ist also im Lehramt meiner Meinung nach weniger quantitativ (viele Stunden), dafür aber qualitativ hoch (Anforderungen, Multitasking, soziale Komponente...). Ein Zuckerschlecken ist es nicht. Aber mir passt es besser als die freie Wirtschaft. Auch weil meiner Erfahrung nach in der Industrie ein Großteil der Energie aufgrund von Machtspielchen zwischen Abteilungen, Manager und normalen Mitarbeitern verloren geht. Das habe ich so im Lehramt nicht erlebt.



    - Bereut ihr den Schritt zum Lehramt? Nennt gerne Vorteile/Nachteile
    Ich bereue den Schritt nicht. Ich habe ich einen sinnvollen Job, der mir auch meistens Spaß macht. Mit den Schülern komme ich in der Regel auch gut zurecht. Das Gesamtpaket ist meiner Meinung nach auch sehr fair.
    Ich kann mir einen großen Teil der Arbeit selbst einteilen (zB im Sommer mittags schwimmen gehen und dafür Abends nochmal ranklotzen). Sowas hat man in der Form in der freien Wirtschaft eher nicht. Das A13-Gehalt ist sehr fair. A14 ist mit den meisten Akademikerberufen auch absolut konkurrenzfähig. Klar, ich kenne auch ein paar Überflieger, die weit mehr verdienen in der Wirtschaft. Ich weiss aber auch, dass die in der Regel entweder theoretisch oder auch praktisch mehr drauf haben als ich, Glück/Beziehungen hatten und/oder viel mehr Stunden arbeiten. Einen großen Nachteil sehe ich auch darin, dass Urlaube teilweise viiiel teurer sind. Beispiel: Ein Bekannter von mir ist gerade nach Südafrika gefolgen für 350€ und bleibt bis ins nächste Jahr. Ich habe nach Flügen in den Weihnachtsferien gesucht. Die haben preislich bei 1700€ angefangen!


    Vorteile: Sinnvoller Job, mit A13 überdurchschnittliches Gehalt (auch für Akademiker) bei meist guter Work-Life-Balance und unschlagbarer Planbarkeit und Sicherheit. Zudem ist man sein eigener Herr und kann im Rahmen des Lehrplanes und sofern die Schüler die Prüfeungen gut bestehen sehr frei agieren. Sinnlose Machtspielchen wie in der Wirtschaft habe ich der Schule zudem auch nicht erlebt.


    Nachteile: Der Job kostet phasenweise sehr viele Nerven! Der Urlaub ist teilweise sehr teuer, da immer Hauptreisezeit. Ein großer Nachteil ist auch der, dass viele Menschen der Meinung sind, dass man nichts oder sehr wenig arbeitet. Oder auch dass NichtLehrer oft genau wissen, wie man als Lehrer seine Arbeit durchzuführen hat. Solch ein Phänomen gibts wohl bei keinem anderen Job.

  • Der Lehramtsstudent schafft es wieder nicht, zu beachten, dass es nicht nur Hessen gibt.In Hessen studiert man für die Grundschule 6 Semester und sitzt überwiegend unter sich in mäßig anspruchsvollen Veranstaltungen. Für Haupt- und Realschulen sind es 6 Semester,


    Das ist schon etwas schräg; in BaWü sind mittlerweile 10 (!) Semester Regelstudienzeit für Sekundarstufe I angesagt. Das sind immerhin stolze 2 Jahre Unterschied. :staun:

  • In Hessen schließt sich noch die Prüfungsphase an, die ein weiteres Semester dauert. Also beträgt der Unterschied zwischen BW und Hessen 1,5 Jahre.

  • Um nochmals auf die ursprüngliche Fragestellung einzugehen: Heute denke ich, dass ich den Beruf nicht mehr ergreifen würde, wenn ich noch einmal vor der Entscheidung stünde.
    Meistens macht mir der Beruf Spaß, besonders der Umgang mit den Kindern, aber:


    - Es sind viele Aufgaben dazugekommen, die vor meinem Berufsleben noch nicht absehbar waren.
    - Ich kann immer schlechter abschalten und trage schulische Sorgen in meiner Freizeit mit mir herum.
    - Meistens musste ich an den Wochenenden viel arbeiten und konnte sie nicht genießen.
    - Man kann nicht einfach kündigen und woanders hingehen.
    - Feste Urlaubsbindung zur Hauptreisezeit.
    - Es ist stressig und in der Schule muss man immer 100% "da" sein, auch wenn man mal einen schlechten Tag hat, weil man sich aus irgendeinem Grund nicht wohlfühlt.
    - Je länger man das macht, je mehr leidet der Körper. Ich hatte bereits ein Burnout und einen Hörsturz. Warnung: Wenn man abends Herzklopfen hat beim Schlafengehen, sollte man irgendwie zu einer Auszeit gelangen.
    - Ein paar meiner Kollegen haben nicht einmal das Rentenalter erreicht oder sind so ungefähr in dem Alter schwer erkrankt. Vllt. ist es ja Zufall, vllt. kenne ich mehr Lehrer als andere Menschen...
    - Die meisten meiner Kollegen sparen sich die beiden möglichen Sabbatjahre an, um früher in Rente zu dürfen.


    Aber das ist jetzt so mein Resumé bisher. Andere Berufe sind wahrscheinlich auch nicht stressfrei, aber ich denke, dass man nicht immer sooo präsent sein muss wie in einer Gruppe von 20-30 Menschen, die pubertiert, erzogen werden muss, …. und dabei noch etwas lernen soll.


    Vor 10 oder 15 Jahren habe ich das auch besser weggesteckt, aber ich kann mir im Moment nicht vorstellen, wie ich das bis 67 machen soll. Zumal ich gerade darum kämpfe, ein paar Teilzeitstunden genehmigt zu bekommen, da mein jüngstes Kind 18 wird und sie das nicht genehmigen wollen..... 28 Stunden ... :angst:


    Vergessen: Unterrichtsbesuche, Leute, mal ehrlich, irgendwann ist man in einem Alter, in dem man nicht mehr von der 15 Jahre jüngeren SL besucht und beraten werden möchte...

    4 Mal editiert, zuletzt von lamaison ()

  • Ganz toller Beitrag Lamaison, kann ich total nachvollziehen. Gerade dieses 100% da sein im Unterricht. Wie oft hat mein Ex erzählt, dass er sich in meetings gelangweilt hat. Ich wäre froh einfach mal tagträumen zu können.
    Es ist ja nicht so, dass Unterricht keinen Spaß bringen kann. Ich habe eine total chemieinteressierte Neunte Klasse, da gehe ich furchtbar gerne rein. Trotzdem strengt mich auch solcher Unterricht enorm an, man muss präsent sein, man muss ihn erstmal vorbereiten und so weiter. Kein: Ich gehe heute einfach mal so zur Arbeit und arbeite meine Routinesachen ab. Immer planen, immer im Mittelpunkt.
    Es gibt sicher auch vergleichbare, anstrengende Jobs. Aber es gibt auch einen riesigen Haufen an Jobs, bei denen man nicht diesen Stress und Anspannung hat.
    Du schreibst es ja auch, Burnout usw.
    Warum ist das im Lehrerberuf so oft der Fall? Weil der Beruf so extrem anstrengend ist, so viele Menschen gleichzeitig.
    Kein Wunder, dass (die meisten) anderen akademischen Berufe gesundheitlich nicht so belastend sind.


    Eigentlich dürfte man als Lehrer gar nicht 42 Stunden die Woche (im Mittel) arbeiten, weil eine Lehrerstunde einen ganz anderen Faktor bekommen müsste.
    Ich denke da nur z.B. an Profisportler. Denkt ihr, dass die 8 Stunden täglich durchtrainieren? Nein, der Körper benötigt auch Regeneration und in dem Beruf ist es eben so, dass man nicht 8 Stunden täglich durchgängig Fußball spielen kann, während man auf dem Amt eben 8 Stunden täglich arbeiten kann.
    Eigentlich müsste jedem klar sein, dass man bei der psychischen Belastung eines Lehrers niemals 42 Stunden für Beamte pro Woche ansetzen dürfte! Macht man aber und das Resultat sind die von Lamaison beschriebenen, gesundheitlichen Folgen.

  • Eigentlich müsste jedem klar sein, dass man bei der psychischen Belastung eines Lehrers niemals 42 Stunden für Beamte pro Woche ansetzen dürfte! Macht man aber und das Resultat sind die von Lamaison beschriebenen, gesundheitlichen Folgen.

    Das ist mit Sicherheit etwas dran. Nicht grundlos erhält man ja auf Antrag (und befristet) bei vorliegender Schwerbehinderung für psychische Erkrankungen zusätzliche Ermäßigungsstunden, angesichts der besonderen psychischen Belastung des Berufes an sich, der entsprechende Krankheiten sich besonders schwer auswirken lässt.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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