Hilfe-Textarbeit Englisch Oberstufe (11)

  • Hallo allerseits,


    ich soll nach dem Wochenende in einer 11. Klasse in eine Einheit zum "American South" einsteigen. Ich habe ein paar Mal hospitiert, aber es war nicht wirklich hilfreich, weil der Lehrer die meiste Zeit Vorträge hielt. Jetzt hat sich unglücklichweise noch mein pingeliger Fachleiter nächste Woche angekündigt und ich stehe da und habe keine Ahnung, wie man in einer 11. Englisch unterrichtet.


    Ich werde einen 1-2 seitigen Text über den American South im Buch bearbeiten. Er ist sehr abstrakt mit vielen unbekannten Wörtern. Jetzt meine - ganz grundsätzlichen - Fragen:


    1. Vokabeleinführung: Ist es üblich,in der OS jede klitzekleine Vokabel einzuführen oder kann man unwichtige übergehen? Führt man sie üblicherweise/besser VOR dem Lesen des Textes ein, d.h. a priori, oder NACH dem Lesen? Schreibt man sie an oder erklärt sie bloß? Ich weiß, es gibt keine Patentrezepte, aber für einen kleinen Hinweis wäre ich SEHR dankbar. Mein Lehrer ist da wenig hilfreich, der hat seinen ganz ureigenen Vortragsstil


    Textarbeit: Ich frage mich, ob ich solch einen Text besser auf einmal, das heißt, als Ganzes einführen soll, oder peu a peu, Abschnitt für Abschnitt, also nach jedem Abschnitt stoppen und bearbeiten, dann weitermachen? Kann man 11ern einen 1-2 seitigen unbekannten Text auf einmal zumuten? Lässt man ihn laut vorlesen, oder in Stillarbeit, oder spielt man ihn vor, oder alles drei? Packt man einen 1-2 seitigen Text in einer UNterrichtsstunde? Vermutlich eher nicht, oder?
    Stellt man dann hinterher einfach zuerst Verständnisfragen, dann weiterführendere Fragen? Wie stellt man die Arbeitsaufträge?


    Ich weiß, das klingt furchtbar kindisch und unselbständig, aber ich bin ein wenig frustriert, denn keiner hilft mir. Im SEminar haben wir das noch nicht behandelt, und der Lehrer sagt, jeder hat da seine eigene Vorgehensweise. Also, kann mir jemand verraten, wie er/sie an solch einen Text herangeht? Ich wäre sehr dankbar und viellicht wäre meine Verzweiflung nicht mehr so schlimm, wenn ich einige Beispiele hätte. Ich hoffe, mein Beitrag geht nicht in diesem allgemeinen Müll von heute unter.


    Besten Dank! Liebe grüße Anna Havanna


    Datum: 20:20:51 07/5/2004

  • Bei Heikes Ideen kann keiner mithalten *schmollgrins, sich Notizen machend und den "Marktplatz" demnächst ausprobieren wollend*. Noch meine bescheidenen Referendarszusätze:


    Wenn du vorher Vokabelarbeit machen möchtest, solltes du eher in Wortfeldern als in "unbekannten" ( und meist unzusammenhängenden) Vokabeln denken. Gut funktioniert z.B. ein Bild zum Thema des Textes, anhand dessen schon mal themenbezogene Lexeme (sprich Assoziationen) gesammelt werden. Natürlich kannst du an dieser Stelle auch neues zentrales Vokabular einfließen lassen. Ich mag pre-reading activities, weil die SuS nachher tatsächlich besser lesen und sprechen, da sie für das Thema schon "warm" sind. Variation: Ich hab mir letztens mal einige abstrakt beschreibenden Adjektive (teils bekannt, teils unbekannt) aus dem Text gefischt, sie an der Tafel im Kreis um das Themenwort herumgeschrieben und die SuS vermuten lassen (drei Minuten PA dann Klassengespräch), wie diese Wörter mit dem Thema in Zusammenhang stehen. Kam viel bei rum, und sie haben nachher gründlicher gelesen.
    1-2 Seiten sollten sie wirklich gut schaffen, aber vielleicht solltest du ihnen Leitfragen an die Hand geben - oder besser, anständig schülerorientiert, in der pre-reading-phase die SuS überlegen lassen, was den an dem Text interessant sein könnte und mit welchen Fragen ihr an den Text herangeht.
    While-reading unterbreche ich meist nicht, sondern lass sie direkt (anhand von Leitfragen, Arbeitsauftrag) usw. zum post-reading - in der Phase kann ich besser rumgehen und einzelnen Gruppen helfen, anstatt der ganzen Klasse den Kram vorzuseiern. Wenn alle halbwegs so weit sind und mit PA-GA die Leitfragen geklärt haben, mach ich schon eine kurze Zwischensicherung des Textinhalts im Plenum anhand der Leitfragen, um zu verhindern, dass jemand ganz vom Thema abkommt, und schließ dann die Arbeitsphase an, in der sie mit dem Text was (meist) Produktionsorientiertes machen - also einen Standpunkt des Textes für eine Talkshow aufbereiten, Gespräch mit einer der Hauptfiguren,
    Brief an..., Alternativvorschlag für..., Präsentation von... usw. Zeitplan:
    5 min wortfeldaktivierender Einstieg
    2 min Leitfragen formulieren
    10 min Text lesen und Stichworte zu Leitfragen
    5 min Zwischensicherung
    15 min produktionsorientierte Arbeit am Text
    10 min Ergebnispräsentation
    Ha, und ich wunder mich, warum ich mit meinen Stunden nie hinkomm... ;) Der Dreischritt pre-reading, while-reading, post-reading ist zwar auch nicht der Stein der Weisen, aber ein bisschen hilft er schon...


    Viel Spaß,
    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

  • *blinzel*


    Sorry, irgendwie bin ich noch nicht ganz wach, ich seh grad, dass das Hauptziel der Stunde Einstieg in den "American South" ist... bist du dir sicher, dass du das mit dem Text aus dem Buch machen willst? Nichts gegen Lehrbücher, aber die schlagen ein Thema gern tot, und grad am Anfang geht's eigentlich drum, die SuS ihre eigenen Vorkenntnisse einbringen zu lassen und herauszubekommen, wofür sie sich besonders interessieren. Wenn du in der Stunde dann einen recht langen Text bearbeitest, bleibt wenig Zeit zum Austausch. Alternativvorschläge:
    - "The American South" an die Tafel, vielleicht ein paar Schlüsselbegriffe aus verschiedenen Bereichen als Gedankenstarter dazu (Nashville, steam boats, Uncle Tom, bible belt...verdammt, ich weiß selbst nix über das Thema, aber jedenfalls unterschiedliche Bereiche, von denen sie was gehört haben könnten - Bush gehört da auch hin, oder?) jeder schreibt auf Kärtchen Assoziationen (3 min reichen, pro Assoziation 1 Kärtchen), in Gruppen oder (bei kleiner Klasse) im Plenum zu Themenbereichen sortieren
    - Kontrastbilder - southern belle und KKK als prompter, weitere Assoziationen sammeln
    - mit kurzen Texten arbeiten... z.B. einen relativ kurzen positiven WErbetext oder mit joke - gute Quelle
    http://www.allthingssouthern.com
    und einen Negativtext gegenüberstellen (mein Favourite, aber wahrscheinlich noch zu früh in der Reihe, "Strange Fruit" von Billy Holiday)
    - kurze PowerPoint-Bildersammlung (Flagge, Steamboat, Country concert etc.) mit gleichem Ziel


    Jedenfalls, ein Lehrbuchtext, der erst mal einfach alles auf den Tisch knallt, ist für mich immer ein bisschen nervtötend... viel Spaß!
    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

  • Ihr seid spitze, vielen lieben herzlichen Dank für die Tipps!!!!
    (*überschwengliche Freude*)


    Jetzt habe ich das Gefühl, dass ein wenig licht in mein Dunkel kommt. Das hat mir jetzt mehr geholfen als endlose SEminarrunden oder mein bereits erwähnter vortragsliebender Fachlehrer. Ich stelle mir nämlich oft die Frage, wie ich die SuS aktivieren soll, ich habe noch wenig methodische Erfahrung und mache dann immer in den Stunden viel zu viel selbst (sagt man mir oft)


    Noch eine kleine Frage: Lasst ihr die OS-SuS noch laut vorlesen oder ist das in der OS obsolet? Ich finde eigentlich, dass Lesen üben noch Sinn macht, oder? Mein pingeliger Fachlehrer ist immer so gegen Vorlesen lassen und ich versteh nicht so ganz, warum.


    Woher habt ihr eigentlich eure Ideen für solch originelle Methoden? Fällt euch das einfach so ein, oder könntet ihr ein Methodenbuch empfehlen?


    Bei mir herrscht methodisch im Kopf leider meistens Ebbe :(


    Und, Wolkenstein: Woher nimmst du denn deine Texte, wenn du nicht das Lehrbuch benutzen möchtest? Wir haben das "Eleven", was ich eigentlich auch ganz gut finde!



    Weitere Ideen natürlich VERY WELCOME!!!!!!!


    Viele liebe Grüße von Anna Havanna , der ein Stein vom Herzen gefallen ist .....

  • Hallo Anna,


    1. als Methodenlexikon
    Die übersichtliche, sinnvolle Sparversion: Wolfgang Mattes, Methoden für den Unterricht, Schöningh
    Deutlich mehr, aber auch teurer: Wilhelm Peterßen, Kleines Methoden-Lexikon, Oldenbourg
    Konkret für Englisch, macht vieles klar: Ute Rampillon, Better in English, Kallmeyer
    Ansonsten: Augen aufhalten, Methodenvorschläge gibt's viele, ganz sinnvoll scheinen mir die Vorschläge in der Zeitschrift "Der fremdsprachliche Unterricht Englisch", aber ich hab mich auch noch nicht dazu durchgerungen, sie zu abbonieren.


    2. Von wegen laut Vorlesen
    Vorlesen schon, aber es ist eine eigene Aktivität. Du musst dir klar machen, dass der Vorleser den Text wahrscheinlich inhaltlich nicht versteht, während er ihn vorliest (probier's mal selbst aus, du nimmst Sachen viel schlechter auf), auf der anderen Seite muss er den Text eigentlich verstanden haben, um ihn sinnvoll vorzulesen. Deshalb: Lesen Üben hübsch verpackt als Auftrag mit nach Hause geben - entweder einzelne SuS den Text für die nächste Stunde vorbereiten lassen, oder eine Situation angeben (dieser Text ist die Eröffnungsrede zu einer Tagung über...) und die SuS sich auf die Aufgabe vorbereiten lassen. Dann aber auch das Vorlesen reflektieren - wo hätte die Betonung anders sein müssen? Wo hat man wärend des Vorlesens gemerkt, dass der Vorleser nicht wusst, was er vorliest? Welche Betonungsalternativen hätte es gegeben? Immer ein schönes Spiel: einen kurzen Text (von mir aus der Wetterbericht) als Extremtext (die Liebeserklärung, der Abschiedsbrief, der Aufruf zur Revolte, die Kündigung) vorlesen lassen. Dabei den Vorleser die Rolle aus dem Hut ziehen lassen, andere SuS vermuten, welche Rolle er darstellt (natürlich mit Begründung). Also: Vorlesen ja, aber als eigene, methodisch durchgeplante und reflektierte Unterrichtsaktivität. Dazu gehört auch das Vorlesen unbekannter Texte (beliebte Bewerbungsgesprächsprüfung), aber erst mal müssen Lesestrategien, Betonung, Tempo usw entwickelt sein, bevor du sie da reinschubsen kannst.


    3. Texte ohne Lehrbuch
    English Eleven von Cornelsen? Nett, aber zu wenig - außerdem hab ich was dagegen, dass die Aufgaben zum Text mir als Lehrer kaum noch was zu tun lassen. Alternative Textquellen:
    INTERNET; INTERNET; INTERNET
    Englische und amerikanische Zeitungen (Washington Post, New York Times, Guardian und Sun bieten praktische Druckversionen ihrer Artikel an, aber meistens kürz ich noch), Schlagwortsuche bei google, guter Startpunkt:
    One-Stop-English (hab die site grad nicht da, mussu googlen)
    Ansonsten such mal nach EFL oder ESL (English as a foreign language, English as a second language), da gibt's auch ganz nette Sachen.
    Sehr gute Hinweise auch bei den enpaeds (Yahoo-Group, zu www.yahoo.de gehen, unter "groups" nach "enpaed" suchen, Aufnahme beantragen - kost nix, und sowohl Archiv als auch die tägliche Mail beiten immer was Neues).
    SO, und jetzt hau deinem Fachleiter mal einen über die Rübe, dass er euch das nicht gleich gesagt hat, und erzähl am Dienstag, wie die Stunde gelaufen ist.


    Viel Spaß,
    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

  • Noch ein 2. herzliches Dankeschön an euch beide für das Beantworten meiner zahlreichen fragen!!! Bin froh, jetzt eine kleine Orientierung bezüglich der Methoden zu haben. Ich hoffe, es kommt mit der Zeit und Übung, dass einem dann ein bisschen mehr einfällt, ich zermartere mir immer das Hirn darüber, wie erwähnt. Auch das mit dem Vorlesen lassen: interessante Aspekte, ich hätte jetzt mal einfach so aus dem hohlen Bauch raus vorlesen lassen, als allgemeine Übung, kam nie auf die Idee, dies methodisch zu reflektieren. Die Tipps wie Marketplace, etc., klingen sehr interessant!! Muss ich unbedingt ausprobieren - auch wenn ich immer Schiss habe, dass es dann in der Klasse "hoch hergeht".




    Ich werde gerne mehr darüber berichten!! :P:):):):):):)



    Liebe Grüße Anna Havanna

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