Traingsraum/Auszeitraum - Erfahrungswerte?

  • Hallo zusammen!
    Da das letzte Thema dazu über 10 Jahre alt ist, wir an meiner Schule keinen haben, aber einige ihn doch gerne hätten, wollte ich hier noch einmal ganz konkret fragen:


    Wer hat an seiner Schule einen Trainingsraum/Auszeitraum und kann kurz über Erfahrungen damit berichten? Mir geht es vor allem um die Frage, ob es (gefühlt) etwas gebracht hat und welche Jahrgangsstufen bzw. Schulzweige/formen für diesen in Frage kommen. Gerne sowohl Positiv- als auch Negativerfahrungen.


    Lieben Gruß
    Tarjon

  • Hallo zusammen!
    Da das letzte Thema dazu über 10 Jahre alt ist, wir an meiner Schule keinen haben, aber einige ihn doch gerne hätten, wollte ich hier noch einmal ganz konkret fragen:


    Wer hat an seiner Schule einen Trainingsraum/Auszeitraum und kann kurz über Erfahrungen damit berichten? Mir geht es vor allem um die Frage, ob es (gefühlt) etwas gebracht hat und welche Jahrgangsstufen bzw. Schulzweige/formen für diesen in Frage kommen. Gerne sowohl Positiv- als auch Negativerfahrungen.


    Lieben Gruß
    Tarjon


    Habe ich an einer Praktikumsschule (großer Schulkomplex) erlebt und als sehr interessante Einrichtung empfunden. Es scheint mir ein mächtiges Instrument zu sein, um notorische Störenfried/innen aus dem regulären Unterricht zu entfernen, ohne ein Problem mit der Aufsichtspflicht zu bekommen, da im Trainingsraum ja immer eine Lehrperson sitzt.


    Damit wäre auch schon die wohl größte Tücke benannt: Das funktioniert also nur an größeren Schulen, die einerseits über ausreichend Personal verfügen und auch über eine entsprechend große Schülerschaft, so dass der Raum rege frequentiert ist. Dann muss das natürlich von möglichst allen KuK unterstützt werden.


    Würde mich selbst über tiefer gehende Erfahrungen freuen.

  • Wir haben beides, unsere Schule hat überwiegend bildungsferne Schülerschaft und einen sehr hohen Inklusionsanteil.
    Der Trainingsraum ist eine prima Entlastung, sowohl für uns Lehrer als auch für die Klasse.
    Im Klassenraum gibt es vorgeschaltet ein Verwarn/Belohnungssystem (bei uns mit Smileys). Die Schüler wissen also sehr genau, wann es kurz vor Trainingsraum ist und akzeptieren daher auch, wenn sie dann doch hin müssen. Diese Transparenz finde ich sehr wichtig. Bei uns sind Sozialpädagogen im TR, die anhand allgemein aufgestellter Regeln das Fehlverhalten reflektieren. Z.B. "Jeder Schüler hat das Recht auf ungestörten Unterricht".
    Die Schüler schreiben einen Rückkehrplan, den die Lehrkraft akzeptieren muss. Hat man das Gefühl der Schüler hat nicht verstanden worum es geht, schickt man den Schüler zurück. Bei uns ist es so, dass ein Schüler ohne Vorlage eines akzeptierten Plans nicht am Unterricht teilnehmen darf.
    Der TR führt Statistik über die Schüler, informiert die Klassenlehrer bei 3 und dann wieder bei 6 Besuchen. Bei 3 gibt es einen Elternbrief, bei 6 ein Gespräch in der Schule.


    Zusätzlich haben wir auch einen Ruheraum. Auch dort sind Sozialpädagogen und da werden Schüler hingeschickt, die sich wirklich nicht mehr konzentrieren können, selbst wenn sie wollten. Dort gibt's verschiedene Möglichkeiten erstmal runterzukommen, dann wird auch dort an Einzelplätzen gearbeitet. (meist gibt man eine kleine Aufgabe mit, sonst haben die da auch was für die Hauptfächer). Am Ende bekommen die Schüler eine Rückmeldung mit, wie es geklappt hat.
    Ach ja, hier kann man auch feste Zeiten buchen. Also wenn Peter mittwochs in der 6. Stunde immer völlig durch den Wind ist, weil vorher Sport war, kann er da eine feste Zeit haben.
    Wir haben viele Schüler, die von Schulalltag überfordert sind und für die das echt ein Geschenk ist.


    Für beides gibt es vorgedruckte Zettel in jedem Klassenzimmer, die man schnell ausfüllen kann und mitgibt. Besonders wichtig ist, dass darauf die Zeit vermerkt wird, zu der der Schüler losgeschickt wird, sonst kommen die da nie an ;)


    Ich empfinde beides als großartige Entlastung und wichtiger Teil des Classroom Management. Funktioniert aber nur, wenn sich alle Lehrkräfte an die selben Regeln und Strukturen halten.
    Für neue Kollegen gibt's daher als allererstes Fobis dazu.

  • Wir haben keinen (Antwort passt also nicht ganz zur Frage), gescheitert ist er daran, dass die nötigen Aufsichten bei uns nicht zusammen gekommen sind. Aufsichten im Raum wären eine unbezahlte Stunde gewesen, da Aufsichten grundsätzlich nicht bezahlt werden.
    Von daher vorher klären, wie das geregelt werden soll.

    Gerade in Elternzeit, deshalb fast nur stille Mitleserin :essen:

  • An meiner derzeitigen Schule haben wir keinen Trainingsraum, aber an meiner letzten Schule hatten wir einen. Ich vermissen ihn wirklich. Es ist so eine Entlastung, weil man die Möglichkeit hat, einen störenden Schüler aus dem Unterricht zu entfernen. An meiner letzten Schule gab es dann nach drei Besuchen des Trainingsraums einen Brief an die Eltern und ich glaube ab fünf eine Teilkonferenz. In meiner damaligen Klasse kam das aber nicht vor. Ich glaube gerade bei einer schwierigen Schülerklientel ist es wichtig, einen Trainingsraum an der Schule zu haben.

  • Bei uns (Förschule) gibt es einen. Ich finde, der Sinn und Nutzen steht und fällt mit der Qualifikation/dem Auftreten des dort Anwesenden.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • bei uns ist der hauptsinn, dass nicht ein kind mit seinem verhalten den unterricht für 33 andere zerstört. wenn das 1 auch noch was lernt dabei - super. wenn nicht, haben immerhin 33 andere und 1 l unterricht machen können.

  • Wir haben einen an unserer Hauptschule und er ist wichtig für alle.
    Bei uns führt der wiederholte Besuch des Trainingsraums über Elternbriefe und Gespräche zu Ordnungsmaßnahmen (Überweisung in andere Klasse für einige Tage hin zum Ausschluss vom Unterricht für einen festgelegten Zeitraum).
    Die Schüler akzeptieren ihn, weil ein transparentes Regelsystem in den Klassen und im Trainingsraum besteht.

  • An der Oberschule an der ich arbeite haben wir einen Trainingsraum.
    unsere Regelung sieht auch einen Rückkehrplan Borden mal als Lehrer entweder akzeptieren oder ablehnen kann.
    Probleme gibt es hierbei einige:
    Der Raum ist selten durch KuK besetzt (zumindest so gut wie nie wenn ich Unterricht habe) und das verwarnen dann jedesmal sinnlos.
    Wir dürfen nur einen Schüler pro Klasse in den Raum schicken. Hast du mehrere störend Schüler ist das dann sinnfrei.

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • An unserer Schule gibtˋs einen. Sinn macht der in erster Linie für die Mitschüler/innen und Lehrer/innen die nicht durch andere weiter gestört werden. Jeder hat das Recht auf ungestörten Unterricht...ist der Sinn unseres Trainingsraums. Einsicht bei den regelmäßigen Trainingsraumbesuchern gibt es eher nicht. Manche landen dort immer wieder. Die Schüler, die sich mal daneben benehmen, schreckt es ab, weil sie nicht dorthin möchten.


    Für uns Lehrer/innen unbezahlte Mehrarbeit auf der einen und Entlastung auf der anderen Seite.

  • Wir hatten mal den Versuch ... ist gescheitert.


    - viele KuK wollten ihn nicht nutzen, sahen die Notwendigkeit nicht oder sahen es als "Niederlage" bzgl. ihrer eigenen pädagogischen Fähigkeiten, wenn sie ihn in Anspruch nahmen
    - es musste ständig eine Lehrkraft in einer ihrer Freistunden zur Verfügung stehen (von einem Sozialarbeiter, der ständig in dem Raum anwesend sein kann, könnten wir nur träumen) ... entsprechend haben sich kaum KuK für die Aufsicht in dem Raum eingetragen, es war eine zusätzliche Arbeitsstunde und vielen war dieser Preis den Nutzen nicht wert (siehe oben)


    Aber: wir haben auch ein Schülerklientel, bei dem heftige Störungen des Unterrichts nicht so häufig vorkommen.

  • Wir haben auch einen. Leider wird er jedes Jahr von unserer SL in Zweifel gezogen, weil er Ressourcen an sich bindet (eine Unterrichtsstunde ist eine Doppelstunde TR), die wir in der Tat teilweise nicht haben. Deshalb ist er in den ersten beiden Stunden nicht besetzt und auch mittendrin hat er ein paar Löcher. Seine Wirkung verfehlt er trotzdem nicht, auch wenn deutlich weniger SuS dorthin müssen als früher. Eine ernsthafte Ermahnung reicht meistens und es ist Ruhe. Wenn man dann mal jemanden schickt, hat das eine recht abschreckende Wirkung für den Rest der Klasse. Ich schreibe auf den Zettel aber auch rigoros jedes peinlichste Detail drauf. Man soll nicht verheimlichen können, weswegen man gehen musste.
    Sitzt man als Lehrkraft im TR hat man ein gutes Zeitfenster für die Unterrichtsvorbereitung. Es gibt einen PC, Telefon und einen Drucker, mit dem man auch mal eine kleine Menge kopieren kann.

  • Bei uns ist er auch am Personalmangel gescheitert. Es gibt wenig Kontraproduktiveres als ein Kind loszuschicken, was dann unverrichteter Dinge wieder zurückdackelt, weil der Raum zu ist...
    Finde aber die oben genannte Idee überlegenswert, auf freiwilliger Basis für flächendeckende Besetzung zu sorgen.


    Wichtig auch das Angesprochene: es braucht ein Mindestmaß an Plan (z.B. Rückkehrzettel, der im Trainingsraum bietet keine Süßigkeiten oder Trostworte, wie doof der Kollege ist :P )


    Schwierig auch: in extremen Klassen, in denen man sich nicht durchsetzen kann, nutzt es nichts, nur ein Kind rauszuschicken. In denen, wo man es kann, braucht man das Verfahren nicht. Nutzen also eher für Klassen mit lediglich einzelnen Verhaltenskreativen oder zur Verbesserung von halbwegs passablem Verhalten (einer quatscht ab und zu rein und soll sanktioniert werden).

    • Offizieller Beitrag

    An meiner letzten Schule gab es einen, aus gutem Grund.
    Lief nicht so gut. Gründe:
    - regelmäßig unangekündigt unbesetzt, Kind kam wieder zurückgedackelt,
    - nur an einzelnen Tagen besetzt und nur für manche Klassenstufen geöffnet - Unmut unter Kollegen,
    - Bedenken, den Raum überhaupt zu nutzen (vermeintliche päd. Unfähigkeit),
    - Kinder weigerten sich, dorthin zu gehen - hier muss geklärt werden, wie damit umzugehen ist,
    - nur ein Kind pro Klasse pro Stunde, wenn man 5 massive Störer hat, macht es wenig Sinn,
    - nach 3 Mal Trainingsraum gab es ein Elterngespräch - zusätzliche Belastung für Klassenleiter, die nur in wenigen Fällen nachhaltig was brachte.


    Ich persönlich habe ihn regelmäßig genutzt, hatte aber das Glück, dass er nur 3 Räume weiter war und ich im Notfall schnell mal gucken konnte, ob offen. Mit den Eltern der betroffenen Kinder aus meiner Klasse war ich eh regelmäßig in Kontakt, daher störte es mich nicht, wenn Fachlehrer davon Gebrauch machten.

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • Erst einmal danke für die vielen Rückmeldungen.


    Ich kenne die Bedenken, wie Conni sie zum Beispiel angeführt hat, ebenso wie das Problem mit dem "wer sitzt dort, was erhält derjenige dafür (Anrechnung aufs Deputat?)...


    Ich sehe den Einsatz eines solchen Raumes auch eher für Einzelfälle, in der Hoffnung, dass a) der Entzug des Publikums und b) der abschreckende Effekt auf die anderen wirkt, aber auch verbunden mit einem ganz klaren (und einfach handhabbaren) Plan für den Fall, dass Schüler mehrfach im Raum aufschlagen. Auch was keckks sagt unterschreibe ich so: Die anderen haben auch ein Recht auf Unterricht - es kann (und darf) nicht sein, dass ich gefühlt 50% meiner Energie und Zeit in die paar Schüler investieren muss, die nicht in der Lage sind, sich grundlegend zu benehmen.


    Insgesamt habe ich die Hoffnung, dass so ein Raum den Schülern einfach effektiver Grenzen aufzeigt als es das träge System sonst tut. In einem Gespräch fiel letzt mal wieder der Satz "es wird ja immer schlimmer". Der wird oft (und bestimmt nicht zu Unrecht) auf die Eltern geschoben, die ihren Schützlingen nicht mehr das Maß an der Erziehung zukommen lassen, wie meine Generation das noch genossen hat. Ich glaube aber auch, dass es uns Lehrern in den letzten Jahr(zehnten) durch alle möglichen Vorschriften immer schwerer gemacht wurde, effektiv durchzugreifen.

  • anmerkung: ich finde nicht, dass es immer schlimmer wird. meine sus sind sehr viel sozialer untereinander im schnitt als wir es waren. sie melden mobbing, sie sagen, was sie denken (statt zu schweigen und brav zu nicken), sie übernehmen ziemlich früh ziemlich viel verantwortung. sie können dafür nicht so gut akzeptieren, dass gerade jemand anderes als sie persönlich aufmerksamkeit bekommt, aber das lernen sie dann eben stück für stück.


    paar asoziale reiche kinder haben wir auch. aber mei. die können letztlich auch nichts für ihre erzeuger und ihr herkunftsmilieu und ab und an sind die im einzelgespräch dann doch ganz nett.

  • Wir haben den Trainingsraum nach vielen Jahren abgeschafft. Diese Entscheidung hatte einerseits etwas mit der Einstellung des Kollegiums dem TR gegenüber zu tun (Gespräche im TR wurden nicht richtig geführt, nur wenige Kollegen nutzten diesen überhaupt), andererseits jedoch vor allem damit, dass diese Maßnahme nicht an den Wurzeln des Problems ansetzt. Bedeutet: Es gab einige (wenige) Schüler, die immer wieder im TR ankamen, deren Verhalten sich jedoch langfristig nicht verändert hat. Somit war es zwar eine kurzfristige Entlastung für den jeweiligen Fachkollegen und den Rest der Klasse, den problematischen Schülern war damit jedoch nicht geholfen.
    Ich tendiere aktuell eher in Richtung Ich-Werkstatt o.ä., dies scheint eine vielversprechendere Möglichkeit zu sein.
    Link:
    https://www.hamburg.de/praxisb…tadtteilschule-oejendorf/


    Viele Grüße

  • meine sus sind sehr viel sozialer untereinander im schnitt als wir es waren.

    keckks, kennst du soziologische Studien dazu? mich würde interessieren, inwiefern genau Kinder heute anders sozialisiert werden als vor 40 Jahren. (Ost und West müsste man dabei natürlich unterscheiden)


    Ich las neulich von einer in der DDR Geborenen, die zur Wende 10 war, dass ihr das "Kollektivdenken" noch sehr eingebläut wurde. Das erste Mal aufgefallen sei ihr dies, als sie einen Rolf Zuckowski-Song gehört habe, in dem es darum geht, dass man einzigartig sei und alles erreichen könne (oder so ähnlich). Viele "im Osten Aufgewachsenen" finden, dass es "früher" gemeinschaftlicher zuging, Menschen sich gegenseitig halfen, heute die Deutschen eher jeder nur nach sich schaue.


    Ich weiß nicht, ob das stimmt oder ob es eher mit Nostalgie zu tun hat. Jedenfalls hat die DDR deutliche Spuren in den Menschen hinterlassen, genauso wie das Aufwachsen "im Westen".


    Wie ist das mit der jetzigen Generation der etwa 10-25-Jährigen? Die wenigsten werden z.B. mit physischer Gewalt aufgewachsen sein. Transgenerationale Weitergabe von Kriegstraumata werden vermutlich immer mehr abgeschwächt... was kennzeichnet unsere jetzigen Schüler*innen, was prägt sie und woran erkennt man das?

  • Ich kenne das Trainingsraumkonzept vom Berufskolleg.
    Da war das eine praktische Sache, man wird einen störenfried/störenfrieda sofort los und alle anderen haben ihre Ruhe. Für denjenigen, der in den trainingsraum musste, hatte das aber keinen wirklichen Nutzen. Meist saßen in dem Raum zig andere sus und der jeweilige kuk saß halt dabei und passte auf, dass alle brav ihre Reflexionszettel ausfüllen. Gebracht hats nachhaltig nichts, aber für den Moment im Unterricht auf jeden Fall ruhe :pfeifen: Die Besetzung des Raumes war über das normale Deputat geregelt, dh 1 Stunde trainingsraum = 0,5-0,7 Unterrichtsstunden oder so in etwa. Den Luxus muss man sich als schule erstmal leisten können.

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