Mathematikabitur

  • Schon kurz nach dem schriftlichen Mathematikabitur wurden wir auch dieses Jahr von "Petitionen" überschwemmt.

    Wie immer wird der Schwierigkeitsgrad kritisiert. Angeblich war es wieder einmal viel zu schwer und natürlich sind dieses Jahr Corona und die alten, dummen und faulen Lehrer schuld. Denn sie haben keinen Videounterricht gemacht.


    Nun ist Meck-Pom schon eingeknickt und schenkt jedem 2 Notenpunkte. NRW, Bayern und nun auch Sachsen werden massiv kritisiert und ich fürchte, die knicken auch ein.

    Es reicht.


    Die Realität ist, dass seit Jahren das Anforderungsniveau im Matheabitur kontinuierlich gesenkt wird. Nur 10 Jahre alte Aufgaben kann man kaum noch verwenden, da sie viel zu anspruchsvoll sind.

    Auf der anderen Seite haben wir immer mehr Schüler in der Abiturstufe, die, klar und deutlich gesagt, dort einfach nicht hingehören. Wo kommt bloß die Vorstellung her, dass jeder Abitur machen kann. Es gibt große und kleine Menschen, dicke und dünne, hübsche und hässliche, sportliche und nicht sportliche, musikalische und nicht musikalische und eben auch intelligente und weniger intelligente.


    Gerade in diesem Jahr haben die Aufgabenkommissionen ganz genau die Aufgaben aus dem gemeinsamen Aufgabenpool ausgewählt. Endlich wurde wieder etwas mehr "Mathematik" abgefragt, d.h. man musste auch denken! Reine Taschenrechner-Knöpfchendrücker ohne Wissen, was sie da eigentlich machen, hatten es endlich schwerer. Dennoch. Wer durchfällt ist einfach zu dumm oder zu faul. Dagegen waren 15 Punkte schwierig zu erreichen. So soll es auch sein.


    Erschreckend für mich ist, mit welcher Unverschämtheit wieder die Ursachen des eigenen Versagens bei den Kulturministerien und den Lehrer gesucht werden. Mit welchem Recht glauben die protestierenden Schüler, ständig Forderungen stellen zu können? :daumenrunter: Selbstkritik ist nur noch ein Fremdwort.


    Ich kann nur hoffen, dass die Kultusministerien dieses Mal konsequent bleiben. Sonst gibt es in jedem kommenden Jahr das gleiche Trauerspiel.


    Und sollte Sachsen einen Notenpunkt schenken, hat mein LK 12 einen Matheabiturschnitt von 13,9 Punkten. Und "meine" Mädels und Jungen sind keine Supermathematiker. Sie sind nur aufgeschlossen, fleißig und intelligent. Sie werden ihren zukünftigen Weg garantiert gehen, gleichgültig ob sie Physik, Elektrotechnik, Medizin oder Theologie studieren. Mein Anteil am Ergebnis ist eher gering. Ich habe nämlich keinen Videounterricht gemacht und bin saualt. :sterne:

  • Abi wurd schon zu meiner Zeit verschenkt. Ich hatte mal alte Abiaufgaben meines Vaters gesehen... holla die Waldfee. Da wusste ich was Abi wirklich heißt....


    Ich denke Schule ist ein Abbild der Gesellschaft. Heutzutage herrscht kein Gleichheitsdrang nach Startchancen mehr, sondern nach dem Ziel.

    Es gilt nicht mehr als fair wenn alle die gleiche Chance haben, sondern nur wenn alle das gleiche Ziel erreichen.

    Dazu noch der Bildungswahn des Mittelstandes. Wer nicht Abi hat und studiert muss sich auf Familienfesten schon erklären...


    Dazu wird auch gerne mal geklagt. Im Zweifel dann halt die bessere Note. Wozu den Stress als Lehrer da antun?


    Die Abischnitte sind seit Jahren besser geworden. Der durchschnittliche IQ ist aber unverändert. Komisch, gell?

  • (...)

    Ich denke Schule ist ein Abbild der Gesellschaft. Heutzutage herrscht kein Gleichheitsdrang nach Startchancen mehr, sondern nach dem Ziel.

    Es gilt nicht mehr als fair wenn alle die gleiche Chance haben, sondern nur wenn alle das gleiche Ziel erreichen.

    (...)

    Gerade als GS-Lehrkraft sollten dir die überaus ungleichen Startbedingungen unserer SuS und deren Auswirkungen auf ihr Lern- und Leistungsverhalten bewusst sein. "Gleiche Chancen" sind in unserem Bildungssystem also noch nie Teil des Prinzips gewesen- zumindest wenn man einen ehrlichen Blick auf diese ungleichen Startbedingungen oder auch im weiteren Verlauf ungleiche Fördermöglichkeiten (finanziell, sozial, materiell...) im heimischen Umfeld wirft und diese nicht ausklammert zugunsten einer euphemistischen Betrachtung schulischer Angebote.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Gerade als GS-Lehrkraft sollten dir die überaus ungleichen Startbedingungen unserer SuS und deren Auswirkungen auf ihr Lern- und Leistungsverhalten bewusst sein. "Gleiche Chancen" sind in unserem Bildungssystem also noch nie Teil des Prinzips gewesen- zumindest wenn man einen ehrlichen Blick auf diese ungleichen Startbedingungen oder auch im weiteren Verlauf ungleiche Fördermöglichkeiten (finanziell, sozial, materiell...) im heimischen Umfeld wirft und diese nicht ausklammert zugunsten einer euphemistischen Betrachtung schulischer Angebote.

    Ja klar. Ungleiche Startbedingungen sollst du ja soweit es geht ausgleichen. Müsste dir ja auch bekannt sein. Nicht umsonst wird ja inklusiv beschult.

  • In Bayern ist das ja auch passiert und nicht zum ersten Mal. Letztes Mal ist das Mathe-Abi dann gar nicht schlechter ausgefallen als die Jahre davor. Man gewinnt den Eindruck, es wird schonmal vorsichtshalber protestiert, könnte ja was nützen, könnte die Korrektoren ja positiv beeinflussen... Ich habe überhaupt keine Ahnung von dem Fach und kann es natürlich nicht einschätzen, aber meine Mathe-KollegInnen sagten, es war nicht einfach, aber machbar. Schließlich soll ein Abitur nicht einfach sein! Machbar schon. Ich bin daher gespannt, wie es dieses Jahr ausfällt (Ergebnis steht noch aus).


    Die neuen sozialen Medien geben den SuS heute die Plattform, sich öffentlich zu beschweren. Früher hat man vielleicht untereinander rumgeschimpft über eine schwere Prüfung und dann war's erledigt. Ich hatte immer im Hinterkopf: Wenn ich was nicht gut kann oder eine schlechte Note habe, liegt es an mir und ich meine auch, so haben die meisten gedacht (oder irre ich da?). Heute ist es viel öfter so, dass der Fehler bei den Lehrern / dem Unterricht / dem Lehrplan / Corona gesucht wird. Im Kommentarbereich eines BR-Artikels zur Petition schrieb ein Schüler, es habe ja dieses Jahr auch keine richtige Vorbereitung gegeben wegen Corona. Sowas macht mich wütend, denn die 12er waren nur wenige Wochen zu Hause (hauptsächlich im Januar) und durften dann im Februar zunächst im Wechsel zurück und recht bald komplett. Ich weigere mich zu glauben, dass in der Zeit irgendein Kursleiter keine Prüfungsvorbereitung gemacht hat!


    Auch habe ich gehört (allerdings kann ich das nicht belegen, es wurde glaube ich im Radio gesagt), dass letztes Jahr deutlich mehr Leute bei der Mathe-Abitur-Petition unterschrieben haben als es überhaupt Abiturienten gab, also sehr wahrscheinlich auch Leute, die das Abitur nie gesehen haben, geschweige denn einschätzen können, ob es "zu schwer" war, aber sie wissen, dass sie dadurch die mediale Aufmerksamkeit bekommen, in der Hoffnung, etwas zu ihren Gunsten bewegen zu können.


    Insgesamt ist das eine bedenkliche Entwicklung, insbesondere unter dem Aspekt der Noteninflation und der gewachsenen Anzahl der Studienabbrecher. Manche Leute vergessen, dass das Abitur eine Hochschulreife ist.

  • Guckt euch die Referendariatsthreads an, dort sind immer die Fachleiter Schuld. Einzugestehen, dass man was nicht kann, fällt den meisten Menschen schwer, Schuld bei anderen zu suchen ist halt einfacher. Und je mehr das autoritäre Gebaren von Autoritätspersonen wie Lehrern oder Politikern abnimmt und je mehr Kinder erzählt bekommen, sie seien unfehlbar und müssten sich von niemandem was sagen lassen, desto mehr Selbstbewusstsein entwickeln sie. Ist ja auch auf ne Weise gut, die Selbstzweifel der Nachkriegsgeneration ("Eigenlob stinkt") ist ja auch nicht gesund.


    Aber ja, die sozialen Medien verschärfen das Problem sicher, das denke ich auch. Kürzlich kam ein Bericht darüber, dass ein amerikanischer Journalist aufgebrachte Mails von Abiturient*innen erhalten hat, die die von ihm verfasste und im Abi verwendete Kolumne nicht verstanden haben, der arme Mann wusste überhaupt nicht, wie ihm geschieht :hammer:

    • Offizieller Beitrag

    Wenn ein einzelnes Bundesland ausschert, bekommen wir ein Gerechtigkeitsproblem auf der Grundsatzebene. Das muss nicht sein und ist ein Armutszeugnis für das betreffende Bundesland.

    Schauen wir uns die konkreten Auswirkungen an, dann machen 2 Notenpunkte mehr insgesamt bei vier Abiturfächern zehn Punkte (von 900) und bei fünf Abiturfächern acht Punkte (von 900) aus. Da muss man schon "günstig" bei den Endpunkten positioniert sein, um hier sage und schreibe ein ganzes Zehntel besser zu sein als ohne Heraufsetzen der Noten. Das wird effektiv vermutlich eher denjenigen dienen, die ansonsten in die Bestehensprüfungen gemusst hätten oder von Anfang an durchgefallen wären.

    Vor diesem Hintergrund ist der "Schaden", der den anderen AbiturientInnen entsteht, eher marginal und dürfte die Universitäten bzw. die Stiftung Hochschulzulassung betreffen, wo sich traditionell BewerberInnen aus verschiedenen Bundesländern tummeln. Ich glaube aber nicht, dass das jetzt für Zehntausende AbiturientInnen zum Problem wird.

    Die Vorgehensweise von MeckPom ist dennoch eine Sauerei - gerade vor dem Hintergrund, dass man ja langfristig das Ziel hat, gemeinsamere Wege zu gehen.

  • Die Welt schreibt :

    Für dieses außergewöhnlich niedrige Niveau hätten mehrere Rahmenbedingungen zusammengewirkt. So habe in diesem Jahr der erste Jahrgang der neuen Oberstufe das Abitur nach neuen Vorgaben abgelegt. Die Aufgaben seien erstmals in Grund- und Leistungskursklausuren aufgeteilt worden. Gleichzeitig sei ein qualitativ neuer Aufgabentypus Grundlage für das Abitur gewesen, der stärker auf Kompetenzen als auf Anwendung von erlerntem Formelwissen beruhe.


    Das verstehe ich nicht. Wie haben die das denn früher gemacht, kennt jemand von euch die Aufgaben?

  • In meinen Augen brachte die Einführung der CAS-Rechner und der damit verbundenen Wandel der Aufgabencharakteristik ein großes Problem mit sich:

    Die jahrelang verfeinerten Vorbereitungen für den 6 Stunden Leistungskurs waren plötzlich obsolet, denn zum einen hat sich der Stundenumfang geändert und zum anderen ging der Fokus vom Rechnen hin zur "Anwendung".

    Viele gerade ältere KuK kurz vor dem Ruhestand haben das ingoniert und lediglich etwas gekürzt, sodass der Fokus im Unterricht weiter auf dem händischen Ableiten komplizierter Funktionen liegt, wofür es dann im Abi 1 BE gibt. Was die Verwendung der neuen Hilfsmittel angeht sind die freundlich formuliert unsicher.

    Kann ich menschlich nachvollziehen, ist aber fatal. Der Unterricht ist zweifelsohne gut und der Anspruch hoch, geht aber an dem Inhalt der Prüfungen vorbei.

    Ist nur meine Beobachtung, tritt aber schulübergreifend auf. Traditionell werden aber gerade die "erfahrenen KollegInnen" in der Oberstufe eingesetzt.

    Das wir diese CAS-Gurke jetzt benutzen müssen, finde ich nicht gut, ist aber nunmal eine politische Entscheidung.

  • In NRW waren einige Aufgaben vor allem wegen eines bekloppten Sachzusammenhangs in der Vektorgeometrie schwer verständlich und ansonsten auf jeden Fall vom Schwierigkeitsgrad her machbar, aber im Vergleich zu den letzten Jahren schon an der oberen Kante. Auch die Bepunktung war wirklich blöd, weil es für vieles wenige Punkte gab und die Differenzierungsmöglichkeiten fehlten.


    Außerdem ist es zwar mathematisch insgesamt weniger anspruchsvoll geworden, dafür müssen die SuS aber den GTR sicher bedienen können - und das ist nicht so selbsterklärend wie bei vielen anderen Geräten, die sie sonst so bedienen - und zusätzlich müssen sie die Operatoren aus dem Effeff beherrschen. Das können so manche altgediente Kolleg:innen immer noch nicht. (CAS haben nicht alle SuS, wohl aber einen graphikfähigen Taschenrechner.)


    Da war es für manche früher deutlich einfacher, sie haben ein rechentechnisches Programm abgespult. Das geht heute nicht mehr, weil die Sachzusammenhänge immer viel mehr an Überlegungen erfordern.


    Mein Matheabi 1980 war damit verglichen ein Witz, wobei es an meiner Schule tendenziell recht einfach war. Es gehört auch zur Wahrheit, dass die Unterschiede an den Schulen früher deutlich waren und an einigen Schulen eben genau die Dinge gepaukt wurden, die dann in den, von den Lehrer:innen selbst gestellten Aufgaben, vorkamen.


    Im Allgemeinen fand ich die Petitionen auch übertrieben, in diesem Jahr würde ich mich aber der Schelte vor allem für den GK anschließen.

    Es sollte der Ermessensspielraum genutzt werden, den man aber natürlich nicht nutzen kann, wenn Aufgaben aufgrund der geschwurbelten Aufgabenstellung kaum oder gar nicht bearbeitet wurden.

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • Das wird bei dir sicher so sein. An meiner Schule kann ich das nicht bestätigen.

    Bei uns ist es so, dass die Schüler bessere Ergebnisse in den Kursen mit älteren Mathelehrern erbringen, und zwar deutlich.


    Ich habe keine technischen Probleme mit dem GTR oder CAS, im Gegenteil. Ich mag das zwar nicht, ich lehne es sogar ab, aber ich muss da durch. Am Ende zählt nur eins: Meine Schüler (und auch deren Eltern) wollen ein möglichst gutes Ergebnis. Bis jetzt hat es immer funktioniert.

    In 40 Jahren habe ich mehr als 20 Kurse/Klassen erfolgreich durch das Abi gebracht; mit Ausnahme von genau einem Schüler (selbst ein biblisches Wunder hätte da nicht gereicht :engel:).

    Nach meiner Erfahrung gilt dies auch für meine anderen Kollegen. Warum soll es in Meck-Pom anders sein?


    Die Welt schreibt :

    Für dieses außergewöhnlich niedrige Niveau hätten mehrere Rahmenbedingungen zusammengewirkt. So habe in diesem Jahr der erste Jahrgang der neuen Oberstufe das Abitur nach neuen Vorgaben abgelegt. Die Aufgaben seien erstmals in Grund- und Leistungskursklausuren aufgeteilt worden. Gleichzeitig sei ein qualitativ neuer Aufgabentypus Grundlage für das Abitur gewesen, der stärker auf Kompetenzen als auf Anwendung von erlerntem Formelwissen beruhe.


    Das verstehe ich nicht. Wie haben die das denn früher gemacht, kennt jemand von euch die Aufgaben?

    Das habe ich auch gelesen und verstehe es auch nicht. Für Sachsen gilt das nicht.

  • Guckt euch die Referendariatsthreads an, dort sind immer die Fachleiter Schuld. Einzugestehen, dass man was nicht kann, fällt den meisten Menschen schwer, Schuld bei anderen zu suchen ist halt einfacher. Und je mehr das autoritäre Gebaren von Autoritätspersonen wie Lehrern oder Politikern abnimmt und je mehr Kinder erzählt bekommen, sie seien unfehlbar und müssten sich von niemandem was sagen lassen, desto mehr Selbstbewusstsein entwickeln sie. Ist ja auch auf ne Weise gut, die Selbstzweifel der Nachkriegsgeneration ("Eigenlob stinkt") ist ja auch nicht gesund.


    Aber ja, die sozialen Medien verschärfen das Problem sicher, das denke ich auch. Kürzlich kam ein Bericht darüber, dass ein amerikanischer Journalist aufgebrachte Mails von Abiturient*innen erhalten hat, die die von ihm verfasste und im Abi verwendete Kolumne nicht verstanden haben, der arme Mann wusste überhaupt nicht, wie ihm geschieht :hammer:

    Guckt euch die Lehrerforen an - die Leistungen der Schüler:innen sinken und sinken laut diesen. Und wem geben die Lehrer:innen die Schuld? Dem Kultusministerium, der Digitalisierung, der Inklusion, der Politik, den Eltern, den Dozent:innen und Professor:innen an den Unis (was lassen die mittlerweile eigentlich für Studienarbeiten zu :hammer:) und natürlich nicht zuletzt den Kindern. Immer seien die Anderen Schuld. Früher war natürlich alles besser. Da gab es nämlich noch keine Plattformen, auf denen Jugendliche öffentlichkeitswirksam auf ihre Probleme aufmerksam machen konnten. Da gab es noch keine Kinderrechte.

    Am I out of touch? :/ No, it's the children who are wrong. :musik:

  • Ich kann die Kritik der Schülerinnen und Schüler am Mathematik-Abitur durchaus nachvollziehen. Sie können die Missstände leider nur nicht konkret benennen und dann heißt es halt einfach, "Es war zu schwierig.".


    Das Einzige, das der Modus der schriftlichen Abiturprüfung in Mathematik mit dem Bildungsplan zu tun hat, ist, dass "zufällig" die gleichen Inhalte abgefragt werden. Im Bildungsplan steht, dass die sich die SuS im Mathematik-Unterricht mit mathematischen Problemstellungen, die sich aus dem Alltag heraus ergeben, handlungsorientiert auseinandersetzen. Wichtig dabei ist die Lösungsoffenheit und die Fähigkeit der SuS sich über diese Problemstellung und ihre selbst erarbeiteten Lösungsmöglichkeiten fachlich austauschen zu können.


    Und drei Jahre später sitzen sie dann eben in der Abiturprüfung in der ganz andere Sachen verlangt werden... Die Abiturprüfung ist schriftlich... Wo ist das denn bitte der fachliche Austausch geblieben?! Lösungsoffenheit... Fehlanzeige. Es gibt die eine richtige Lösung und das war's. Der Alltagsbezug fehlt vollständig. Von Handlungsorientierung brauchen wir gar nicht sprechen...


    Dass die "älteren" Kollegen teilweise vermeintlich "bessere" Ergebnisse erzielen, liegt meiner Beobachtung nach daran, dass sie von Tag 1 an ausschließlich "teaching for the test" machen. Die Inhalte werden den Schülern lehrerzentriert eingetrichtert und anschließend bis zum Umfallen gepaukt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Grundlagen. Komplexere Aufgabenstellungen werden oft außen vor gelassen. Nach dem Motto "Wer in den Einserbereich kommen will, muss sich das eben selbst erarbeiten." Trotzdem gibt es meist ein Zeitproblem. Viele dieser KuK werden oft just-in-time mit dem Stoff fertig. Die Möglichkeit, mit den SuS gezielt alte Prüfungsaufgaben zu üben, gibt es oftmals nicht mehr. Auffällig finde ich, dass diese Kolleginnen und Kollegen im Abitur trotzdem oft einen recht passablen Schnitt haben. Das Mittelfeld ist bei ihnen definitiv größer, allerdings sind selten mal Schüler dabei, die über 13 NP hinaus kommen.


    In BaWü gilt ab dem kommenden Schuljahr die neue Oberstufe. Das ist meiner Meinung nach ein Schritt in die richtige Richtung. Mathematik muss nicht mehr verpflichtend schriftliches Prüfungsfach sein. Die Schüler können stattdessen eine mündliche Prüfung ablegen. In bestimmten Fächerkombinationen muss in Mathematik sogar gar keine Prüfung mehr abgelegt werden. Ich bin gespannt, welche Vorgaben es für die mündliche Prüfung geben wird. Wenn es so ist, wie ich es mir erhoffe, werden die allermeisten meiner Schüler sich für eine mündliche Prüfung entscheiden. In die schriftliche Prüfung werden die ein, zwei, drei Überflieger gehen, die sowieso in jeder Klausur 15NP absahnen. Und gar keine Prüfung werden hoffentlich diejenigen SuS machen, die schon ab Mitte Klasse 11 kein Land mehr sehen.

  • an den Hochschulen, in denen die Abiturnote eines bestimmten Faches besonders gewichtet wird oder zum Erlass einzelner Eingangstests führt, ist es schon bedeutsamer als der mögliche Zehntel der Abiturnote.

    Ich frag mich halt auch, wie man gerade auf 2 Punkte kam. Weil im Schnitt die SuS 2 Punkte schlechter abgeschnitten haben? Weil der Würfel das hergab? Noten sind eh schon beliebig genug, aber wenn man willkürlich Notenpunkte verteilt, ist das doch gar nicht mehr nachvollziehbar.

  • Die Abischnitte sind seit Jahren besser geworden. Der durchschnittliche IQ ist aber unverändert. Komisch, gell?

    Etwas off-topic, zugegeben, aber: Der durchschnittliche IQ bleibt immer unverändert, weil der auf 100 festgelegt ist - der ist per Definition immer unverändert. Dabei werden die Aufgaben oder Skalen tatsächlich immer anspruchvoller: Wenn man ältere Aufgaben/Skalen zugrunde legen würde, kämen in Industrieländern seit vielen Jahren regelmäßig höhere Werte heraus. Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Flynn-Effekt - Warum das so ist, ist ungeklärt. Entweder die Bevölkerung wird intelligenter (aus welchen Gründen auch immer), oder die Tests sind nicht valide.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

    • Offizieller Beitrag

    Herr Rau Ich gucke mal, ob ich den Artikel finde / irgendeine Quelle finde, aber vor ca. anderthalb Jahren (?) war ein Artikel in der Süddeutschen, dass es eigentlich umgekehrt sei: die Bevölkerung (ich weiß nicht mehr, ob es auf Deutschland bezogen war, glaube ich aber nicht) würde dümmer, die IQ-Tests müssten angepasst werden.
    Das verwirrt mich jetzt (und ist grandios OT, sorry, ich MUSS es aber nachschauen, poste es hier, wenn ich es doch finde. Oder Valerianus weiß da was. )

  • Wikipedia, Link von oben:


    "Eine Metastudie von 2015 zeigte, dass der weltweite IQ, ermittelt aus 219 Studien aus 31 Staaten im Zeitraum von 1909 bis 2013, um volle 30 Punkte gestiegen ist. 2017 revidierte Flynn seine Aussagen und stellte ein Sinken des IQ in vielen westlichen Ländern fest, nachdem er erneut Daten aus verschiedenen Ländern gesammelt hatte. Er führte das auf das „Verschwinden anspruchsvoller Bücher“ zurück. Dieser Umstand wirke sich negativ auf das logische Denken aus."


    Wahrscheinlich geht es darum. Dennoch, ohne eine ausreichende Erklärung für den Effekt ist das alles nur mittel belastbar.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Es hat sich doch in den letzten Jahren etabliert, gegen die Aufgabenstellungen vorzugehen und das vor allem in Mathe. Hat es eigentlich mal ein Vorgehen in den anderen Abiturfächern gegeben? Egal.

    Es soll halt immer einfach werden und auch die Eltern wollen eben, dass ihr Kind studieren soll. Aber nicht jeder sollte, und ehrlich gesagt, kann auch nicht studieren. Auch für das Studieren sind Kompetenzen und Fähigkeiten gefragt, die nun einmal nicht jeder mitbringt, was im Normalfall auch kein Beinbruch wäre, wenn die Ansprüche und die Wirklichkeit nicht so auseinander gehen würden. Dann wird versucht auf Biegen und Brechen die lieben, kleinen zum Abitur zu bringen und im Notfall eben auch mit dem Anwalt. Wo ist eigentlich die Mentalität hin, sich auch mal einzugestehen, dass man zu wenig getan hat? Manche Träume sind einfach nicht realisierbar oder eben nur mit viel Arbeit und Aufwand. Man hat aber das Gefühl, dass man heute eben nicht mehr dazu bereit ist, dies zu investieren.

  • I... Dass die "älteren" Kollegen teilweise vermeintlich "bessere" Ergebnisse erzielen, liegt meiner Beobachtung nach daran, dass sie von Tag 1 an ausschließlich "teaching for the test" machen. Die Inhalte werden den Schülern lehrerzentriert eingetrichtert und anschließend bis zum Umfallen gepaukt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Grundlagen. Komplexere Aufgabenstellungen werden oft außen vor gelassen. Nach dem Motto "Wer in den Einserbereich kommen will, muss sich das eben selbst erarbeiten." Trotzdem gibt es meist ein Zeitproblem. Viele dieser KuK werden oft just-in-time mit dem Stoff fertig. Die Möglichkeit, mit den SuS gezielt alte Prüfungsaufgaben zu üben, gibt es oftmals nicht mehr. Auffällig finde ich, dass diese Kolleginnen und Kollegen im Abitur trotzdem oft einen recht passablen Schnitt haben. Das Mittelfeld ist bei ihnen definitiv größer, allerdings sind selten mal Schüler dabei, die über 13 NP hinaus kommen. ...

    Ok. Woher du weißt, wie ich meinen Unterricht mache, ist mir ein Rätsel. Aber es ist eben schön, wenn man eine Erklärung hat.


    Noch einmal: Mein diesjähriger Kurs hat von 13 Schülern genau 11 mal 13, 14 oder 15 Punkte. Einmal sind es (nach der Zweitkorrektur) 12 und einer hat 7. Deshalb "nur" ein Durchschnitt von 13, recht passabel oder? Meine "jüngeren" Kollegen haben einen Schnitt unter 8.

    Komisch nur, dass meine Schüler auch die komplexen Aufgabenstellungen lösen konnten. Ich habe eben einfach nur Glück gehabt.


    Ich bin jetzt aus dem Thread 'raus.

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