Lieber Buntflieger,
ich glaube, ich kann ganz gut verstehen, wie du dich gerade fühlst. Bei mir lief im Referendariat auch nicht alles rund. Ich hatte zwar das Glück nicht persönlich oder beleidigend angegangen zu werden, dafür waren die äußeren Umstände (vor allem im 1. Jahr) mehr als schlecht. Bei mir gab es vor allem extrem miese Planung durch meine Seminarlehrerin und extrem wenig Unterstützung.
Dazu kommt, dass ich extreme Prüfungsangst habe. So richtig bewusst war mir das vor dem Referendariat auch nicht. Bei dir klingt es ja auch ein Bisschen danach.
Ich schreibe mal, was mir geholfen hat und was ich dir raten würde.
- ich habe in jeder Woche nur 1-2 Stunden auch Lehrprobenniveau geplant. Die restlichen Stunden habe ich 0815 vorbereitet oder noch besser von Kollegen übernommen. Ich finde ja gerade von übernommenen Stundenplanungen kann man auch sehr viel lernen, da man die bevor man sie nutzt ja auch erst noch mal durchdenken muss.
- in den 1-2 Stunden habe ich mir Schwerpunkte gesetzt. Am Anfang wurde z.B. mein hoher Redeanteil kritisiert. Ich sollte mehr durch stumme Impulse arbeiten. Daran habe ich gearbeitet und es ist auch besser geworden. (Mittlerweile habe ich bestimmt wieder einen hohen Redeanteil, das war einer der Kritikpunkte, die ich eher sinnlos fand. Aber es lässt sich einüben und dann halt in Lehrproben zeigen. Witzigerweise wurde in der letzten Lehrprobe mein geringer Redeanteil kritisiert )
- Filmen der Unterrichtsstunden: ich weiß, es ist echt übel sich selbst auf Video zu sehen, aber es ist wirklich aufschlussreich. Du könntest versuchen dich vorne an der Tafel zu filmen, nach Möglichkeit ohne wirklich Schüler dabei zu haben (Datenschutz usw.) Wenn du dann mal aus dem Bild läufst, dann macht das ja nichts, denn man hört dich ja noch.
- manche Sachen kann man auch echt üben. Weil du geschrieben hast deine Anschriebe wurden kritisiert. Da würde bei mir ja der Kampfinstinkt erwachen. Tafelschrift kann man üben. Wir haben oft die Tafel vorstrukturiert. Z.B.mit kleinen Punkten oder Tesafilm am Rand der Tafel die Mitte oder bestimmte Linien markiert. Dann fällt es einem im Stress leichter das Tafelbild wie geplant zu erstellen. Außerdem würde ich dir raten Tafelschrift zu üben. Da sieht dein Mentor dann zum einen, dass du dich bemühst dich zu verbessern, außerdem hat er dann keine Chance in diesem Punkt weiter an dir rum zu kritisieren.
Zum ersten Üben könnte es z.B. auch helfen die Tafelbilder abzufotografieren. Du kannst dann geplantes Tafelbild mit realem Tafelbild vergleichen und siehst vielleicht selbst Verbesserungspotential.
Und noch weiter zum Tafelbild: bei Leuten, die eine schlechte Handschrift haben kann es auch funktionieren mit vorgedruckten Metaplankarten o.ä. zu arbeiten. Z.B. für die Überschriften. Die sehen ordentlich aus und du gewinnst etwas Zeit, die du dann in ordnetliche Schrift beim Rest vom Tafelbild stecken kannst. Aber vorsicht, bei uns haben manche Prüfer vorgedruckte Karten kritisch gesehen. Ein Versuch ist es aber doch wert.
Auch wenn mich manche hier jetzt bestimmt zerfleischen: ich gehe eigentlich immer ohne Verlaufsplanung in den Unterricht. Ich finde ausführliche Stundenverlaufsplanungen echte Zeitverschwendung (im realen Lehrerleben nach dem Ref) Aber am Anfang ist es teilweise echt hilfreich. Als mach das! Eine Stundenverlaufsplanung muss nicht für jede Stunde auf Lehrprobenniveau sein, aber eine kurze Zeitliste wann man was vorhat schadet nicht. Wenn man dann für die Erarbeitungsphase 5 Minuten mehr braucht, dann ist das auch egal, aber so vergisst man nichts. Und man übt eben wieder das starre Korsett der Lehrproben einzuhalten.
Und dann noch der ultimative Tipp: halte durch, es lohnt sich! Klar in manchen Punkten muss man sich vielleicht auch etwas verstellen, aber dafür ist es nachher echt gut. Viele der Kritikpunkte im Ref interessieren nachher kaum mehr einen. Wenn ich überlege was an mir alles kritisiert wurde (incl. nicht so toller Noten für die Lehrproben) und was ich jetzt in der Schule für positives Feedback von Kollegen und Schulleitung bekomme, dann passt das echt nicht zusammen. (So stark kann sich meine Persönlichkeit und meine Unterrichtstechnik ja von vor den Sommerferien - im Ref - zu nach den Sommerferien - als Studienrat - nicht verändert haben. )