Beiträge von Stille Mitleserin

    Die grundsätzliche Frage ist, ob du mit dem Hörgerät den normalen Hörtest bestehst.
    Wenn das der Fall ist, kann ich mir eigentlich wenig Probleme vorstellen.

    Schwierig wird es dann, wenn du mit Hörgerät hörend eingeschränkt bist, was Lautstärke und Frequenz angeht.

    Sicher hast du eine "Hörkurve" mit und eine ohne Gerät.
    dann sollte noch etwas vom Facharzt kommen (Ursachen, Entwicklungen)
    Und dann solltest du dich schlau machen, wie die bayerische Verwaltung das sieht.

    Ich gebe Scooby recht - du musst vorbereitet und offensiv-freundlich in das Gespräch gehen.

    Als Begleitung von Patienten ohne Angehörige beim MDK-Besuch zur Feststellung der Pflegestufe habe ich gute bis neutrale Erfahrungen gesammelt.
    Das Problem liegt oft darin, dass die Patienten (inbesondere ältere Herren) sich ungern schwach und hilflos geben wollten und oft darauf pochten, was sie alles noch allein bewältigen.

    Vor solchen Gesprächen kann man sich beraten lassen - die örtlichen Diakoniestationen und auch der Hausarzt können eine gute Hilfe sein, den Pflege/Hilfsbedarf besser einzuschätzen.
    Oft hilft auch ein Pflegetagebuch, in dem über einen gewissen Zeitraum festgehalten wurde, welche pflegerischen Tätigkeiten man ausgeführt hat. Da darf man sehr konkret werden.

    Unterscheiden muss der MDK nach "Will meine Mutter nicht allein lassen, weil etwas passieren könnte" oder " Sie kann nicht ohne Hilfe aus dem Bett aufstehen, sich waschen und ein Frühstück kann sie sich nicht selbst machen, weil ...".

    Häufig liegen Ablehnungen an solchen Details.

    Ich hätte von einer halbwegs intelligenten Person erwartet, dass sie sich für eine Beleidigung entschuldigt.
    Nun versuchst du auch noch, mich persönlich zu beleidigen und zu diffamieren.

    Da muss ich nicht einmal was aus dem Zusammenhang reißen.
    Ich hätte mir gewünscht, dass du und vielleicht auch andere sich Gedanken über ihre Einstellung zu Dicken machen.
    Und diese eventuell korrigieren. Oder zumindest die Wortwahl anpassen.

    Offensichtlich ist das zu viel verlangt.

    Ich finde es sehr auffällig, wenn mir solche Sätze begegnen wie "Dann gibt es Kinder, die fressen regelrecht und schnaufen schwabbelnd mit 8 Jahren und 40 kg Übergewicht durchs Gebäude".

    Was ist daran positiv oder zumindest neutral? Ich könnte auch noch andere Sätze von anderen Diskussionsteilnehmern suchen, die keine positive Wahrnehmung von Dicken atmen. Denn das ist ja ganz leicht zu beseitigen, eine Torte pro Tag weniger und das wird schon.

    "Und der Jud mit krummer Ferse krummer Nas und krummer Hos schlängelt sich zur hohen Börse, tiefverderbt und seelenlos."

    Ist übrigens nicht von mir.

    Die Dicken fressen und wabbeln also. Wenn das jemand über eine spezielle ethnische Gruppe äußern würde oder über Behinderte wäre hier die Hölle los.

    In meinen Sprechstunden sitzen nicht nur Leute mit Hygieneproblemen, sondern auch viele übergewichtige junge Männer und Frauen, die seit ihrer Kindheit insbesondere unter der Verachtung ihrer Mitmenschen gelitten haben und daran schwerer tragen als an ihrem Gewicht.

    So einen Hauch Toleranz würde ich denn von Lehrers schon erwarten

    Mich kotzen diese bösartigen Formulierungen an: "Dann gibt es Kinder, die fressen regelrecht und schnaufen schwabbelnd mit 8 Jahren und 40 kg Übergewicht durchs Gebäude".

    Ich kann mir schon vorstellen, wie gern man mit den Schwabbelkindern umgeht...

    Klar, bei Dicken kann man Vorurteile haben, die fressen halt den ganzen Tag, mit denen kann man sich alles erlauben. Mit anderen Gruppen natürlich nicht, da ist political correctness gefragt.
    Armselig.

    Übrigens können sich die christlichen Kinder, die an Fronleichnam an einer Prozession teilnehmen möchten, ebenso vom Unterricht befreien lassen.
    Dasselbe gilt für die orthodoxen Kinder, die zu andern Zeitpunkten Ostern feiern.
    Und natürlich auch für jüdische Kinder, die sich an jüdischen Feiertagen befreien lassen können.

    Ich sehe das Problem nicht.

    Ich würde gerne noch einmal auf das Ausgangsthema zurückkommen - Kinder aus bildungsfernen und prekären Elternhäusern und was man tun kann.

    In dem Zusammenhang möchte ich auf die hier häufig verwendeten Feststellungen, solche Kinder wären häufig auch adipös und litten an Bewegungsmangel, hinweisen.
    Es ist in Arbeiterfamilien lange üblich gewesen, dass die Mädchen keinen Sport trieben. So hat meine Mutter nie Radfahren gelernt, meine Oma konnte nicht schwimmen. Auch ich bin nie mit einem Sport aufgewachsen, das war meiner Familie zu teuer, sie hatten ein Problem mit den wöchentlichen Übungszeitenund hätten mich dorthin bringen müssen - damals noch ohne Auto, das hatte mein Vater dabei.

    Natürlich durfte ich mich in meiner Kindheit noch frei draußen bewegen und war viel unterwegs, die Lebensmittel kamen aus Großmutters Garten, es wurde nur das Nötigste dazugekauft.
    Das hat sich natürlich verändert - aber die Bewegungsarmut in der Unterschicht nicht.

    In meiner Schulezeit habe ich den Sportunterricht gehasst - ich sollte eine Stange hochklettern. Aha. habe ich nie gemacht und keiner hat mir gezeigt, wei das gehen soll.
    Nun könnte man meinen, dass sich der Sportunterricht gewandelt hat, bei meinen Kindern stelle ich aber immer wieder fest, dass sich z.B. die Stangenkletterarie wiederholt. Auch das unselige Gruppenwählen und die Banktätigkeit für schwache Spieler existieren offenbar noch....
    Die Kinder, die nicht im Sportverein sind, fühlen sich ausgegrenzt, können nicht mithalten. Wer dick ist, darf sich das vorhalten lassen.

    Statt also zu monieren, dass die Kinder nicht über den Kasten kommen, wäre es doch schön, wenn es hier neue Konzepte gäbe, um auch den Kindern aus bildungsfernen Schichten Sport schmackhaft zu machen. Was habt ihr diesbezüglich auf dem Kasten?

    Ach, und Anja: Deine Kinder machen das mit? Ehrlich? Dann warte mal ab, bis deine Kids Richtung Teens schreiten, dann hast du keine Kontrolle mehr über das Futter.

    Das Kind erfährt also schon in der Grundschule, dass es bewusst von der Lehrkraft zum Außenseiter gestempelt wird, weil seine Eltern ihm das falsche Essen mitgeben. Wohlgemerkt: Das Kind wird bloß gestellt, weil seine Eltern in den Augen der Lehrkraft falsche Nahrungsmittel ausgewählt haben. Oder das Kind hat mitgenommen, was noch im Kühlschrank war und wird dafür bloß gestellt.
    Und beim Mobbing werden die Klassenkameraden auch noch von der Lehrkraft unterstützt, indem ihr Petzen ernst genommen wird.
    Wow! Erzieheung wie im Kaiserreich. Kein Wunder, wenn die jungen Erwachsenen dann Schule hassen.

    Wir hatten vor ein paar Wochen eine rege Diskussion zum Thema Flüchtlinge - als ich da über kulturelle Prägung schrieb, wurde mir vehement wiedersprochen, man könne jeden Menschen umerziehen.

    Nun lese ich hier, dass das bei unserer Unterschicht nicht funktioniert.
    Was für eine verquere Auffassung von Freiheit ist das? Man darf nur noch essen, was dem Lehrer behagt? Und im Alter von 5 Jahren ist sowoeso schon Hopfen und Malz verloren? Seid ihr noch ganz dicht? Unter Freiheit verstehe ich etwas anderes.

    Noch mal: Was ich esse oder meiner Familie anbiete, ist unsere Sache. Das geht auch keine Lehrer etwas an. Ich darf hier mal sanft an Artikel 6 erinnern, den Schutz der Familie und des Familienlebens.

    Es geht durchaus darum, Kinder aus schlechten Familienverhältnissen dazu zu bringen, die selben Fehler später nicht zu machen und sie (per Bildung) in die Lage zu versetzen, sich (und ihren Kindern später) etwas zu Essen zuzubereiten und den Alltag zu bewältigen.

    Im Unterricht muss man das thematisieren - in der GS kommt das Thema Körper und Ernährung, da wäre Fachpraxis angebracht und nicht nur die Theorie, wo welche Därme sitzen.

    In Bawü gab/gibt? es ein sogenanntes Schulfruchtprogramm, mit dem ich gute Erfahrungen gesammelt habe: Den Schülern werden Äpfel angeboten, die kostenlos sind (Sponsor). An der Schule meiner Kinder und bei uns waren die Apfelkisten am Mittag immer leer, gerade frühstückslose Kinder konnten sich hier bedienen. Solch ein Angebot würde mir schon einmal reichen, um die Kinder auf den Geschmack zu bringen und den größten Hunger zu lindern. Übrigens gehören auch kostenlose Wasserspender in jede Schule.

    Darüber hinaus muss das Thema Alltagsbewältigung viel mehr Raum einnehmen - in Primar und Sek I. So können die Kinder lernen, sich notfalls selbst zu versorgen, wenn Mama es nicht kann. Und vielleicht bewegt sich etwas, wenn das eigene Kind Äpfel fordert.

    Cubanita, du hast Recht - ich habe hier zwei Dinge vermischt.
    Die vegane Nachbarin sollte nur exemplarisch dafür stehen, wie sehr es mich als Erwachsene nervt, mich belehren zu lassen.
    Das müsste man nun auf jemand übertragen, dem vorgeworfen wird, seine Kinder zu vernachlässigen. Ich bin mir sicher, dass viele Betroffene das nicht so sehen. Zur Besserung gehört die Einsicht. Wenn die schon mal vorhanden ist, ist das gar kein Problem mehr.

    Aber was machst du mit Personen, die die Einsicht nicht haben? Das Kind wird doch groß? Genau so, wie seine Eltern vor ihm. Und: Jeder macht es anders. Wieso sollte eine Mutter deine Erziehungsmaximen übernehmen, wenn es doch auch so läuft? Kindererziehung bedeutet zum Teil einen großen Kraftaufwand, du erhöhst also den Kraftaufwand für die Eltern. Und selbst wenn sie es versuchen sollten, sorgen Kinder gerne mal auch für Enttäuschungen. Selbst Gekochtes? Eklig, will zu Mac. Karotten zum Abendessen? Wo ist der Döner? Und die Chips? Wasser? Pfui, will Cola.
    Und dann ist die Energie ganz schnell weg und man geht zu alten Gewohnheiten über.

    Das Einfachste ist wirklich, jungen Eltern von Anfang an zu zeigen, wie man Kinder versorgt. Und da muss sich die Schule dann auch mal fragen, was sie zur Alltagsbewältigung leistet, insbesondere an den Hauptschulen. Früher war Hauswirtschaft ein verpflichtendes Fach in der HS mit recht vielen Stunden. Handarbeit ebenfalls.

    Nur eine Anekdote, dass Dinge nicht immer so selbstverständlich sind. Im Studium hatte ich eine Mitbewohnerin, jede von uns war eine Woche für den Haushalt zuständig. Irgendwann habe ich mich geärgert, weil sie nie das Klo geputzt hat und habe sie darauf angesprochen. Um es kurz zu machen: Sie wusste nicht, wie man Klos putzt. Sie hatte es nie gemacht und hatte gedacht, sie muss mit dem Lappen in die Kloschüssel, was sie nicht wollte. Wir haben dann einen Kloputzkurs veranstaltet.

    Anderer Klofall: Eine Bekannte, die (von deutschen Vorfahren) aus Südamerika kam, hat nie ihr Klo saubergemacht. Obwohl sie eine ganz gute Hausfrau war. Aber die Toilette war verheerend. ich habe sie einmal zu einem Familienfest besucht und die Verwandten ihres Mannes haben sich hinter ihrem Rücken das Maul über sie zerrissen. Am nächsten Tag habe ich sie darauf angesprochen, sie fing an zu weinen, ihre Mutter hat die Toilette nie gereinigt, sie kannte das nicht, man musste es ihr zeigen. Ab da war die Toilette pieksauber.

    Was ich nicht kenne kann ich nicht weitergeben...

    Liebe Cubanita und liebe Fuxi, stellt euch doch mal vor, ich komme jetzt zu euch nach Hause, erkläre euch, dass ihr in der Erziehung eurer Kinder bisher viel falsch gemacht habt und ich euch jetzt mal zeige, wie das geht.
    Wir fangen damit an, eine Gesmüsesuppe zu kochen. Mögt ihr Nicht? Egal. Jeder nimmt ein Messer in die Hand. Cubanita, den Sellerie kann man nicht so schälen, so muss man es tun. Fuxi, da ist das Rezept, kannst du nicht richtig lesen? Dann solltest du das aber ganz schnell lernen, du musst ja Kinder versorgen. Ich mach dir einen termin in der Schule. Aber jetzt hackst du bitte die Petersilie so, wie ich dir das gesagt habe....

    Na, begeistert?
    Ernsthaft: Das Gros der betroffenen Personen hat schlechte Erfahrungen mit Lehrern, Ämtern und Konsorten gemacht, insbesondere mit Bevormundung - die sie sich als Erwachsene mit Familie nun nicht mehr bieten lassen mögen. Und was ist in wessen Augen richtig? Unsere Nachbarin ist Veganerin, sie bemüht sich oft, uns Neandertaler zu missionieren, auf Fleisch zu verzichten. Mittlerweile bin ich denn schon genervt, wenn sie mir mal wieder einen Vortrag hält, wenn ich das Auto nach dem Einkauf ausräume. Es ist doch bitte meine Sache, wie ich uns ernähren will. Ich stelle mir vor, nun kommt die Sozialtante zu mir nach Hause und will mich dazu bewegen, meine Familie fleischlos zu verwöhnen....

    Das Ganze funktioniert am besten, wenn die Personen noch ganz am Anfang stehen und Hilfe wollen - ergo ist es zu überdenken, ob mit der Hebamme gleich von Anfang an eine Familienhelferin mitkommt, die weiter die Familie besucht, dann auch ohne Hebamme. So wächst ein Vertrauensverhältnis (jede Mutter, die eine gute Hebamme zu Hause hatte, wird das bestätigen können.).

    Wir akzeptieren Armut in unserer Gesellschaft.
    Und damit akzeptieren wir auch kulturelle Armut, z.B. den Verlust der Fähigkeit, ein Essen zuzubereiten. Und auch Depressionen bei Personen, die unter Armut leiden und nicht allein dort herausfinden. Wer schon in der zweiten oder dritten Generation unter solchen Umständen lebt, kann nichts anderes weitergeben.

    Warum sollte ein Frau, die schon früh Kinder bekommen hat, keine Kraft aufbringt, ihr Leben auf die Reihe zu bekommen, keine stabile Beziehung hat, unter Armut leidet, ihre Kinder besonders intensiv lieben und versorgen können? Sie kommen einfach, dann sind sie da und jedes Kind ist eine große Anforderung im Alltag und erfordert Kraftaufwand. Selbst im Mittelstand erlebe ich es nicht selten, dass ein Scheidungskind nicht mehr so geliebt wird, weil es dem verhassten Partner ähnlich ist und eine Hürde auf dem Weg in eine neue Partnerschaft.

    Abhilfe kann ein Elternführerschein nicht schaffen. Bei diesen Gedanken sind wir ganz schnell bei den Zwangssterilisationen im NS bei Frauen und Männern aus prekären Verhältnissen oder mit psychischen Erkrankungen.

    Das kann wohl kaum eine Lösung sein.

    Insofern kommen wir kaum drumrum, dass der Staat und damit die Schule sich vermehrt um diese abgehängten Kinder kümmert. Dazu gehört auch, dass niemand die Schule ohne einen Abschluss verlässt!

    Mensch, fossi, welche Laus ist denn dir über die Leber gelaufen?
    Hast du das irgendwie in den falschen Hals bekommen?

    Ich habe die Kritik an dem Vater, der seinem Sohn ein Praktikum im eigenen Büro besorgt hat, nicht so ganz verstanden. Mir ist schon klar, dass die Lehrkraft sich wünscht, dass die kids hier selber tätig werden, aber was macht man als Eltern, wenn das Kind nicht tut?
    Als Ausgang des Falles wurde geschildert, dass die Lehrkraft eine Stelle besorgt hat. Der Junge ist also selbst gar nicht aktiv geworden.

    Ich habe auch nicht verstanden, warum es schlecht sein sollte, wenn der Sohn, der nicht so tolle Noten und damit geringe Chancen auf dem Ausbildungsmarkt hat, persönlich empfohlen wird. So kommt er wenigstens zu einer Ausbildung. Das bedeutet nicht automatisch, dass Sohnemann hätte studieren können und von Papa zur Ausbildung gezwungen wird.

    Ich erlebe es im Berufsalltag nicht so, dass die Weichen für die Berufswahl spät gestellt werden. In der Regel manifestiert sich die Abhängigkeit vom Bildungsstand des Elternhauses eben schon in der Primarstufe, spätestens mit dem Übertritt in die SEK I sind die Weichen erst einmal gestellt.

    Oft habe ich auch den Eindruck, dass die Jugendlichen mit der Berufswahl überfordert sind - die Möglichkeiten sind so breit und viele können sich gar nicht einschätzen. Auch die Energie, sich schlau zu machen, bringen nicht alle auf.

    Insofern verstehe ich die Eltern, die nicht wollen, dass das erwachsenen Kind noch ein paar Jahre arbeitslos chillt, sondern die es per Vitamin B in eine Ausbildung befördern. Mit meinen Kindern würde ich das auch tun!

    Hallo Mamimama,

    ich verstehe ein paar Punkte an deinem Beitrag nicht:

    "Dazu nervt es mich am meisten, wenn Eltern ihre Kinder so oft zuhause lassen."
    Was meinst du damit?

    In meinem Umfeld kämpfe ich sehr damit, dass meine Junioren, wenn ich sie einfach zum Spielen rausschicke, keine Spielpartner finden. Die Straßen sind leergefegt, die einzigen Kinder, die sich allein ohne elterliche Aufsicht draußen bewegen dürfen, sind die Kinder aus Familien, die ich mal vorsichtig als eher desolat bezeichnen würde.

    Die Mittelschichtskinder sind alle daheim im Haus oder im eigenen Garten. An die kommt man nur per aufwändige Verabredungen mit der Mutter ran. Die Zuhause-Kinder sind (hier im ländlichen Raum) also eher die Mittelschichtskinder.

    Zum Thema Praktikum: Hast du den Eltern denn vorher mitgeteilt, was das Praktikum bringen soll? Und wobei sie helfen können und wobei nicht?
    Der Vater hat das getan, was die meisten Eltern auf dem Weg in eine Ausbildung der Kinder tun: sie setzen Vitamin B ein.
    Das mag bei Akademikers seltener sein, bei meinen Azubis ist es sehr häufig, dass ein Verwandter/Bekannter im Ausbildungsbetrieb arbeitet und der Ausbildungsplatz "besorgt" wird. Auch meinem Mann hat sein Vater den Job besorgt und meiner Schwester meine Tante. Das war damals gar nichts Ehrenrühriges.
    So funktioniert es da draußen eben.

    @Claudius - du hältst 1500 Euro für 5 Personen mit 4 Kindern für üppig? Ernsthaft?

    Dann hast du keine Ahnung, was Kinder kosten.

    Ich rede jetzt nicht vom Handyvertrag oder von 60 Euro monatlich für die Musikschule (für ein Kind).
    ich rede z.B. davon, ein großes Kind einzukleiden. Wir haben letzte Woche beide Knaben mit neuen Schuhen und z.B. Langarmshirts und Unterwäsche und Winterjacken ausstatten müssen.
    Selbst mit einem günstigen Einkauf lagen wir bei über 400 Euro. Für zwei Kinder. Meine Jungs wachsen jetzt so schnell und bewegen sich leider schuhtechnisch nicht mehr im Kinderbereich. Der Kleine hat dieses Jahr bereits die dritte Schuhgröße. Die Schuhe des großen Bruders sind meist runtergelatscht, da kann ich ihm maximal noch die Schulsportschuhe und manchmal Winterstiefel anbieten.
    In den Größen meiner Kinder finde ich auch so gut wie keine gebrauchte Kleidung (außer Oberteile und Jacken) - die Hosen sind auch bei den anderen Kindern durch.

    Diese Woche habe ich für beide Knaben die Schulsachen gekauft (ohne Schultasche und Mäppchen) - da sind wir pro Kind bei 80 Euro. Die Räder beider Kinder brauchen noch neue Mäntel und die Bremsen müssen gewartet werden, beim Großen hat das Licht einen Wackelkontakt - machen wir selber, aber die Ersatzteile kosten so um die 60 Euro.
    Wenn die Schule losgeht kommen noch mal Arbeitshefte und Fahrscheine dazu.

    Auch für uns Gutverdiener ist das viel Geld in so kurzer Zeit. Ach, und vor zwei Wochen hat die Kaffeemaschine ihren Geist aufgegeben und die Waschmaschine röhrt gewaltig in letzter Zeit....

    Hier reden wir von 4 Kindern/Jugendlichen, einem Erwachsenen und gerade mal 1500 Euro. Bei sparsamen Wirtschaften gehen schon für Essen, Hygiene und Gesundheit, Haushaltsführung 800 Euro drauf. Dann kommen noch Kleidung, Mobilität (Fahrscheine, Räder), Bildung/Schule, Sport und Freizeit etc. dazu. Von Versicherungen und Strom wurde hier noch gar nicht gesprochen. Dafür bleiben 700 Euro.

    Und nun sag mir, wie weit die 1500 Euro reichen, wenn mal etwas kaputt geht und ersetzt werden muss. Denn Rücklagen kann man von der Summe nicht bilden (Das soll aber gemacht werden, denn Extrageld für Möbel und Waschmaschinen wurde abgeschafft.)

    Tja, Claudius,

    das ist unser deutsches Problem: Wir finden es gar nicht schön, wenn wir den eindruck haben, unsere Kinder werden dem Elternhaus entzogen. Hat historische Gründe.
    Aber die Krux ist: Die Kinder aus schwierigen Elternhäusern werden freiwillige und folglich kostenpflichtige Angebote nicht nutzen. Wenn man was für diese Kinder tun will dann muss es eine Verpflichtung sein. Für alle Kinder.

    Zum Thema Elternführerschein: Wie soll man denn bitte nachweisen, wie gut man erziehen kann oder nicht? Ob man seine Kinder mag oder nicht? Selbst wenn alles gut geplant ist - die Leben der Menschen verändern sich, das Ehepaar trennt sich, die alleinerziehende Frau ist mit den Kindern überfordert, Verwandschaft ist nicht in der Nähe... Und dann? Ist der Elternführerschein bei Scheidung hinfällig? Und das Kind wird dann abgegeben?
    Und wenn mir deine Küche nicht schmeckt bekommst du auch keinen?
    Wer legt fest, was gute Erziehung ist? Wer kontrolliert das?

    Ich hatte in der ersten Schwangerschaft auch ganz andere Ideen, wie ich als Mutter sein will, aber die Realität holt mich oft ein und sie macht mich auch manchmal müde. Und dann koche ich, an einem müden Tag, die Nudeln mit nicht ganz so viel mütterlichem Enthusiasmus. Dieses gesellschaftliche Bild von der vollends altruistischen Mutter, die ihr eigenes Leben komplett aufgibt und nur noch für ihren Nachwuchs existiert, empfinde ich nicht als angenehm.

    Die Frage ist doch, was schon überbesorgt ist, was normal und was den Kindern schadet.

    Meine Mutter war in meiner Schullaufbahn bei genau einem Elternabend. Ansonsten hatte sie keine Zeit dafür. Es hat auch so funktioniert.
    Ich war ganz dankbar, dass meine Eltern nicht über jede Kleinigkeit informiert waren....

    Insofern würde ich die Teilnahme an EA kaum in die Waagschale werfen.

    Was anderes ist, wenn die Eltern auf eine ausdrückliche Aufforderung noch immer nicht erscheinen. Die Kinder gar keine Jacke haben.
    Keinen Tisch, an dem sie Hausaufgaben machen könnten. Gequält, verletzt und missbraucht werden.

    Für mich gehört aber nicht dazu, dass die Kinder die Not zuhause nicht spüren dürfen oder nicht zu Hilfeleistungen im Haushalt herangezogen werden dürfen.
    Im Gegenteil sind solche Schüler meist sehr leistungsbewusst, um ihre Situation zu verbessern.

    Aber was ist die Lösung?

    Ich hätte zwei Vorschläge:

    - Verpflichtende Ganztagsschulen mit Ganztagsversorgung und freiem Schulessen, um den Lernerfolg vom Elternhaus abzukoppeln.

    - Viel mehr Familienhelfer, die Familien mit Problemen als critical friends von der Geburt der Kinder an begleiten und auch am Alltag der Familien teilnehmen (eben nicht das Essen kochen und wieder gehen, sondern die Eltern anleiten, wie eine Mahlzeit zubereitet wird, was ein Kind braucht etc.)

    Ich finde einige der Beispiele gar nicht so ungewöhnlich und auch nicht zwingend auf ein asoziales Verhalten hinweisend.
    Einige Dinge habe ich selbst erlebt. Ich komme aus einer klassischen Arbeiterfamilie, aufgewachsen in den 70ern.

    - Meine Eltern haben mich im Alter von 12 Jahren (zum ersten Mal) 4 Wochen lang zu Hause gelassen, als sie in den Urlaub fahren wollten. Es war zwar noch meine ältere Schwester da, die befand sich mit 16 aber in Ausbildung und war wenig daheim. Ich fand das damals in Ordnung - meine Eltern konnten beruflich im Sommer keinen Urlaub machen.

    - Meine Eltern haben in einen Urlaub nur die große Schwester mitgenommen - meine Mutter war frisch in ihren neuen Mann verliebt und ich musste mit der Begründung, ich würde nur stören, bei meiner Oma bleiben.

    - Im Umfeld meiner Kinder feiern eine ganze Menge Kinder ihren Kindergeburtstag nicht - aus Glaubensgründen, Desinteresse oder Weltsicht. Das muss man wohl akzeptieren. schlimm finde ich es nicht, halt schade für die Kinder.

    - Mein 12-jähriger passt öfter auf seinen kleinen Bruder auf - wenn ich länger in der Arbeit bleiben muss, Elternabende habe etc und der Papa auch nicht da ist. Einen neuen Babysitter (der ehemalige ist jetzt im Studium) haben beide heftig abgelehnt, also haben wir mehrere kleine Probeläufe gemacht. Es klappt.

    Meiner Meinung nach hat das Pendel seit den 60er Jahren, in denen man viele Kinder hatte, die einfach mitliefen, bis heute in die Gegenrichtung ausgeschlagen: Kinder (1oder max 2 davon) sind ein Projekt ihrer Eltern, sie werden hoffnungslos verwöhnt, müssen praktisch (Mithilfe zu Hause) wenig selbst machen, aber schulisch/sportlich die überhöhten Ansprüche ihrer Eltern erfüllen.

    Meiner Meinung nach patten wir unsere Kinder viel zu sehr und schubsen sie mit dem abi aus dem Nest - und stellen fest, dass wir nie daran gearbeitet haben, dass sie flügge werden. Wir wollen ihnen schon mit 6 Monaten die Welt zeigen, darum schleppt meine Generation schon ihre Säuglinge mit auf Festivals und Fernflüge (wobei sie andere Leute belästigen, von denen wir dann viel Verständnis erwarten). Jede Kleinigkeit führt zu Besuchen bei Kinderärzten, Ergotherapeuten und Logopäden. Man braucht sich nicht wundern, wenn die Eltern das mit der Schule nicht wuppen - es gibt so viele Termine, Zettel und Infos, dass ich es kaum schaffe, unsere Familientermine ohne Sekretärin zu verwalten. Für meine Generation sind die Kinder das Wichtigste, für die Generation meiner Eltern war noch das Wichtigste, dass es den Eltern gut geht.

    Und deshalb muss ich hier ganz deutlich zwischen echtem Leid der Kinder und Kleinigkeiten unterscheiden. Wir sollten dringend an unserer Wahrnehmung arbeiten und vielleicht versuchen, die goldene Mitte zu finden.

    Ich stamme noch aus der Steinzeit - diese ominöse Smartphone habe ich erst, seit mein Junior eins hat. Davor hatte ich viele Jahre lang ein Billig-Handy nur zum Telefonieren....

    Zwar nutze ich mein Handy heute durchaus, habe aber Bauchweh beim Datenroaming im Ausland. Das Handy kommt also mit, aber ich nutze es nur wie ein Telefon.
    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die wirklich schlechten Nachrichten einen immer erreichen, die Guten können warten, bis ich wieder da bin.

    Egal, wie du dich entscheidest - lass es dir gutgehen und sei achtsam mit dir. Ein Burnout braucht vor allem eins - Zeit.

    Schöne Ferien!

Werbung