Dannhäuser: Es ist leider so, und darunter leiden wir in der Tat, dass es in unserer Gesellschaft offensichtlich unausrottbare Vorurteile über den Lehrerberuf gibt. Wir können das z. T. verstehen, denn es ist ja nun einmal nicht jeder erfolgreich in diesem Schulsystem. Aufgrund dessen gibt es viele Schulversager und daher auch viele “offene Rechnungen”. Da ist man irgendwann einmal von einer Lehrerin oder einem Lehrer dumm angeredet worden und deswegen meint man dann, man müsste diese Rechnung später irgendwie begleichen. Aber die Gesellschaft und die Medien, und hierbei vor allem die Printmedien, tun damit nicht nur der Lehrerschaft nichts Gutes, sondern auch der Schule und damit den jungen Menschen. Und sie tun dadurch auch der gesamten Gesellschaft nichts Gutes, wenn Lehrerinnen und Lehrer bei jedweder Möglichkeit diffamiert werden. Natürlich gibt es Einzelfälle von Versagern auch unter der Lehrerschaft, die gibt es aber in jedem Beruf. Dafür bräuchten wir geeignete Instrumente, um das bewältigen zu können. Diese Einzelfälle jedoch oder diese subjektiven Erfahrungen, die man möglicherweise bereits vor Jahrzehnten gemacht hat, immer wieder aufs Tablett zu bringen und damit die gesamte Berufsgruppe zu demoralisieren, ist zum Schaden unserer Kinder und Jugendlichen. Schauen wir doch mal auf diese Spitzenländer in der PISA-Studie, schauen wir doch mal nach Finnland, denn Finnland ist in diesem Zusammenhang ja oft genug herumgereicht worden als leuchtendes Beispiel. Dort nennt man die Lehrerinnen und Lehrer "Kerzen des Volkes". Das ist sehr lyrisch und das tut gut. Wie ist es aber bei uns? Wenn man heutzutage bei uns z. B. im Urlaub gefragt wird, was man denn von Beruf sei, dann drücken sich die Lehrer oft um eine Antwort herum. Wenn es dann aber doch herauskommt, dann bekommt man in aller Regel zur Antwort: "So, das hätte ich aber nicht gedacht!" Oder man bekommt sogar eine regelrecht abfällige Bemerkung. Das ist ganz schlimm geworden bei uns. Welche Berufsgruppe würde sich das auf Dauer gefallen lassen oder würde das ertragen? Man müsste doch stolz darauf sein, dass die Lehrerinnen und Lehrer in dieser Gesellschaft die Grundlagenarbeit machen. Wer macht sie denn sonst? Wir als Lehrerinnen und Lehrer schaffen die Grundlagen für die wirtschaftliche Stabilität und Prosperität unserer Gesellschaft. Wir legen die Grundlagen für die soziale Balance, dafür, dass diese Menschen einigermaßen anständig und verantwortungsbewusst miteinander umgehen. Wir sind doch diejenigen, die vor allem bei der heute vorherrschenden hohen Mobilität in unserer Gesellschaft einen integrierenden Faktor darstellen. Nehmen wir die ethnischen, die religiösen, die ganz großen sozialen Unterschiede: Wir sind doch im wahrsten Sinne des Wortes eine integrierende Einrichtung dieser Gesellschaft. Wer leistet das denn außer den Lehrern? Niemand sonst! Darauf müsste die Gesellschaft also eigentlich stolz sein, sie müsste stolz darauf sein, dass wir das tun. Aber das ist nicht der Fall. Und das tut weh und schreckt übrigens auch einige von diesem Beruf ab. Auf die Dauer wird das auch zur Belastung. Damit sind wir nun natürlich beim Thema "Arbeitsbelastung bzw. Belastung überhaupt im Lehrerberuf" angekommen. Man darf jedenfalls diese Schädigung des Rufs der Lehrerschaft nicht unterschätzen, denn es ist in hohem Maße demotivierend, wenn diese Arbeit nicht anerkannt wird.