Beiträge von Mikael

    das_kaddl:
    Ich kann zwar nicht beurteilen, wie es in der Schweiz ist, und ich glaube auch nicht, dass sich die Kritik der meisten hier NUR dagegen richtet, dass diverse Didaktiker und Fachwissenschaftler zu wenig Praxiserfahrung haben, ABER:

    Es ist in Deutschland leider mittlerweile üblich, das JEDER meint, beim Themenfeld "Schule" mitreden zu können. Und es redet auch jeder mit: In diversen Expertengruppen, Bildungskommissionen, Talkrunden usw. sitzt mittlerweile praktische jede Berufsgruppe bis auf diejenigen, die wirklich Ahnung von der Praxis haben. Da werden Bildungsreformen von Juristen, Wirtschaftswissenschaftlern, Politikern und Journalisten diskutiert und beschlossen, und man hat das Gefühl, dass Praxiserfahrung dafür völlig irrelevant ist. Mittlerweile ist wohl das Image der Lehrer und Lehrerinnen in der Öffentlichkeit in Deutschland dermaßen mies, dass man es nicht mal für nötig hält, sie bei diesen Themen direkt zu befragen.
    Eine systematische Beteiligung der "Basis" findet in Deutschland im Bildungswesen de facto nicht statt. Ob die Reformen nun "eigenverantwortliche Schule", "U-Plus", "6-jährige Grundschule" oder wie auch immer heißen: Die Ergebnisse des bildungspolitischen "Diskurses" werden den Lehrerinnen und Lehrern vor die Füße gekippt und dann heißt es: "Nun macht mal schön".
    Und wenn diese "Reformen" dann wieder scheitern, ist auch klar, wer hier in Deutschland daran die Schuld trägt...
    Ich glaube, dass ist es was die meisten daran nervt.

    Gruß !

    Zitat

    Original von unter uns
    Und wenn ich Studien lese, die enttäuschten und frustrierten Kollegen ernsthaft vorwerfen, sie hätten "nie gebrannt" und seien daher an allem Unglück selbst schuld, frage ich mich immer, mit Bezug auf welch anderen Beruf solche Formulierungen jemals gewählt werden würden.

    Das ist doch die (politisch sanktionierte) Strategie "die Lehrer und Lehrerinnen sind selber schuld". Man braucht halt Sündenböcke. In Deutschland haben wir als Lehrer und Lehrerinnen halt das Pech, dass wir die Sündenböcke für gesellschaftliches und politisches Versagen sind.Die neue Mantra heißt halt "Bildungsgerechtigkeit". Und wenn sich dann trotz Einheitsschule und "Abitur für alle" nichts zum besseren wendet: Wer hat wohl wieder Schuld?

    Gruß !

    Zitat

    Original von NoSunshine
    Mein Rektor meinte, ich soll die Angelegenheit mit meinen Kolleginnen regeln (wir sind "nur" eine Außenstelle); er wüsste auch nicht, was man in so einem Fall macht.

    In der "freien Wirtschaft" würde man so etwas "Führungsversagen" nennen: Keinen Plan haben und alles Unbequeme nach unten delegieren...

    Gruß !

    So, ich habe mal nachgeschaut:

    Im "Dienstrechts für Lehrer in Niedersachsen.Grundriß/Rechts- und Verwaltungsvorschriften" von Wilhelm Habermalz (Stand leider nur November 2004) steht im Kapitel "Grundriß des Dienstrechts für Lehrer in Niedersachsen", Abschnitt 5.4.1 "Nebentätigkeiten im eigenen Interesse" sinngemäß und etwas verkürzt Folgendes (wer das komplett lesen will, muss es sich selbst besorgen). Eigene Anmerkungen in eckigen Klammern:
    ------------------------------------------------------------------------------
    "Grundsätzlich bedarf jeder Beamte zur Übernahme einer Nebentätigkeit der vorherigen Genehmigung [...]

    Genehmigungsfrei sind folgende Nebentätigkeiten (§ 74 NGB):

    - eine unentgeltliche Nebentätigkeit (Ausnahme s.u.)

    - die Verwaltung des eigenen Vermögens [...]

    - eine schriftstellerische, wissenschaftliche, künstlerische oder Vortragstätigkeit. [...] Die Erteilung von Unterricht [...] ist, soweit sie entgeltlich ist, dagegen nicht genehmigungsfrei.

    [Jetzt wird auf einen Erlaß von 1978 verwiesen, indem wieder Außnahmenn von der Genehmigunsfreiheit definiert werden]

    - Gutachtertätigkeit. Nach dem o.g. Erlaß ist diese praktisch nur genehmigungsfrei, wenn sie von Hochschullehrern oder von Angehörigen wissenschaftlicher Institute ausgeübt wird.

    - Tätigkeit in Gewerkschaften oder Berufsverbänden.

    - Weiter sind genehmigungsfrei alle ehrenamtlichen Tätigkeiten bei kommunalen Körperschaften, bei der Sozialversicherung, in der Personalvertretung oder als ehrenamtlicher Richter (vgl. o.g. Erlaß).

    Die genannten genehmigungsfreien Nebentätigkeiten braucht der Beamte grundsätzlich nicht [!] dem Dienstvorgesetzten anzuzeigen. [...]

    [Es folgt ein Hinweis auf unentgeltlich erteilten Nachhilfeunterricht für Schüler einer eigenen Klasse, was ein Verstoß gegen die Beamtenpflichten darstelle, und vom Dienstvorgesetzten verboten werden könne. Dies ist nach meinem Verständnis die oben gemeinte "Ausnahme".]

    Dem Dienstvorgesetzten steht insoweit auch das Recht zu, Auskünfte über Art und Umfang der Nebentätigkeit zu verlangen.

    Genehmigungpflichtig sind alle übrigen Nebentätigkeiten.

    Infrage kommen vor allem

    -Tätigkeiten gegen Entgelt

    - jede gewerbliche Tätigkeit, die Ausübung eines freien Berufs oder die Mitarbeit hierbei

    - die Übernahme einer Organstellung (Vorstand, Aufsichtsrat) in einem Unternehmen"
    ------------------------------------------------------------------------------
    So, dass sollte erst einmal reichen, ansonsten: Besorgt euch das Beamtengesetz eures Bundeslandes oder einen Kommentar hierzu.

    Gruß !

    ps: Das stellt hier natürlich keine Rechtsberatung dar, sondern nur die allgemein gültige Regelungen für Niedersachsen, soweit sie mir bekannt sind.

    Zitat

    Original von Friesin
    von vielen Schülern werden gerade die besonders empathisch denkenden Lehrer, die, die (zu) viel Verständnis haben, die im positiv-idealistischen Sinne "was verändern" wollen, verstärkt fertiggemacht.

    Jop, Schüler werden JEDE Schwäche erkennen und versuchen, diese auszunutzen.

    Gruß !

    Vielleicht hat es der eine oder die andere gestern im Fernsehen gesehen, sonst hier noch einmal zum nachlesen:

    http://www.arte.tv/de/geschichte-…ne/2090018.html

    Unter anderem steht dort, dass die Durchfallquote beim Abitur 50% (!) beträgt. Müssen ja ganz schon unfähig sein, diese chinesischen Lehrer. Oder sind die deutschen Lehrer einfach zu gut? Oder sind deutsche Kinder einfach schlauer? Oder ist das deutsche Abitur zu leicht? Oder das chinesische zu schwer? Man weiß es nicht...

    Gruß !

    ps: Persönlich tippe ich darauf, das der Fehler im deutschen Bildungssystem liegt. Wie immer. Denn das haben wir ja international bescheinigt bekommen.

    Jemand, der "nebenbei" noch Sozialarbeiter an der Schule spielen möchte, sollte sich das sehr genau überlegen. Wenn das die Intention ist, dann sollte man sich gleich zum Sozialarbeiter oder o.ä. ausbilden lassen. Beides, d.h die "normalen" Tätigkeiten eines Lehrers (Unterrichten, erziehen, bewerten, beraten, verwalten, innovieren) sind im normalen Schulalltag schon mehr als genug, wer dann noch meint, den einen oder anderen Schüler oder gar die Welt noch "retten" zu müssen, wird früher oder später kaputtgehen. Distanz zu entwickeln ist in dem Beruf überlebenswichtig.

    Es wird zwar in der Öffentlichkeit suggeriert, die Lehrer sollten und müssten noch dies und jenes neben ihren eigentlichen Kernaufgaben erledigen, aber das ist faktisch nicht machbar. Das sind unrealistische Forderungen (gerade erinnere ich mich an einen Zeitungsartikel aus den letzten Tagen: Dort ging es um die eigenmächtige Verlängerung der Ferien durch Eltern mittels fingierter Krankschreibungen: Dort hieß es doch ernsthaft, wenn der Lehrer Zweifel habe, könne er doch bei den betreffenden Schülern zuhause vorbeifahren, und wenn er sie mehrmals (!) nicht antreffe, Meldung erstatten... Als ob man nichts besseres zu tun hat).

    Gruß !

    Referendarin, ambrador:

    Danke für eure ausführlichen Schilderungen. Die sollte man jeder Schulpolitikerin / jedem Schulpolitiker unter die Nase halten, die meistens außer (Privat-)Gymnasium und (Jura-)Studium nichts kennen und meinen mit ihren ach so tollen Ideen die Schule reformieren zu wollen: Man schafft einfach die Hauptschule ab und schon sind die Probleme verschwunden? Erinnert mich irgendwie an die Manipulation der Kriminalstatistik (man zählt halt einfach anders und schon gibt es gewisse Probleme nicht mehr...).

    Ich habe Respekt vor der Arbeit der Hauptschulkollegen und -kolleginnen und würde nie tauschen wollen. Da korregiere ich lieber bis spät in die Nacht Abitur-Aufgaben.

    Gruß !

    Überleg dir aber gut, was du verkaufst.

    Wir hatten bei uns an der Schule einmal darüber diskutiert, ob wir alte Compputermonitore für 1 Euro an die Schüler abgeben sollten. Wir haben uns dagegen entschieden, da mit einem solchen Verkauf (der ja logischerweise kein Privatverkauf ist) auch Haftungsfragen verbunden sind. Ganz extrem: Monitor fängt an zu brennen, Haus brennt ab, und wer haftet dann wohl...

    Gruß !

    Frankfurter Flughafen: 40 Millionen Passagiere pro Jahr, 60.000 Mitarbeiter.

    Beeindruckend? Nein, denn das sind doch nur läppische 667 Kundenkontakte pro Mitarbeiter und Jahr.

    Jede größere Schule kann da locker mithalten:
    1200 Schülerinnen und Schüler, 200 Schultage, 80 Bedienstete,
    macht 3000 "Kundenkontakte" pro Mitarbeiter und Jahr.

    Tja, wir "faulen Säcke" haben es halt doch drauf.

    Gruß !

    http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/artikel/85/182518/

    Ich gehe davon aus, dass es sich nicht nur um einen Fake unserer Schulpolitiker handelt ("Wir würden ja gerne mehr Lehrer einstellen, können aber nicht").

    Ist ja auch ganz logisch: Wenn die Wirtschaft über einen Fachkräftemangel klagt, kann das auch am Lehrerarbeitsmarkt nicht spurlos vorbeigehen: Wer tut sich schon ein Lehramtsstudium an, wenn in vielen anderen Berufen das Einkommen, das Ansehen in der Öffentlichkeit und die Arbeitsbedingungen deutlich besser sind?

    Vielleicht wäre eine konkurrenzfähige Bezahlung der Lehrer und Lehrerinnen ein erster Schritt?

    Gruß !

    Mal ganz ernsthaft, da mich das Thema interessiert:

    Wie belegts du folgende deiner Aussagen (oder ist es nur deine persönliche Meinung, klingt aber nicht so):

    Gruß !

    Zitat

    Original von Helen
    Ich wage abschließend die Behauptung, dass ein optimal gestaltetes, gegliedertes Bildungssystem mit einer wissens- und leistungsorientierten Pädagogik, welche der Institution Schule und dem Lehrer die Autorität, bzw. den Respektsanspruch, gewährt, welcher für ein erfolgreiches Bildungs-und Erziehungshandeln im schulischen Kontext m. E. notwendig ist, "leistungsfähiger" ist als das finnische Modell!
    Helen

    Zu kurz gegriffen:
    Es gibt kein irgendwie autonomes Subsystem "Bildung" innerhalb einer Gesellschaft. Wir haben in Deutschland nicht nur keinen bildungspolitischen, sonderen wir haben erst recht keinen gesellschaftspolitischen Konsens darüber, was Bildung überhaupt ist und wozu man sie braucht!

    Dank unseres umfassenden Sozialstaates gibt es für viele Individueen auch keine Motivation, sich (weiter-) zu bilden (Pädagogoen würden hier von fehlender extrinsischer Motivation sprechen). Man könnte fast sagen, "der Gebildete ist der Dumme", da er 1. länger auf Erwerbseinkommen verzichtet als der (relativ) Ungebildete und 2. dafür anschließend mit höherer Steuern und Sozialabgaben bestraft wird (während es für viele Ungebildete dank der Transferleistungen genau umgekehrt ist). Wer das nicht glaubt, der schaue sich an, wer aus Deutschland auswandert und wer einwandert.

    Wer glaubt, dass "Abitur für alle" da irgendwas dran ändert, dem ist m.E. nicht mehr zu helfen...

    Gruß !

    Zitat

    Original von Bolzbold
    Schule kann nicht reparieren bzw. kompensieren, was in der Zeit VOR dem Schulbesuch schief gelaufen ist.
    Bolzbold

    Ich würde es noch schärfer formulieren:

    Schule kann nicht reparieren, was in der Gesellschaft ingesamt schief läuft.

    "Bildung" wird zunehmend zur Heilslehre erklärt (neben "Klima").

    Irgendwann heißt es dann:
    "Du kannst von deinem Beruf nicht leben? Macht nichts, dafür hast du Abitur."

    Gruß !

    Zitat

    Original von ambrador
    Wieviel würdet ihr für eine Entlastung durch pädagogisches Personal bereit sein abzugeben? Finden sich drei LehrerInnen aus dem Forum die jeweils auf 1/3 ihres Gehalts verzichteten, um einen Psychologen einzustellen?

    Ganz eindeutiges NEIN, und das mit einer kleinen Begründung:

    Es gibt in Deutschland ca. 600.000 Vollzeitlehrerstellen, selbst wenn wir die Kosten pro Vollzeitstelle mit 50.000 Euro pro Jahr veranschlagen (übertrieben) und von der Gesamtsumme ein Drittel nehmen, macht das 10 Milliarden Euro pro Jahr.

    Für dieses Land "Peanuts", insbesondere wenn man bedenkt, dass durch Fehlspekulationen unserer "Leistungselite" allein letztes Jahr bei den "öffentlichen" Banken mind. 20 Milliarden Euro an Verlusten durch direkte oder indirekte Staatshilfen "sozialisiert" worden sind: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,543831,00.html Vielleicht sollten wir den Damen und Herren in diesen Finanzinstituten erst einmal ihre Gehälter auf das Niveau der Bundesbesoldungsordnung A kürzen, bevor wir hier weiterreden?

    Und warum sollen gerade die Lehrer auf einen Teil ihres Gehaltes verzichten? Es heißt doch immer, Bildung und Erziehung seien eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Zudem wäre das Verhältnis von Einkommen zu Qualifikation und Arbeitseinsatz dann noch abstruser als es jetzt schon ist. Ein Vergleich nur für den öffentlichen Dienst findet sich unter Tarifabschluss Bund+Kommunen (+8 %)

    Wer sich noch für Durchschnittsverdienste interessiert, kann auch den folgenden Link lesen: http://www.abendblatt.de/daten/2008/06/24/897911.html Dort finden sich auch unsere "Leistungsträger", die Banker (=Kredit und Versicherungsgewerbe), wieder. Die sind immerhin mit Durchschnitts(!)-gehälter von knapp 4000 Euro dabei, das ist wirklich spitze, fragt sich nur, was die dafür in den letzten Jahren "geleistet" haben...

    Kleine Ergänzung: Die 4000 Euro sind "ohne Sonderzahlungen". Von denen können die Beamten in den meisten Bundesländern mittlerweile ohnehin nur noch träumen. Mit Sonderzahlungen sind es bei unseren Bankern immerhin durchschnittlich über 56.000 Euro im Jahr: http://www.abendblatt.de/daten/2008/06/24/897821.html

    Vielleicht sollte man fragen: Finden sich vielleicht 3 Banker, die auf jeweils 1/3 ihres Gehaltes verzichten, um die Kosten der durch sie verursachten Fehlspekulationen zumindest teilweise zu tragen?

    Gruß !

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