Du kannst nicht darauf bauen, deine Klasse im Halbjahr abzugeben.
Das Problem wird vermutlich nicht die "Strenge" sein, sondern die Konsequenz.
Überlege dir ein klares gestuftes Vorgehen und zieh das ohne Ausnahme durch. Kontrolliere dich dabei auch ehrlich selbst. Wenn z.B. deine Interventionsschwelle schwankt, dann läuft das ins Leere.
Sprich für extrem massive Störungen eine Möglichkeit ab, den Hauptstörer temporär für die betroffene Stunde aus der Lerngruppe zu nehmen.
Kontrolliere deinen Unterrichtsaufbau und maximiere die effektive Lernzeit, minimiere die freien Lücken, differenziere so, dass jeder Schüler zu jeder Zeit auch etwas machen kann. Beschäftigte Schüler haben wenig Zeit zu stören.
Nutze die Macht über die Sitzordnung und damit die Gestaltung des sozialen Lernarrangements in deinem Unterricht. Idealerweise abgestimmt mit dem Lehrerteam der Klasse. Zur Not ist sie in deinem Unterricht halt anders.
Nutze die unterschiedlichen Distanzzonen im Unterricht und beweg dich durch die Klasse. Störungen sind in der Regel im Abstand > 2-3m.
Setz den Adlerblick gezielt ein, schau immer wieder (ohne erkennbares/vorhersehbares Muster) in die Bereiche des Klassenraums, in denen du gerade nicht stehst. Damit erzeugst du das Gefühl, dass du immer alles mitbekommst.
Diskutier Sanktionen nicht im Unterricht. Wenn einer bockig wird, sagst du "Du machst das entweder jetzt oder du bleibst gleich in der Pause (direkt nach der Stunde) zum Gespräch". Alle anderen Schüler sind bei dem Gespräch nicht dabei. Du legst es extra in die Pause des Schülers, um es für ihn unattraktiv zu machen. Die Ankündigung und dass nur der Betroffene dabei ist und damit die Ungewissheit, was da genau passiert, sorgt für einen Halo-Effekt auf andere Schüler.
Investiere in die Schüler-Lehrer-Beziehung. Schüler lernen zu einem Großteil für ihre Lehrer.
Als ersten Schritt musst du jetzt deine aktuellen, verständlichen negativen Erwartungen an die Lerngruppe/Unterrichtssituation aktiv beiseite schieben, weil Schüler die sofort spüren und entsprechend darauf reagieren.
Noch ein Kommentar zum Thema Noten:
Die sind als Steuerungsmittel ungeeignet, weil für die Schüler zu weit von der Situation entkoppelt. Der Zusammenhang zwischen Lernverhalten und Noten ist ihnen nur abstrakt und kognitiv klar. Selbst wenn der zeitliche Abstand klein genug für das "Fühlen" eines Ursache-Wirkung-Zusammenhang gegeben ist, dann erzeugt die Frustration durch schlechte Noten eher eine Verstärkung des devianten Verhaltens. Anders sieht das nur aus, wenn du es schaffst Erfolgserlebnisse und Selbstwirksamkeitserfahrungen zu generieren.
Bezüglich der persönlichen Weiterentwicklung:
Die Handlungsmuster, die du im Ref und in den ersten Jahren danach erwirbst und einübst, werden maßgeblich dein weiteres Berufsleben prägen.
Von daher lohnt es sich wirklich, auch sich selbst etwas genauer zu reflektieren und solche Situationen aktiv anzugehen und nicht im Sinne einer "Fluchtstrategie" auf die Abgabe der Lerngruppe zu hoffen. Kollegiale Hospitationen können da extrem hilfreich sein, wenn sie einen klaren umgrenzten Auftrag haben und zielgerichtet sind, z.B. Beobachtung der Intervention, des Raumverhaltens oder der Unterrichtsdurchführung hinsichtlich Vermeidung von Totzeiten und Maximierung effektiver Lernzeit.
Und ja, ich weiß, dass uns die manchmal etwas schwerfallen, weil sie an den UB-Stress im Ref erinnern.
Falls du noch im Ref bist, kannst du deinen Mentor im Ausbildungsunterricht bitten, stundenweise solche Beobachtungsschwerpunkte zu setzen und die Feedback zu geben. Meistens sind die Lehrerverhaltensweisen relativ konsistent und nur die Auswirkungen je nach Lerngruppe unterschiedlich stark ausgeprägt.
... so genug des langen Beitrags. Sieh es als Ideensammlung und guck, was davon für dich passt.