Beiträge von tibo

    Vielleicht reden wir insofern aneinander vorbei, als dass manche sich hier selbst einen Schuh anziehen, die ich gar nicht meinte. Auch bei dir hört es sich so an, als würdest du bzw. würde eure Schule einen (sehr erfolgreichen) Weg zur Inklusion finden, wenn du alle Kinder mit festgestelltem sonderpädagogischem Förderbedarf ohne große Probleme inkludierst.

    Deswegen betonte ich mehrfach, dass sich meine Kritik am Anfang auf generelle Wünsche nach Separation (auch abseits von Inklusion) und Vorurteile gegenüber inklusivem Unterricht bezog:

    a) Eltern müssten eine Art berechtigtes Anrecht darauf haben, ihre Kinder von Schulen mit schlechtem Sozialindex oder inklusiven Schulen fernzuhalten.

    b) Inklusiver Unterricht führe zu Chaos im Klassenraum.

    Daraufhin habe ich kritisch gefragt, ob diese Haltungen das professionelle Handeln nicht negativ beeinflussen.

    Es gab und gibt dann mehrere andere Lehrkräfte hier, wie sich in der Diskussion zeigte, die zwei weitere falsche Annahmen haben:

    c) Inklusion sei auch mit unserem Förderschulsystem menschenrechtskonform.

    d) Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf würden an Förderschulen besser gefördert.

    Beides stimmt nachweisbar nicht.

    Auch dein Beitrag bestätigt am Ende meinen Eindruck und meine These, dass

    e) manche Lehrkräfte insofern eine ungesunde Haltung haben, als dass sie bei Inklusion oft das halbleere Glas sehen, obwohl auch in diesem Thread einige Lehrkräfte von einigen Erfolgsfällen der Inklusion berichten.

    Dass es bereits vor der Einführung von Inklusion negative Haltungen und falsche Annahmen ihr gegenüber gab, ist mEn nicht zu bestreiten. Manche haben dann negative Erfahrungen gemacht, die zu einer negativen Haltung gegenüber Inklusion führen. Das habe ich schon verstanden und kann ich ebenso nachvollziehen wie den Frust über die Bedingungen, die dazu führten. Die Bedingungen können wir nicht ändern, aber das sollte nicht zu einer erlernten Hilflosigkeit führen.

    Man muss sich also reflektieren, damit diese negativen Haltungen nicht zu einer self-fulfilling prophecy werden, bei der man eigene Erfolge und auch Lösungsmöglichkeiten und Handlungsspielräume nicht wahrnimmt.

    Selbstwirksamkeit ist wichtig für die eigene Gesundheit, insofern führen solche Haltungen eben auch zu einer höheren Belastungswahrnehmung und psychischer Belastung.

    Ja, ich bestreite nicht, dass die Bedingungen auch zwischen den Schulen unterschiedlich sind und ich sage die ganze Zeit, dass ich absolut und ebenfalls mehr Ressourcen fordere. Da wäre es interessant, welche Schulen mit welchen Bedingungen konkret dort untersucht wurden. Ich möchte aber nochmal widersprechen, dass Inklusion pauschal gescheitert sei, denn die Lernergebnisse der inklusiv beschulten Kinder sind sehr positiv und da ist die Stichprobe keine aus nur ausgezeichneten Schulen.

    Und was die Rahmenbedingungen an Schulen betrifft, habe ich auch schon geschrieben, dass ich sehr positive Erfahrungen mit Inklusion an meiner Schule machen konnte und diese Schule auch absolut keine Traumrahmenbedingungen hat: 250 Kinder, 20 Lehrkräfte (einige in Teilzeit), 2 Sonderpädagoginnen (eine aber auch für den Englischunterricht notwendig) und 1 Sozialpädagogische Fachkraft für die Schuleingangsphase, 1 / 2 Sozialarbeiterin. Sozialindex 7, 2 Standorte, 1 1/2 Hausmeister (wenn der andere als Springer nicht gerade an einer anderen Schule sein muss), 1 Sekretärin.

    Und die Haltung, sich kritisch zu reflektieren und Inklusion als Prozess zu sehen, hängt eben nicht von den Erfahrungen ab, die man wegen schlechter Rahmenbedingungen gemacht hat. Sich realistische Ziele setzen, kann man zum Beispiel auch, wenn die Bedingungen schlecht sind. Inklusion als Ausgangspunkt und Basis der Schulentwicklung zu machen, kann man ebenfalls unter den aktuellen Bedingungen. Denn die Ressourcen für Schulentwicklung gibt es an jeder Schule. Die Haltung, die eigenen Erfolge bei der Inklusion zu sehen, kann man auch und muss man besonders unter schwierigen Rahmenbedingungen.

    Irgendwie habe ich den Eindruck wir reden aneinander vorbei.

    Das glaube ich auch, ich weiß aber noch nicht an welcher Stelle und wie ich mich besser ausdrücken soll.

    Ein Problem der Haltung ist es nicht, sondern es sind die real existierenden Unterrichtsbedingungen die dazu führen, dass es Schulen gibt wo sowohl die Regelschüler als auch die Förderschüler im Nachteil sind.

    Das ist aber in der Breite gar nicht der Fall, was die Lernleistungen betrifft. Das beweisen verschiedene Untersuchungen aus verschiedenen Zeiträumen. Klar sind die Bedingungen auch zwischen den Schulen unterschiedlich und wir kennen diese Bedingungen an den Schulen in der Untersuchung von Rolf Werning nicht. Die Studien zur Lernleistung haben aber zum Beispiel eine höhere Stichprobe.

    Die Pappnasen der vermeintlichen Bildungsforschung wurden hier ja schon genannt. Spannend ist dann aber die Kritik von anerkannteren Expert*innen auf diesem Gebiet:

    "Wenn Sie in Deutschland herumfragen, wer die Protagonisten der empirischen Bildungsforschung sind, würde der Name Andreas Schleicher gar nicht fallen. Er ist als Leiter des OECD-Direktorats für Bildung primär dafür verantwortlich, dass PISA weltweit administrativ klappt. Sogar er selbst hat, glaube ich, nicht den Anspruch, Bildungsforscher im engeren Sinne zu sein. Wenn Sie nach Deutschland schauen, Tina Seidel von der TU München, die ist eine Bildungsforscherin, oder Nele McElvany von der TU Dortmund. Soll heißen: Die deutsche Bildungsforschung ist viel breiter aufgestellt als nur mit PISA, wobei ich ich persönlich auch die deutschen PISA-Koordinatorinnen dazu zählen würde. Herr Schleicher aber trägt zur Bildungsforschung in Deutschland nichts bei. Er schadet ihr aber auch nicht.

    [...]

    Die Kompetenzorientierung war vielen schon immer ein Dorn im Auge. Da liegt es natürlich nahe zu sagen: Die Ergebnisse sind deshalb schlecht, weil wir die Dinge nicht mehr so machen, wie wir sie früher gemacht haben. Aber wie ich schon erwähnte: Wenn wir uns den tatsächlichen Unterricht anschauen, wie er vielerorts an deutschen Schulen läuft, lautet die Diagnose eher, dass dort noch ziemlich viel so gemacht wird wie immer. Wir Bildungsforscher wären richtig glücklich, wenn wir im Matheunterricht beobachten könnten, dass dort eine stärkere Ausrichtung am Leben außerhalb der Schule erfolgen würde. In Englisch ist das der Fall, der Englischunterricht hat Antworten gegeben auf die sich verändernde Welt, und die Leistungen der Schülerinnen und Schüler im IQB-Bildungstrend sind zwischen 2016 und 2022 gestiegen."

    https://www.jmwiarda.de/2024/01/29/ist…-auslaufmodell/

    Ach!

    Du hast halt keine Ahnung, was in meinem Beitrag stand, den ich gelöscht habe und auf welche Diskussion er sich bezog. Tipp: Auf Maylin85, mit der ich vor ein paar Seiten schon übereingekommen bin, nicht übereinzukommen.

    Kommt inhaltlich auch noch etwas von dir? Oder hat es dir die Sprache verschlagen, dass es Schulen gibt, die Inklusion umsetzen und - oh Wunder - genau diese Schulen eine ganz andere Haltung an den Tag legen, als jene Lehrkräfte hier, die behaupten, Inklusion funktioniere an ihrer Schule nicht. (Und nochmal: Das glaube ich ihnen gar nicht, denn ich sehe viele Grundschulen, an denen schon total viel gemacht wird. Ich glaube, diese Lehrkräfte sehen vielleicht gar nicht alles, was sie auf dem Weg Inklusion schon machen und sind deswegen frustriert, dass sie ihren lobenswerten aber für die eigene Zufriedenheit dann eher ungesunden hohen Anspruch an ihren Unterricht und Inklusion nicht gerecht werden.)

    Ja, wir machen das alles schon ganz richtig und können an unserer Situation nichts ändern. Durch die Belastung prallt jede Kritik an uns ab. Schulentwicklung ist da nicht mehr möglich, sei es Digitalisierung, moderner Unterricht mit besseren Ergebnissen bei PISA oder eben Inklusion. Die Lehrkräfte tragen für gar nichts Verantwortung. Bei Kritik an anderen ist man hier aber immer sehr schnell vorne dabei: Schüler*innen und deren Leistungen, Student*innen mit mangelhaften Umfragen, Bildungspolitiker*innen mit naiven Ansichten und natürlich auch Wissenschaftler*innen aus ihrem Elfenbeinturm. Das ist einfach Augenwischerei!

    Du hast dich offensichtlich hier verabschiedet mit dem Grund "Kein Interesse mehr an der Diskussion". Auf der einen Seite ist das schade, auf der anderen Seite hast du meines Erachtens hier garnicht diskutiert, da du auf die Einwände der Kolleg:innen hier kaum ernsthaft eingegangen bist, sondern irgendwelche Studien zitierend theoretische Konzepte verbreitet hast.

    Blöd nur, dass es existierende Schulen gibt, die Inklusion erfolgreich umsetzen. Die Ergebnisse der Untersuchung von Rolf Werning beruhen auf Interviews mit Lehrkräften, Schulleitungen und Eltern an sehr realen inklusiven Schulen und ergeben als Merkmale (guter) inklusiver Schulen: "(Kritische) Selbstreflexion – Inklusion als Prozess nicht als Zustand" (!) und "Engagement, Haltung, und Expertise der einzelnen Lehrkräfte" (!). Das ist keine Theorie sondern Praxis.

    Es ist auch keine Theorie und es sind keine ausgedachten Schulen, wenn Studien ergeben, dass Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen besser oder mindestens genau so gut lernen. Die inklusiven Schulen und inklusiv beschulten Schüler*innen dort gibt es wirklich.

    Die Rahmenbedingungen müssen sich für die Qualität der Inklusion und die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte verbessern. Das habe ich von meiner Seite doch nie zur Debatte gestellt! Mir ging es um die Haltung, die hier konkret gezeigt wurde (eine inklusive Klasse sei prinzipiell chaotisch; Kinder mit verstörendem Verhalten müsse man loswerden; Inklusion führe zu schlechteren Lernerfolgen der Kinder mit und ohne Förderschwerpunkt; Eltern hätten eine Art Anspruch auf Separation) und die Reflexion darüber, dass diese für das professionelle Handeln einen Einfluss hat. Diese Haltung kritisierte ich und nicht die prinzipielle Arbeit unter widrigen Bedingungen.

    Die Frage nach dem Wohlbefinden ist noch einmal eine andere als die nach den Lernerfolgen. Ich finde die Quelle dazu gerade nicht, aber die variiert tatsächlich je nach Förderschwerpunkt, wenn ich das richtig im Kopf habe. Allerdings war das meine ich bezogen auf die Kinder mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt selbst und nicht auf die Mitschüler*innen bezogen. Bezogen auf die Lernerfolge wurden die Ergebnisse aber durchaus auch nach dem Förderschwerpunkt differenziert wie das zum Beispiel in der Untersuchung von Kocaj et al. (2017) der Fall war.

    Du bist dann vermutlich an einer weiterführenden Schule, an der genau die Separations-Effekte eintreten, gegen die ich mich hier ausspreche. Das wird aber auch nicht besser, indem man eine prinzipielle Separation der Kinder mit sozial-emotionalen Förderschwerpunkt an Förderschulen fordert oder glorifiziert. Denn die Lösung entspricht nicht den Menschenrechten und kann von den Förderschulen auch gar nicht mehr geleistet werden bei den steigenden Zahlen an Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Statistisch sind die Kinder, die sonst an der Förderschule waren, noch gar nicht großartig an den Regelschulen angekommen.

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    https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikation…hen-schulsystem

    Also um das nochmal klar zu sagen: Die Bedingungen müssen sich verbessern. Sie müssen aber an den Regelschulen verbessert werden und nicht an dem Förderschulsystem. Das wäre nur eine "Vergoldung der Käfige", wie Theresia Degener sagt. Ein Faktor und ein Merkmal gelingender Inklusion auch unter widrigen Bedingungen ist die kritische Selbstreflexion und die Haltung. Diese kann auch zu einem resilienteren Umgang mit Belastung führen.

    Um herauszufinden, welche Faktoren dabei wichtig sind, haben wir an unserem Institut Schulen angeschaut, die den Jakob Muth-Preis bekommen haben. Mit dem Preis werden Schulen für ihre gute inklusive Arbeit ausgezeichnet. Solche Schulen schaffen es, Inklusion nicht als Additum zu sehen, sondern als Basis. Sie nehmen Inklusion als Schulentwicklungsauftrag ernst und setzen sie auf verschiedenen Ebenen um. Sie rücken die soziale Eingebundenheit von Kindern mit unterschiedlichen Merkmalen in den Mittelpunkt und entwickeln daraus einen individualisierten Leistungsgedanken. Zum Konzept gehören auch Kooperationsstrukturen, das heißt, professionelle Lerngemeinschaften arbeiten zusammen, und die Lehrkräfte unterstützen sich gegenseitig. Die klassische Haltung „Ich bin für meinen Unterricht allein verantwortlich“ kommt beim inklusiven Unterricht schnell an eine Grenze.

    So eine Entwicklung braucht allerdings viel Zeit und auch Schulleitungen, die solche Prozesse aktiv (mit-)steuern. Inklusion gelingt nicht, indem man einen Schalter umlegt. Erfolgreiche Schulen haben eine Langzeitperspektive – mehr Bildungsgerechtigkeit, weniger Separation – und fangen dann an, erreichbare Ziele zu definieren und diese Schritt für Schritt umzusetzen. Oft agieren die Schulen aber eher defensiv und vertreten den Standpunkt, sie könnten Inklusion unter den gegebenen Bedingungen nicht umsetzen.

    [...]

    Die 56 Prozent, die sich prinzipiell für Inklusion aussprechen, sind ja eine gute Zahl. Aber auch da kommt häufig schon ein Aber im Nachsatz. Es funktioniere aus diesen und jenen Gründen nicht. Schnell wird das halbleere Glas angeschaut.

    Auch hier nochmal: Haltungen sind wichtig für die eigene Entlastung. Da müssen wir als Lehrkräfte uns dieser Kritik, die nicht nur von der zweifelhaften Seite Schleichers kommt, dann auch mal stellen und können nicht jede Kritik einfach wegbügeln.

    Verständnishilfe zu meiner Antwort: Im "gewissen Rahmen" tun wir das, was möglich ist. Inklusion nenne ich das nicht.

    Den Prozentsatz rechne bitte selbst aus.

    Du gibst keine Antwort hierauf. Und nu?

    Ich betone die Notwendigkeit von Inklusion aus der Perspektive der Menschenrechte, der Lern- und Lebenschancen und den Aussagen der Betroffenen. Ich bin sicher nicht voll des Lobes für die Umsetzung von Inklusion. Meine Aussage ist - das ist die Antwort auf deine Frage - dass wir als Lehrkräfte in diesem gewissen Rahmen mehr machen können, vielleicht effektiver arbeiten können und auch die Prioritäten anders zu setzen, ohne dabei 'auszubrennen' - ein Beispiel dafür wäre, die eigenen Haltungen zu hinterfragen. In genau der Hinsicht zeigten sich beim Einstieg in diesen Thread, dass es problematische Haltungen bei Lehrkräften bezogen auf Inklusion und Bildungsgerechtigkeit gibt. Diese Haltungen haben einen Einfluss auf unser Handeln und auch auf die Wahrnehmung von Belastung.

    Du sagst, das, was du in deinem gewissen Rahmen machst, sei keine Inklusion. Ich behaupte, alle Grunschullehrkräfte (nur da habe ich direkt Einblicke) leisten Inklusion. Wenn du das dann nicht Inklusion nennst, ist es doch klar, dass deine Haltung ist, dass Inklusion nicht funktioniere. Kritisch zu sein und zu sagen, dass das mit besseren Bedingungen besser gehen würde, ist total richtig und wichtig für den Inklusionsprozess wie für unsere Arbeitsbedingungen. Total richtig ist aber auch, sich für das auf die Schulter zu klopfen, was man leistet und das auch zu wahrzunehmen. @NRW-Lehrerin sagt zum Beispiel, dass sie gerne die Kinder nimmt, die störendes Verhalten zeigen und es gut schafft, eine Beziehung aufzubauen und sie so zu inkludieren. Bei einem Kind gelingt ihr das nicht. Statt sich aber für die Erfolge bei den anderen Kindern auf die Schulter zu klopfen und die eigene Kompetenz in dem Bereich zu betonen, sieht sie die Inklusion durch das eine Kind als gescheitert und nimmt Frustration mit. Selbstwirksamkeit ist so wichtig für die eigene Zufriedenheit und ist auch eine Ressource, um mit Belastungen besser umzugehen.

    In einem anderen Thread schrieb CDL , was hier auch passt: "Frustration hat oft auch etwas mit zumindest gefühlter Hilflosigkeit zu tun. Aktiv zu werden, zu kämpfen, etwas tun zu können, um eine Verbesserung durch eigenes Handeln herbeiführen zu können hilft mir persönlich immer enorm, damit mein Frust möglichst umgewandelt werden kann in konstruktive Handlungsenergie."

    chemikus08

    Ja, ich bin absolut der Meinung, dass die Belastung als Lehrkraft unglaublich ist. Wir bräuchten viel mehr Unterstützung bspw. von Institutionen, die es schon gibt. Die schulpsychologischen Dienste müssten an 'Brennpunktschulen' bspw. Supervisionen und offene Sprechstunden anbieten. Das ist in anderen Bereichen wie der Intensivpädagogik viel verbreiteter und zunehmend haben wir die gleichen Fälle an unseren Schulen.

    Das ist ja wunderbar, dass die Studien so aussagekräftig für die Kinder mit sonderpädagogischem Bedarf sind .. und was ist mit den anderen 80% der Klasse .. die dürfen immer zurückstecken?

    Ich kann mich nun mal nicht teilen, wenn das ESE Kind steil geht bleibt nun mal keine Zeit für die anderen .. das ist für die anderen eigentlich ein Raub an deren Recht auf angemessenen Unterrichtszeit..

    Auch dazu gibt es Studien, die zum Ergebnis kommen, dass nicht-behinderte Kinder durch Inklusion keine Lernnachteile haben: https://inklusionsfakten.de/die-nichtbehin…-benachteiligt/ (Die Seite dient als gute Sammlung für verschiedene Studien, die Texte darum herum möge man bitte ignorieren). Natürlich gibt es auch Kinder, die das System sprengen, da muss man dann andere Lösungen finden, aber der Anteil ist nicht so hoch, als dass man Inklusion deswegen ablehnen müsste.

    Wie ist es eigentlich um deine Lesefähigkeit bestellt? Vor allem, was das sinnentnehmende Lesen angeht, habe ich Zweifel...

    Meinst du wirklich, dass wir, die hier schreiben und nicht voll des Lobes auf die Inklusion sind, nicht genau das tun, was in unserem "gewissen" Rahmen umsetzbar ist?

    In wie viele Schulen hast du überhaupt Einblick? Ist ja schön, wenn bei dir angeblich mehr klappt als an anderen Schulen, Glückwunsch.

    Was verstehe ich falsch an der Aussage, dass Inklusion unter den gegebenen Umständen nicht möglich sei? Die Aussage ist doch absolut, dann müsst ihr genauer formulieren. Deswegen meine Frage, auf die du ja nicht antworten willst, ob wir also 0% Einfluss auf die Umsetzung haben. Da kannst du dir deine herablassenden Kommentare zur Lesekompetenz sparen. Was ihr auf jeden Fall nicht tut, ist eure Haltung zu hinterfragen, obwohl die Wissenschaft die entsprechenden Anlässe dazu bietet.

    Sagt wer? (0%)

    Sagt tibo... Aber das ist wahrscheinlich auch Ergebnis einer Studie oder ein Zitat aus einem Buch. Erfahrungen zählen dann ja nicht.

    Wenn kleiner gruener frosch sagt, Inklusion geht unter den gegebenen Umständen nicht, scheint er ja 0% Einfluss darauf nehmen zu können.

    Dein Wert für Erfahrungen scheint dann zu enden, wenn meine Erfahrungen zeigen, dass Inklusion auch unter diesen Umständen in einem gewissen Rahmen umsetzbar ist. Was ist die nächste Ausrede? Dass ich dann ja nicht so schlimme Rahmenbedingungen haben könne, hatten wir schon.

    Du hattest die "direkt', da liegt ein "von Beginn an" nahe.

    Das habe ich dann mit meinem letzten Beitrag ja verdeutlicht. Inhaltlich bleibt, dass die Zusammenfassung meiner Beiträge als "Es kommt nur auf die innere Einstellung an" eine unzulässige Verkürzung ist. Die Rahmenbedingungen sind selbstversändlich ein großer Faktor.

    Inhaltlich bleibt, dass Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen besser oder mindestens genau so gut lernen. Eine positive Einstellung und Haltung zur Inklusion ist also nicht allein durch die Rahmenbedingungen zu negieren. Man kann sich nicht darauf zurückziehen, dass das einfach nicht geht, denn nicht nur die Studien zeigen bezogen auf die Lernleistungen der Kinder mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf das Gegenteil, sondern - wenn man so viel Wert auf anekdotische Evidenz legt - auch ich arbeite wie aufgezeigt unter den gleichen Bedingungen im gleichen System. Inhaltlich bleibt auch, dass Inklusion ein Menschenrecht ist, das durch unser Förderschulsystem nicht erfüllt wird.

    Das alles wird hier aber, so kommt es zumindest bei mir an, auch von dir ständig geleugnet. Man flüchtet sich in eine absolute Hilflosigkeit ("Die Aussagen sind IMHO alles [Hervorhebung durch mich] Folgen der desolaten Durchführung / Ausstattung der Inklusion."), sieht die eigenen (selbstverständlich durch die Ressourcen begrenzten) Wirkungsmöglichkeiten nicht und erlebt Frustation und Überforderung. Das zeigt doch sehr gut auch den Zusammenhang zwischen Einstellungen / Haltungen und Belastungswahrnehmungen.

    Wer Inklusion will, findet einen Weg. Wer sie nicht will, findet Ausreden. Diese Diskussion ist das Musterbeispiel für den Titel, den du so unsachlich findest. Vielleicht ist es an der Zeit, dich mit der Perspektive der Betroffenen zu beschäftigen und das Buch zu lesen. Streicht ausführliche Korrekturen und die Planung motivierender Unterrichtseinstiege, wenn sonst keine Zeit dafür ist. Das ist der Lehrer*innengesundheit zuträglich und schadet niemandem (frei nach dem Podcast Psychologie fürs Klassenzimmer von Dr. Benedikt Wisniewski).

    Gut, wenn man in meinem Beitrag schon "von Beginn" hineinfantasiert, ist es auch nicht so schwierig, meine Beiträge auf die Aussage "es kommt nur auf die innere Einstellung an" zu verkürzen. Mit "direkt", das stand in meinem Beitrag, meinte ich "sogar" in dem Sinne, dass die Notwendigkeit etwas über die Herausforderungen an unserer Schule aussagt.

    So, erstmal Glückwunsch, dass du direkt 2!! Begleitungen hattest.. bedeutet 3 Leute im Klassenraum. Das nenne ich eine hervorragende Ausgangslage..eher nicht die Realität bei den Meisten..

    Meist muss man Gutachten über Gutachten erstellen lassen / Stellungnahmen schreiben / Telefonate führen.. das dauert im Schnitt schon mal das 1. Schuljahr.. wenn man dann Glück hat, kommt jemand...

    Tja, mir sind die I-Helfer*innen einfach zugeflogen und saßen auf einmal in meinem Klassenraum. Was hatte ich ein Glück.

    Was soll ich sagen - ich kann viele weitere und auch solche Erlebnisse schildern, dann wäre die nötige Anonymität der anderen Personen aber nicht mehr gewahrt, denn ich bin hier ja durchaus identifizierbar. Was ich sagen kann, ist, dass wir mit unserem Sozialindex mMn gut getroffen sind. Es gibt also bestimmt noch belastendere Schulsituationen, aber an den meisten Schulen ist es vermutlich weniger belastend. Und ich finde, dass wir als Schule gute Arbeit leisten, ich sehe aber natürlich auch noch Verbesserungsmöglichkeiten, die wir durch mangelnde Ressourcen nicht realisieren konnten. Da freue ich mich, dass das Geld nun über das Startchancenprogramm gezielt vergeben wird und bin der Meinung, dass wir die Ressourcen konsequenter dahin umverteilen sollten, wo man noch einen größeren Einfluss auf die Bildungslaufbahn mit weniger Herkunftseffekten haben kann - das sind eben nicht die Forderangebote der privilegierten Kinder. Ich finde es außerdem wichtig zu verhindern, dass der soziale Zusammenhalt in der Gesellschaft verloren geht, indem Gruppen systematisch segregiert werden. Das war ja mein Aufhänger in diesem Thread und führte etwas verkürzt zum Thema Inklusion, betrifft aber eben genau so Chancengleichheit bei sozioökonomisch unterschiedlichen Voraussetzungen der Familien bzw. Kinder.

    Achja, einen Schwenk aber noch zum Buch von Raul Krauthausen: Darin wird auch berichtet, dass das inklusive Schulsystem in Italien durch Druck der Öffentlichkeit, aber auch der politisierten Lehrer*innenvereinigungen erfolgreich angestoßen wurde. Insofern zeigt auch die GEW, dass man sich für bessere Arbeitsbedingungen und Inklusion / Chancengleichheit gleichzeitig einsetzen kann.

    Ich habe Studien angebracht, die belegen dass Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf mindestens genau so gut an Regel- wie an Förderschulen lernen, die Chancen auf dem 1. Arbeitsmarkt aber nach der Förderschule geringer sind. Ich habe aufgezeigt, dass die UN-Menschenrechtskonvention den Abbau des Förderschulsystems in Deutschland fordert. Ich habe Menschen zitiert, die selbst eine Behinderung haben und das Förderschulsystem deutlich kritisieren. Das ist doch kein Loblied auf die Umsetzung der Inklusion in Deutschland?!

    Ja, ich kritisiere manche Einstellung. Kritik ist aber doch keine Beleidung. Ich meine, ich arbeite im gleichen Beruf, im gleichen System. Ich arbeite an einer Schule mit dem Sozialindex 7. In meiner zweiten Klasse laufen zwei AO-SF-Verfahren für den Förderschwerpunkt Lernen. Ein Kind hätte vermutlich auch gute Aussichten auf ein AO-SF im Förderschwerpunkt ESE. In meinem letzten Durchgang hatte ich direkt zwei Schulbegleitungen in der Klasse. Ich bin von den gleichen Rahmenbedingungen betroffen, ich kenne die Realität. Man muss mir dahingehend nichts erklären und bei mir muss in der Hinsicht nichts ankommen, als würde ich in Büllerbü gearbeitet haben und nun Bildungspolitiker im Elfenbeinturm sein. Und gerade deswegen nehme ich es mir heraus, zu sagen, dass auch die professionelle Einstellung und Haltung eine wichtige Rahmenbedingung ist und gewisse Verbesserungen unter aktuellen Bedingungen möglich machen, ohne dabei auszubrennen.

    Die Aussagen sind IMHO alles Folgen der desolaten Durchführung / Ausstattung der Inklusion.

    Wenn die Rahmenbedingungen besser wären, liefe es besser und die Erfahrungen der Lehrpersonen wären auch entsprechend.

    Aktuell sind die Erfahrungen (das was du "Einstellung und Haltung" nennst halt negativ - und daher kommen solche Aussagen.

    Und den expliziten Vorwurf "die Lehrkräfte sind schuld, wenn Inklusion nicht klappt - sie müssen sich nur verbrennen darauf einlassen" fand ich schon vor ... hm ... x Jahren hier im Forum unangemessen. Es liegt definitiv NICHT pauschal an den Lehrkräften.

    Ich betone nicht umsonst "professionell" in meinem Beitrag, dazu gehört auch eine gesunde Beziehung zum Beruf und dass man sich dort nicht ausbrennt. Das habe ich auch nie gesagt oder gemeint. Ich brenne nicht aus, wenn ich mich auf etwas positiv einstelle und meine negativen Einstellungen reflektiere. Ich habe auch nicht gesagt, dass Lehrkräfte pauschal Schuld seien. Ich habe gesagt, dass Lehrkräfte eine gewisse Verantwortung für Verbesserungen tragen bzw. deren Einstellungen ein Teil davon sind, auf die wir einen Einfluss haben.


    Hier einmal der original Wortlaut des Artikel 24:

    education system heißt auf Deutsch "Bildungssytem". Nicht "Schule".

    Was im Artikel 24 gemeint war, sollte also klar sein. Mir ist es zumindest klar.

    Ein inklusives Schulsystem, ganz genau. Wir hatten und haben mit den Förderschulen immer noch weitestgehend ein integratives Schulsystem. Die Förderschulen entsprechen nicht einem inklusiven Schulsystem, das macht die UN selbst in ihrem letzten Bericht deutlich.

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