Quereinstieg...

  • Hallo...


    ... ich möchte mich mit einer Frage an euch wenden, in der Hoffnung hier nicht fehl am Platz zu sein. Ich bin Elektromeister (Steuerungstechnik), SPS-Techniker und habe noch andere Zusatzqualifikationen auf diesem Gebiet. Nebenbei unterrichte ich Elektriker und Mechatroniker in der betrieblichen Ausbildung.


    ... meinen Meisterabschluss und die Ausbilderprüfung habe ich mit Auszeichnung abgelegt. Jetzt kam erneut eine Anfrage von der IHK, ob ich mir nicht vorstellen könnte als "Lehrer für Fachpraxis" oder "technischer Lehrer" an einer Berufsschule einen Quereinstieg zu beginnen.


    ... meine Internetrecherche hat mich vollkommen verwirrt. Zum einen hat jedes Bundesland dafür eigene Vorschriften und zum anderen ist es sehr schwer eine detaillierte Übersicht über das zu erwartende Gehalt zu bekommen.


    ... der Umgang mit jungen Menschen und auch das vermitteln von Wissen begeistert mich schon sehr lang. Ich unterrichte auch nebenbei für die IHK in der Erwachsenenbildung und würde mich eigentlich schon dafür interessieren, jedoch schrecken mich auch einige Sachen ab. An einer Berufsschule als Quereinsteiger hätte ich das niedrigste Bildungsniveau und da auch Lehrer Menschen sind ;) würde ich das zuweilen bestimmt von den Kollegen zu spüren bekommen. Des Weiteren arbeite ich in einem Konzern und würde wahrscheinlich einiges weniger verdienen.


    ... also um auf den Punkt zu kommen ;) was halte ihr von einem Quereinstieg, von solchen Laienlehrern? Wie sieht die Situation in BW, Hessen, Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz für einen solchen Einstieg aus? Wie sind die Zukunftsaussichten und was würde mich vom Umfeld, Gehalt und Belastungen erwarten?


    ... für offene Meinungen wäre ich euch sehr dankbar...


    MfG marco

  • an meiner schule (rlp) gibt es solche lehrer, aber ehrlich gesagt, weiß ich das nur von einem, der parallel zu mir ref macht. wie das genau läuft, weiß ich nicht, nur dass es kürzer ist als meins und er andere seminarveranstaltungen besucht. ansonsten interessiert es eigentlich keinen, was für ein lehrer du bist, allerdings muss dir klar sein, dass du für denselben job weniger evrdienst (ich bin mir nicht sicher, ich meine irgendwo bei a9 oder a10 liegt das gehalt). ich würd sagen: der unterschied zu anderen referendaren/ lehrern ist marginal, wenn du unterrichten willst und dir die bedingungen passen, why not?

  • Ich finde Grundlage für die Arbeit als Lehrer sollte ein Lehramtsstudium sein! Zu dem gehören fachliche, didaktische und auch pädagogische Inhalte:


    Ich kann auch nicht Arzt werden ohne Medizin studiert zu haben und deshalb empfinde ich die Möglichkeit des Seiteneinstiegs als Abwertung des Lehrerberufes! und langfristig kann das keine Qualitätssicherung in der schule darstellen!


    lG
    Isa

  • Marco, ich möchte weder dich noch deine Arbeit abwerten, aber ich sehe es ähnlich wie SisterA.


    Die Art und Weise, wie derzeit z.b. in NRW Lehrer für die HS aquiriert werden, lassen mir alle Haare zu Berge stehen.


    Da wird eine studierter Designer als Kunstlehrer an einer HS eingestellt, der sich auch nach x Wochen noch nicht mal den Lehrplan für Kunst durchgelesen hat.


    Ganz nebenbei wird er dann vom Rektor auch noch gefragt, ob er nicht auch D und E unterrichten möchte...


    Darf das so sein???? Ist das der richtige Weg??


    Petra

  • Hallo Isa...


    ... ich möchte mich kurz dazu äußern. Deine Anmerkungen sind durchaus schlüssig und ich sehe das ebenso. Die Rekrutierung von Quereinsteigern geht doch aber auf einen Mangel zurück, der irgendwie gedeckt werden sollte. Ich würde das nicht als Abwertung des Lehrerberufes sehen. Es handelt sich ja explizit nicht um allgemein bildende Fächer, sondern um sehr spezifische Fachgebiete.


    ... es ist sogar fraglich, ob die duale Ausbildung überhaupt noch "Stand des Wissens" sein kann? Die Grundlagen der Mathematik werden sich auch in 10 Jahren nicht ändern, die Anforderungen an technische Berufe ändern sich fast jährlich.


    ... aber das wäre eine andere Diskussion... übrigens ist manche Oberschwester im Krankenhaus der bessere Arzt ;)


    LG marco

  • Hallo Petra...


    ... ich verstehe deine Anmerkung und Einwände. Natürlich ist es nicht möglich ein Studium zu ersetzen, das stellt niemand in Frage. Die allgemein bildenden Schulen müssen zwangsläufig mit Fachpersonal besetzt werden und alle damit einhergehende Fächer. Schwierig wird es meines Erachtens aber schon bei Informatik an den Gymnasien... woher sollen urplötzlich die ganzen Lehrer dafür kommen?


    ... ich weiß nicht ob es einen richtigen Weg gibt... ich glaube er liegt wie immer im Auge des Betrachters und in der Bewertung der Einzelsituation. Das Tempo der technische und gesellschaftliche Entwicklung nimmt uns zuweilen die Zeit, um eine nachhaltige Diskussion zu führen oder Feldversuche anzustreben. Noch nie war die Aussage "was heute noch falsch, morgen schon richtig - und umgekehrt" so treffend wie zur Zeit.


    ... vielleicht ist das größte Problem unserer Zeit nicht die Unwissenheit (Pisa etc.), sondern die exorbitant Menge an Wissen und ihre Graduierung.


    LG marco

  • zum thema qualitätssicherung durch uni-studium. eine meiner ref-kolleginnen (unterrichtet wie ich fremdsprachen) fragt mich neulich nach dem unterschied zwischen konjugieren und deklinieren bzw. tatsächlich zwischen adjektiv und adverb. ich find das nur peinlich. es gibt universitäten, die auf minimalste lateinkenntnisse für sprachenlehrer verzichten und trotzdem sollen die leute dann grammatik unterrichten. ein studium sichert auch nicht zwingend qualität.

  • Hallo Marco,


    nach dem was Du von Dir berichtest, könnte ich mir vorstellen, dass Du als Lehrer bestehen würdest. Ich habe auch einen Kollegen, der ursprünglich Maschinenbauer ist und der jetzt als Seiteneinsteiger in der S I die Fächer Technik und Physik unterrichtet. Gemeinsam mit ihm leite ich eine Roboter-Ag und ich finde, dass er ziemlich viel fachliche und mittlerweile auch methodische Kenntnisse mitbringt. Von daher meine ich, dass es darauf ankommt, welche Ziele man sich selber setzt. Auch als didaktischer Laie kann man sich weiterentwickeln!!


    Die Fragen, die ich mir an deiner Stelle stellen würde, sind:


    1. Wie unterscheidet sich die Tätigkeit in der Schule von meiner bisherigen?


    2. Ist die Tätigkeit in der Schule eine neue Herausforderung?


    3. Wie wichtig ist für mich ein sicheres Einkommen?


    4. Wie groß ist der Gehaltsunterschied zwischen meiner bisherigen/zukünftigen Tätigkeit?


    5. Wie ist meine bisherige/zukünftige Arbeitsbelastung?


    Von daher solltest Du dich vorher an Berufskolleg umschauen und mit Lehrern/Seiteneinsteiger vor Ort sprechen, damit Du einen realen Einblick in das Leben eines "richtigen" Lehrers bekommt.


    Alles Gute für deine Zukunft, die Sonne :)

  • In B-W unterrichten die technischen Lehrer an den Berufsschulen den praktischen Teil in den Werkstätten. Die Eingangsqualifikation ist die Meisterprüfung und eine mehrjährige Berufserfahrung (du wärst zumindest in B-W kein "Quereinsteiger"). Das ist m.E. genau die richtige Voraussetzung, ein Ingenieur/Studierter hat in einer Werkstatt nichts verloren und hat meist wohl auch nicht die nötigen (Praxis-)Kenntnisse.
    Bezahlt werden technische Lehrer im Eingangsamt nach A10.
    Bei uns ist der Kontakt zwischen den wissenschaflichen Lehrkräften (vor allem den Allgemeinbildnern wie mir) und den technischen Lehrern relativ gering, was auch an der räumlichen Aufteilung liegt (Werkstätten im Seitengebäude). Ich habe aber noch nie etwas von einem "Standesdünkel" mitbekommen.
    Also, wenn du Lust hast, junge Leute zu unterrichten, nur zu. Die Übernahmequote liegt in B-W bei fast 100%!

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Hallo Marco,


    kann eigentlich Timm's Argumentation kaum noch was hinzufügen und glaube nicht an den magischen Erfolg der wissenschaftlichen Vorbildung. Die wichtigsten Qualitäten eines Lehrers sind meiner Erfahrung nach:
    1. Interesse an und Kompetenz in dem Fach, das du unterrichtest
    2. Sicherheit und Offenheit im Umgang mit dir selbst und anderen
    3. offene Augen und Ohren für Arten, wie man Dinge vermitteln kann und was dabei herauskommt
    Natürlich hilft Studium und Ref, aber es ist nicht der einzige Weg zum heiligen Gral. Du hast bereits geschrieben, dass du in deinem Fach (für Schulmaßstäbe) kompetent bist und das du bereits erfolgreich und mit Spaß unterrichtet hast - und deine mail hört sich so an, als wärst du ein ruhiger, überlegter, offener Mensch. Go for it.
    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

  • ... ich möchte mich bei euch allen für die konstruktiven Beiträge bedanken. Das "Für und Wider" muss ich erst einmal in einer innerpersönlichen Klausur abklären, um mich dann der pragmatischen Seite zuzuwenden. Das Interesse, sowie die gefühlte Einstellung, ist einfach vorhanden und ich sollte mir vielleicht nicht selbst im Wege stehen ;)


    ... aber mitlesen werde ich hier weiterhin und immer wieder einmal banale Frage stellen... ;)


    ... da auch ich das Privileg genieße ab morgen Urlaub zu haben, wünsche ich euch ein ruhiges besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr...


    ... LG marco

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