Mich würde interessieren, inwiefern die Abschlüsse in Deutschland und in Ländern mit größerer Bildungsgerechtigkeit bzw. einem weniger einflussreichen Faktor soziale Herkunft vom Anspruchslevel her vergleichbar sind. Beispielsweise gilt der amerikanische High School Abschluss als deutlich einfacher, als das deutsche Abitur. Wie sieht es in diesem Punkt in Ländern aus, die beim Thema Bildungsgerechtigkeit ganz vorne mitmischen? Denn wenn der Preis dafür ein insgesamt niedrigeres Kompetenzniveau und ein niedrigerer Anspruch an Abschlüsse ist, dann weiß ich nicht, ob das überhaupt erstrebenswert ist.
Anekdotisch: meine vorherige Schule, Gymnasium im Ruhrgebiet, hatte in Sachen Durchlässigkeit eine prima Passung mit der örtlichen Realschule. Die in der Einführungsphase zu uns stoßenden Schüler haben sich mehrheitlich völlig unauffällig in den Leistungsquerschnitt unserer eigenen Schüler eingefügt und erschienen mir in einigen Teilbereichen sogar oft besser aufgestellt. Es war aber eben auch ein extrem leistungsschwaches Gymnasium (mit dem oft besten Abidurchschnitt der Stadt, kein Widerspruch) und ich bin sicher, dass die Hälfte der Schüler an der Schule, an der ich davor gearbeitet habe, definitiv kein Abitur bekommen hätte. In Punkto Bildungsgerechtigkeit also sicherlich sehr überdurchschnittlich gut abschneidend, aber man darf bloß nicht allzu genau hinschauen, was die Leute am Ende überhaupt können.
Was ich sagen will: vielleicht KANN Schule bei einem gewissen Anspruch schlichtweg nicht auf häusliche Mitarbeit des Elternhauses verzichten. Unsere Schulen sind mittlerweile vollgestopft mit Förderangeboten, oft fällt aber auf, dass gerade diejenigen, die sie nötig hätten, sie nicht annehmen, und auch die (eher bildungsfernen) Eltern die Notwendigkeit nicht sehen. Und dann ist das eben so und man sollte vielleicht eher schauen, in welcher Ausbildungssparte die Kinder und Jugendlichen gut aufgehoben wären. Zwischen Uniabsolvent und Lagerarbeiter liegen ja glücklicherweise noch sehr viele sehr gut bezahlte Optionen, die man evtl. auch einfach mal wieder angemessen wertschätzen könnte.