Beiträge von Stille Mitleserin

    Die Frage ist doch: Bist du zufrieden mit der bundesdeutschen Politik? Was war deiner Meinung nach erfolgreich, was kam bei dir an, was nicht?
    Dazu darf man auch sein Umfeld betrachten - Eltern, Kinder, Freunde, Kollegen.

    Das ist das, was der Bürger ganz grundsätzlich in der repräsentativen Demokratie entscheiden darf. Übrigens auch ganz aus dem Bauch raus. Es ist durchaus auch eine Aussage festzustellen: "Die Regierung sagt, es habe Entlastungen gegeben - ich habe aber nicht mehr Geld zur Verfügung."

    Es steht nirgendwo in unserer Verfassung, dass der Bürger ein Experte für bestimmte politische Felder sein muss. Er gibt nur entweder der alten Regierung ein go oder bestimmt (in der Mehrheit), dass eine neue Regierung eingesetzt wird. Der Regierungswechsel geht gewaltlos vonstatten. Das hat also auch etwas mit Vertrauen zu tun - man gibt ja quasi Vorschussvertrauen für die zukünftige Regierungspartei ab.

    Nun haben wir das Problem, dass eine Vertrauenkrise entstanden ist - ein Teil der Bürger
    1. hat das Gefühl, dass die Politiker egal welcher Partei sehr eng zusammenarbeiten und in den Positionen und Lösungsvorschlägen sehr eng zusammengerückt sind. Die Menschen haben den Eindruck, es sei sowieso egal, wer regiert, man bekommt immer dasselbe. Wenn ich mir die Regierungen Kohl, Schröder und Merkel anschaue, kann ich das nachvollziehen.

    2. hat den Eindruck gewonnen, die Politiker wirtschaften gern auch mal in die eigene Tasche und bringen ihre Schäfchen ins Trockene. Wenn man die teilweise sehr üppigen Versorgungen schon nach recht kurzer Verweildauer im Amt mit denen des Durchschnittsrentenbeziehers vergleicht, ist das nicht von der Hand zu weisen. Politische Skandälchen, die Verweigerung mancher Abgeordneten, ihre Bezüge offenzulegen (Einnahmen durch Beratungstätigkeiten oder Reden) und auch die Versorgung mancher Ex-Politiker mit Pöstchen nach entsprechend großzügigen Entscheidungen im Amt (siehe auch Gerhard Schröder) lassen mich das verstehen.

    3. hat Angst um seine Versorgung im Alter oder auch im Armutsfall. Uns ist lang genug gesagt worden, dass wir (also wir/ich nicht, bisher zumindest) viel weniger bekommen. Die Renten sind eben ganz und gar nicht sicher. Und die Menschen sind vielleicht keine ausgewiesenen Mathematiker, aber sie fragen sich, wie es, wenn wir eh schon den Gürtel enger schnallen müssen, gehen soll, dass über eine Million Flüchtlinge bei uns aufgenommen werden, von denen wir bei vielen ahnen, dass sie eventuell nie auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen werden und zusätzlich unterstützt werden. Und sie haben Angst, dass noch mehr Leute auf der überfüllten Party eingelassen werden, auf der der Kuchen schon knapp ist, und fragen sich, ob sie noch etwas abbekommen oder zumindest, wo denn neuer Kuchen herkommen soll.

    4. fühlt sich dann belogen, wenn er Nummer 3 als (zunächst vielleicht ganz höfliche) Frage stellt und ihm dann von der Partyleitung mit geteilt wird, wir schaffen das schon. Aber er kann ja rechnen. Und echte Antworten kommen nicht. Dann stellt der Bürger fest, dass ihm von überall her entgegenschallt, wie nett die neuen Partygäste seien und welchen Spaß man mit ihnen haben kann, aber eine Antwort auf die Frage, ob er nun mehr zahlen muss, hat der Bürger immer noch nicht erhalten. Die Medien berichten stets nur noch positiv über die neuen Partygäste und allerorten sind Plakate, die besagen, wie nett es ist, dass sie da seien. Der Bürger hat den Eindruck, man wolle ihn dazu erziehen, die neuen Gäste nett zu finden. dadurch fühlt er sich gegängelt.

    5. Die neuen Partygäste bringen kulturelle Eigenheiten mit, die dem Bürger fremd sind und ihm teilweise auch wiederstreben. Ich will nicht alles aufzählen, aber gerade die Diskussionen der letzten Tage um die Ehen von Minderjährigen unter 14!!!, deren Zahl in Deutschland aktuell bei 391 liegt, lässt manche Menschen richtig sauer werden. Bei uns nennt man sowas Vorschub für Pädophilie und da muss eigentlich ganz schnell Strafantrag gestellt werden. Nun fordert die Integrationsbeauftragte der Regierung, man solle überlegen, diese Kinder eventuell auch in der Ehe zu belassen, weil die Mädchen ja sonst alle sozialen Kontakte und auch rechtliche Ansprüche verlören. Mit dem Argument kann man auch verargumentieren, dass von ihren Eltern missbrauchte Kinder lieber weiter in der familie bleiben sollten, sie würden ja sonst alle sozialen Kontakte verlieren.
    Manche Bürger empfinden das empörend und haben den Eindruck, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird - ein pädophiler Deutscher würde eingeknastet, bei einem pädophilen Flüchtling ist das schon in Ordnung, er lebt ja nur seine Tradition. Die Menschen sind besorgt, dass auch in der Auseinandersetzung mit anderen islamischen Traditionen wie der weiblichen Beschneidung, Ehrenmord oder Polygamie zwischen Biodeutschen und Flüchtlingen ein Unterschied gemacht wird. Vielen geht das gegen das Gerechtigkeitsgefühl, viele finden (ich auch!!!!) manche dieser Traditionen nicht menschenwürdig. Man hat den Eindruck, die politische Klasse würde bei Flüchtlingen alles, was Deutschen verboten ist, durchgehen lassen.

    6. möchte sich nicht verändern. Von der Einstellung, wir sollten alle noch viel weltoffener werden, fühlen sich manche Menschen überfordert und gegängelt. Sie wollen ihre Traditionen pflegen und sind vielleicht einfach nicht so flexibel, sich neue anzueignen. Das betrifft viele Ältere, die darüber schimpfen, dass die Gesellschft sich verändert hat in den letzten 10 Jahren. Im Bus wird nicht aufgestanden für Ältere, wenn man bittet, die Schuhe vom Sitz zu nehmen, wird man angepöbelt oder gar mehr. Übrigens gilt das für die biodeutsche und migrantische Jugend. Die Älteren fühlen sich von der Schnelllebigkeit überfordert, niemand sind sie flink genug, an der Kasse wird gemeckert, für freundlichen Nachbarntratsch hat niemand mehr Zeit. Die Älteren sehen nicht, dass der Staat oder seine Institutionen etwas dagegen tun. Tut ja auch keiner.

    7. ist genervt von der Nazi-Keule, die immer dann ausgepackt wird, wenn die Argumente ausgehen. Zur Zeit also ziemlich oft. Niemand ist ein Nazi, weil er fragt, wer für die Flüchtlinge bezahlen soll und wie viel. Niemand ist ein Nazi, weil er ungute Gefühle entwickelt und sich ausgeschlossen fühlt, wenn er sich als Biodeutscher allein in einer Gruppe arabisch sprechender junger Männer wiederfindet, die sich auf arabisch unterhalten. Niemand ist ein Nazi, weil er Angst hat, dass er keine Rente mehr bekommt.
    Die Nazikeule führt mittlerweile dazu, dass sich auch echte Nicht-Nazis aus Widerspruchsgeist zur AFD hingezogen fühlen - a la Trump.

    8. hat den Eindruck, unser Rechtsstaat könne sich gegen Kriminalität und Terrorismus nicht geeignet zur Wehr setzen, weil wir viel zu sozialpädagogisch weichgewaschen mit erhobenem Zeigefinger winken. Echte Kriminelle lachen darüber nur, gegen viele Dinge hat der Staat gar keine Handhabe, eben gegen Leute, die nicht fair spielen. da der Rechtsstaat stets fair sein muss, können manche Vergehen nicht geahndet werden. Dies Bürger finden das ungerecht, wenn über den Staat und die Exekutive gelacht wird und sich Polizisten anspucken lassen müssen. Und sie fühlen sich hilflos, wenn sie mit organisiertem Verbrechen und Terroristen in Verbindung kommen. Das Gefühl der Sicherheit schwindet.

    Das sollte reichen......

    Ich glaube nicht, dass ihr es euch so leicht machen dürft.

    Einige US-Amerikaner, die älter sind, teilweise nicht richtig lesen und schreiben können und direkt nach der Schule (Ausbildungen gibt es ja nicht) Hilfsjobs angenommen haben, sind heute arbeitslos, weil ihre einfachen Hilfstätigkeiten in einer globalisierten Welt weggefallen sind. Sie sind chancenlos auf dem Arbeitsmarkt, Umschulungsprogramme gibt es kaum und die setzen dann auch eine Alphabetisierung voraus. Während der Finanzkrise haben viele ihre Häuser verloren, eine Absicherung durch einen Sozialstaat wie bei uns existiert nicht. Man hält sich mit Gelegenheitsjobs und Tagelöhnerei über Wasser. Oft sind solche Familien auch hoch verschuldet, was das Kreditkartenwesen erleichtert - zudem ist es common sense, dass man als Amerikaner über seine Verhältnisse gelebt hat, solange man noch einen Job hatte.

    Diese Leute stecken fest - mit wenig Hoffnungen auf Besserung, denn eine Bildung haben sie kaum erhalten. Diese Leute wissen das auch. Die Lebensumstände würden wir Europäer als prekär bezeichnen, sie sind vergleichbar mit Townships oder Reservaten. Nicht wenige leben aus dem Auto heraus oder in viel zu kleinen Wohnungen mit Pappwänden, gesundes Essen ist teuer und man ernährt sich von billigem Fast Food.

    Der Staat hat hier hoffnungslos versagt - keine Bildung, keine soziale Absicherung, keinerlei Jobgarantien. Bei uns vorhandener Kündigungsschutz etc. existiert nur in wenigen Branchen, die Gewerkschaften sind schon lange keine Lobby mehr, darum ist auch kaum noch jemand in der Gewerkschaft.

    Obama hat diesen Personen mit Obamacare zumindest eine Absicherung gegen Krankheitskosten ermöglicht, was viele Amerikaner heute positiv sehen.

    Aber was hätte eine Frau Clinton an diesem Zustand verändert? Sie hat die jungen und leistungsfähigen Wähler angesprochen und eben die "abgehängten" Leute als dumm betitelt. So gewinnt man keine Stimmen, wurde mir hier im Forum vor Kurzem erklärt.
    Die Wahl von Herrn Trump würde ich als Protestwahl interpretieren, dass es so eben nicht mehr weitergehen darf. Und die Hoffnung, dass eine Politneuling vielleicht doch einige Dinge verändern könnte. Und wenn er es nicht tut, was er wohl gar nicht wollen wird - schlechter kann es für diesen Personenkreis fast nicht mehr werden.

    Es gibt einen Bereich, da interessieren Argumente einfach weniger als eine warme Bude und ein gefüllter Kühlschrank. Wegschauen macht es nur schlimmer. Auch Beschimpfungen werden wenig helfen. Ein Staat sollte sich hüten, seine Bürger so weit zu treiben, dass sie Demagogen in die Hände fallen.

    Ganz einfach:
    - Wahlprogramme, die sich die für die Bürger wichtigen Themen zu eigen machen und konkrete Antworten geben.
    - Konzentration auf die Kerneinrichtungen des Sozialstaats, um den gesellschaftlichen Kitt zu erhalten.
    - Mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten für den Bürger
    - Abbau von Lobbyismus
    - Abbau von "Standesunterschieden" zwischen Bürgern und Politikern oder was die Bürger darunter verstehen. Dazu gehört eine Abschaffung der Pensionen und die Aufnahme aller Bürger in die gesetzliche RV und KV. Eine feste Koppelung aller Diäten an einen vergleichbaren Berufsstand (gibt es tw. schon), obligatorische Offenlegung der Nebenerwerbe der Abgeordneten - alles, was nach Vetterlesws und Küngelei aussieht würde ich schnellstens raten, abzubauen.
    - Eine neue Sprache für Politiker - klare Worte, die man momentan meidet, um nicht zur Verantwortung gezogen werden zu können. Neulich habe ich C. Özdemir gehört - da kam kein normaler Satz, das Verstehen die Menschen so nicht (Ich auch nicht, das war Wischi-waschi). Ich erinnere mich noch an einen Herrn Wehner und seine sehr klaren Worte.... Da wird man fast nostalgisch.
    - Mehr Lösungskompetenz und zukunftsträchtige Entscheidungen, evtl längere Legislaturperioden mit regelmäßigen Volksentscheiden. Weniger Suche nach "Schuldigen".

    Das wäre ein Anfang....

    Vielleicht liegt es ja an den Fächern, aber ich brauche immer die Arbeit als Begründung und Gesprächsunterlage.
    Ich mag die Notenhascherei gar nicht. Eigentlich bringt es dem Schüler nichts, die Note zu wissen, er /sie muss wissen, was richtig und was falsch gemacht wurde. Es kann zum Beispiel sein, dass mehr Wissen da war als letztes Mal, man aber in der Interpretation danebenlag.

    Ich möchte das Interesse nur an der Note eigentlich nicht noch fördern, für viele Schüler ist die Arbeit mit der Note abgehakt, das ist aber Quatsch. Die Techniken bleiben und das Wissen baut aufeinander auf. Insofern: Keine Note ohne die Arbeit dazu. Und die gibt es natürlich für alle an einem Termin.

    "Damit wird der Sozialstaat finanziert (natürlich auch aus Steuern, ich hoffe, ich muss jetzt die exakten Anteile nicht aufdröseln), also kommt das Geld der Gesellschaft zu Gute."

    Na, Valerianus, wiedererkannt? Ist auch mein eigenes Posting.

    Hier wurde mir gesagt, mein Gatte ginge zu seinem Privatvergnügen arbeiten.
    Ich habe festgestellt, dass er das nicht tut und als Beleg dafür genommen, dass er mit seinen Abgaben ja auch etwas für die Gesellschaft tut.

    Und ja, die Steuer- und Abgabenlast ist bei uns nicht niedrig.

    Er tut also viel für die Gesellschaft. Und hat eine Familie. Seine Frau geht arbeiten. Unter anderem, damit wir im Alter genug Geld haben. Die Kinderbetreuung bezahlen natürlich wir.
    Entlastung erfahren wir sehr wenig. Eben auch nicht zwingend bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die habe ich mir hier gewünscht. Als Umsetzung des Konzeptes "Sozialstaat" ohne über finanzielle Leistungen zu sprechen.

    Wo ist dein Problem? Bei welchem Paradoxon meinst du mich denn ertappt zu haben? Leider stelle ich fest, dass viele Personen mit "Sozialstaat" nur Geldleistungen in Verbindung bringen. Aber du als Historiker wirst das ja verstehen?

    Ach, Karl-Dieter,

    ich muss dich sehr um Verzeihung bitten, es sind nur 37,x %.

    Ich habe nicht explizit von Besteuerung gesprochen, sondern von einer Abgabe von 40% des Gehaltes - da sind neben den Steuern auch alle Sozialabgaben drin.
    Die zahlen normale Menschen nämlich.

    Ob du jetzt die Sozialversicherungen als staatlich oder nicht benennst (denn die Regelungen und die Verpflichtung zur Sozialversicherung sind klar staatliche Regeln, die Umsetzung wird an die Sozialversicherungen delegiert) ist im Endergebnis völlig egal - man kann sich dem als AN nicht entziehen, das Geld wird abgezogen.
    Damit wird der Sozialstaat finanziert (natürlich auch aus Steuern, ich hoffe, ich muss jetzt die exakten Anteile nicht aufdröseln), also kommt das Geld der Gesellschaft zu Gute.

    Ich habe mich um fast drei Prozent verschätzt, das tut mir aufrichtig leid. Mea culpa. Damit wird natürlich völlig unwahr, was ich geschrieben habe.

    Ernsthaft, inwiefern soll die Korinthenkackerei, ob Sozialabgaben staatlich oder nicht seien, beweisen, dass mein Mann zum Privatvergnügen arbeiten geht?

    Warum fühlst du dich eigentlich immer gleich so angegriffen?
    Wo du doch so zufrieden bist?

    Hier haben Kollegen geschrieben,

    "dass Ich habe überhaupt kein Problem damit, dass auf Sonderfälle (Pflege von Angehörigen, Kinderbetreuung) Rücksicht genommen wird, aber bitte nicht zu Lasten anderer Kollegen."
    Dazu siehe Sozialstaat

    "mir geht regelmäßig die Hutschnur hoch, wenn Kolleginnen mit "nur" einem oder zwei Kindern ständig auf ihre Mutterrolle pochen ("Ich kann grundsätzlich nur ab der zweiten Std., donnerstags nie und Nachmittagsunterricht schon gar nicht". Dann sollen sie eben nur ganz Mutter sein... Sorry..."
    Dazu die Ausführungen, dass viele Lehrerinnen mit Babys zu hause zurückkehren müssen - politisch gewollt.

    "Gerade diese Jammer-Forder-Mamas, welche immer mit der "Vereinbarkeit von Familie und Beruf" kommen vergessen häufig, dass damit nicht nur die Mamas gefördert/entlastet werden, sondern auch pflegende Angehörige etc. Außerdem geht es ja dabei auch noch um ganz andere Dinge wie z.B. den Ausbau von Ganztagsbetreuungen/24-Std.-Betreuungen, infrastrukturelle Maßnahmen etc."

    Am interessantesten fand ich die Ausführungen zu Hunden und dass eh keiner Kinder braucht.

    Mir sind Frauen supekt, die alles immer superperfekt hinbekommen, Sport treiben, die Kinder betüdeln, das Haus schmücken, den Gatten betreuen, gesundes Essen kochen, kein Stäubchen auf der Couch haben, perfekten Unterricht in Vollzeit machen und auch noch ehrenamtlich tätig sind - und das anderen Frauen, die zugeben, das sie nicht perfekt sind, stets auf die Nase binden müssen.... mir sind auch die immer nur jammernden Muttis suspekt.


    Ich schreibe dazu - ich bin hier, um das zu tun. Wenn du das nicht verträgst, solltest du mich ignorieren, ich glaube, das kann man so einstellen. Bestimmt ist jemand so nett, dir zu erklären, wie das geht.
    Wer gibt dir das Recht, mir die Tastatur verbieten zu wollen?

    Ähmm,
    verwechselst du mich?

    Mein Kollegium ist ziemlich toll, ich bin glücklich als Lehrerin, wenn auch manchmal gestresst,
    ich empfinde viele von jungen Müttern vorgetragene Forderungen als schräg, kenne auch die Realität von Frauen, die nicht an vorderster Front jammern, sondern klammheimlich versuchen, alles irgendwie zu wuppen und es manchmal einfach nicht schaffen. Ich kämpfe seit ich denken kann für eine
    Gleichstellung der Frauen - auch im Berufsleben, so wie die Frauen in meiner Familie vor mir.

    Dafür setze ich mich ein. Nicht nur in meiner Schule.

    Im Übrigen fände ich es schön, wenn du die Beiträge lesen würdest - oder zumindest versuchtest, sie zu verstehen.

    Hallo Schantalle, vielleicht hinkt der Vergleich Kind - pflegebdürftiger Partner.
    Aber wie soll man einem Kinderlosen sonst erklären, dass es da eine/ mehrere Personen gibt, die abhängig werden können von einem selbst?
    Insofern finde ich den Vergleich zulässig, denn es geht um nahestehende Personen, für die man sich verpflichtet fühlt. Und die Gefühlsseite
    ist eben auch nicht zu vernachlässigen.

    Mir war auch wichtig, herauszustellen, dass jeder in die Bredouille kommen kann, plötzlich von einer anderen Seite her herbe Verpflichtungen
    zu bekommen, die sich eben nicht ganz so einfach schieben oder delegieren lassen.

    Wer kinderlos ist, schimpft gern über die wehleidigen Mamas, vergisst dabei aber, dass der Partner (und wenn man den nicht hat, die Eltern)
    einen in eben dieselbe Situation bringen kann, nicht mehr jederzeit abrufbereit zu sein. Und meiner Ansicht nach muss man auf pflegende
    Kollegen besondere Rücksicht nehmen, weil diese neben der Doppelbelastung ja einen Zustand vor sich haben, der nicht durch das Erwachsenwerden der Kinder,
    sondern in der Regel durch den Tod des geliebten Angehörigen endet.

    Ich hatte gehofft, so Verständnis bei den Nicht-Kinderfreunden zu wecken.
    Davon abgesehen ist das nicht überdramatisch, sondern realistisch, knapp 13% der Pflegebedürftigen sind unter 60 Jahren.
    https://www.statistik.rlp.de/fileadmin/doku…05-2005-284.pdf

    Dann muss ich hier doch noch die GK-Keule auspacken:
    (1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

    Na, wiedererkannt? Artikel 20, einer unserer Ewigkeitspragraphen.
    Das sozial bedeutet hier keineswegs nu, dass der Staat Personen hilft, die es allein nicht schaffen.
    Darin findet sich auch die Unterstützung innerhalb der Familie (z.B. Elternunterhalt) wieder, ebenso wie die
    Unterstützung untereinander innerhalb der ganzen Gesellschaft, z.B. durch Rücksichtnahme für Personen, die sie brauchen.

    Schule ist ein Teil davon, nicht nur für die Schüler, sondern auch innerhalb des Kollegiums.
    Dies stammt aus der klaren Einsicht unserer Gründungsväter und Mütter, dass eine problematische Situation jeden einzelnen von uns jederzeit treffen kann.

    Mrs Pace, jemand muss gepflegt werden, nämlich Mr Pace. Gibt es nicht? Dann stell dir doch irgend eine Person vor, zu der du eine innige Beziehung unterhältst.

    Job aufgeben mit Mitte 40 is nich - zumindest für Normalverdiener.
    Was ich pflegetechnisch beschrieben habe entspricht nicht mal der Pflegestufe 2. Entsprechend wenig Geld bekommt man für eine "andere Lösung" zugeschossen.
    Ein Heimplatz kostet sagen wir mal im Schnitt 3200 Euro im Monat.
    Je nach Rentenbeiträgen des Partners bleiben da gerne mal 1500 Euro übrig, die der Partner zu zahlen hat. Reicht dir das Geld nicht mehr? Dann empfehle ich eine Scheidung...
    Oder eben die Pflege zu Hause mit allen denkbaren Verpflichtungen, die alle um dich herum mitberühren werden.
    Aber das ist ja kein Problem, wir sind ja ein Sozialstaat.

    Noch einmal: Väter/meist Mütter verzichten auf einen Teil ihres Gehaltes und auf einen Teil ihrer Pensionsansprüche, um die Kinder großzuziehen.
    Sie haben oft die Entscheidung getroffen, sie wünschen sich die Kinder (zum privatvergnügen sozusagen).
    Die Kosten für die Aufzucht und Erziehung leisten zu einem großen Teil die Halter (ich stelle mal meine Sprache um, damit auch die Hundeliebhaber mich verstehen.)

    Im Alter der Eltern dienen diese Kinder aber nicht nur der Absicherung der eigenen Eltern( wozu sie durch zusätzlichen Elternunterhalt aber verpflichtet werden können), sondern sie sichern die gesamten Senioren finanziell und pflegerisch ab.

    Das klassische Dinks-Paar (double income no kids) sieht finanziell wesentlich besser aus: beide mit Vollverdienst, beide mit voller Rente/Pension, die Möglichkeit, Rücklagen zu bilden. Im Alter eine Absicherung in Geld und Pflegeleistungen durch die Kinder von Fremden.

    Eine Familie wird zudem stärker besteuert, da sie ja auch mehr verbraucht, in den grundlegenden Abgaben ist sie gestellt wie die Dinks.
    Die Dinks profitieren also von den Familien, ohne sich einschränken zu müssen. Im Alter stehen sie mit mehr Geld da als die Eltern von Kindern und erhalten dieselbe Rente und Pflegegeld ohne Abzüge.

    Das BVerfG hat schon öfter aufgefordert, Familien gleich zu stellen mit Kinderlosen. Bisher ist da wenig passiert.

    Natürlich darf jeder selbst entscheiden, ob er die Nachteile in Kauf nehmen will. Gut, dass das noch ein paar Leute tun - sonst sind wir Lehrer bald arbeitslos.
    Aber wenn Kinder da sind, leistet die Familie einen hohen Beitrag zur Konsolidierung der Gesellschaft, der nicht honoriert wird.

    Eben auch nicht im Berufsleben. Natürlich ist es nicht mein persönlicher Spaß, wenn mein Mann im Schichtdienst arbeitet, er tut das nicht aus Spaß an der Freud und 40 % seines Gehaltes gibt er an den Staat ab. Wenn ich arbeite mache ich nicht meine eigenen Zeiten - ich muss mich danach richten, was mir vorgesetzt wird. Dafür gibt es nun Gesetze die besagen, dass ich nicht zur Bilokation fähig sein muss, wenn ich Kinder geboren habe, sondern der Arbeitgeber mir mir gemeinsam daran arbeitet, mir die Berufstätigkeit zu ermöglichen.

    Da hier im lehrerforum offenbar ganz viele Leute unterwegs sind, die von Kindern gar nichts halten probiere ich es einmal mit einem anderen Beispiel:

    Stell dir vor, dein Partner/deine Partnerin erleidet in jungen Jahren einen Schlaganfall und wird pflegebedürftig. Du willst ihn/sie nicht ins Heim geben und versuchst, den Alltag mit Pflegediensten zu organisieren.
    Du musst dann einen Tag um 6 zur Öffnung der Prüfungsaufgaben sein und jeden Tag zur ersten Stunde anfangen, der Pflegedienst kommt aber erst später. Du lässt den Partner also entweder allein liegen oder weckst ihn um 4.30, um ihn zu waschen und anzuziehen.
    Dein Partner isst schlecht allein, der Pflegedienst bekommt das Füttern aber nicht bezahlt und macht es auch nicht - dann macht das sicher die Nachbarin von nebenan? Und auch mal Windeln wechseln sollte da drin sein, oder? Oder möchtest du gar etwa darum bitten, nicht zur ersten Stunde kommen zu müssen?
    Du sitzt in der GLK - heute ist Physio bei dir zu Hause, du hättest gern mit dem Therapeuten gesprochen. Die Konferenz dauert aber noch eine Stunde. Der Hausarzt kommt gegen Mittag zur Untersuchung - du bist nicht mal da, um die Tür aufzumachen. Macht das wieder der Nachbar? Oder möchtest du einen festen freien Nachmittag, der für Therapien und Arztbesuche wirklich frei bleibt?

    Schräg, diese "Die faulen Mütter machen sich den Lenz"- threads. Was soll das? Wollt ihr zeigen, wer die härteste Muttischnute ist? Und alle anderen sind Weicheier?

    Ein paar Fakten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf:

    - diese TZ-Kräfte verzichten auf einen Teil ihres Gehaltes. Es ist nicht unbekannt, dass TZ-Kräfte aber anteilig mehr arbeiten, als sie Bezüge erhalten.
    - Mit einer TZ-Tätigkeit sinken auch die Pensionsansprüche.
    - Mit Familie und einer beruflichen Tätigkeit ergibt sich für die meisten Frauen leider immer noch eine Doppelbelastung, die Kräfte aufzehrt.
    - Kinder bedeuten also eine Minderung der Bezüge jetzt und im Alter.

    Meine Schule beginnt um 7.20 Uhr, der Kiga hat um 7.00 aufgemacht, dazwischen liegt eine Viertelstunde Fahrzeit - bei guten Verhältnissen.
    Mein Mann beginnt seinen Dienst im versetzten Wechsel morgens um 4.00 Uhr, das habe ich bisher seinem AG (der gerade bei den Kinderkrankheitszeiten sehr flexibel ist) noch nicht ausreden können.
    Für mich war die erste Stunde der Horror - bitte keine nassen Straßen, kein heulendes Kind, keinen Stau, alles schon kopiert in der Tasche...
    Das hat oft nicht geklappt. Ein Mal, bei Schnee, habe ich das Kind schon um 5 vor 7 zum Kindergarten hineingebracht, die Erzoieherin hat mich rausgeschmissen und vor der verschlossenenen Tür bis um 7 warten lassen. Mit Kind. An dem Tag kam ich natürlich zu spät.

    Die Generation meiner Mutter ist bei den Kindern zu Hause geblieben- oft dauerhaft. Die jetzigen Kolleginnen bekommen noch ein Jahr Geld, danach müssen sie faktisch wieder arbeiten gehen. das ist politisch so gewollt. Von einem Gehalt zu leben funktioniert zwar in manchen Regionen noch, aber in manchen auch nicht, insbesondere, wenn man z.B. eine Immobilie finanziert.
    Insofern stehen die Mütter (meist sind es eben die Mütter) da und versuchen, Kinderbetreuung und Arbeit unter einen Hut zu bekommen. Wenn dabei die Familie einspringen kann und die Oma die Kinder übernimmt, ist das häufig sehr flexibel. Aber was macht man, wenn die Familie weit weg wohnt?

    Jetzt kommt bestimmt wieder, Kinder seien das eigene Privatvergnügen. Jein.
    Leider ist es so, dass die heute geborenen Kinder unser aller Renten, Pensionen und Pflegeversicherungen zahlen werden. Auch/Gerade die der Kinderlosen.
    Insofern ist die ganze Gesellschaft darauf angewiesen, dass Kinder zur Welt kommen.
    Ansonsten sieht es nämlich mau auch mit unserer Altersversorgung aus.

    Ich will hier nicht für überzogene Ansprüche werben, die mir sehr wohl bekannt sind.
    Auch nicht dafür, sich hinter dem Muttersein zu verstecken, um sämtliche Vergünstigungen herauszukitzeln.
    Aber für mich macht es einen großen Unterschied, ob ein Single zum Tennis möchte, jemand sein Klienkind von der Kita abholen muss oder ob zu Hause ein Angehöriger gepflegt wird.
    Aber vielleicht ist das in einer so partikularinteressierten Gesellschaft wie der unseren wirklich gleichwertig.

    Fakt ist aber auch, dass meine Junioren immer größer werden, ich habe die Rücksichtnahme nur einige Jahre gebraucht. Eigentlich wäre ich bereit, das zurückzugeben, wenn es denn jemand möchte.

    Ich finde es manchmal sogar schwer, mit (oft, nicht immer männlichen) Kollegen zu sprechen, deren Frau daheim ist und ihnen die komplette Kindererziehung abnimmt - und ihnen morgens und nachmittags die Kinder vom Hals hält.

    So konnte ein Kollege nicht nachvollziehen, dass es nicht so leicht war, morgens um 6. zum Öffnen der Prüfungsaufgaben da zu sein. Für ihn kein Problem, seine Frau ist ja da. Für mich mit Orgaaufwand und Kopfständen verbunden.

    Liebe/r kodi,

    der Weg zu einer von allen getragenen Teilzeitvereinbarung dauert unter Umständen ganz schön lange.
    Und manchmal gibt es keine Einigung.

    Micky braucht aber jetzt eine Entlastung.

    Im Übrigen ist es den meisten SL völlig klar, dass Teilzeitkräfte eben manchmal nicht zu den Konferenzen erscheinen - as stammt nicht von mir, sondern von SL.
    Was anderes ist das Fehlen an Elternsprechtagen - das kommt nicht so gut an, da hast du Recht.
    Ich habe auch nicht zum Dauerschwänzen aufgefordert, sondern ganz genau zu schauen, was wirklich wichtig ist und was nicht.
    Wenn Micky dadurch eine kleine Entlastung erfährt und der SL weiß, dass sie gerade erst wieder gesundet ist, kann ich mir kaum vorstellen, dass es hier Probleme gibt.

    Hallo Micky,

    ich ziehe die vorbereiteten Stunden dann auch so durch.
    Das bedeutet dann aber meist, dass es einen wohldurchdachten Strang gibt, der klar auch auf die KA zuläuft. In den SuS-Feedbacks bekomme ich oft Lob, dass
    die Einheiten sehr stringent sind. Ich komme auch nie in Clinch, weil ich die besten Quellen/Texte schon im Unterricht verbraucht habe. Fragen der Schüler sind natürlich immer erlaubt.

    Bei der Methodik ist es so, dass ich mir pro Einheit meist eine Schwerpunkt-Methodik wähle, die ich einführen möchte/vertiefen möchte. Darum baue ich mit Erstellung der Stunden gleich auch die Methoden - möglichst abwechslungsreich, aber oft eben mit einem Schwerpunkt. Auch das wird von den Klassen meist als Übungsmöglichkeit verbucht und positiv gesehen.

    Mir nimmt das den Stress, wenn ich weiß, dass ich für den kommenden Tag nichts mehr vorbereiten muss. Ich brauche abends 10 Minuten, um die Sachen noch mal anzusehen und notiere mir, was ich kopieren muss. Dann haut mich auch kein Schwimmbadbesuch außer der Reihe um.
    Lade dir Last ab.

    Nirgendwo - wie denn auch. Nehmen wir an, du sitzt in der Pampa und der Danton wird nirgendwo in der Nähe gegeben... Und dann?
    Es kann gar keine Vorschrift geben!

    Aber man kann sich ja auch anders behelfen: In zwei Wochen kommt der Film "Agnes" in die Kinos, viele Kinos haben den Regisseur eingeladen.

    Und: Ich war mit meinen Hasis im Theater (für die meisten seit der GS das erste Mal, Dank dafür an die Real, Werkreal- und Hauptschulen, die heute lieber ins Musical gehen!!!)
    und es hat ein paar gefallen! So ein wenig kulturelle Bildung ist doch ganz nett.

    Wo kannst du reduzieren:

    1. Konferenzen. Wer nicht da ist, ist nicht da. Ich würde das so geschickt streuen, dass du natürlich zwischendrin da bist (möglichst dann, wenns wichtig ist), aber eben nicht immer. Natürlich entschuldigt, logo. Und natürlich solltest du nachher die Protokolle lesen. Das betrifft den päd. Tag genauso.

    2. Klassenleitung: Auch hier kann man versuchen, den Aufwand zu reduzieren. Das ist ein wenig eine Typfrage, ich schätze es, einen Stapel Entschuldigungen zusammenkommen zu lassen, bevor ich eintrage. Dazu nutze ich dann eine Freistunde oder die Aufsicht in einer KA oder Prüfung.
    Elternsprechtage etc. wird man als Klassenlehrer kaum reduzieren können, aber vielleicht kann man den Mailaufwand reduzieren durch Textbausteine etc.. Persönliche Gespräche sind wichtig, aber vielleicht kann man auch diese kürzen - weniger schwafeln, das Wichtige nur ein Mal sagen, gleich eine schriftliche Vereinbarung schließen - eben keine Zeit vertrödeln.

    3. Vielleicht hilft es dir, unter der Woche nicht vorzubereiten? Als meine Kinder noch klein waren habe ich die komplette Unterrichtsvorbereitung in den Ferien gemacht - inklusive Klassenarbeitserstellung. Immer den Unterricht bis zu den nächsten Ferien. Dadurch hatte ich Zeit für die Kinder, habe nur noch aus dem Ordner gezogen und musste Verwaltung und Korrekturen bewältigen, aber dafür habe ich mir auch mal Zeit gelassen. Mir hat das geholfen, ich mache das heute noch so und bin dann unter der Woche recht flexibel. Aber klar, da gehen die Ferien drauf.

    4. Pass auf dich auf, mach langsam, find deinen eigenen Weg - mach das gut, was dir wichtig ist, mach das Nötigste bei Dingen, die dir nicht so wichtig sind. Und steh dazu.

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