Mann, Philo, was hat dich denn heut gebissen? Seit wann so kulturpessimistisch? Ist dir heut morgen Adorno in den Kaffee gefallen?
Mal ein bisschen sachlicher: Erstens verstehe ich dein saumieses Bild von den Interessen der Schüler nicht - ich will zwar nicht behaupten, dass alle meiner lieben Kleinen sich mit Begeisterung auf Goethe stürzen, aber da ist eine ganze Menge mehr an Neugier, als du ihnen in deinen Kommentaren zutraust, es kommt durchaus kein billiger Schwachsinn dabei heraus, wenn man die SuS bei der Auswahl der zu behandelnden Medientexte mitspielen lässt.
Zweitens, erinnerst du dich an die "Fight Club" Debatte? Den hatten die lieben Kleinen von sich aus ausgewählt, und - um deiner Angst der Stoffverarmung zu begenen - wenn ich ganz ehrlich bin, halt ich im Moment Fightclub auch für wichtiger als Werther, wenn ich mich entscheiden müsste.
Drittens, ich kann ja deine Fernseh-Abneigung verstehen, mich kotzt auch das allermeiste an, aber das heißt nur ganz begrenzt, dass es den SuS anders geht. Ich halt's dann für pädagogisch sinnvoller, wenn die SuS mit dem Lehrer heiß diskutieren müssen, um ihn vom Wert einer Sendung zu überzeugen, aber grundsätzlich sehe ich nichts Verwerfliches darin, die "Medienwelt der Schüler" intensiv mit einzubeziehen.
Wie hab ich mir denn deinen Medien-Lehrplan vorzustellen? Zum Einstieg in der 5. Klasse gucken wir Das literarische Quartett, ab dann gibt's nur noch ARTE, und wer zwischenduch einschläft, fliegt raus. Und dann haben wir erreicht, dass sie NIE WIEDER einen kulturell wertvollen Film sehen wollen - so wurde mir mal Tarkovsky vermiest, was ich dem entsprechenden männlichen Wesen bis heut übel nehme. Das kann's doch nicht sein, oder?
Noch zwei Gegenthesen: Zum einen wissen wir nicht, was die Lütten aus ihrer Kultur machen - unsere Eltern hatten Ärger wegen den Beatles, wir mussten den "Star Wars Schund" verteitigen (oder Comics, nicht wahr?), und wenn ich jetzt GZSZ nicht raffe ,dann ist das wahrscheinlich ein Zeichen dafür, dass ich ALT werde und das gar nicht raffen soll.
Zum anderen von jemandem, der ungefähr die Hälfte seiner Bildung immer aus der Populärkultur gezogen hat (sag jetzt nichts, ich weiß, was du denkst), die großen Gedanken der Zeit schagen immer in guter Populärkultur durch. Kaum ein Genre verwurstet soviele moderne Literaturtheorien wie der englische neue Krimi, postmoderne Kulturtheorie hat energsiche Spuren in Star Trek hinterlassen, un d Theorien der Gesellschaft lassen sich bereits in Hanni und Nanni nachweisen. Ohne Scheiß, es gibt eine MJenge Quellen für gute Gedanken. LAss die SuS erst mal erzählen, was sie denn in dem Kram eigentlich finden - dann kannst du immer noch meckern.
Mit unverbesserlichem Kulturoptimismus,
w.