Was braucht man als Referendar*in?

  • @samu Genauer lesen, bitte.


    Ich habe über den FL als Einzelfall gesprochen. Dass das Abschieben in eine FL-Position eine unter den wenigen Möglichkeiten für SL darstellt, Krampen loszuwerden, ist jedem bekannt, der sich regelmäßig mit SL oder mit Leuten aus der Lehrerausbildung auf der Ebene der oberen Schulausicht unterhält. "Good riddance" zitiere ich mal eine SL aus meiner näheren Bekanntschaft.


    Ich habe über die Fehlerkultur an Schulen generell gesprochen. Dass Fehler in der momentanen schulischen Praxis allgemein als etwas Nachteiliges gesehen werden, dürfte unbestritten sein.

  • Zumindest meinen einen Mentor habe ich auch zunehmend als Belastung im Unterricht empfunden, was an der Art der Rückmeldung lag. Das hat immer in wahnsinnig unguter und ungesunder Weise meinen persönlichen Perfektionismus- von dem ich gerade versuche mich etwas frei zu schwimmen, da ich diesen als so belastend empfinde- angetriggert, weil dieser Mentor seinen persönlichen Perfektionismus ungefiltert auf mich übertragen hat

    Ein Problem, das mir aus meinem noch nicht allzu weit zurückliegenden Ref ebenfalls bekannt ist. Meine größte Sorge über den Verlauf des Ref waren nicht die zu erwartenden Noten, sondern die Erwartungen der überengagierten und übermotivierten Mentoren, die Woche für Woche zufrieden gestellt werden mussten. Einer meiner (stets freundlichen, hilfsbereiten und - wie gesagt - super engagierten) Mentoren saß zuletzt 4 Stunden hinten drin, sogar noch in der Woche vor der Prüfung. ;) Ich wurde so kleinschrittig betreut, dass dies in der ersten Zeit nach dem Ref eher abträglich war, da man zuvor keinen eigenen Stil entwickeln konnte.
    Diese Art von übertriebener Betreuung durch "Helikopter-Mentoren" war fürs eigene Selbstbewusstsein nicht sehr zuträglich, da ich ständig das Gefühl vermittelt bekam, als Hündchen an der Leine zu laufen.

    Um auf die Eingangsfrage zu antworten: Man braucht einen Ausgleich, neben dem Ref.

    Irgendeine Hobbyaktivität, in der man sattelfest und kompetent ist, um das eigene Kompetenzerleben zu stärken. Durch ständiges Hinterfragen, Analysieren, Überreflektieren überzieht man sich während des Refs willentlich und wissentlich mit einer Selbstzweifel-Sauce, in der auch das komplette berufliche Umfeld (Mentoren, Fachleiter, SL, Mit-LiVs) kräftig mitrührt. Vor der Klasse sind aber Haltung, Selbstbewusstsein, Schlagfertigkeit, Selbstvertrauen und Fachkompetenz, bzw. Begeisterung für das Fach gefragt. Dieses Selbstvertrauen kann eigentlich nur außerhalb der Extremsituation Ref aufgebaut werden, sonst übersteht man die Zeit nicht.

    Geholfen hat unserem Seminar auch ein guter Tipp von der Fachleiterin: Niemals den Fehler machen und 100% geben, dafür konstant 80%. Ein Ref ist kein Sprint, sondern ein Marathon.

  • Ich habe über die Fehlerkultur an Schulen generell gesprochen. Dass Fehler in der momentanen schulischen Praxis allgemein als etwas Nachteiliges gesehen werden, dürfte unbestritten sein.

    Sehr d'accord, ich fänd' in diesem Zusammenhang trotzdem eine moderatere Wortwahl schöner, weil viele Reffis sich schon vorher verrückt machen, je mehr solcher Szenarien in Umlauf sind.


    Wenn einem Fachleiter geraten wird, doch besser Löcher zuzuspachteln, weil er in irgendeinem Moment mal gesagt hat, er hielte "Positivrunden" nicht für hilfreich, dann finde ich das genausowenig hilfreich.


    Natürlich will jeder Mensch seine Stärken hören. Ich kann mir aber vorstellen, dass jemand lieber konkret und sachlich rückmeldet, was in einer Stunde gut und was fehlgeplant war, ohne eine Methode der "Positiven Runde (aka "warme Dusche") anzuwenden, in der der Redestein weitergereicht wird. Ich überspitze ebenso.


    Menschen sind verschieden, Reffis wie Mentoren oder Seminarleute. Und die Frage ist immer noch: was hilft euch im Zuge der Ausbildung oder was half damals. Wenn's die "Positivrunde" war ist doch prima, kann man ja so mit aufnehmen in die Liste.

  • Und die Frage ist immer noch: was hilft euch im Zuge der Ausbildung oder was half damals.

    Und meine Antwort ist immer noch die gleiche: Mach die Augen zu, dann siehst Du's. Tut mir leid, ich würde über mein Ref gern positiveres sagen. Geht halt leider nicht.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Zum Thema hospitieren:


    Erst sobald man selbst unterrichtet erkennt man wirklich, was man vom hospitieren hat.

    Das sehe ich auch gerade. Habe in einer Klasse sofort im AU 4 Stunden unterrichtet und hospitiere jetzt (aus gesundheitlichen Gründen) statt selber AU zu halten und das Rätsel, wie man das aktuelle Thema gut vermitteln kann, wird durch das Hospitieren gelöst.

    Aber Hilfreiche Tipps, wie ich es besser machen könnte bekomme ich nicht, nur was sschlecht ist und dieses "du musst deinen eigenen Weg finden" . Letzterem stimme ich zu, aber ich finde Vorschläge oder Inspirationen stehen dem doch nicht entgegen?! Oder wie seht ihr das?

  • Irgendwie braucht es von beidem etwas, also Anregungen, die aber nicht allein von den MentorInnen kommen müssen, es gibt auch eine Menge Literatur zu den üblichen Themen, und den eigenen Weg.

    Häufig gibt es Klassiker, aber es gibt auch Methoden, die man als Lehrkraft bevorzugt oder ablehnt, die in der einen Klasse laufen, in der anderen nicht.


    Meiner Meinung nach sollte die Ausbildung Vielfalt als Rüstzeug geben und die Befähigung, die Methoden gezielt auswählen zu können.

  • ... "du musst deinen eigenen Weg finden" . Letzterem stimme ich zu, aber ich finde Vorschläge oder Inspirationen stehen dem doch nicht entgegen?! Oder wie seht ihr das?

    Ja, auf jeden Fall. M.M.n. sind es aber nicht nur Methodenvorschläge. Es muss Möglichkeiten geben, Rüstzeug an die Hand zu geben, mit Hilfe derer man seinen Weg findet. Ich erlebe es so, dass die Referendar*innen oft nicht verstehen, was die Wurzel einer guten Methode ist. Sie wollen fertige Beispiele zum Ausprobieren und keine Theorie. Didaktik fußt aber auf Theorie. Nur wenn ich weiß, wie Kinder denken und was ich vermitteln will, kann ich das Wie gut auswählen und umsetzen. Es geht nicht darum, irgendwas Buntes zu Laminieren, es geht darum, Lernpsychologie und den Aufbau eines Themas zu Beherrschen.


    Wie beim Hospitieren, erst wenn ich unterrichtet habe, verstehe ich wirklich, was ich beim Hospitieren lerne. Erst wenn ich eine Weile unterrichtet habe, verstehe ich wirklich, was mir die Didaktikbücher oder das Seminar erzählen.


    Ich kann den Kindern was beibringen, bei den Erwachsenen finde ich es schwer, dass sie mir überhaupt wirklich zuhören. Es wird oberflächlich auf das Material geschaut, i.S.v. "aha, das hätte ich auch alles gewusst. Und jetzt?"

  • Ich erlebe es so, dass die Referendar*innen oft nicht verstehen, was die Wurzel einer guten Methode ist. Sie wollen fertige Beispiele zum Ausprobieren und keine Theorie. Didaktik fußt aber auf Theorie. Nur wenn ich weiß, wie Kinder denken und was ich vermitteln will, kann ich das Wie gut auswählen und umsetzen

    Und damit hast du geradezu den Nagel auf den Kopf getroffen!


    Didaktik steht in der Rangfolge einer Unterrichtskonzeption immer vor der Methodik.

    Die Sache ist bloß: Methodik ist deutlich sichtbar und lässt sich wunderbar erkennen. Didaktik ist das, was in der Tiefe eines Lernprozesses geschieht.


    Das ist häufig am Anfang des Refs so schwer zu erkennen und nachzuvollziehen, dass es erstmal einfacher ist, nur nach dem WIE und nicht nach dem WAS und WARUM zu schauen.

  • Klingt zu 100% nachvollziehbar für mich.


    Gäbe es Literatur, die ihr empfehlen könntet? Im Idealfall Lektüre in der Didaktik und Methode verknüpft werden. Ich denke da an unfangreicheres als "1000 Methoden" von G.Gugel.

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