Wie Außenseiterin integrieren?

  • Hallo,


    in meiner neuen 5. Klasse (8 Mädchen, 16 Jungen) haben sich mittlerweile fast alle Kinder sehr gut integriert (soweit ich das erkennen kann).


    Sorgen macht mir ein Mädchen (ich nenne sie mal X), das aus einem anderen Ort kommt und somit nicht bereits in GS-Freundschaften eingebunden war, als es an unsere Schule kam. Im Gegensatz zu anderen Kindern scheint es auch keinen rechten Anschluss gefunden zu haben und wird von den übrigen Mädchen ziemlich links liegen gelassen. Die anderen Mädchen scheinen X gegenüber recht gleichgültig gesonnen zu sein und sind fest auf ihre neuen bzw. schon bestehenden Freundschaften untereinander fixiert.


    Bei Partnerarbeiten gibt es Probleme, weil ihre Sitznachbarin darauf besteht, mit ihrer Nachbarin zur anderen Seite zu arbeiten und die anderen Mädchen auch nicht bereit sind, sich umzusetzen. Die Mädchen zur Zusammenarbeit zwingen will ich (noch) nicht, weil ich befürchte, dass sich dies auf X negativ auswirken könnte.


    Verständlicherweise möchte X auch nicht mit Jungen arbeiten, sondern nur mit Mädchen, was die Sache natürlich auch erschwert.


    Ich muss dazu sagen, dass X offenbar eine etwas geringere Auffassungsgabe hat und auch langsamer ist als die anderen.


    Ein Gespräch mit dem Vater wird hoffentlich am Elternsprechtag (Anfang Oktober) stattfinden.


    Was kann ich tun, um das Mädchen besser zu integrieren? Ich weiß nicht ob/wie sehr sie unter der Situation leidet, vermute aber einfach mal, dass es schon merkwürdig wäre, wenn sie nicht darunter leiden würde. Auf jeden Fall tut sie mir sehr Leid.


    Wie gesagt, es gibt kein Mobbing untereinander und sie wird weder gehänselt noch anderweitig schikaniert. Sie ist einfach für die anderen Mädchen offenbar keine potenzielle Freundschaftskandidatin. Und ihr wisst ja, wie wichtig Freundschaften in dem Alter sind. Die Kinder bestehen jedenfalls massiv darauf, mit ihren (neuen bzw. alten) Freunden zusammenarbeiten zu dürfen und wir hatten (in einem anderen Zusamenhang) bereits Tränen, weil ein Junge dachte, ich wollte ihn von seinem Freund wegsetzen.


    Schwierig, was?


    Sämtliche moralischen Appelle haben bisher nicht viel gebracht - andere lassen sie zwar auf meine Bitte hin in ihrer Gruppe mitmachen, wirklich integriert ist sie aber dennoch nicht.


    Was würdet ihr tun? Im Voraus herzlichen Dank!


    Liebe Grüße,
    Carla-Emilia

  • Hallo Carla-Emilia,


    eine wirkliche Lösung für das Problem habe ich auch noch nicht gefunden (in meiner Klasse gibt es 2 Außenseiter und mittlerweile arbeiten sie immer zusammen, allerdings auch mit Schwierigkeiten...). Ich habe in der schwierigen Anfangszeit einer neuen Klasse öfters kurze Gruppenarbeitsphasen eingebaut und die Gruppen per Zufall bilden lassen. Am Anfang gab es Geschrei, aber ich bin konsequent geblieben, habe kurz erklärt, dass ich es wichtig finde, dass sie mit möglichst allen aus der Klasse einmal zusammenarbeiten etc... Nach der Eingewöhnungsphase gab es kein Murren mehr, die Arbeitsphasen werden nach und nach verlängert und es haben sich sogar neue Konstellationen gebildet. Der Vorteil: kein Kind braucht davor Angst zu haben bei einer Gruppenarbeit keinen Anschluss zu finden. Nachteil ist, dass manche Konstellationen extrem ungünstig sind und Arbeitsergebnisse nicht gut erbracht werden. Aber das nehme ich in Kauf!


    Liebe Grüße,
    Heli

  • Auch ich lass bei Partner- oder Gruppenarbeit die zusammengehörenden Leute immer auslosen.
    Mal arbeitet man mit dem, mal mit dem.
    Das mit den ungünstigen Konstellationen versuch ich damit etwas aufzufangen, dass bestimmte Schüler (natürlich nicht immer die gleichen) den Anfang einer Gruppe bilden und die anderen dazugelöst werden


    Ich hab dazu die Namen aller Kinder (klein und dünn) auf dunkles dickeres Papier gedruckt und laminiert.
    Diese "LOS"Streifen leisten auch beim Einteilen der Klassendienste (wenns mehrere Bewerber gibt) gute Dienste. Ich los auch aus, wer ausgefragt wird. ;)

  • Hallo,


    das mit dem Auslosen von Paaren werde ich demnächst auch mal in Angriff nehmen (auch wenn das Geschrei groß sein wird).


    Ich bin mal gespannt, wie X in bald auch mal anstehenden Gruppenarbeiten integriert werden wird.


    Außerdem ist mir die Idee gekommen, sie mal in der Pause unauffällig zu beobachten bzw. beobachten zu lassen. Es wäre ja zumindest tröstlich, wenn sie da Anschluss hätte und nicht allein herumstünde.


    Liebe Grüße,
    Carla-Emilia

  • Hallo,


    führe mit den Kindern doch ein paar Kooperationsspiele durch.
    Das habe ich mit meiner Deutschklasse (5. Schuljahr, Hauptschule) in der ersten Woche auch gemacht. Es war toll zu sehen, wie wirklich alle Kinder einer Gruppe mit eingebunden waren und Aufgaben gemeinsam bewältigt haben.
    Ich habe ihnen von Anfang an gesagt, dass die Gruppen häufig auch mal per Losverfahren zusammen gewürfelt werden und es steht auch in unseren Gruppenarbeitsregeln drin.


    Grüßle,
    Salati

    Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur! <img src="http://www.lehrerforen.de/smilies/smile5.gif" border="0">

  • Ich finde wenn du zwanghaft versuchst sie zu integrieren und dass den anderen zeigst, dann wird es nur noch schlimmer.
    Mach das lieber indirekt mit Kooperationsspielen o.ä.
    Ich wär mir da auch nicht so sicher, ob das Mädchen X das auch wirklich will, also von dir integriert zu werden. Sie denkt vllt. das zeigt dass sie die Schwache ist und die Frau Lehrerin ihr helfen muss. Muss aber nicht sein, kann auch sein sie freut sich, je nach dem wie gut eure Beziehung zueinander ist.

    (@vilden) simon was los?
    (@rabble) ungefähr 25 punkte verkackt
    (@rabble) ES GAB NOCH NIE EINE RÜCKSEITE IN MATHEKLAUSUREN
    (@rabble) warum machen die sowas im abi

  • Hallo Leute,


    ich möchte diese Diskussion gern mal wiederbeleben, weil ich in einer Klasse (achter Jahrgang) so ziemlich genau das gleiche Problem habe wie carla-emilia.


    Also, bisher ist bei dieser Diskussion ja lediglich rumgekommen, 1. dass man die Gruppenzusammensetzungen bei Gruppenarbeit zufällig machen sollte und 2. dass man Kooperationsspiele machen sollte.
    Bisher hat aber noch niemand gesagt, ob das denn auch was gebracht hat!


    Nun, ich kann leider selbst nicht mit mehr an Tips aufwarten, aber es wundert mich trotzdem ein bisschen, dass es ganz offenbar hier niemanden gibt, der für dieses häufige pädagogische Problem gute Tips hat? Wäre ja doch sehr schade, denn meist scheint es so zu sein, dass sich die Außenseiter mit ihrer Situation mehr oder weniger abfinden und das Problem ungelöst bleibt :(. WENN AUCH man sagen muss, dass es schlimmere Probleme gibt als solche, ist es aber doch für die jeweils betroffenen Schüler keine besonders angenehme Situation: Sie haben keinen Spaß am Miteinander, ganz zu schweigen von Klassenfahrten.


    Wer kann Tips geben?


    Viele Grüße und vielen Dank wohl im Namen von 99% aller Lehrer! :)


    Hamilkar

  • Hallo Carla-Emilia,


    ich glaube schon, dass Du was tun kannst und sogar musst, weil sonst die Gefahr besteht, dass X gemobbt wird. Tipps: (vgl. Fend)


    -das Problem des Aussenseitertums in der Klasse thematisieren: welche Funktion hat der Außenseiter für die Klasse , welche Folgen ergeben sich für den Betroffenen
    -Regeln aufstellen für prosoziales Verhalten und das dann auch belohnen
    -Rollenspiele, damit die Schüler die Außenseiterrolle nachempfinden können
    - Außenseiter in schulische Aktivitäten einbinden, ihr Verantwortung übertragen
    - Selbstvertrauen fördern, Stärken suchen und deutlich machen
    - Ursachen suchen (hoffentlich kommt der Vater...)
    - Einen Klassenausflug machen
    - Spiele spielen, bei denen soziales Verhalten gefragt ist.


    So, hoffentlich hilft das ein wenig.
    Gibt einige Literatur drüber....
    Lupa

  • Hallo,


    ich habe in meinen Klassen Tandems eingeführt, die alle zwei Wochen wechseln. Die SuS arbeiten dann zwei Wochen mit festen Tandempartnern in den jeweiligen Arbeitsphasen zusammen.


    Das hat zur Folge:
    Die SuS müssen zwei Wochen mit ihrem Partner klarkommen und haben die Möglichkeit, ihn besser kennen zu lernen und sie arbeiten mit jedem Mitschüler mindestens einmal im Jahr zusammen.


    Bisher habe ich gute Erfahrungen gemacht. Zu diesem Schuljahr kann ich noch nicht viel sagen, in den vorhergehenden Schuljahren war es aber so.


    Viele Grüße
    isa

  • Zitat

    Original von Lupa



    -das Problem des Aussenseitertums in der Klasse thematisieren: welche Funktion hat der Außenseiter für die Klasse , welche Folgen ergeben sich für den Betroffenen


    Oh ja, da freut sich der Außernseiter sicher, weil er sicher fast gar nicht weiß, dass es um ihn/sie geht. :rolleyes:


    Ich denke generell kann es nur über Kooperatives Lernen (Zufallsprinzip etc.) und generell Spiele und Übungen zum solzialen Lernen klappen. Würde aber nie wie oben gesagt, direkt das Außenseitertum ansprechen... Die Kinder sind doch nicht blöde.

    They'll never know the lovely dance,
    Can never feel the touch of night,
    For tame birds sing a song
    Of freedom while the wild birds fly.

    Einmal editiert, zuletzt von Nananele ()

  • Hallo,
    ich zitiere eine Zusammenfassung von W. Stangl : M. Schäfer: "Aggressionen unter Schülern":


    "Gespräche und Diskussionen mit der Klasse sind zur Beseitigung einer aktuellen Bullyingsituation ein ausgezeichnetes Mittel, um sicherzustellen, dass die gewünschten Verhaltensänderungen tatsächlich eintreten und von Dauer sind. Dieses ist wiederum vereinfacht, wenn unter Mitwirkung der Klasse schon Regularien geschaffen sind, die das Miteinander positiv definieren, aber auch Maßnahmen enthalten, die dann konsequent Anwendung finden, wenn aggressives oder regelbrechendes Verhalten gezeigt wird."


    Es geht in diesem Zusammenhang zwar um Mobbing, das ist nochmal ein Zacken schärfer, aber trotzdem...


    weiter heisst es:
    # Gespräche mit dem Täter sollten sehr bald nach dem Bullying-Ereignis stattfinden und das eindeutige Ziel haben, Bullying zu stoppen und die unmissverständliche Botschaft enthalten "Wir akzeptieren keine Gewalt in unserer Klasse/Schule und werden dafür sorgen, dass sie aufhört!" (nach Olweus 1995).
    # Schon existierende Klassen- oder Schulregeln gegen Gewalt bieten einen guten Hintergrund für das Verstehen des Schülers und erleichtern ein wirkungsvolles Vorgehen des Lehrers, ohne dass dieser Gefahr läuft, dem "Bully" durch zusätzliche Aufmerksamkeit einen weiteren Statusgewinn zu ermöglichen.
    # Gespräche mit dem Opfer enthalten die Verantwortung, die Situation für das Opfer tatsächlich zu verändern und zu verbessern. Das oft beobachtete Bemühen von Seiten des Opfers, seine Situation zu verbergen (oft aus Angst und unter Bedrohung), darf weder von Eltern noch von Lehrern unterstützt werden.



    Wie gesagt, hier gehts schon um die nächste Stufe, aber 30 % von Aussenseitern werden zu Mobbingopfern.


    Lg.Lupa

  • Ich zitiere keine Literatur sondern argumentiere aus der Praxis.

    They'll never know the lovely dance,
    Can never feel the touch of night,
    For tame birds sing a song
    Of freedom while the wild birds fly.

  • Jaja,


    ist wahrscheinlich richtig, was Du sagst. Kann nur zitieren, Praxis fahlt mir ja leider noch ?(

  • @ Nananele und Lupa:


    Ich hatte einen Außenseiter in der Klasse, dem es letztendlich nur half, dass das Problem mit der ganzen Klasse besprochen wurde. Allerdings geschah dies in Absprache mit dem Kind. Die Situation besserte sich und der Rest die letzte Zeit in dieser Klasse verlief vor allem für das betreffende Kind sehr entspannt. Wenn Kindern und auch Jugendlichen nicht klar ist, was sie mit ihrem Handeln bewirken, wird man meiner Meinung nach auch mit kooperativen Spielchen, etc. bei aktuellen Problemen wenig bewirken.



    Bibo

  • Hallo Bibo,


    da wär ich gern dabei gewesen...Stell mir so ein Gespräch schwierig vor. Nun hast Du ja die Kleinen. Ich hab ab nächstem Jahr (hoffentlich) die Hauptschüler.


    Was, wenn die dann das Klassenforum nutzen, um richtig loszuhacken. Leider habe ich im Praktikum nicht wirklich erlebt, dass Lehrer so toll in Gesprächsführung waren, aber vielleicht gibt es ja einen Schulpsychologen, der einen unterstützen kann.


    Wenn doch nur das blöde Examen rum wär....ich bin soo gespannt auf den Alltag...
    L.

  • Hallo Lupa,


    ich glaube nicht, dass es so stark vom Alter abhängt. Ich habe einige Jahre in der Jugendsozialarbeit verbracht und kenne damit auch die Arbeit mit Jugendlichen. Wichtiger wäre meiner Meinung nach:


    - Welches Verhältnis habe ich zur Klasse?
    - Welchen Stand habe ich bei den Kindern?
    - Wie geht die Klasse insgesamt miteinander um?
    - Wer trägt welchen Anteil an dem bestehenden Problem? Außenseiter haben da durchaus auch selbst einen Anteil. Das ist jetzt aber bitte nicht zu verwechseln mit dem Gedanken, der ist selbst schuld. Aber um an einem Problem zu arbeiten, muss man verstehen, wie es immer wieder dazu kommt. Und dafür ist auch das Verhalten des Außenseiters wichtig.
    - Wer ist alles beteiligt? Klasse gegen den einen? Kleine Gruppe gegen den einen?


    All das und wahrscheinlich noch mehr, was meinem Ferienhirn jetzt aber nicht einfällt, muss berücksichtigt werden, wenn man nach Handlungsmöglichkeiten sucht.


    Bei uns war es auch nicht mit einem Gespräch getan. Es musste ja auch immer wieder mal besprochen werden, ob sich mittlerweile was getan hat, was man noch besser machen kann, etc.



    Geht es dann bei dir im September 2011 los?



    Bibo

  • Hallo Bibo,


    ja -genau wie Du das beschreibst ists in der Theorie auch. Jedenfalls soweit ich es verstanden habe: ...konsequentes Verfolgen des ganzen Prozesses und so...


    Bei mir hats schon angefangen. Lenke mich hier nur ein wenig ab von Sozialkunde und Geographie ( das kommt Ende des Monats) Stöhn.


    Es ist schon machbar, aber vielleicht leide ich auch an maßloser Selbstüberschätzung. 8)


    Jedenfalls ists ne mordsspannende Zeit. Hab nur langsam keine Lust mehr...


    L.

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