Ich würde ebenfalls der Beibehaltung der Schulbesuchspflicht das Wort reden. Und zwar nicht trotz, sondern gerade wegen der Erfahrungen des letzten Jahres.
Nur die Schulbesuchspflicht stellt sicher, dass auch Kinder aus Familien, bei denen Schulbildung aus den unterschiedlichsten Gründen ("Ich hab auch keinen Abschluss und aus mir ist was geworden", "Wieso Schule? Du sollst heiraten!", "Und wer passt auf deine Geschwister auf?", "Wie morgens um 7 aus den Federn?", "Die Lehrer sind alles Satanisten und die Mitschüler latente Lüstlinge und Vergewaltiger!") eher abgelehnt wird, dennoch teilhaben können und müssen.
Spätestens seit Corona ist mir bewusst, für wie viele meiner Schüler die Schule die einzige strukturgebende, interressierte, fordernde und fördernde, soziale Kompetenzen und Wissen vermittelnde Instanz ist. Die Eltern sind diesbezüglich in einer gewissen sozialen Schicht häufig Totalausfälle. Eine Nichtbeschulung in der Schule endete bei denen auch nicht etwa beim gemeinsamen Lernen mit Mama und Papa, sondern beim Chillen am Busbahnhof, der Shisha-Bar, dem Einkaufszentrum oder beim Zocken.
Wer schon einmal den Prozess mitgemacht hat, wie schwer, zäh und langwierig bereits jetzt die Durchsetzung der Schulpflicht bei schulverweigernden Eltern ist, der mag sich gar nicht vorstellen, was wäre, wenn es die Pflicht nicht mehr gäbe. Eine Kontrolle oder gar Sanktionierung des Homeschoolings halte ich für nicht umsetzbar.