Schüler hat Diabetes - wen fragen?

  • Asche auf mein Haupt - ich weiß seit September, dass der Schüler Diabetes hat. Er misst in der ersten Pause Zucker, der Wert soll zwischen 80 und 180 sein, dann darf er was essen, drunter mehr messen, drüber bewegen. Nun war der Wert heute ohne Essen bei 350 und ich konnte nur die Kollegin fragen, deren Mann auch Zucker hat, sie meinte, sofort Notarzt kommen lassen und was spritzen. Der Schulleiter meinte, erst Eltern anrufen, die meinten wiederum, bewegen und trinken reiche aus. Haben wir dann so gemacht.

    Aber nachdem das ja wirklich böse ausgehen kann - wer ist denn mein Ansprechpartner? Wer informiert mich über die Krankheit? Also, an wen wende ich mich für Grundinfo? Die Eltern kommen aus dem Iran, der Vater spricht leidlich Deutsch, die Mutter gar nicht, sie möchten nicht, dass das Kind einen Insulinpen in der der Schule hat.

    An wen wende ich mich?

    Ich weiß, das hätte ich längst machen sollen. Ich war mir der Gefahr nicht bewusst!

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Wie alt ist das Kind, kann es im Zweifelsfall mit einem Pen umgehen? Wasdie Eltern "wollen" oder nicht ist da ggf sekundär.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Der Schüler ist 11 und ob er mit einem Pen umgehen kann, weiß ich gar nicht so genau, ich glaube schon. Allerdings haben wir einen Kollegen, der ist ausgebildeter Sanitäter und eben diese Kollegin, deren Mann und einige Kinder in ihrer Bekanntschaft Zucker haben, laut ihrer Aussage hat sie den Kindern und ihrem Mann schon oft mit dem Pen gespritzt (diese Aussage ist verlässlich).

    Das mit dem Zuckerwert weiß ich nur von meinen Kollegen, die Eltern haben mich nie informiert. Und ich dachte, mein Wissen durch die Kollegen würde ausreichen.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Wenn der Schüler in Behandlung ist (bei einem Diabetologen) hat er idR einen Plan worin steht auf wieviel Insulin er eingestellt ist. Der ist idR tabellarisch, heißt, da kannst du am Messwert ablesen, wieviel Einheiten er braucht, und ab wann er gefälligst sofort zum Arzt geht (und der Wert ist verdammt hoch, da würde ich zumindest den Arzt kontaktieren).

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
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    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
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  • aaaah! Das Forum ist einfach Gold wert! Na klar, den Diabetologen kontaktieren, ich Dödel, daran habe ich nicht gedacht, danke, Miss Jones (ich weiß zwar nicht, ob es einen gibt, aber irgendeinen Arzt werden sie schon haben) und danke, Friesin (falsch: Frechdachs muss es heißen!, bitte entschuldige), ich melde mich bei dir.

    Offizielle Fragen, die andre evtl auch interessieren könnten: Was soll ich bei einem Wert von 350 machen? Oder andersherum, welche Werte sind ok (80-180?) und was tun, wenn - massiv? - drunter oder drüber?

    Merci ihr zwei! :rose:

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

    Einmal editiert, zuletzt von laleona ()

  • Ich habe jetzt mal den Heulesmiley verwendet: Das ist einfach traurig, dass du keine Informationen bekommst. Das ist eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung. An meiner letzten Schule hatten wir ein Kind mit frischem Diabetes, da kam eine medizinische Assistentin für ein halbes oder ein Jahr und hat mit dem Kind gemeinsam Blutzucker gemessen und Insulin gespritzt.

    Einen Notfallpen hatte das Kind immer (!) in einer Umhängetasche dabei. Wenn es spielen wollte, hatte die Tasche die Pausenaufsicht oder die um die Zeit betreuende Lehrerin/Erzieherin.

    Ich würde an deiner Stelle ebenso ratlos dastehen und wäre auf Informationen angewiesen, die du vom Arzt bekommen solltest.


    Gesunde Menschen haben einen morgendlichen Blutzucker von 60 bis 100 (edit: Erwachsene). 2 Stunden nach dem Essen nicht über 140. 350 scheint eine ziemliche Hausnummer zu sein.

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • Danke, Conni, für deine Erfahrungen - ich werde das dem Arzt auch mal so schildern. Danke auch für die Normwerte - ich hab ja wirklich überhaupt keine Ahnung. Das einzige, was ich richtig gemacht habe, ist, auf das Kind zu achten und gegenfalls nachzufragen. Tja. Morgen werde ich gleich den Vater anrufen und nach dem Diabetologen fragen! Und mal wieder eine Schweigepflichtsentbindung ausdrucken.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Ich antworte natürlich als medizinischer Laie (aber als Mutter mit betroffenem Kind), zur genauen medizinischen Abklärung ist ein Arzt zu fragen ratsam (um die Meckerfritzen zu beruhigen)


    Werte können bei jedem Menschen unterschiedlich gefühlt werden. Während es dem einen bei 70 noch gut geht, fühlt sich ein anderer schon mit 100 im Hypo. Man kann einen Wert bei Unterzucker kurzfristig mit Süßigkeiten,... korrigieren, aber gescheite regelmäßige Mahlzeiten helfen den Wert stabil zu halten (gefällt leider selten Lehrern, da das Essen im Unterricht erfordert). Fällt der Wert steil nach unten (Kurve wird z.B. beim Libre angezeigt) bzw bei sehr tiefen Werten und Unwohlsein immer die Rettung rufen (Unterzucker lässt Kinder auch apathisch, manchmal auch aggressiv werden).


    Bei hohen Werten ab 250 viel trinken, keinen Sport mehr (Bewegen wie gehen ist aber ok), korrigieren mit Insulin (verstehe ich es richtig, dass der Junge kein Insulin in der Schule hat 😲?). Ab 350 wie bei 250, ggf. Ketone messen (riecht das Kind nach Aceton, dann direkt die Rettung rufen), schauen ob der Wert sinkt, wirkt das Kind wie betrunken hinlegen lassen und und einen Arzt kontaktieren (über die Eltern? Die Schule meines Sohnes würde mich oder meinen Mann anrufen).

  • Danke, Conni, für deine Erfahrungen - ich werde das dem Arzt auch mal so schildern. Danke auch für die Normwerte - ich hab ja wirklich überhaupt keine Ahnung. Das einzige, was ich richtig gemacht habe, ist, auf das Kind zu achten und gegenfalls nachzufragen. Tja. Morgen werde ich gleich den Vater anrufen und nach dem Diabetologen fragen! Und mal wieder eine Schweigepflichtsentbindung ausdrucken.

    Die Normwerte sind aber die für Erwachsene. Für Kinder bin ich mir da auch nicht sicher. Unverantwortlich von den Eltern.

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • Frag bitte auch deinen Schulleiter*in bei solchen Sachen. Datenschutz, Schweigepflicht, Aufsicht, erste Hilfe usw. immer mit dem Vorgesetzten abklären. Zu deiner eigenen Absicherung.

  • Danke, Frechdachs, für die konkreten Infos, samu für die Hinweise, Conni und Miss Jones auch für Infos.

    Hab jetzt eine Menge zum Nachdenken, danke!:geschenk:



    PS Ja, Frechdachs, das Kind hat kein Insulin in der Schule. Wurde gerade vor 10 Tagen nochmal nachgefragt (im Elterngespräch), wurde abgelehnt.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Viel Erfolg. Meine Schüler sind ja deutlich älter, aber da war ich auch immer hinterher Informationen zu bekommen. Der letzte Schüler mit Diabetes hatte alles relevante in einer Bauchtasche dabei und hat auch täglich zur gleichen Zeit gemessen und guckte danach dann auch nur noch rüber als ok, wenn er sich was zu essen nahm oder stand dann auf und ging auf die Toilette wenn er spritzen musste.
    Ich stelle es mir schwer vor, wenn man von der betroffenen Familie so wenig Unterstützung erhält.


    Edit: die meisten SchülerInnen haben aber mittlerweile eine Insulinpumpe, das macht es noch einfacher, aber trotzdem ist es ja wichtig darüber informiert zu sein.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Ich wünsche euch alles Gute. Ich hatte 1,5 Jahre eine Schülerin mit schwerer Diabetes. Die war sehr fit, kannte ihre Werte, hat kurz etwas gegessen bei Bedarf im Unterricht oder sich gemeldet, wenn es ihr sehr schlecht ging, was immer bedeutet hat, dass sofort der Rettungsdienst gerufen wurde, während die Eltern verständigt wurden, um direkt zum KKH zu fahren. Das muss völlig klar geregelt sein, wie wann als Schule eingegriffen /unterstützt werden muss. Wenn die Eltern den Pen aus welchem Grund auch immer nicht mitgeben möchten, muss eben im Zweifelsfall immer der Rettungsdienst kommen. Ich frag mich gerade ja, was passiert, wenn der Schüler auf dem Schulweg Probleme bekommt. Insulin kann er sich nicht spritzen bei Bedarf, hat er ein Handy, um im worst case Hilfe rufen zu können?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Es gibt den Verein „Kinderhilfe Diabetes“ (https://diabetes-kinderhilfeverein.de/aktuelles.html), der sich des Themas angenommen hat. Mit Unterstützung des Pädagogischen Landesinstituts, des Bildungsministeriums,des Gesundheitsministeriums (alles RLP) usw. wurde aufgrund der hohen Nachfrage nach Fortbildungen zum Thema Diabetes bei Kindern ein Webinar erstellt.

    In diesem bekommst du alle wichtigen Informationen zum Thema und erfährst, was du darfst/nicht darfst und was du tun musst/nicht tun solltest.


    Frau Neese, die Vorsitzende des Vereins, ist über die Maßen engagiert und kann dir mit Sicherheit weiterhelfen. Setz dich am Besten per Mail mit ihr in Verbindung. Mit etwas Glück, kannst du vielleicht sogar am Webinar teilnehmen.


    Btw. ich habe ständig Schüler mit Diabetes und rate dir, die Bestimmungen für dein Bundesland genau zu überprüfen. In Rlp z.B. darf ich als Lehrer den Pen ohne schriftliche Erlaubnis der Eltern und ohne eine extra Schulung über die Nutzung des Pens gar nicht einsetzen. Fakt ist auch, dass der Pen mehr schadet als nützt. Die Wirkung setzt erst innerhalb einer dreiviertel Stunde ein und die Nebenwirkungen sind sehr zahlreich und hoch. Solange du eher einen Krankenwagen rufen kannst, die eine deutlich schonendere „Zuckerlösung“ einsetzen, solltest du das machen. Den Pen nutzt man nur im Notfall, abseits jeglichen Funkempfangs und Zivilisation. Genaueres erfährst du bei Frau Neese.

  • ich habe ständig Schüler mit Diabetes

    Das ist ja schrecklich! Es soll zwar die häufigste Stoffwechselerkrankung bei Kindern sein, aber so viele, dass du ständig welche hast?


    Ich habe nach 14.5 Jahren Schuldienst das erste Mal einen betroffenes Kind (zumindest, von dem ich weiß). Aber ich habe das auch bei dem nur durch Zufall erfahren, was ich auch unverantwortlich finde. Das Kind ist zwar schon 16 und kommt gut damit zurecht, aber wenn doch mal was ist und es z.B. durch den Gang torkelt oder umkippt, ruft man mit dem Diabetes (der ist tatsächlich maskulin) im Hinterkopf vielleicht doch schneller den Notarzt oder holt schneller kompetente Hilfe im Schulhaus (ich habe z.B. einen Kollegen mit Diabetes).

    Wir haben ansonsten auch andere schwere Krankheitsfälle (extreme Allergie / Immunschwäche, Herzerkrankung) in der Schule und ich verstehe, dass man sowas nicht in aller Welt herumposaunt, aber in der Schule sollte man es ja schon wissen, wo sie häufig 8 Stunden täglich verbringen... Was mach ich, wenn ich in einer Klasse Vertretung habe, von der ich nicht weiß, dass da so ein Kind mit schwerer Krankheit ist - und dann passiert was? Ich finde, da sollte es für solche besonderen Fälle immer einen mit den Eltern/ dem behandelnden Arzt "Aktionsplan" geben, der für alle Betreuungspersonen zugänglich ist, dass sie sich vertraut machen können mit dem Fall und z.B. weiß ab welchem Blutzuckerwert es kritisch wird.

  • Frag bitte auch deinen Schulleiter*in bei solchen Sachen. Datenschutz, Schweigepflicht, Aufsicht, erste Hilfe usw. immer mit dem Vorgesetzten abklären.

    Sorry, aber wenn jemand (gefühlt) kurz vorm wegsterben ist, dann gucke ich, das der Notdienst anrückt. Da fange ich doch keine Diskussionen mit irgendeinem Vorgesetzten an!

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_)Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Im Gespräch mit der Vorsitzenden des Kinderhilfevereins erwähnte sie, dass die Fälle von Kindern mit Diabetes momentan sprunghaft ansteigen. Speziell an meiner jetzigen Schule habe ich im Durchschnitt jedes Jahr 1 Schüler mit Diabetes. Umso wichtiger ist eine klare Handlungsvorgabe.

    Das Webinar für Erzieher und Lehrkräfte ist sehr gut und wurde jetzt sogar ausgezeichnet.

  • Sorry, aber wenn jemand (gefühlt) kurz vorm wegsterben ist, dann gucke ich, das der Notdienst anrückt. Da fange ich doch keine Diskussionen mit irgendeinem Vorgesetzten an!

    Wo liest du heraus, dass diese Abklärung kurzfristig im Akutfall erfolgen solle? Ich verstehe samus Beitrag dergestalt, dass z.B. vor einem Gespräch mit dem Diabetologen des Schülers eine Abklärung mit der SL erfolgen sollte bzw. insgesamt das Vorgehen im Akutfall mit der SL abgestimmt sein muss ehe es zum Akutfall kommt.:weissnicht:

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Übrigens mal ganz grundsätzlich: Infos über Erkrankungen der Schüler und wie damit umzugehen ist sind keine Holschuld der Schule!

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