Inwiefern es dem Studium an fachwissenschaftlicher Tiefe mangelt, hängt sicherlich auch vom Fach ab. In Englisch sehe ich keinen wirklichen Unterschied zu den Kommilitonen, die nicht im Lehramt unterwegs waren - okay, die hatten die Didaktikveranstaltungen nicht und dafür halt in jedem Modul ein fachwissenschaftliches Seminar mehr, aber im Prinzip ist es auch völlig egal, ob ich 3 oder 4 Literaturseminare hatte. "Technisch" ist es immer das gleiche, nur der thematische Schwerpunkt unterscheidet sich halt. Hier fühle ich mich in keiner Weise schlechter ausgebildet als die "Voll"anglisten. Bei uns gab es auch übrigens sehr wohl Sprachpraxisprüfungen, mündlich wie auch schriftlich. Die Darstellung auf der vorletzten Seite erschreckt mich etwas.
In Geographie - und hier wird es ja nun ein wenig naturwissenschaftlicher - sieht das anders aus und hier fehlt im Lehramtsprofil leider die gesamte Forschungsmethodik. Mehr als ein Statistikseminar und ein bisschen Kartieren sowie GIS auf sehr sehr (sehr!) rudimentärem Niveau war nicht Bestandteil der Ausbildung. Mich hat das immer geärgert, denn genau dieser Mangel erschwert den Ausstieg aus dem Lehramt und den Wechsel in ein fachbezogenes Berufsfeld. Auch halte ich es für durchaus wichtig, dass auch Lehrer "hinter" die Bücher schauen können und zumindest einen begrenzten Einblick in die Forschung erhalten. Hier bin ich nicht ansatzweise auf dem Ausbildungsstand eines reinen Fachwissenschaftlers und würde mir das auch nie anmaßen wollen.
Sehe ich mich also gleichwertig ausgebildet wie ein vollstudierter Anglist und ziehe den Gehaltsvergleich zu dieser Absolventengruppe, stehe ich als Lehrer vermutlich verdammt gut dar. Mit Absolventen der Geowissenschaften kann ich fachlich nicht mithalten, aber auch hier wird tendenziell nicht mein Nettogehalt verdient.
Anekdote aus dem IT Bereich: mein Ex war selbstständiger Softwareentwickler. Sehr gut verdient, den Winter regelmäßig in wärmeren Gefilden verbracht und 3 Monate überhaupt gar nicht gearbeitet, dafür aber das restliche Jahr durchgepowert. Gegen Ende zeichnete sich ab, dass das so allerdings auch nicht mehr funktionieren wird, denn der Markt ist so schnelllebig, dass man sich diese Auszeiten kaum erlauben kann. Zudem erwarten Kunden 24/7 Support, und zwar pronto. Mein Ding wäre es nicht gewesen und er hat dann auch irgendwann hingeschmissen und was komplett anderes gemacht. Als Backoffice-ITler in einem Großunternehmen sieht es vielleicht anders aus, aber ob man da die ganz dicken Gehälter einstreicht, ist eben auch fraglich. Mir erscheint, dass gerade die IT Branche in Bezug auf Gehälter und Arbeitsbedingungen sehr differenziert betrachtet werden muss.